Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531004/11/Bm/Sta

Linz, 24.03.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.9.2009, Ge20-29932-2-2009-Ew/Re, mit dem das Ansuchen der Frau x um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Gastgewerbebetriebsanlage auf Gst. Nr. x, KG. x, abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

          Der Berufung wird Folge gegeben und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.9.2009, Ge20-29932-2-2009, insoferne abgeändert, als

          1. Spruchpunkt I. zu lauten hat:

"Es wird festgestellt, dass es sich bei der gastgewerblichen Betriebsanlage am Standort x, x, Gst. Nr. x, KG. x einschließlich der beantragten Änderung durch die Errichtung und den Betrieb eines Gastgartens mit 104 Verabreichungsplätzen und einer Betriebszeit von 10.00 bis 22.00 Uhr nach Maßgabe der vorgelegenen und mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen (bestehend aus: Allgemeine Betriebsbeschreibung vom 12.5.2009, Einrichtungsplan Nr. 01/04/03, schalltechnisches Projekt, Gz. 42-2009) um eine Anlage im Sinne des § 1 Z1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, handelt, nämlich um eine Betriebsanlage zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs.1 Z2 bis 4 GewO 1994 (idF des Zeitpunktes der Erlassung der oben zitierten Verordnung) in der bis zu 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in der weder musiziert noch zB mit einem Tonbandgerät Musik wiedergegeben wird (nicht unter dieses Wiedergeben von Musik fällt bloßes Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste).

 

Anlagenbeschreibung:

Gastgarten im Ausmaß von 230 m2 mit 104 Verabreichungsplätzen ohne Musikdarbietung.  An allen Zugängen zum Gastgarten werden Anschläge angebracht, die darauf hinweisen, dass lautes Sprechen, Singen und Musizieren verboten ist.  Betriebszeit: 10.00 bis 22.00 täglich."

 

2. die in Spruchpunkt I. zitierte Rechtsgrundlage um § 359b Abs.1, 2 und 8 GewO 1994 ergänzt wird.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) iVm. § 67a Abs.1 und § 58 AVG;

§ 359b Abs.1,2 und 8 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) iVm § 1 Z1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl. Nr. 850/1994 idgF.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.9.2009 wurde das Ansuchen der Frau x, x, um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Gastgewerbebetriebsanlage durch die Errichtung und den Betrieb eines Gastgartens im Standort x, x, Gst. Nr. x, KG. x, im Grunde des § 359b GewO 1994 iVm der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, abgewiesen.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass nach dem Antrag und den Einreichunterlagen grundsätzlich das vereinfachte Genehmigungsverfahren zwingend durchzuführen sei, da der Behörde eine Disposition über die Art des Verfahrens nicht möglich sei, es aber nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht auszuschließen sei, dass durch den Betrieb des Gastgartens die Nachbarn in den Abendstunden unzumutbar belästigt werden.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid hat Frau x durch ihre anwaltliche Vertretung binnen offener Frist Berufung erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragstellerin am Standort x, x, auf Grund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.2.2009, Ge20-29932-1-2008, über eine rechtskräftige gewerbebehördliche Genehmigung zum Betrieb des Gastgewerbes verfüge.

Die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) habe die Erweiterung ihrer für diesen Standort bestehenden Betriebsanlagengenehmigung durch die Errichtung und den Betrieb eines Gastgartens auf der Terrasse entlang der südlichen Hausmauer unmittelbar beim Eingang zur Gastwirtschaft beantragt. Hiezu habe die Bw der Behörde auch ein schalltechnisches Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen x vorgelegt. Im Zuge des von der Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei durch die Behörde noch zusätzlich ein schalltechnisches Amtssachverständigengutachten eingeholt worden. Die vom Amtssachverständigen durchgeführten schalltechnischen Messungen und dessen Befundaufnahme habe eine weitestgehende Übereinstimmung mit dem Gutachten von x ergeben. Teilweise seien die Messergebnisses des Amtssachverständigen sogar gegenüber jenen des Sachverständigen x vorteilhafter zu Gunsten der Bw. Sodann sei im abgeführten Verfahren von der Behörde eine Stellungnahme des medizinischen Amtssachverständigen eingeholt worden, um auf Basis der von den Schalltechnikern erhobenen Messwerte und technischen Grundlagen noch eine medizinische Beurteilung vorzunehmen.

Bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Gewerbeverfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, auf Grund dessen die derzeitige rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung erteilt worden sei, sei von der Bw um die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Gastgartens angesucht worden. Auch bereits in diesem rechtskräftig abgeschlossenen Gewerbeverfahren seien lärmtechnische Gutachten erstellt und die Stellungnahme des medizinischen Amtssachverständigen eingeholt worden. Um die grundsätzliche Genehmigung der Betriebsanlage nicht unnötig zu verzögern, sei dort der Antrag zur Errichtung und zum Betrieb des Gastgartens zurückgezogen worden. Nachdem der Sachverständige x neuerliche Messungen durchgeführt und ein neues lärmtechnisches Gutachten erstellt habe, nach dessen Ergebnis die Errichtung und der Betrieb des Gastgartens im nunmehr beantragten Umfang jedenfalls zu genehmigen sei, sei der nun zu beurteilende Antrag auf Änderung der genehmigten Gastgewerbebetriebsanlage gestellt worden.

Die im Zuge des Ermittlungsverfahrens vom Amtssachverständigen durchgeführten lärmtechnischen Messungen und Erhebungen hätten das dem Antrag zu Grunde liegende Gutachten des Sachverständigen x bestätigt. Nach den lärmtechnischen Messungen und Erhebungen, die sich im Akt befinden, sei die Erweiterung der Gastgewerbebetriebsanlage durch die Errichtung und den Betrieb des Gastgartens im beantragten Umfang jedenfalls zu genehmigen.

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land habe jedoch wiederum eine gutachterliche Stellungnahme des medizinischen Amtssachverständigen eingeholt. Es sei unstrittig nachgewiesen, dass durch den Betrieb des beantragten Gastgartens die Lärm-Ist-Situation um höchstens 1 dB angehoben werden würde. Dies sei nicht einmal im Bereich des für das menschliche Ohr wahrnehmbaren. Es gestehe dies auch der medizinische Sachverständige zu.

Nach dem im Verfahren eingeholten lärmtechnischen Amtssach­verständigengutachten liege vor Ort der derzeitige mittlere Spitzenpegel tagsüber zwischen 47 dB und 55 dB, abends zwischen 41 dB und 58 dB. Die nach dem Amtssachverständigengutachten durch den Gastgartenbetrieb auftretenden Schallspitzen würden in einer Höhe von max. 48 dB bzw. 47,8 dB im Zeitraum von 20.30 Uhr bis 21.00 Uhr liegen. Somit wesentlich unter dem derzeit ohne Gastgartenbetrieb gemessenen max. Spitzenpegel von 55 dB oder 58 dB. Nach dem schalltechnischen Amtssachverständigengutachten könne also im Bereich des Spitzenlärmpegels durch den Gastgartenbetrieb keinesfalls eine Verschlechterung der Lärmsituation eintreten.

Schon im rechtskräftig abgeschlossenen Gewerbeverfahren der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Ge20-29932-1-2008, habe der Amtssachverständige in seinem Aktenvermerk vom 16.12.2008 festgehalten, dass die hier beim Gastgartenbetrieb im beantragten Umfang auftretenden Schallspitzen eine Höhe von max. 48 dB erreichen würden. Diese würden im Bereich der als niedrigste gemessenen mittleren Spitzenpegel von 47,8 dB im Zeitraum von 20.30 Uhr bis 21.00 Uhr bzw. wesentlich unter dem max. örtlichen Spitzenpegel von 55 dB oder 58 dB liegen.

Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen in seinem Aktenvermerk vom 16.12.2008 würden die vom beantragten Gastgarten ausgehenden Schallimmissionen im Spitzenbereich als normaler Gesprächslärm beurteilt werden können. Auf Grund der Häufigkeitsverteilung der Spitzenpegel sei nach dem lärmtechnischen Amtssachverständigen keine inhaltliche Informationshaltigkeit des Gesprächslärmes festzustellen. Es werde die Gesprächscharakteristik auch ausschließlich auf die durch fallweises Lachen der Gastgartenbesucher oder lautes Zurufen geprägt sein. Zusätzlich würden Schallspitzen durch die Manipulation von Geschirr auftreten können (zu beachten sei, dass hier immer Schallspitzen in der Höhe von max. 48 dB zu verstehen seien). Nach den Ausführungen des schalltechnischen Amtssachverständigen ist hierbei festzustellen, dass es sich um Sozialgeräusche im normalen menschlichen Umgang handle und diese Charakteristik auch in der umliegenden Wohnnachbarschaft während der Sommermonate durchwegs zu erwarten sei.

Trotz dieser eindeutig für die Antragstellerin positiven schalltechnischen Amtssachverständigengutachten und entgegen der eindeutigen Ausführungen des schalltechnischen Amtssachverständigen vermeine jedoch der medizinische Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 12.8.2008, dass durch den Betrieb eines Gastgartens am beantragten Standort erhebliche Belästigungsreaktionen (für wen auch immer und wo auch immer) zu erwarten wären. Dabei ergehe sich der medizinische Amtssachverständige in seinem Gutachten in theoretischen Erörterungen, die nicht konkret auf die Ist-Situation vor Ort eingehen und die Ausführungen der schalltechnischen Sachverständigen ignorieren oder  diese indirekt für unrichtig erachten würden.

Der medizinische Amtssachverständige führe in seiner gutachterlichen Stellungnahme aus, dass als Grenzwert des vorbeugenden Gesundheitsschutzes für Gebiete mit ständiger Wohnnutzung ein Schallpegel von 55 dB tagsüber im Freien angegeben werde. Spitzenpegel von max. 48 dB die nach dem schalltechnischen Amtssachverständigengutachten von diesem Gastgartenbetrieb ausgehen könnten (immer ausgehend von einem Vollbetrieb bei 104 Gästen) ergebe daher von der Pegelhöhe her keine erhebliche Belästigungsreaktion. Auch eine messtechnische Erhöhung des Dauerschallpegels um höchstens 1 dB werde sich nach den Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen nicht belästigend auswirken.

 

Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen komme aber Störlärm in Form von Gesprächslärm von Gästen bei der Benützung des Gastgartens und beim Zu- und Weggehen zu diesem in Betracht. Es vermute der medizinische Amtssachverständige auch, dass Gäste sich lauter unterhalten könnten, als in der ÖNORM S 5012 berücksichtigt und vom schalltechnischen Amtssachverständigen auf Basis dieser ÖNORM errechnet und seinem Gutachten zu Grunde gelegt worden sei. Der medizinische Sachverständige weiche bei seiner Gutachtenserstattung willkürlich von den Vorgaben der ÖNORM mit Vermutungen ab und lege unsachliche und unbegründete Vermutungen seiner für die Antragstellerin negativen Ausführungen zu Grunde. Entgegen der eindeutigen Ausführungen des lärmtechnischen Sachverständigen vermute der medizinische Amtssachverständige, dass Gesprächslärm mit Informationshaltigkeit ausgehend vom beantragten Gastgarten bei Messpunkten auftreten könnte und dort störend empfunden werden könnte. Dies entgegen den eindeutigen technischen Gutachten. Konkrete Ausführungen in diesem Zusammenhang würden vom medizinischen Amtssachverständigen nicht getroffen werden. Er führe allgemein mögliche theoretische Belästigungsszenarien an. Die Annahmen des medizinischen Sachverständigen würden den übereinstimmenden Messungen und technischen Ausführungen der schalltechnischen Sachverständigen widersprechen. Die diesbezüglichen theoretischen Annahmen und Ausführungen des medizinischen Sachverständigen seien sachlich und unrichtig.

Selbstverständlich hänge es von den tatsächlichen Verhältnissen ab, ob vor Ort informationshältiger Lärm vom Gastgarten bei den Immissionspunkten auftrete oder nicht. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten die schalltechnischen Amtssachverständigen vor Ort erhoben und ihren eindeutigen Gutachten zu Grunde gelegt. Dabei sei von den schalltechnischen Sachverständigen in ihren Gutachten eindeutig die schalltechnische Situation dargestellt worden, wonach der Spitzenpegel keine inhaltliche Informationshaltigkeit des Gesprächslärms ergeben werde. Es könne nicht einfach ohne irgend eine konkrete Begründung der medizinische Sachverständige von Annahmen ausgehen, die dem schalltechnischen Gutachten völlig widersprechen und einfach irgendwelche von ihm theoretisch angenommene Situation seiner Beurteilung zuführen. Richtig sei, wenn der medizinische Amtssachverständige ausführe, dass es nicht seine Aufgabe sei, die Gutachten und Vorgaben der technischen Sachverständigen zu beurteilen. Es sei auch nicht Aufgabe des medizinischen Sachverständigen in unsachlicher Weise Vermutungen darüber anzustellen, dass Gäste sich anders benehmen könnten, als in der ÖNORM S 5012 nach langjährigen Erfahrungen und Messungen technisch festgelegt sei.

Wenn der medizinische Sachverständige die übereinstimmenden schalltechnischen Gutachten für falsch halte, müsse er dies begründen. Auf den Seiten 7 ff des angefochtenen Bescheides gebe die Behörde auch im vollen Umfang das lärmtechnische Amtssachverständigengutachten wieder, das für den Rechtsstandpunkt der Antragstellerin eindeutig positive Werte und Aussagen ergebe, sodass hiernach dem Antrag der Bw jedenfalls stattzugeben sei. Wie bereits ausgeführt, stütze die Erstbehörde den negativen Bescheid ausschließlich auf die dem schalltechnischen Sachverständigengutachten widersprechenden und unsachlichen Ausführungen des medizinischen Sachverständigen. Die Behörde habe im durchzuführenden Ermittlungsverfahren die Entscheidungsgrundlagen für die rechtliche Beurteilung des Antrages der Bw zu erheben. Die technischen Grundlagen für die rechtliche Beurteilung seien durch x und durch den schalltechnischen Amtssachverständigen erhoben worden. Ausschließlich nach diesen eindeutigen technischen Grundlagen und nicht nach willkürlichen, davon unsachlich abweichenden im konkreten Fall unbegründeten Annahmen, habe ein beizuziehender medizinischer Sachverständiger diese von den technischen Sachverständigen geschaffenen Beurteilungsgrundlagen seinen Überlegungen zu Grunde zu legen. Wenn ein medizinischer Sachverständiger einfach von den durch die Techniker eindeutig erhobenen Parameter, die Grundlage für seine medizinische Beurteilung zu sein haben, abweiche und diese ignoriere, sei dies Willkür. Solche Ausführungen eines medizinischen Sachverständigen könnten nicht als Grundlage für die rechtliche Beurteilung herangezogen werden.

 

Es werde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag der Berufungswerberin auf Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung der genehmigten Gastgewerbebetriebsanlage durch die Errichtung und den Betriebs eines Gastgartens im genannten Standort Folge gegeben und die beantragte Genehmigung erteilt wird; in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung die Behörde zu einem anderen Bescheidergebnis hätte kommen können, aufzuheben und der Erstbehörde die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

 

3. Von der belangten Behörde wurde diese Berufung gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Ein Widerspruch im Grunde des § 67h Abs.1 AVG wurde nicht erhoben.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie in die von der Bw beigebrachten Eingaben und Unterlagen, insbesondere in das umweltmedizinische Gutachten x, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Umweltmedizin vom 10.11.2009, und in das Urteil des Bezirksgerichtes Traun vom 12.1.2010, 2c 911/05a-99, betreffend Abweisung der Unterlassungsklage der klagenden Partei x gegen die beklagte Partei x. Weiters wurde am 17.3.2010 eine mündliche Verhandlung im Beisein des gewerbetechnischen Amtssachverständigen x und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates Linz durchgeführt.

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass

 

1.     jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

 

2.     das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt, die elektrische Anschlussleistung der  zur  Verwendung  gelangenden  Maschinen  und  Geräte  300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des   § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69 a) vermieden werden.

 

 

das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, 4 Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage .... . Nachbarn (§ 75 Abs. 2) haben keine Parteistellung .... .

 

Gemäß § 359b Abs.2 GewO 1994 hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs.1 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlage (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs.2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

 

Gemäß § 1 Z 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Verfahren zu unterziehen sind, sind Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs.1 Z2 bis 4 GewO 1994, in denen bis zu 200 Verabreichungsplätze bereit gestellt werden und in denen weder musiziert noch, zB mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird (nicht unter dieses Musizieren bzw. Wiedergeben von Musik fällt bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste) dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs.1 GewO 1994 zu unterziehen.

 

Gemäß § 359b Abs.8 sind nach § 81 genehmigungspflichtige Änderungen einer Betriebsanlage dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs.1 zu unterziehen, wenn die Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung die im Abs.1 Z1 oder 2, Abs.4, 5 oder 6 oder in einer Verordnung gemäß Abs.2 oder 3 festgelegten Voraussetzungen erfüllt.

 

5.2. Dem gegenständlichen Verfahren liegt das Ansuchen der Frau x vom 12.5.2009 zu Grunde, mit dem die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden gastgewerblichen Betriebsanlage mit 93 Verabreichungsplätzen durch die Errichtung und den Betrieb eines Gastgartens mit 104 Verabreichungsplätzen (Gesamtverabreichungsplätze 197) beantragt wird.

Nach den vorgelegten Projektsunterlagen iVm dem Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.2.2009, Ge20-29932-1-2008, handelt es sich bei der gegenständlichen Betriebsanlage zweifelsfrei um eine Betriebsanlage zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs.1 Z2 bis 4 GewO 1994 (idF des Zeitpunktes der Erlassung der oben zitierten Verordnung, jetzt § 111) in der nicht mehr als 200 Verabreichungsplätze bereit gestellt werden und in der weder musiziert noch zB. mit einem Tonbandgerät Musik wiedergegeben wird.

 

Dementsprechend wurde von der Erstbehörde zu Recht das Genehmigungsverfahren im Grunde der Bestimmung des § 359b GewO 1994 iVm der Verordnung über vereinfachte Betriebsanlagengenehmigungen eingeleitet und mit Kundmachung vom 2.6.2009, Ge20-29932-2-2009, das dem Ansuchen zu Grunde liegende Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern (bzw. durch nachweisliche Zustellung) mit dem Hinweis bekannt gegeben, dass die Projektsunterlagen 2 Wochen während der Amtsstunden für den Parteienverkehr sowohl bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als auch bei der Stadtgemeinde x zur Einsichtnahme aufliegen und die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können. Als Rechtsgrundlage wurde
§ 359b Abs.1 und Abs.2 GewO 1994 iVm § 1 Z1 der Verordnung über das vereinfachte Betriebsanlagengenehmigungsverfahren angeführt. Gleichzeitig enthält diese Kundmachung auch einen Hinweis, in welcher Form den Nachbarn beschränkte Parteistellung zukommt.

 

Von diesem Anhörungsrecht haben die Nachbarn x, x, x, x, x, x sowie x Gebrauch gemacht und mit Eingabe vom 1.7.2009 Einwendungen in Bezug auf das beantragte Projekt vorgebracht. In Zusammenfassung wurde angeführt, dass die durch den Betrieb der Anlage verursachten Immissionen das ortsübliche Maß in einer dezidiert überdurchschnittlich ruhigen Wohngegend bei weitem überschreiten würden und diese die ortsübliche Nutzung der Liegenschaften wesentlich beeinträchtigen würden und sohin auch eine unzumutbare Belästigung bzw. Gesundheitsgefährdung der Nachbarn bestehe; aus diesen Gründen sei das Verfahren nach § 359b GewO unzulässig.

 

5.3. Im Zuge des von der Erstbehörde im Grunde des Antrages der Bw durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurden lärmtechnische Gutachten sowie ein medizinisches Gutachten eingeholt.

 

Vorweg ist – ohne zunächst auf die Inhalte der eingeholten Gutachten einzugehen – Folgendes auszuführen:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem Erkenntnis vom 14.11.2007, 2006/04/0132, zur Anwendung des § 359b GewO iVm der Verordnung über vereinfachte Betriebsanlagengenehmigungen in einem Fall, wo der Unabhängige Verwaltungssenat die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde I. Instanz zurückverwiesen hat, ausgesprochen: "... bei den in der zitierten Verordnung bezeichneten Arten von Betriebsanlagen ist gemäß § 359b Abs.2 GewO das vereinfachte Betriebsanlagengenehmigungsverfahren durchzuführen. Diese Arten von Betriebsanlagen treten zu den in den Z. 1 und 2 des § 359b Abs.1 GewO genannten Arten hinzu. Bei den in der Verordnung genannten Betriebsanlagenarten hat die Behörde daher zur Beurteilung der Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens nicht zusätzlich zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 359b Abs.1 Z1 oder Z2 GewO vorliegen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde war es daher nicht erforderlich, eine "Einzelfallprüfung im Sinne des § 359b Abs.1 Z2 GewO" durchzuführen".

 

Zur Parteistellung der Nachbarn wurde in diesem Erkenntnis ausgesprochen, dass die Nachbarn im Rahmen ihrer eingeschränkten Parteistellung nur geltend machen können, dass die Voraussetzungen der anzuwendenden Ziffer des § 1 der Verordnung über vereinfachte Betriebsanlagengenehmigungen nicht vorliegen.

 

Dem entgegen wurde von der Erstbehörde eine Einzelfallbeurteilung durchgeführt und lärmtechnische Gutachten sowie ein medizinisches Gutachten eingeholt.

Diese Gutachten sind im bekämpften Bescheid angeführt und wird – um Wiederholungen zu vermeiden – auf diese verwiesen.

 

Aus den lärmtechnischen Gutachten des Amtssachverständigen geht eindeutig hervor, dass das vorgelegte schalltechnische Projekt der Konsenswerberin schlüssig und plausibel ist sowie die angeführten Schallemissionsdaten des geplanten Gastgartens nach rechnerischer Prüfung als richtig anzusehen sind.

Im Ergebnis wurde vom lärmtechnischen Amtssachverständigen festgestellt, dass der energieäquivalente Dauerschallpegel der Schall-Ist-Situation im Bereich der nächstgelegenen bewohnten Nachbarliegenschaften um höchstens 1 dB angehoben wird. Diese Anhebung liegt im Bereich der Messungenauigkeit und wird zudem nur fallweise eintreten. Bei den betrieblichen Schallimmissionen wurde ein Zuschlag von 5 dB für die Informationshaltigkeit eingerechnet. Die Spitzenpegel erheben sich nur geringfügig über den Basispegel des Umgebungsgeräusches und liegen jedenfalls um mindestens 15 dB unter Grenzwerten, die üblicher Weise nach den einschlägigen Normen anzusetzen sind.

Dies wurde im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vom lärmtechnischen Amtssachverständigen wiederum bestätigt.

 

Der im erstinstanzlichen Verfahren beigezogene medizinische Amtssachverständige geht in seinem Gutachten davon aus, dass durch den Betrieb der beantragten Anlage Belästigungsreaktionen für die Nachbarn zu erwarten sind.

Diesem Gutachten ist die Bw mit der Vorlage des umweltmedizinischen Gutachtens des x, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Umweltmedizin, vom 10.11.2009 auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Im Ergebnis geht dieses Gutachten basierend auf den eingeholten lärmtechnischen Gutachten davon aus, dass für die Nachbarn gesundheitliche Beeinträchtigungen einschließlich wesentlicher Belästigungen durch den Betrieb der Anlage nicht zu erwarten sind.

In diesem Gutachten wird auch ausgeführt und insofern das Berufungsvorbringen bestätigt, dass der medizinische Amtssachverständige Annahmen des lärmtechnischen Amtssachverständigen aus seiner gutachterlichen Erfahrung in Frage gestellt hat, jedoch nicht klar sei, auf welche Erfahrungen sich diese Aussage stütze.

Dieser Einwand besteht zu Recht, hat eben der medizinische Sachverständige seine Ausführungen und Feststellungen fußend auf dem Gutachten des lärmtechnischen Sachverständigen - der die Beurteilungsgrundlagen in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise dargelegt hat -  zu treffen und ist dieses nicht von ihm einer Beurteilung zu unterziehen.

Nach Ansicht des erkennenden Mitgliedes des Oö. Verwaltungssenates erscheint das im Zuge des Berufungsverfahrens von der Konsenswerberin vorgelegte medizinische Gutachten auch schlüssig und plausibel in Zusammenhalt mit den Ausführungen des lärmtechnischen Amtssachverständigen, wonach für die Ermittlung der Dauerschallpegel die für die Nachbarn günstigere Variante herangezogen wurde. Hinsichtlich der Schallpegelspitzen wurde auch grundsätzlich die worst-case-Betrachtung herangezogen, allerdings vom Rechenwert des max. Schallleistungspegels 3 dB abgezogen, um dem Antrag der Konsenswerberin auf Betrieb eines Gastgarten nach § 112 Abs.3 GewO 1994 Rechnung zu tragen.

 

5.4. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die trotz Anwendbarkeit des § 1 Z1 der Verordnung über vereinfachte Betriebsanlagengenehmigungen vorgenommene Einzelfallbeurteilung ergeben hat, dass Gefährdungen oder unzumutbare Belästigungen für die Nachbarn im Sinne des § 74 Abs.2 nicht  zu erwarten sind; die Vorschreibung von Aufträgen ist nach den Feststellungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen und des Vertreters des Arbeitsinspektorates  nicht erforderlich. Dem Vorschlag des von der Bw beigezogenen medizinischen Sachverständigen, im Sinne eines generellen Minimierungszieles den Betrieb von Hintergrundmusik zu untersagen, konnte schon deshalb nicht gefolgt werden, da Musikdarbietungen - auch nicht in Form von Hintergrundmusik - vom Genehmigungsantrag und sohin auch nicht vom Genehmigungskonsens umfasst sind.

 

Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass nach dem VfGH-Erkenntnis vom 11.3.2004, G 124/03, V 86/03, eine Einzelfallbeurteilung ohne diesbezügliche Mitwirkung der Nachbarn als Parteien vorzunehmen ist.

 

Aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

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