Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522585/10/Br/Th

Linz, 23.06.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen des Herrn X, vertreten durch RAe Dr. X u. Dr. X, X, gegen den Bescheid vom 8. März 2010, GZ: VerkR21-73-2010, nach der am 23. Juni 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung u. Verkündung, zu Recht erkannt:

Der Berufung mit der Maßgabe stattgegeben, als ausgehend von einer bloßen Minderalkoholisierung der Entzug der Lenkberechtigung und die angeordenten begleitenden Maßnahmen behoben werden;

im örtlichen Führerscheinregister ist dem Berufungswerber – in Ergänzung des mündlich verkündeten Spruches – ein "Vormerkdelikt" iSd § 30a Abs.2 Z1 FSG einzutragen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1  und 67d Abs.1 AVG iVm § 14 Abs.8 u. § 30a Abs.1 u. 2 Z1 FSG idF BGBl. I Nr. 93/2009

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber in Abweisung der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 11.3.2010 (wegen einer Alkofahrt mit 1,76 Promille), die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 15 (fünfzehn) Monaten, gerechnet ab 12. März 2010 (Tag der vorläufigen Führerscheinabnahme) bis einschließlich 12. Juni 2011 entzogen, wobei der Entzug nicht vor der Absolvierung der angeordneten Maßnahmen (Verhaltenstraining u. Vorlage des aä. Gutachtens) ende.

Gleichzeitig wurde ihm auch das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten und das Recht aberkannt während der Entziehungsdauer von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Er wurde zusätzlich verpflichtet, sich einem Einstellungs- u. Verhaltenstrainings für  alkoholauffällige Lenker zu unterziehen und diesbezüglich der Behörde eine Bestätigung vorzulegen, sowie ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen, sowie sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung zu unterziehen.

Gestützt wurde der Bescheid auf die §§ 7 Abs. 1 und 3 , 24 Abs.1, 25 Abs.1 und 3, 26 Abs.2 Ziffer 5, 32 Abs.1 Führerscheingesetz (FSG) BGBl. I /120/1997 i.d.g.F und hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 64 Abs.2 AVG.

 

 

1.1.  Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:

Die Behörde geht von Nachstehendem aus und hat hierüber Folgendes erwogen:

Zu I. und II.: Den vorliegenden Ermittlungen zufolge haben Sie am 27.2.2010 um 22.20 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X auf dem Güterweg Mitterweng im Gemeindegebiet von Edlbach gelenkt, obwohl der Alkoholgehalt des Blutes - rückgerechnet durch die Amtsärztin auf den Lenk- bzw. Unfallszeitpunkt - 1,76 Promille betrug. Bei dieser Fahrt haben Sie einen Verkehrsunfall verschuldet und Fahrerflucht begangen.

 

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 11.3. 2010 wurde Ihnen die Lenkberechtigung für die Dauer von fünfzehn Monaten, gerechnet ab dem Datum der Zustellung des Bescheides (12.3.2010), entzogen und ein Mopedlenkverbot für die selbe Dauer ausgesprochen.

 

Gegen diesen Bescheid haben Sie - vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X - rechtzeitig Vor­stellung erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und das ge­gen Sie geführte Führerscheinentzugsverfahren einzustellen und Nachstehendes dazu ausgeführt:

"Der Vorstellungswerber hat nach dem Lenken seines PKW am 27.2.2010 erhebliche Alkohol­mengen getrunken. Diesen Nachtrunk hat der Vorstellungswerber auch gegenüber den erhe­benden Polizeibeamten sofort angegeben und ist dieser Nachtrunk auch in der Anzeige angeführt. Es wird daher beantragt, eine entsprechende Rückrechnung unter Zugrundelegung des vom Vor­stellungswerber konsumierten Nachtrunkes vorzunehmen. Beweis: Einholung eines med. SV-Gutachtens (Rückrechnung)

Der Vorstellungswerber hat daher keinesfalls ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt und war er vorher beim Lenken des PKW nicht alkolisiert. Beweis: wie bisher

Aus den angeführten Gründen liegt daher eine Alkoholisierung des Vorstellungswerbers beim Len­ken eines Kraftfahrzeuges nicht vor. Es liegt daher auch kein Entziehungstatbestand vor und hat die Behörde die Lenkberechtigung zu Unrecht entzogen.


 

In rechtlicher Hinsicht ist hierzu Nachstehendes anzuführen:

 

Gemäß § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Ziffer 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

 

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Gemäß § 24 Absatz 1 Ziffer 1 FSG ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn ihr Besitzer unter anderem die Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr besitzt.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 leg.cit. gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiese­ner bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraft­fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 bis 1b StVO. 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBI.Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

 

Bei der Verkehrszuverlässigkeit und bei der Festsetzung der Zeit, für welche keine neue Lenkbe­rechtigung erteilt werden darf, geht es in erster Linie um die Frage, wie sich eine Person voraus­sichtlich zukünftig im Verkehr verhalten wird.

In dieser Hinsicht können aus dem bisherigen Verhalten des zu Beurteilenden weitgehende Schlüsse gezogen werden.

 

Nachdem die Entziehung der Lenkberechtigung keine Bestrafung, sondern eine Sicherungsmaß­nahme darstellt, die ausschließlich als Schutzmaßnahme für die Straßenbenützer anzusehen ist, müssen alle Erwägungen, die sich auf die Frage der Berücksichtigung des Täters als verkehrsun­zuverlässigen Lenker beziehen, zurückgestellt werden, wenn es darum geht, die übrigen Verkehrs­teilnehmer zu schützen.

Man kann nicht die Existenz eines verkehrsunzuverlässigen Lenkers dadurch schützen, indem man Leben, Gesundheit, körperliche Integrität und Eigentum der übrigen Verkehrsteilnehmer ge­fährdet.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG. ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieses ist aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Nach den Bestimmungen von § 26 Abs. 2 Ziffer 5 beträgt die Entziehungsdauer mindestens 10 Monate, wenn beim Lenken oder Inbetriebnahmen eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gem. § 99 Abs. 1 StVO innerhalb von 5 Jahren ab der Begehung eines Deliktes gem. § 99 Abs. 1a StVO begangen wurde.

Gem. § 32 Abs. 1 FSG. hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig sind, das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahr­zeugen unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26 und 29 zu verbieten. Das Lenken solcher Kraftfahrzeuge entgegen einer solchen Verfügung ist unzulässig.

 

Im Verfahren hatte sich die Behörde damit zu befassen, ob Ihren Angaben über den behaupteten Nachtrunk geglaubt wird.

 

Der Anzeige sowie dem Bericht über den Verkehrsunfall mit Fahrerflucht ist zu entnehmen, dass Sie am 27.2.2010 um 22.20 Uhr einen Verkehrsunfall verschuldeten indem Sie von der Fahrbahn abkamen und in den Bürgermoosbach stürzten. Sie stiegen unverletzt aus und flüchteten von der Unfallstelle.

Der Verkehrsunfall wurde von einer unbeteiligten Zeugin wahrgenommen, die auch die Polizei alarmierte.

Die PKW-Bergung wurde wegen Gefahr im Verzug – Gefahr des Ölaustrittes im Bach – von der FF X vorgenommen.

 

Die telefonische Rücksprache vom heutigen Tag mit dem erhebenden Polizeibeamten Revlnsp. X ergab im Wesentlichen folgenden Sachverhalt:

 

Die Polizisten X und X wurden von einem Verkehrsunfall verständigt und fuhren zur Unfallstelle. Aufgrund einer sog. "Halteranfrage" wurden Sie als Zulassungsbesitzer ausgeforscht und ca. eine halbe bis dreiviertel Stunde nach dem Verkehrsunfall fuhren die Beamten zu Ihnen nach Hause, klingelten und weckten dabei Ihre Mutter. Sie wurden zuhause nicht angetroffen. Die Beamten erzählten Ihrer Mutter vom Verkehrsunfall und baten sie, Ihnen auszurichten, dass Sie sich, wenn Sie nach Hause kommen, sofort mit der PI. Windischgarsten in Verbindung setzen sollen. Die Polizisten hielten weiter nach Ihnen Ausschau, nahmen Sie jedoch auf und neben der Straße nicht wahr.

Revlnsp. X schilderte, dass Sie sich erst in den Morgenstunden telefonisch bei der PI. Windischgarsten meldeten.

Vorerst erzählten Sie, dass Ihr Auto gestohlen worden sei. Erst als Ihnen Revlnsp. X klar machte, dass die Behauptung über den Diebstahl des Fahrzeuges zu einer Gerichtsanzeige führe, zogen Sie Ihre Behauptung zurück und gaben an, dass Sie das Fahrzeug selbst gelenkt und den Verkehrsunfall verschuldet haben.

Kurz darauf kamen Sie persönlich zur Polizeiinspektion, wo Sie zum Verkehrsunfall befragt und auch gleichzeitig eine Niederschrift mit Ihnen aufgenommen wurde (Beginn: 06.22 Uhr).

In dieser gaben Sie an, nach dem Unfall 2 Flaschen Bier, je 1/2 I, getrunken zu haben.

Der um 06.59 Uhr auf der PI. Windischgarsten durchgeführte Alkotest ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,44 mg/l..

 

Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 5.9.1997, ZI. 87/02/0184 oder vom 18.9.1995, ZI. 96/03/0168), dass im Zusammenhang mit der Glaubwür­digkeit eines behaupteten Nachtrunkes dem Umstand Bedeutung beizumessen ist, zu welchem Zeitpunkt der Lenker die Behauptung aufgestellt hat, wobei in Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes davon auszugehen ist, dass der Betroffene auf einen allfälligen Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit - von sich aus - hinweist. Nach der herrschenden Rechtsprechung hat derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, die Menge des so konsumierten Alkohols konkret zu behaupten und zu beweisen (vgl. Erkenntnis vom 26.1.1996, ZI. 95/02/0289).

 

Ihrer Ansicht nach war die sich "erst bietende Gelegenheit" 7,5 Stunden nach dem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht bei Ihrer Einvernahme auf der PI. Windischgarsten, wo Sie den Nachtrunk be­haupteten, jedoch nicht bewiesen.

 

Die Behörde kann Ihre Ansicht nicht teilen und vertritt die Meinung, dass die sich "erst bietende Gelegenheit" unmittelbar nach dem Unfall gewesen wäre, denn Sie sind als verantwortungsbe­wusster Inhaber einer Lenkberechtigung und Lenker eines Kraftfahrzeuges zur sofortigen Meldung des von Ihnen verschuldeten Verkehrsunfalls verpflichtet.

 

Dadurch, dass Sie sich erst 7,5 Stunden nach dem Verkehrsunfall bei der Polizei gemeldet hatten, haben Sie den Zeitpunkt der Kontaktaufnahme mit der Polizei selbst bestimmt und hatten dadurch genügend Zeit sich mit den etwaigen Folgen Ihres Unfalls mit Fahrerflucht unter Alkoholeinfluss gedanklich auseinander zu setzen.

 

Es ist nicht nachzuvollziehen, dass Sie zwar nicht in der Lage waren Ihren Verpflichtungen zur Meldung des Unfalls nachzukommen, jedoch, wie der Niederschrift zu entnehmen ist, genaue An­gaben zum Unfalltag, den Unfall selbst und die Flucht vom Unfallort sowie die konsumierte Alko­holmenge machen konnten.

Ein werterer Grund für die Unglaubwürdigkeit Ihrer Nachtrunkangaben besteht darin, dass Sie bereits vor drei Jahren unter Alkoholeinfluss einen Verkehrsunfall verschuldet und Fahrerflucht begingen und Sie nunmehr weitreichende Konsequenzen hinsichtlich Ihrer Lenkberechtigung auf­grund des Wiederholungsdeliktes zu befürchten hatten.

Ihre Angaben über den Nachtrunk werden daher als reine Schutzbehauptung angesehen.

 

Aufgrund des durchgeführten Verfahrens kommt die Behörde - wie oben angeführt und begründet - zum Ergebnis, dass Ihnen die Lenkberechtigung zu entziehen und das Lenken von Motorfahr­rädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen zu verbieten ist.

Sie wurden erst vor drei Jahren wegen eines Alkoholdeliktes im Straßenverkehr rechtskräftig bestraft. In diesem Zusammenhang musste Ihnen wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit die Lenkberechtigung entzogen werden, wobei die Verkehrsunzuverlässigkeit auf der gleichen schädlichen Neigung, nämlich dem Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beruhte.

Durch die entsprechenden Sanktionen (Bestrafung und Entziehung) konnten Sie nicht davon ab­gehalten werden, neuerlich ein Kraftfahrzeug im alkoholisierten Zustand mit 1,76 Promille zu lenken. Sie haben dadurch und durch das Verschulden des Verkehrsunfalls und durch die Fahrerflucht die Sicherheit der anderen Straßenbenützer in gröblicher Weise gefährdet.

 

Aus diesem Grund gelangte die Behörde zu dem Schluss, dass eine fünfzehnmonatige Entzugsdauer gerade noch ausreicht um Ihnen mit der für die Durchsetzung des Verwaltungs­zweckes notwendigen Deutlichkeit vor Augen zu führen, welches Maß an Verantwortungsbewusst­sein vom Inhaber einer Lenkberechtigung im Interesse der Sicherheit aller anderen Straßenbe­nützer verlangt werden muss.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Lenkberechtigung zu entziehen sowie das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen zu verbieten.

 

zu III: Nachdem Personen, welche die Verkehrszuverlässigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht besitzen im Interesse der Sicherheit aller Straßenbenützer unverzüglich von der Teilnahme am Straßenverkehr im Zusammenhang mit der Lenkung von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen werden müssen, war wegen Gefahr im Verzug einer gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.“

 

2. In der dagegen fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter erhobenen Berufung  wird im Wesentlichen der Verfahrensmangel des unberücksichtigt gebliebenen Nachtrunks gerügt. Ebenfalls wird in der Nichtberücksichtigung des vom Berufungswerber bereits bei erster Gelegenheit behaupteten Nachtrunks  eine unrichtige Tatsachenfeststellung gerügt. Es wurde vermeint ein Atemluftmessergebnis wäre nach der hier verstrichenen Zeitspanne nicht mehr beweistauglich.

Die Behörde hätte demnach eine Übertretung nach § 5 Abs.1 StVO nicht mehr feststellen dürfen.

 

 

2.1.  Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber teilweise im Recht!

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat die Berufungen samt den oben bezeichneten Verwaltungsakten dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat  des Landes Oberösterreich ist sowohl im Verwaltungsstrafverfahren als auch im Führerscheinentzugsverfahren durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist (§§ 51c und 67a Abs.1 AVG).

Aus verfahrensökonomischen Gründen wurden beide Verfahren zusammengefasst verhandelt, wobei in Vermeidung von Rechtsnachteilen in diesem Verfahren der Bescheid im Anschluss an die Berufungsverhandlung mit der Bescheidbehebung verkündet wurde.

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die oben bezeichneten Verwaltungsakte der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde zur Frage des behaupteten Nachtrunks von zwei Bieren eine fachliche Stellungnahme von für die Behörde erster Instanz tätige Amtsärztin eingeholt. Diesbezüglich wurde durch die Amtsärztin am 4. Juni 2010  eine auf der sogenannten Widmarkformel basierende Rückrechnung unter der Annahme eines Körpergesichtes des Berufungswerbers von 70 kg bei einer Körpergröße von 184 cm zum h. Verfahrensakt übermittelt. 

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde sowohl der Meldungsleger als Zeuge und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Die Amtsärztin ergänzte das Gutachten unter Berücksichtigung des als erwiesen erachteten Nachtrunkquantums und des tatsächlichen Körpergewichtes. Die Behörde erster Instanz nahm mit zwei Vertreterinnen an der Berufungsverhandlung teil.

 

 

3.2. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat die Berufungen samt den oben bezeichneten Verwaltungsakten dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidungen wurden nicht erlassen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat  des Landes Oberösterreich ist sowohl im Verwaltungsstrafverfahren als auch im Führerscheinentzugsverfahren durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist (§§ 51c und 67a Abs.1 AVG).

Aus verfahrensökonomischen Gründen wurden beide Verfahren zusammengefasst verhandelt, wobei für das Verwaltungsstrafverfahren zu VwSen-165133/10/Br eine gesonderte Bescheidausfertigung ergeht.  

 

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die oben bezeichneten Verwaltungsakte der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde zur Frage des behaupteten Nachtrunks von zwei Bieren eine fachliche Stellungnahme von für die Behörde erster Instanz tätige Amtsärztin eingeholt. Diesbezüglich wurde durch die Amtsärztin am 4. Juni 2010  eine auf der sogenannten Widmarkformel basierende Rückrechnung unter der Annahme eines Körpergesichtes des Berufungswerbers von 70 kg zum h. Verfahrensakt übermittelt. Das Körpergewicht wurde folglich mit „80 kg“ richtig gestellt.  Im Rahmen der Berufungsverhandlung am 23.6.2010 wurde sowohl der Meldungsleger als Zeuge und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Die Amtsärztin ergänzte das Gutachten unter Berücksichtigung des zuletzt als erwiesen geltenden Nachtrunkquantums. Die Behörde erster Instanz nahm durch zwei Vertreterinnen an der Berufungsverhandlung teil.

 

 

4. Sachverhalt:

Der Berufungswerber geriet am 27.2.2010 gegen 22:20 Uhr als Lenker seines Fahrzeuges vermutlich wegen plötzlich auftretender Eisglätte in Verbindung mit einer unter diesem Unstand nicht angepassten Fahrgeschwindigkeit im Gemeindegebiet von Edlbach, beim Güterweg Edlbach,  in das dort gelegen Bachbeet und blieb dort manöverierunfähig hängen.

Er entfernte sich folglich von seinem Fahrzeug und meldete den Unfall nicht, sondern machte sich zu Fuß auf den fünf bis sechs Kilometer weiten Heimweg.  Die Polizei erlangte von diesem Unfall bereits wenige Minuten danach durch die telefonische Mitteilung einer Augenzeugin Kenntnis. Diese hatte das Ereignis vom Fenster ihres Hauses aus beobachtet.  Der Meldungsleger traf als Sektorstreife kurze Zeit später an der Unfallstelle ein. Das Unfallfahrzeug musste nachfolgend von der Feuerwehr geborgen und ausgelaufene Schmier- bzw. Treibmittel gebunden werden. Der Meldungsleger fuhr gegen 23:00 Uhr zum Wohnhaus des Zulassungsbesitzers, wo jedoch nur die Mutter des Berufungswerbers angetroffen wurde. Dieser wurde der Auftrag erteilt dem Berufungswerber mitzuteilen sich sofort nach seiner Heimkehr bei der Polizei zu melden.

Dem zwischenzeitig auf Heimweg befindlichen Berufungswerber war laut seinen Angaben weder ein Polizei- noch ein sonstiges Einsatzfahrzeug begegnet. Zu Hause traf er laut eigenen Angaben nach Mitternacht ein. Er begab sich dort in den Keller und trank in den nächsten Stunden insgesamt noch zwei Halbe Bockbier.

Nachdem er von seiner Mutter über die polizeiliche Aufforderung informiert worden war, meldetet er sich gegen 06:00 Uhr telefonisch bei der Polizei. Bei diesem eher kurzen Telefonat wurde jedenfalls über das Trinkverhalten nicht gesprochen. Kurze Zeit später  wurde der Berufungswerber  von dessen Mutter zur Polizeinspektion gebracht.  Bei dieser ersten Gelegenheit erklärte er bereits nach dem Unfall noch zwei Bier konsumiert zu haben. Dies nachdem er zu einer nicht näher genannten Zeit nach Hause gekommen war. Vom Berufungswerber wurde aber auch ein Alkoholkonsum im Umfang von einem Seidel Bier und zwei Cola-Rum eingestanden.

Nähere Details über den Bierkonsum wurden in der Niederschrift nicht festgehalten. Die beim Berufungswerber  um 06:59 Uhr durchgeführte Atemluftuntersuchung erbrachte noch ein Ergebnis von 0,44 mg/l Atemluftalkoholgehalt (entspricht 0,88 Promille Blutalkohol).

Die vom Zeugen RevInsp. X mit dem Berufungswerber am 28.2.2010 aufgenommene Niederschrift ergibt weder einen Hinweis über den Zeitpunkt des getätigten Nachtrunks noch über die konsumierte Biersorte bzw. deren Alkoholgehalt.

Auch der nach Rückfrage beim Meldungsleger durch die Sachbearbeiterin am 10.5.2010 erstellte Aktenvermerk beinhaltet über den Zeitpunkt des Nachtrunks keine Angaben.

 

Demnach ist der Nachtrunkverantwortung im Ausmaß von zwei Bockbieren in der Zeit von 01:00 bis 06:00 Uhr zu folgen. Eine Rückrechnung vom Messwert 0,44 mg/l  um 06:57 Uhr des 28.2.2010 auf den Alkoholisierungsgrad ca. 7,5 Stunden vorher ist demnach zulässig.

Die Amtsärztin errechnete den Nachtrunk unter Grundlegung des Körpergewichtes des Berufungswerbers mit einem einem Promill Blutalkoholgehalt. Dieser Wert war demnach vom rückgerechneten Ausgangswert mit 1,76 Promille in Abzug zu bringen.

Demnach kann unter den zu Gunsten des Berufungswerbers anzunehmenden Abbauraten lediglich ein knapp unter 0,8 Promille liegender Blutalkoholgehalt und demnach keine Beeinträchtigung durch Alkohol im Sinne des § 5 StVO nachgewiesen gelten. Es liegt demnach nachweisbar nur ein Verstoß gegen die führerscheinrechtlichen Bestimmungen vor (§ 14 Abs.8 FSG).

Der Zwischenkonsum, welcher vom Berufungswerber sehr wohl bei erster Gelegenheit mit zwei Bieren präzise behauptet, wobei er im Rahmen der Berufungsverhadlung diese als Bockbier präzisierte, ist letztendlilch auch nicht lebensfremd.

Das sich der Berufungswerber zum Unfallszeitpunkt jedenfalls eines grenzwertigen Alkoholkonsums bewusst gewesen sein dürfte, kann nur unschwer als Motiv seiner Unfallflucht vermutet werden.  Dafür spricht nicht zuletzt auch die gegenüber dem Meldungsleger kurzfristig zu präsentieren versuchte Diebstahlsvariante betreffend seinen Pkw.

Wegen der unterlassenen Mitwirkungspflicht an der Klärung des Sachverhaltes – wozu rechtlich auch der getätigte Nachtrunk fällt – wurde der Berufungswerber zwischenzeitig von der Behörde erster Instanz auch rechtskräftig bestraft.

Da letztlich die Anzeigeinhalte keinen Widerspruch zu  den Nachtrunkangaben des Berufungswerbers erkennen lassen, diese in der Zusammenschau auch nicht lebensfremd sind und vom Berufungswerber im Ergebnis von Anbeginn so dargestellt wurden, war diesen letztlich zu folgen. Zu bemerken ist hier insbesondere, dass auch ein wohl bereits grenzwertiger Vorkonsum von Anbeginn eingeräumt wurde, sodass der Nachtrunk auch vor diesem Hintergrund nicht als Konzept einer bloß  zu Recht gelegten Schutzbehauptung abgetan werden kann.

Wenn sich der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung wohl im Detail nicht mehr sehr präzise an die zeitlichen Abläufe zu erinnern vermochte erschüttert dies keineswegs die Glaubwürdigkeit seiner Verantwortung.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 gilt gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG insbesondere, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 SPG zu beurteilen ist.

Für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind nach § 7 Abs.4 FSG deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Ein Kraftfahrzeug darf gemäß § 14 Abs.8 FSG nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l (0,5 Promille) beträgt. Damit war im Sinne dieser Feststellungen sowie auch in Bindung an das Ergebnis des Verwaltungsstrafverfahrens – VwSen-165133 -  (nur mehr) von einer Grenzwertüberschreitung zum Lenkzeitpunkt nach dem Führerscheingesetz auszugehen (vgl. VwGH 23.7.1999, 96/02/0016 mit Hinweis auf VwGH vom 25. Juni 1999, Zl. 99/02/0107).

Zur Frage der Rückrechungszulässigkeit ist zu bemerken, dass etwa der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 9. Mai 1990, Zl. 89/03/0070, unter Hinweis auf seine diesbezügliche Vorjudikatur zum Ausdruck brachte, dass eine sieben Stunden nach der Tat erfolgte Blutabnahme ein verwertbares Ergebnis erwarten lässt, da sich unter der gesicherten Annahme eines durchschnittlichen stündlichen Verbrennungswertes des Alkohols im Blut in der Größenordnung von 0,10 bis 0,12 Promille der Blutalkoholgehalt zu einer auch mehrere Stunden vor der Blutabnahme liegenden Tatzeit zurückrechnen lasse. Diese Rechtsprechung, so der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29.8.2003, 2003/02/0033,  ist auch auf die Rückrechnung im Zusammenhang mit der Messung des Atemalkoholgehalts (vgl. zum Umrechnungsschlüssel vom Blutalkoholgehalt zum Wert des Atemluftalkoholgehaltes mit dem Faktor 2:1 – Hinweis auf VwGH 29. 1. 2003, Zl. 2001/03/0174) anwendbar (VwGH 15. 11.2001, Zl. 2000/03/0348). Gemäß dem Erkenntnis des VwGH vom 16.2.2007, 2006/02/0090, lässt sich selbst nach einer Zeitspanne vom neun Stunden noch ein verwertbares Ergebnis als rechtlich zulässig ableiten.

Daher kann vor diesem Hitnergrund zum Unfallszeitpunkt zumindest noch eine Minderalkoholsierung als erwiesen gelten. Die übrigen Aussprüche waren demnach mangels sachlicher Grundlage aufzuheben.

Nach § 30a Abs.1 FSG ist bei Begehung eines in Abs.2 leg.cit. angeführten Deliktes  unabhängig von einer verhängten Verwaltungsstrafe, einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung oder sonstiger angeordneter Maßnahmen eine Vormerkung im örtlichen Führerscheinregister einzutragen.

 

Für das Führerscheinverfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro zu entrichten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt ode reiner Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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