Linz, 17.06.2010
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.3.2020, Ge96-35-2010/HW/RJ, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren in der Höhe von 160 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.
zu II.: § 64 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z3 iVm § 81 Abs.1 und 74 Abs.2 Z1 GewO 1994 eine Geldstrafe von 800 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, verhängt.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:
2. Dagegen wurde durch den anwaltlichen Vertreter des Bw innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung weder objektiv noch subjektiv begangen habe.
Der Beschuldigte sei für das Verhalten der Bestandnehmer nicht verantwortlich. In den Bestandverträgen der "x" mit den Bestandnehmern seien diese verbindlich angehalten, die gewerbebehördlichen Bescheide und Auflagen einzuhalten und sei es ihnen daher auch untersagt, in allgemeinen Bereichen der Mall Verkaufsstände aufzustellen.
Mit diesen Bestandsverträgen seien diese Verpflichtungen daher an die Bestandnehmer wirksam überbunden und könne dem Beschuldigten selbst kein verwaltungsstrafrechtlicher Vorwurf gemacht werden.
Es sei dem Beschuldigten auch nicht zumutbar und möglich permanent zu kontrollieren, ob sich die einzelnen Bestandnehmer an die Bescheidauflagen halten.
Die Auflistung der einzelnen Bewilligungsbescheide stelle nicht klar, gegen welchen konkreten Bescheid der Beschuldigte verstoßen haben soll. Auch in der Anführung der einzelnen Tatorte sei nicht angesprochen, gegen welchen Bescheid oder welche Bescheidauflage verstoßen worden wäre. Es werde zu den einzelnen Bescheiden bei der Beschreibung der Tathandlung kein Zusammenhang hergestellt. Es würden auch diese Bescheide und die vermeintlichen Verstoßhandlungen nicht inhaltlich beschrieben und nicht dargelegt, welche konkreten Punkte des Bescheides relevant wären und gegen welche konkreten Bescheidpunkte verstoßen worden wäre.
Es würden auch die Voraussetzungen des § 21 VStG vorliegen, weil kein wie immer gearteter Schaden eingetreten sei und weder eine abstrakte noch eine konkrete Gefahrensituation vorhanden gewesen sei. Die Verwaltungsstrafe wäre in Anbetracht dessen, dass nicht der Beschuldigte sondern die Bestandnehmer die bestandvertraglichen Bestimmungen verletzt haben, überhöht.
Aus all diesen Gründen stellt daher der Beschuldigte die Anträge
1. eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich anzuberaumen;
2. der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abzuändern, dass das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird, in eventu gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen, in eventu die verhängte Strafe herabzusetzen.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafaktakt. Weiters wurde für den 9.6.2010 eine mündliche Verhandlung anberaumt, zu der weder der Bw noch sein anwaltlicher Vertreter erschienen sind.
Aus dem Verfahrensakt ist ersichtlich:
Laut Gewerberegisterauszug ist der Bw gewerberechtlicher Geschäftsführer der x welche im Standort x ein Einkaufszentrum betreibt.
Am 15.12.2009 wurde bei dem gegenständlichen Einkaufszentrum eine gewerbebehördliche Überprüfung unter Beiziehung eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen und eines Vertreters der x durchgeführt, bei der im Wesentlichen festgestellt wurde, dass am Tag der Überprüfung außerhalb der gewerbebehördlich genehmigten Aktionsflächen, nämlich in den Bereichen x Platz, Mall zwischen x Platz und x-platz sowie im Bereich x-platz Verkaufsstände bzw. Einrichtungsgegenstände aufgestellt wurden. Diese Maßnahmen sind von dem für die gegenständliche Betriebsanlage geltenden Genehmigungskonsens nicht umfasst und wurde hiefür auch nicht um gewerbebehördliche Genehmigung angesucht.
5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
5.1. Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.
Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
5.2. Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 ist, dass eine rechtswirksam genehmigte Betriebsanlage vorliegt.
Dies ist vorliegend der Fall; die Errichtung und der Betrieb des Einkaufszentrums im Standort x, wurde rechtskräftig genehmigt und liegen zahlreiche Änderungsgenehmigungsbescheide vor.
Ob eine "Änderung" der Betriebsanlage vorliegt, bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid (VwGH vom 24.5.1994, 93/04/0031).
Jeder Betrieb einer Betriebsanlage, der in seiner Gestaltung von dem im Genehmigungsbescheid umschriebenen Projekt abweicht, bedeutet eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage und bedarf unter den Voraussetzungen des § 81 einer gewerbebehördlichen Genehmigung.
Die Genehmigungspflicht ist bereits dann gegeben, wenn die Änderung grundsätzlich geeignet ist, die in § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen; um dies zu beurteilen genügt es in der Regel auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 20.9.1994, 94/04/0068). Fest steht und wird vom Bw auch nicht bestritten, dass zu den Tatzeitpunkten außerhalb der genehmigten Aktionsflächen Verkaufsstände bzw. Einrichtungsgegenstände aufgestellt waren. Unbestritten ist auch, dass jede Erweiterung der Aktionsfläche über den genehmigten Bestand hinaus sich als eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage darstellt.
Zweifellos stellt auch die Erweiterung der Aktionsfläche eine Maßnahme dar, welche die durch § 74 Abs.1 Z1 bis 5 leg.cit. geschützten Interessen gefährden könnten. Insbesondere ist dadurch, wie im bekämpften Straferkenntnis auch angeführt, eine Gefährdung der Kunden nicht ausgeschlossen.
Vom Bw wird auch die konsenslose Änderung der rechtskräftig genehmigten Aktionsflächen nicht bestritten; vielmehr vertritt der Bw die Auffassung, dass er hiefür nicht verantwortlich sei und ihn demnach kein Verschulden treffe. Begründet wird dies damit, dass er die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften an die einzelnen Bestandnehmer überbunden habe.
Unbestritten ist, dass die x., x, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Bw ist, Inhaberin der hier in Rede stehenden Betriebsanlage ist (siehe hiezu das gegen den Bw ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.12.1996, 96/04/0154). Die Änderung einer Betriebsanlage und der Betrieb einer geänderten Betriebsanlage ist dem Inhaber des Betriebsstandortes zuzurechnen, unabhängig davon, wer Eigentümer der Betriebsanlage und wer Adressat des Genehmigungsbescheides ist.
Dem Vorbringen des Bw, er habe die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften an die einzelnen Bestandnehmer überbunden, ist entgegenzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 10.12.1996, 96/04/0154) eine Abwälzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit auf andere Personen ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich ist. Dass aber eine solche gesetzliche Grundlage gegenständlich vorliege, wird auch vom Bw nicht vorgebracht.
Aber auch wenn man dem Bw zugesteht, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen (Bestandnehmern) zu überlassen, so ist der Bw als aus dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid Verpflichteter nur dann von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit befreit, wenn konkrete organisatorische Maßnahmen getroffen werden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen und damit eine Übertretung der GewO 1994 verhindert wird. Derartige wirksame Maßnahmen wurden aber vom Bw nicht vorgebracht.
Der Bw hat somit die Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.
Entgegen dem Vorbringen des Bw entspricht der Tatvorwurf auch dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG.
Dem Spruch des Straferkenntnisses ist zum einen zu entnehmen, dass es sich bei der gegenständlichen Änderung um die einer gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage handelt und werden zum anderen auch jene Tatumstände beschrieben, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist.
Aus dem Schuldspruch geht auch klar hervor, dass dem Bw die konsenslose Änderung der bestehenden Betriebsanlage zum Vorwurf gemacht wird und worin diese Änderung gelegen ist.
Soweit der Bw vorbringt, dass nicht ersichtlich sei, gegen welche konkreten Bescheidpunkte verstoßen worden wäre, ist dem entgegenzuhalten, dass gegenständlich nicht die Verwaltungsübertretung der Nichteinhaltung von bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflagen geahndet wird, die eine wörtliche Wiedergabe der als verletzt erachteten Auflage erforderlich macht.
6. Zur Strafbemessung ist auszuführen:
6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
6.2. Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Als straferschwerend wurde der Umstand gewertet, dass einschlägige rechtskräftige Verwaltungsvorstrafen aufscheinen; strafmildernde Gründe sind nicht vorgelegen.
Zum Unrechtsgehalt wurde von der belangten Behörde ausgeführt, dass durch die Verringerung der vorgeschriebenen Fluchtwegbreite auf der Mall die Möglichkeit einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Kunden des Einkaufszentrums bei einer Paniksituation (zB. Ausbruch eines Brandes ...) in Betracht zu ziehen war. Dieses Gefahrenpotential war im Hinblick auf die großen Menschenansammlungen im gegenständlichen Einkaufszentrum in der Vorweihnachtszeit als erheblich einzustufen.
Die aufgezeigten Erwägungen konnten auch der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Es ist nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde von dem ihr zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hat. Die festgelegte Strafe ist auch im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat und des Vorliegens der einschlägigen Verwaltungsvorstrafen jedenfalls als nicht überhöht zu betrachten.
Geringfügigkeit des Verschuldens ist nicht gegeben, weil das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt, weshalb gemäß § 21 VStG nicht von einer Strafe abzusehen war.
7. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zu dem Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von
20 % der verhängten Geldstrafe festzusetzen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Michaela Bismaier