Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252521/3/Gf/Mu

Linz, 28.07.2010

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Weiß, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Pree über die Berufung des x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 17. Juni 2010, GZ 12376/2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Höhe der Geldstrafe mit 1.100 Euro und die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe mit 170 Stunden festgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 110 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 17. Juni 2010, GZ 12376/2010, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 202 Stunden) verhängt, weil er am 2. März 2010 ab 7.00 Uhr auf einer Baustelle in Linz drei portugiesische Staatsangehörige als Dienstnehmer beschäftigt habe, ohne diese zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet gehabt zu haben. Dadurch habe er eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 i.d.F. BGBl.Nr. I 150/2009 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er nach § 111 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Rechtsmittelwerber angelastete Tat bei einer Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Freistadt-Rohrbach-Urfahr festgestellt und von ihm in der Sache auch nicht bestritten worden sei. Dass die Anmeldung der Dienstnehmer ohnehin schon etwa 21/2 Stunden nach Arbeitsbeginn erfolgte, vermöge hingegen an seiner Strafbarkeit nichts zu ändern.

Im Zuge der Strafbemessung seien die geringe Zeitdauer der Übertretung sowie der Umstand, dass diese keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat, als mildernd, die Anzahl der Beschäftigten hingegen als erschwerend zu werten gewesen, wobei es sich zudem bereits um einen Wiederholungsfall gehandelt habe; im Übrigen seien die von ihm bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 28. Juni 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 30. Juni 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

In seiner im erstbehördlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme vom 7. April 2010 hatte der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er am 2. März 2010 unmittelbar zu Dienstbeginn, also um 8.00 Uhr (und damit noch vor der an diesem Tag um 8.50 Uhr erfolgten Kontrolle der Baustelle), in der Kanzlei seines Steuerberaters vorgesprochen habe und nach Erledigung des erforderlichen bürokratischen Aufwandes die Meldung der drei Arbeitnehmer sodann um 9.26 Uhr mittels ELDA erfolgt sei.

Mit dem nunmehrigen Berufungsschriftsatz wird hingegen eine eidesstattliche, jeweils mit 28. Juni 2010 datierte Erklärung von zwei dieser Dienstnehmer vorgelegt, in der diese angeben, nie – und damit auch nicht am Tattag – beim Rechtsmittelwerber beschäftigt oder auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle anwesend gewesen zu sein.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates Linz zu GZ 12376/2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er im Erstfall mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe von 2.180 bis zu 5.000 Euro zu bestrafen ist –, der als Dienstgeber entgegen den Bestimmungen des ASVG die erforderlichen Meldungen oder Anzeigen nicht rechtzeitig erstattet.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall hat der Rechtsmittelwerber während des gesamten erstbehördlichen Verfahrens nie in Abrede gestellt, dass die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses genannten Personen von ihm beschäftigt wurden und daher auch der Pflichtversicherung und somit der Meldepflicht nach § 33 Abs. 1 ASVG unterlagen.

 

Wenn er daher nunmehr erstmals mit der gegenständlichen Berufung vorbringt, dass zwei dieser Dienstnehmer nie bei ihm beschäftigt und zum Kontrollzeitpunkt auch nicht auf der Baustelle anwesend gewesen seien, so muss dieser Einwand schon aus folgenden Gründen als unglaubwürdig bzw. als eine bloße Schutzbehauptung qualifiziert werden:

 

Anlässlich der behördlichen Kontrolle haben die Arbeitnehmer des Beschwerdeführers eigenhändig sog. "Personenblätter" ausgefüllt. Wie ein entsprechender Vergleich zeigt, stimmen die Schriftzüge auf diesen Personenblättern und auf den mit der Berufung vorgelegten (im Übrigen erst im Nachhinein erstellten) eidesstattlichen Erklärungen jeweils offenkundig überein (wobei aus den Personblättern zudem hervorgeht, dass die Dienstnehmer jeweils den Namen des Rechtsmittelwerbers explizit als ihren Arbeitgeber angegeben haben), sodass sich daraus für den Oö. Verwaltungssenat ein unzweifelhafter Nachweis für die jeweilige personelle Identität der Arbeitnehmer sowie weiters ergibt, dass auch jene beiden Dienstnehmer sowohl am Tattag im Unternehmen des Beschwerdeführers beschäftigt als auch auf der Baustelle anwesend waren, hinsichtlich derer dies nunmehr – der Sache nach zudem völlig unsubstantiiert – bestritten wird.

 

Außerdem lässt sich aus dem im Akt des Magistrates Linz erliegenden Ausdruck aus dem "Elektronischen Datensammelsystem der Sozialversicherungsträger" (ELDA) ersehen, dass alle drei im Spruch genannten Personen am Tag der behördlichen Kontrolle, nämlich am 2. März 2010 um 9.26 Uhr, für den Beschwerdeführer als Arbeitgeber angemeldet wurden, wobei der Rechtsmittelwerber bereits in seiner Stellungnahme vom 7. April 2010 angegeben hat, dass der Anmeldevorgang schon um 8.00 Uhr (also nach Arbeitsbeginn, aber noch vor der behördlichen Kontrolle) begonnen habe. Eine derartige Vorgangsweise würde jedoch offenkundig überhaupt keinen Sinn machen, wenn einzelne dieser Personen in Wahrheit gar keine Dienstnehmer des Anmeldenden gewesen wären. Auch daraus geht somit unzweifelhaft hervor, dass sämtliche im Spruch des Straferkenntnisses genannten Personen zum Tatzeitpunkt vom Beschwerdeführer als Arbeitgeber beschäftigt gewesen waren.

 

Davon ausgehend ist daher das erstmals mit der Berufung erhobene Vorbringen, dass zwei der drei betretenen Personen weder Arbeitnehmer des Rechtsmittelwerbers noch auf der Baustelle anwesend gewesen sein sollen, nicht geeignet, seine bis zu diesem Zeitpunkt demonstrierte Verantwortung dahin, dass er die ihm angelastete Übertretung auf der Tatbestandsebene nie bestritten hat, ernsthaft in Zweifel zu ziehen.

 

3.3. Auf der Ebene des Verschuldens ist ihm zumindest insofern Fahrlässigkeit anzulasten, als ihn die Verpflichtung trifft, sich als Unternehmer über sämtliche für sein Gewerbe einschlägigen Rechtsvorschriften – wozu fraglos auch die Bestimmungen des ASVG zählen – zu informieren. Da die Novellierung des § 33 Abs. 1 ASVG dahin, dass die Meldung der Dienstnehmer zur Sozialversicherung nicht mehr (wie früher) binnen einer Woche nach, sondern nunmehr bereits vor Arbeitsantritt zu erfolgen hat, schon seit dem 1. Jänner 2008 in Kraft steht, hat er dies entweder durch lange Zeit hindurch überhaupt unterlassen oder diese Gesetzesänderung leichtfertig ignoriert. In beiden Fällen kann aber jedenfalls nicht die Rede davon sein, dass ihn insoweit bloß ein geringfügiges Verschulden trifft, weil er dadurch jeweils gerade jenen verpönten Erfolg herbeigeführt hat, den der Gesetzgeber durch die Novellierung hintanzuhalten bestrebt war.

 

Trotz des Umstandes, dass die Tat im vorliegenden Fall keine nennenswerten Rechtsfolgen nach sich gezogen hat, scheidet sohin eine Heranziehung des § 21 Abs. 1 VStG (Absehen von der Strafe und Erteilung einer bloßen Ermahnung) von vornherein aus.

 

3.4.1. Im Zuge der Strafbemessung ist dem Beschwerdeführer – wie bereits von der belangten Behörde der Sache nach dargetan – als Milderungsgrund zu Gute zu halten, dass er sich dadurch, dass die Anmeldung umfassend und innerhalb kurzer Zeit nach Arbeitsantritt erfolgte, ernsthaft bemüht hat, einen mit der Gesetzesverletzung verbundenen größeren Schaden zu verhindern (vgl. § 34 Abs. 1 Z. 14 StGB).

 

3.4.2. Außerdem lässt sich weder dem von der Erstbehörde vorgelegten Akt – insbesondere weil eine entsprechende Übersicht über allfällige, bereits rechtskräftige Vormerkungen überhaupt fehlt – noch dem Spruch oder der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses entnehmen, inwiefern es sich hier bereits "um einen Wiederholungsfall im Sinn des § 111 Abs. 2 ASVG" handeln soll. Sollte die belangte Behörde hingegen auf dem Standpunkt stehen, dass eine gleichzeitige Beschäftigung mehrerer Dienstnehmer als eine derartige "Tatwiederholung" anzusehen ist, so ist sie auf die gegenteilige ständige Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenates (vgl. z.B. VwSen-252309 vom 22. Jänner 2010), wonach dieser Umstand lediglich als Erschwerungsgrund berücksichtigt werden, nicht jedoch zur Verhängung mehrerer Strafen – und damit erst recht nicht zur Anwendung des höheren Strafsatzes des § 111 Abs. 2 zweite Alternative ASVG (von 2.180 Euro bis 5.000 Euro) – führen darf. Die gleichzeitige Beschäftigung mehrerer Arbeitnehmer berechtigt die Strafbehörde also weder zur Verhängung mehrerer Geldstrafen nebeneinander noch zur Anwendung des für den Wiederholungsfall in § 111 Abs. 2 ASVG vorgesehenen höheren Strafrahmens, sondern lediglich zur Berücksichtigung dieses Umstandes als Erschwerungsgrund bei der Bemessung der Strafhöhe im Zuge der Bestrafung wegen des Vorliegens von bloß einer einzigen Verwaltungsübertretung.

 

Aus allen diesen Gründen war daher hier entgegen der Annahme der Erstbehörde bloß von dem geringeren Strafrahmen für eine erstmalige Begehung (von 730 Euro bis zu 2.180 Euro) auszugehen.

 

3.4.3. Zusammengefasst sind daher im gegenständlichen Fall die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und sein Bemühen, einen größeren Schaden abzuwenden, als mildernd, die Beschäftigung von drei Dienstnehmern hingegen als erschwerend zu werten. All dies berücksichtigend hält es der Oö. Verwaltungssenat sohin als in gleicher Weise für tat- und schuldangemessen, die Höhe der Geldstrafe mit 1.100 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation mit 170 Stunden festzusetzen.

 

3.5. Insoweit war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs.4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 110 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  W e i ß

Rechtssatz:

 

VwSen-252521/3/Gf/Mu vom 28. Juli 2010

 

§ 111 Abs. 2 ASVG; § 19 VStG; § 22 VStG

 

Die gleichzeitige Beschäftigung mehrerer Arbeitnehmer berechtigt weder zur Verhängung mehrerer Geldstrafen nebeneinander noch zur Anwendung des für den Wiederholungsfall in § 111 Abs. 2 ASVG vorgesehenen höheren Strafrahmens, sondern lediglich zur Berücksichtigung dieses Umstandes als Erschwerungsgrund bei der Bemessung der Strafhöhe im Zuge der Bestrafung wegen des Vorliegens von bloß einer einzigen Verwaltungsübertretung.

 

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