Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550532/9/Kl/Pe

Linz, 27.07.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über den Antrag der x GmbH & Co KG, vertreten durch x, vom 28. Juni 2010 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der Stadtgemeinde x betreffend das Vorhaben „Ortskanalisation x, BA 14/04, Regenbecken x, maschinelle Ausrüstung“, zu Recht erkannt:

 

 

I. Dem Nachprüfungsantrag wird stattgegeben und die angefochtene Zuschlagsentscheidung der Stadtgemeinde x vom 21. Juni 2010 für nichtig erklärt.

 

II. Die Stadtgemeinde x wird verpflichtet, der x GmbH & Co KG die geleisteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 600 Euro (400 Euro für den Nachprüfungsantrag und 200 Euro für die einstweilige Verfügung) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: §§ 1, 2, 3, 7 und 19 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 iVm §§ 2, 19, 81, 105 und 131 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl. I Nr. 117/2006 idF BGBl. I Nr. 15/2010.

zu II.: § 23 Oö. VergRSG 2006.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 28. Juni 2010 hat die x GmbH & Co KG (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungs­verfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 600 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass sie zur Abgabe eines Angebots betreffend die Ortskanalisation x, BA 14/04 Regenbecken x, eingeladen worden sei. Gegenstand des Bauvorhabens sei die maschinelle Ausrüstung des Regenrückhaltebeckens x mit angeschlossenem Abwasserpumpwerk und Nutzwasserbrunnen für die Beckenspülung. Die Vergabe erfolge im Verhandlungsverfahren im Unterschwellenbereich nach dem Billigstbieterprinzip.

 

Festlegungen über den Ablauf des Verhandlungsverfahrens, die von den Bestimmungen des BVergG 2006 abweichen würden, seien in den Ausschreibungsunterlagen nicht enthalten.

Die Antragstellerin habe frist- und formgerecht ein Angebot gelegt und sei keine Ausscheidung ihres Angebots mitgeteilt worden.

 

In weiterer Folge habe es einen telefonischen Kontakt zwischen einem Mitarbeiter der Antragstellerin und einem Vertreter der ausschreibenden Stelle gegeben, wobei im Zuge dieses Gespräches eher allgemein über das Angebot und allfällige weitere Nachlässe gesprochen worden sei.

 

Eine Verhandlung über den Angebotsinhalt habe nicht stattgefunden, ebenso wenig sei der Antragstellerin jemals eine Bekanntgabe über den bevorstehenden Abschluss der Verhandlungen zugegangen.

 

Mit Telefax vom 18. Juni 2010, bei der Antragstellerin eingelangt am 21. Juni 2010, wurde mitgeteilt, dass die Vergabe des Auftrags an den Billigstbieter vorgesehen sei und das Angebot der Antragstellerin nicht zum Tragen komme. Weitergehende Gründe für die Angebotsauswahl seien nicht mitgeteilt worden. Der Name des zum Zuge gekommenen Bieters sei der Antragstellerin erst über telefonische Nachfrage mitgeteilt worden.

 

Zum Interesse am Vertragsabschluss und zum drohenden Schaden wurde ausgeführt, dass das Interesse an der Teilnahme am vorliegenden Vergabeverfahren und auch der Erhalt des Auftrags bereits durch die Teilnahme bzw. durch die Abgabe eines ausgearbeiteten Angebots sowie durch den Nachprüfungsantrag dokumentiert sei.

Durch die noch aufzuzeigenden Rechtswidrigkeiten des vorliegenden Vergabeverfahrens sei der Antragstellerin die Möglichkeit genommen worden, im Zuge der durchzuführenden Verhandlungen ihr Angebot nachzubessern und so den Zuschlag zu erhalten. Es drohe daher der Verlust des zu erzielenden Gewinns in Höhe von ca. 5.000 Euro. Ebenso wären Kosten in Höhe von ca. 1.500 Euro für die Rechtsvertretung und Kosten für die Angebotslegung frustriert. Darüber hinaus drohe auch der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens, insbesondere auf

-        Gleichbehandlung aller Bieter

-        Beachtung der vergaberechtlichen Selbstbindung der Auftraggeberin

-        Durchführung eines transparenten und den Grundsätzen des fairen und        lauteren Wettbewerbs entsprechenden Verfahrens sowie

-        in einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren den Zuschlag zu         erhalten,

verletzt.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit führt die Antragstellerin ins Treffen, dass gemäß § 105 BVergG 2006 der Auftraggeber bei Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit mehreren Bietern mit diesen über den gesamten Leistungsinhalt zu verhandeln habe. Gemäß § 105 Abs.3 BVergG 2006 habe der Auftraggeber insbesondere den teilnehmenden Bietern den Abschluss der Verhandlungen vorab bekannt zu geben, woraus sich ergebe, dass das Verhandlungsverfahren nicht für die Bieter überraschend abgeschlossen werden darf.

 

Durch die Wahl des Verhandlungsverfahrens habe sich die Auftraggeberin selbst dahingehend gebunden, dass es den Bietern freistehe, im Zuge der zu führenden Verhandlungen ihr Angebot nachzubessern. Ein Vorbehalt, nur mit dem Bieter des bestgereihten Angebots Verhandlungen zu führen, sei in der Ausschreibung nicht enthalten.

 

Im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung der Bieter und eines transparenten Vergabeverfahrens wäre die Auftraggeberin daher jedenfalls verpflichtet gewesen, auch der Antragstellerin eine Nachbesserung ihres Angebots zu ermöglichen und den bevorstehenden Abschluss des Vergabeverfahrens bekannt zu machen, wobei dies dadurch geschehen könne, dass eine Verhandlungsrunde als letzte Verhandlungsrunde bekannt gegeben würde oder dass der oder die verbliebenen Bieter zu einer letztmaligen Abgabe eines Angebots aufgefordert würden. Da die Auftraggeberin dies rechtswidriger Weise unterlassen habe, sei es der Antragstellerin nicht möglich gewesen, ihr Angebot preislich entsprechend nachzubessern. Hätte die Auftraggeberin der Antragstellerin im Sinne der gesetzlichen Verpflichtung eine Möglichkeit zur Nachbesserung eingeräumt, so hätte die Antragstellerin einen weiteren Nachlass gewähren können, wodurch sie Bestbieterin im Sinne der Ausschreibungs­unterlagen geworden wäre.

 

Die Auftraggeberin habe jedoch offensichtlich nur mit einem Bieter Verhandlungen geführt und dadurch auch das Gebot der Gleichbehandlung der Bieter verletzt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Stadtgemeinde x als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Von der Auftraggeberin wurden mit Eingaben vom 29. Juni, 2. Juli und 7. Juli 2010 die Vergabeunterlagen vorgelegt. Es wurde darauf hingewiesen, dass bis zum Abgabetermin am 9. Juni 2010 von allen fünf Bietern Angebote beim Stadtamt x eingelangt seien und nach Angebotsöffnung eine grobe Überprüfung der Angebote auf Vollständigkeit und Korrekturen vorgenommen worden sei. Die Angebote seien dem Büro x-GmbH zur genauen Überprüfung übergeben worden. Am 14. Juni 2010 sei vom Prüfenden ein Verhandlungsgespräch mit beiden Billigstbietern erfolgt, wobei vor allem geklärt worden sei, welche Materialien (Schieber) bzw. welche Zahlungskonditionen angeboten wurden. Die Firma x habe als Alternativangebot zum Fabrikat ITT Flygt KSB-Pumpen angeboten, allerdings seien laut Angebotsschreiben Alternativangebote nicht zulässig. Die Pumpen seien als gleichwertig anzusehen. Es wurden die Anreisekosten für Service- und Reparaturarbeiten gegenüber gestellt. Nach dem Verhandlungsgespräch stellte das Angebot der Firma x das Best- und Billigstangebot dar. Es wurde daher die x GmbH zur Vergabe vorgeschlagen. Es habe auch mit der Firma x, Herrn x, am 14. Juni 2010 ein Bietergespräch gegeben, worin über Ausführungszeitraum, verwendete Materialien, Kosten für Service- und Reparaturarbeiten und einen weiteren Nachlass verhandelt wurde. Da kein weiterer Nachlass gewährt worden sei und das Vergabekriterium das Billigstbieterprinzip sei, sei keine weitere Verhandlungsrunde erforderlich gewesen. Ein Bietergespräch mit den übrigen drei Bietern sei nicht mehr erfolgt, weil eine zu große Preisdifferenz zu den Billigstangeboten vorlag. Die beabsichtigte Vergabe sei mit Telefax vom 18. Juni 2010 der Firma x mitgeteilt worden, in welchem zwar nicht der Billigstbieter und die Vergabesumme angeführt waren, dies wurde aber der Firma x telefonsich mitgeteilt. Es liege keine rechtswidrige Vorgangsweise vor. Mit den Schriftsätzen wurden Angaben zu den geschätzten Kosten, die Aufforderung zur Angebotslegung, Planunterlagen, Originalangebot der Antragstellerin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, handschriftliche Notizen über Bietergespräche mit den genannten Bietern, die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung und Verständigung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin über das Nachprüfungsverfahren übermittelt.

 

3. Die Antragstellerin hat mit Eingabe vom 19. Juli 2010 eine Äußerung abgegeben und darin im Wesentlichen dargelegt, dass ein Telefonat zwischen einem Mitarbeiter bei der ausschreibenden Stelle und einem Mitarbeiter der Antragstellerin (Herrn x) stattgefunden habe, allerdings Herr x als für das Angebot zuständiger Techniker nicht in kaufmännischer Hinsicht verantwortlich sei. Er sei weder Geschäftsführer noch Prokurist der Antragstellerin und es sei ihm rechtlich nicht möglich, das Angebot verbindlich nachzubessern. Gegenstand des Gesprächs seien in erster Linie technische Fragen über das Angebot bzw. die geplante Ausführung und angebotenen Produkte gewesen. Die gegen Ende des Gespräches gestellte Frage über einen weiteren Nachlass sei von Herrn x nicht definitiv beantwortet worden, zumal er zur verbindlichen Änderung des Angebotes nicht befugt gewesen sei. Überraschend sei aber in weiterer Folge ohne ein Verhandlungsgespräch und ohne Bekanntgabe des bevorstehenden Abschlusses der Verhandlungen die Zuschlagsentscheidung zugegangen. Gemäß § 105 BVergG 2006 wäre die Auftraggeberin verpflichtet gewesen, den Bietern den Abschluss der Verhandlungen bekannt zu geben, um der Antragstellerin eine preisliche Nachbesserung des Angebotes zu ermöglichen. Es sei daher unrichtig, dass ein Vergabegespräch stattgefunden hätte und dass die Antragstellerin die Gewährung eines weiteren Nachlasses abgelehnt hätte.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme, insbesondere  in die vorgelegten Vergabeunterlagen. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag stattzugeben ist, kann die öffentliche mündliche Verhandlung ungeachtet eines Parteienantrags entfallen (§ 19 Abs.3 Z3 Oö. VergRSG 2006).

 

4.1. Folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt steht fest:

 

Von der Stadtgemeinde x wurde das Vorhaben Ortskanalisation x, BA 14/04, Regenbecken x, mit angeschlossenem Abwasserpumpwerk und Nutzwasserbrunnen für die Beckenspülung sowie die Lieferung und Montage der Absperrorgane, Tauchwände, Ausrüstung des Abwasserpumpwerkes, des Nutzwasserbrunnens und der Beckenspülung sowie Lieferung und Montage des Geländers und der Einstiegsleitern als Bauauftrag im Unterschwellenbereich im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung ausgeschrieben und am 19.5.2010 fünf Bieter zur Angebotsabgabe eingeladen, darunter auch die Antragstellerin und die x GmbH (mitbeteiligte Partei). Sowohl die Antragstellerin als auch die mitbeteiligte Partei haben am 8.6.2010 und somit rechtzeitig, ein gültiges Angebot abgegeben.

 

Laut Angebotsschreiben, Seite 1, wurde zum Billigstbieterprinzip ausgeschrieben und dies unter Punkt D7 des Angebotsschreibens auf Seite 7 bestätigt. In Punkt B6 auf Seite 3 des Angebotsschreibens sind Alternativangebote nicht zugelassen. Die Angebotsbestimmungen bzw. das Angebotsschreiben enthält keine Bestimmungen über den Verlauf bzw. über die Durchführung des Verhandlungsverfahrens.

 

Am 14. Juni 2010 (handschriftliche Notiz) hat sowohl mit der Antragstellerin, Herrn x, als auch mit der mitbeteiligten Partei, x, ein telefonisches Bietergespräch über die maschinelle Ausrüstung stattgefunden. Gegenstand des Gespräches waren der Ausführungszeitraum, die Materialien, Pauschale für Service- und Reparaturarbeiten nach Ablauf der Haftzeit und Nachlass- und Zahlungskonditionen. Seitens der mitbeteiligten Partei wurde dabei ein weiterer Nachlass gewährt; seitens der Antragstellerin wurde auf den bereits enthaltenen Nachlass hingewiesen und die Möglichkeit weiterer Nachlässe oder Skonti verneint.

 

Laut Prüfprotokoll vom 14. Juni 2010 wurde eine Reihung der Angebote nach der Nettoangebotssumme vorgenommen, die Vollständigkeit und rechnerische Richtigkeit der drei Billigstbieter bestätigt und infolge des gewährten Nachlasses der mitbeteiligten Partei ein Preisvorteil gegenüber der Antragstellerin festgestellt und daher das Angebot der mitbeteiligten Partei als Best- und Billigstangebot vorgeschlagen. Auch liegt das Angebot im geschätzten Kostenrahmen. Es ist daher das Angebot der mitbeteiligten Partei unter Berücksichtung des Nachlasses mit einer Vergabesumme von 38.269,02 Euro das Billigstangebot und weist eine Differenz von 684,66 Euro gegenüber dem Angebot der Antragstellerin mit 38.953,68 Euro auf.

 

Mit Schreiben vom 18. Juni 2010, übersendet per Fax am 21. Juni 2010, wurde der Antragstellerin sowie den übrigen Bietern im Namen der Stadtgemeinde x mitgeteilt, „dass die Vergabe des Auftrages für die o.a. Arbeiten an den Billigstbieter vorgesehen ist. Somit kommt Ihr Angebot nicht zum Tragen. Wir bedanken uns – auch im Rahmen der Stadtgemeinde x – für die Anbotslegung.“ Das Schreiben erging von der x-GmbH für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft, Forst- und Holzwirtschaft, x, als vergebende Stelle im Namen der Stadtgemeinde x.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Vergabeunterlagen sowie auch aus den Äußerungen der Auftraggeberin.

 

4.3. Mit Bescheid des Oö. Verwaltungssenates vom 2. Juli 2010, VwSen-550533/4/Kü/Rd/Sta, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren zu untersagen, stattgegeben und der Auftraggeberin Stadtgemeinde x die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahrens, längstens aber bis 28. August 2010, untersagt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

5.2. Nach § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines, den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrages behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublitt.ee. BVergG 2006 stellt die Zuschlagsentscheidung im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig, weil er sich gegen die Zuschlagsentscheidung als gesondert anfechtbare Entscheidung richtet.

 

5.3. Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

1.  sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in den von ihm bzw. von ihr nach § 5 Abs.1 Z1 geltend gemachten Recht verletzt und

2.  diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 19 Abs.1 BVergG 2006 sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

 

Gemäß § 81 Abs.1 BVergG 2006 kann nur bei Aufträgen, die nach den Kriterium des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes vergeben werden sollen, der Auftraggeber Alternativangebote zulassen.

 

Gemäß § 105 BVergG 2006 hat der Auftraggeber bei der Durchführung von Verhandlungsverfahren mit mehreren Bietern mit diesen über den gesamten Leistungsinhalt zu verhandeln, um das für ihn beste Angebot gemäß den bekannt gemachten Zuschlagskriterien zu ermitteln (Abs.1). Ein Verhandlungsverfahren mit mehreren Bietern kann in verschiedenen aufeinander folgenden Phasen durchgeführt werden. Der Auftraggeber kann die Zahl der Angebote anhand der bekannt gegebenen Zuschlagskriterien verringern. Der Auftraggeber hat jene Bieter, deren Angebote nicht weiter berücksichtigt werden, unverzüglich von dieser Entscheidung zu verständigen. Die vom Auftraggeber gewählte Vorgangsweise ist in der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder in den Ausschreibungsunterlagen bekannt zu geben (Abs.2). Der Auftraggeber hat, sofern nicht entsprechende Festlegungen bereits in den Ausschreibungsunterlagen erfolgt sind, dem bzw. den am Verhandlungsverfahren teilnehmenden Bieter bzw. Bietern den Abschluss der Verhandlungen vorab bekannt zu geben. Dies kann dadurch geschehen, dass eine Verhandlungsrunde als letzte Verhandlungsrunde bekannt gegeben wird oder dass der oder die verbliebenen Bieter zu einer letztmaligen Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden (Abs.3). Bei der Durchführung von Verhandlungsverfahren im Unterschwellenbereich kann sich der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen vorbehalten, dass er im Fall der Abgabe von vollständig ausgearbeiteten und vergleichbaren Angeboten, Verhandlungen nur mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes führt und er mit den übrigen Bietern Verhandlungen nur dann führt, wenn die Verhandlungen mit dem Bieter des bestgereihten Angebots nicht erfolgreich abgeschlossen werden (Abs.4).

 

Gemäß § 131 Abs.1 BVergG 2006 hat der Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß § 132 Abs.1, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.

 

5.4. Im Grunde der Bestimmung des § 81 Abs.1 BVergG 2006 und der Angebotsbestimmung B6 auf Seite 3 des Angebotsschreibens hat daher die Auftraggeberin zu Recht ein Alternativangebot der mitbeteiligten Partei unberücksichtigt gelassen und lediglich das Hauptangebot der Angebotsprüfung zugrunde gelegt.

 

5.5. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 22. April 2009, Zl. 2009/04/0081-3, 2009/04/0085-3, zur Frage der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung klar ausgedrückt, dass § 131 vierter Satz BVergG 2006 unmissverständlich normiert, dass in der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung den verbliebenen Bietern näher bezeichnete Informationen (das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß § 132, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes) bekannt zu geben sind, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. Eine entgegen dieser Verpflichtung abgegebene Zuschlagsentscheidung (§ 2 Z48 BVergG 2006) ist daher eine objektiv rechtswidrige Entscheidung des Auftraggebers und verletzt den Bieter in dem gemäß § 131 vierter Satz BVergG 2006 zustehenden Recht auf Bekanntgabe der in dieser Bestimmung enthaltenen Informationen. Dies umso mehr, als diese Bestimmung nach den obzitierten Materialien gewährleisten soll, „dass ein nicht zum Zuge gekommener Bieter schon am Beginn der Stillhaltefrist die Informationen besitzt, die er für einen allfälligen Nachprüfungsantrag benötigt.“ Zur Wesentlichkeit der Verletzung von § 131 vierter Satz BVergG 2006 für den Ausgang des Vergabeverfahrens, verweist der Verwaltungsgerichtshof auf § 325 Abs.1 Z2 BVergG 2006 – wie übereinstimmend auch in § 7 Abs.1 Z2 Oö. VergRSG 2006 geregelt – wonach eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesonderte anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers nur dann für nichtig zu erklären ist, wenn ihre Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist. Danach verweist der Verwaltungsgerichtshof auf die Verpflichtung des Auftraggebers zur Begründung seiner Zuschlagsentscheidung nach § 131 vierter Satz BVergG 2006, die dem Bieter die Einbringung eines Nachprüfungsantrages mit ausreichender Vorbereitungszeit ermöglichen soll und daher letztlich den Zielen des § 19 Abs.1 BVergG 2006 dient. „Gerade der von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Umstand, dass der Gesetzgeber mit § 131 BVergG 2006 ganz bewusst die bisherige Holschuld (des Bieters und Nachprüfungswerbers) in eine Bringschuld (des öffentlichen Auftraggebers) umgewandelt hat, zeigt, dass dem Nachprüfungswerber nicht mehr zuzumuten ist, die vom Auftraggeber in seiner Zuschlagsentscheidung nicht bekannt gegebenen Informationen beim Auftraggeber selbst oder im Wege eines Nachprüfungsverfahrens zu beschaffen. Daher ist die Unterlassung der Begründung der Zuschlagsentscheidung für den Ausgang des Vergabeverfahrens im Sinn des § 325 Abs.1 Z2 BVergG 2006 schon dann wesentlich, wenn die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages dadurch erschwert oder behindert wird, was – wie die Erläuterungen anführen – in der Regel anzunehmen ist.“

 

Im Grunde dieser Judikatur ist aber die ergangene Zuschlagsentscheidung vom 21. Juni 2010 jedenfalls nicht konform mit der Bestimmung des § 131 Abs.1 BVergG 2006, erfüllt sie keine der Anforderungen der genannten Gesetzesbestimmung, wobei herauszustreichen ist, dass die Zuschlagsentscheidung sämtliche angeführten Inhalte zu umfassen hat. Es war daher die ergangene Zuschlagsentscheidung jedenfalls rechtswidrig. Darüber hinaus ist diese Rechtswidrigkeit aber auch Ausschlag gebend für den Ausgang des Vergabeverfahrens. Es hat sich nämlich gezeigt, dass erst über die telefonische Anfrage der Antragstellerin die präsumtive Zuschlagsempfängerin bekannt gegeben wurde, eine Vergabesumme wurde weiterhin nicht bekannt gegeben. Auch waren nicht die Vorteile des erfolgreichen Angebotes dargelegt. Es war daher innerhalb der sehr kurzen Anfechtungsfrist von sieben Tagen (für den Unterschwellenbereich) daher jedenfalls nicht zuzumuten, entsprechende Angaben erst auszuforschen bzw. ohne diese Angaben eine Rechtsverfolgung anzustreben. Es war daher schon aus diesem Grunde die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären.

Ergänzend ist noch auszuführen, dass eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 Abs.2 Z2 BVergG 2006 nicht vorliegt, weil es sich um ein Verhandlungsverfahren gemäß § 38 Abs.2 Z1 BVergG 2006 handelt, welches in § 131 Abs.2 Z2 BVergG 2006 nicht genannt ist.

 

5.6. Darüber hinaus ist aber auch festzuhalten, dass den Bestimmungen des § 105 BVergG 2006, welcher auch im Unterschwellenbereich gilt, in keinster Weise durch die Auftraggeberin Rechnung getragen wurde. Insbesondere wurde in den Ausschreibungsunterlagen nicht bekannt gegeben, wie das Verhandlungsverfahren durchgeführt wird bzw. wann der Schluss des Verhandlungsverfahrens stattfindet. Auch wurde nicht gemäß § 105 Abs.4 BVergG 2006 in den Ausschreibungsunterlagen vorbehalten, dass nur mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes Verhandlungen durchgeführt werden. Auch wurde keine letzte Verhandlungsrunde bekannt gegeben und nicht zu einem letztmaligen Angebot aufgefordert. Es ist daher auch bei dieser Vorgehensweise, die die Rechte der Bieter massiv einschränkt, nicht die Gleichbehandlung der Bieter sowie die Transparenz des Vergabeverfahrens gemäß den Grundsätzen nach § 19 BVergG 2006 gewahrt worden. Aufgrund der erheblichen Rechtsverletzungen kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen das Vergabeverfahren anders geendet hätte. Es war daher auch diese Rechtsverletzung für das Ergebnis des Vergabeverfahrens von Ausschlag. Auch dies musste zur Nichtigerklärung führen.

 

6. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin. Der Antragsteller bzw. die Antragstellerin hat ferner Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren, wenn er bzw. sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

 

Nach § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 besteht ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde.

 

Von der Antragstellerin wurde gleichzeitig mit dem Nachprüfungsantrag der Ersatz der geleisteten Pauschalgebühren beantragt. Im gegenständlichen Verfahren waren gemäß § 1 der Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung 2007 400 Euro für den Nachprüfungsantrag und 200 Euro für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu leisten. Da dem Nachprüfungsantrag stattzugeben war und mit Erkenntnis vom 2. Juli 2010, VwSen-550533/4/Kü/Rd/Sta, eine einstweilige Verfügung erlassen wurde, sind die gesetzlichen Voraussetzungen des § 23 Abs.1 und 2 Oö. VergRSG 2006 für die Zuerkennung des Gebührenersatzes erfüllt. Die Auftraggeberin war daher spruchgemäß zum Gebührenersatz zu verpflichten.

 

7. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Dr.  Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: notwendiger Inhalt der Zuschlagsentscheidung, Festlegungen zum Verhandlungsverfahren

 

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