Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150793/2/Lg/Hue

Linz, 20.08.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Be­rufung der x, x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 12. Juli 2010, Zl. BauR96-237-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die (Straf-)Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.  

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.  

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis vom 12. Juli 2010, Zl. BauR96-237-2008, wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden verhängt, weil sie als Lenkerin des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen x am 11. Mai 2008, 2.05 Uhr, die mautpflichtige A1 Westautobahn bei km 160.000, Ausfahrt Asten – St. Florian, Rampe 4, km 0,250, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei keine Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung wurde das Straferkenntnis der Höhe nach angefochten. Die überlange Verfahrensdauer erscheine ungesetzlich und nicht gerechtfertigt. Die Bw sei versehentlich auf die Autobahn aufgefahren und erst kurz vorher nach Steyr gezogen. Sie sei bereit gewesen, die angebotene Ersatzmaut zu zahlen. Die kontrollierenden Beamten hätten ihr jedoch nicht die Möglichkeit eingeräumt, zur Bezahlung der Ersatzmaut zu einem Bankomaten zu fahren. Aufgrund der näher dargelegten Einkommens- und Familiensituation sei die nunmehr verhängte Geldstrafe völlig überzogen und überhöht.

 

Beantragt wurde die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Festsetzung der Geldstrafe auf die Höhe der Ersatzmaut.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Haid vom 11. Mai 2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Gem. § 19 Abs. 2 BStMG sei der Lenkerin mündlich eine Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht nachgekommen worden. Zusätzlich findet sich in der Anzeige folgende Angabe der Bw: "Ich fahre nie auf der Autobahn. Heute ging ich in die Mausefalle und habe vergessen, dass ich keine Vignette habe."

 

Nach Strafverfügung vom 12. Juni 2008 rechtfertigte sich die Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung. Zusätzlich gab sie an, dass ihr der kontrollierende Polizist zugesichert hätte, dass sie im Falle der nicht sofortigen Bezahlung der angebotenen Ersatzmaut, einen Erlagschein in der Höhe des selben Geldbetrages zugeschickt erhalten würde.  

 

Einer Stellungnahme des Anzeigenlegers vom 12. Juli 2008 ist neben den Angaben der Anzeige zu entnehmen, dass der Bw die Zusendung eines Zahlscheines über 120 Euro nicht versprochen und sie darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass in der Anzeige vermerkt werde, dass die Nichtbezahlung der Ersatzmaut an Ort und Stelle aufgrund mangelnden Bargelds erfolge.

 

Dazu brachte die Bw am 28. Oktober 2008 vor, dass ihr die Bezahlung der Ersatzmaut nach Aufsuchen eines Bankomaten nicht angeboten und ihr vom Polizisten mitgeteilt worden sei, dass sie bei Nichtbezahlung der Ersatzmaut künftig keinen höheren Betrag bezahlen müsse.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gem. § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gem. § 20 Abs. 1 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinung auszustellen (Abs. 2).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

4.2. Unbestritten ist, dass die Bw die Lenkerin war und auf dem Kfz zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine gültige Mautvignette aufgeklebt war. Die Verwirklichung des gegenständlichen Delikts durch die Bw ist unbestritten. Die Berufung richtet sich lediglich gegen die Strafhöhe.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw unerheblich sind. Die Mindeststrafe erscheint vor dem Hintergrund der gegebenen Umstände (irrtümliches Auffahren; Versuch, die Ersatzmaut zu bezahlen; relativ lange Verfahrensdauer) als angemessen. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG (ao. Milderungsrecht) sind nicht hervorgekommen. Die bloße Unbescholtenheit reicht dafür nicht aus, auch nicht in Verbindung mit dem im Hinblick auf die gegebene Beweislage geständigen Verhalten der Bw. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG (Absehen von der Strafe) gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind. Hinsichtlich des Verschuldens ist – im Zweifel – zugunsten des Bw davon auszugehen, dass ihr bei Befahren einer Mautstrecke das Fehlen einer gültigen Vignette entgangen war. Dies führt dazu, dass das Verhalten des Bw als fahrlässig (nicht als Schuldlosigkeit) einzustufen ist. Dieser Verschuldensgrad ist jedoch durchaus deliktstypisch und rechtfertigt die Anwendung des § 21 VStG keineswegs. Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herab zu setzen. Dadurch entfällt die Vorschreibung der Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass, wenn die Bw ihre Versuche, die angebotene Ersatzmaut zu bezahlen, ins Treffen führt, sie darauf aufmerksam zu machen ist, dass eine nicht unverzügliche Begleichung der mündlich angebotenen Ersatzmaut gem. § 19 Abs.2 BStMG – aus welchen Gründen auch immer – faktisch einem Ausschlagen des Angebotes gleichkommt, weshalb in Folge Anzeige zu erstatten war. Eine Verpflichtung der Organe, das Besorgen von Geldmittel (z.B. über einen Bankomaten) abzuwarten, besteht nicht. In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass weder dem Fahrzeuglenker noch dem Zulassungsbesitzer das Recht auf Übermittlung einer Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut zukommt.

 

Wenn die Bw – vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilte – verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der gesetzlichen Mindeststrafe hegen sollte, ist sie auf den dafür vorgesehenen Rechtsweg zu verweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

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