Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531052/2/Re/Hu

Linz, 23.08.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der x, vom 31. Mai 2010, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Mai 2010, Zl. 501/M101030; 0012384/2010 ABA Mitte, betreffend eine Untersagung gemäß § 345 Abs.9 GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben. Der bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Mai 2010 wird im Spruch konkretisiert und lautet:

"Die mit Eingabe vom 18. März 2010 von der x nach § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994  angezeigte Änderung ihrer Betriebsanlage betreffend "Bau 30 Produktion von RONAM 3", entspricht nicht den geforderten gesetzlichen Voraussetzungen und wird deren Durchführung untersagt."

Den Rechtsgrundlagen wird § 345 Abs.9 GewO 1994 angefügt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 359a und 345 Abs.9 iVm § 81 Abs.3 iVm § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Bescheid vom 14. Mai 2010, Zl. 501/M101030; 0012384/2010 ABA Mitte, im Zusammenhang mit einer Anzeige der x vom 18. März 2010 betreffend eine das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussende Änderung "die Durchführung der angezeigten Änderung der x vom 18.3.2010, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen, untersagt." Dies im Wesentlichen mit der Begründung, bei der Änderung handle es sich um die Produktion des pharmazeutischen Wirkstoffs RONAM-3 im Bau 30. Bei der angezeigten Produktion würden Abwässer entstehen, die aus dem Herkunftsbereich der Anlage A der Indirekteinleiterverordnung stammen und daher grundsätzlich einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen. Die derzeit für den Bau 30 geltende wasserrechtliche Bewilligung sei mit Bescheid vom 7. März 2005 erteilt worden. Weder im dazugehörigen Projekt noch im Bescheid sei die gegenständliche Produktion genehmigt. Abwässer mit gefährlichen Abwasserinhaltsstoffen seien eindeutig Emissionen, die nachteilige Auswirkungen auf das Emissionsverhalten der Betriebsanlagen haben. Aus diesen Gründen lägen die Voraussetzungen für ein Anzeigeverfahren nicht vor.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die x mit Eingabe vom 31. Mai 2010, bei der belangten Behörde per E-Mail am selben Tag eingelangt und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der angefochtene Bescheid werde damit begründet, dass die Voraussetzungen für ein Anzeigeverfahren nicht vorlägen, weil die Abwässer durch die geltende wasserrechtliche Bewilligung nicht genehmigt seien. Bei der Produktion von RONAM-3 handle es sich um einen zeitlich begrenzten routinemäßigen Technikumsversuch im Technikum Bau 30. An Abwässern würden nur bei der Anlagenreinigung einmalig 5 m³/d mit den im  - der Anzeige - beiliegenden Abwasserstandortkonzept  angegebenen Verunreinigung anfallen. Für diese Abwässer gelten die wasserrechtlichen Bescheide des Magistrates der Stadt Linz vom 22.3.2004 betreffend Bau 149 Abwasservorreinigung, sowie vom 7.3.2006 betreffend Bau 30 samt Nebenanlagen. Der erste Bescheid decke die Ableitung der im x anfallenden Abwässer nach Vorreinigung in der BAV in den Umleitungskanal der x. Der zweite Bescheid decke ua. die Ableitung von betrieblichem Abwasser aus den Bauten 30 und 49 im Rahmen des ersten Bescheides.

Beide Bescheide würden keine Einschränkungen auf bestimmte Produktionen oder Technikumsversuche enthalten. Diese Bescheide seien bisher immer so ausgelegt worden, dass das eingeräumte Maß der Wasserbenutzung auch für künftige Produktionen und Technikumsversuche gelte. Vom Amtssachverständigen für Gewässerschutz sei festgehalten worden, dass beim Bau 30 wegen des Technikumscharakters  eine taxative Aufzählung der hergestellten Produkte nicht möglich sei. Als mögliche Herkunftsbereiche würden x, x, x und x genannt; die gegenständlichen Abwässer seien der x zuzuordnen. Da durch die Abwässer aus dem Technikumsversuch RONAM-3 das mit diesen Bescheiden eingeräumte Maß der Wasserbenutzung nicht überschritten werde, sei deren Ableitung wasserrechtlich genehmigt. Dies sei von der Behörde auch in den letzten Monaten so gesehen worden. Es sei nicht begründet worden, weder im Bescheid noch im Schriftverkehr, in welcher Hinsicht das genehmigte Maß der Wasserbenutzung überschritten und daher die Genehmigungspflicht ausgelöst werde, weshalb beantragt werde, den bekämpften Bescheid aufzuheben und die angezeigte Änderung zur Kenntnis zu nehmen.

 

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz  als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m. § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  501/M101030; 0012384/2010 ABA Mitte.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

4. Erwägungen  des Unabhängige Verwaltungssenates:

 

Gemäß § 81 Abs.2 Z9 ist eine Genehmigungspflicht nach Abs.1 jedenfalls dann  nicht gegeben, wenn Änderungen das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen.

 

Gemäß § 81 Abs.3 GewO 1994 sind der Ersatz solcher gleichartiger Maschinen, Geräte oder Ausstattungen gemäß Abs.2 Z5, wegen deren Verwendung die Anlage einer Genehmigung bedürfte, sowie Änderungen gemäß Abs.2 Z9 der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen. Das ersetzte Geräte, die ersetzte Maschine, die ersetzte Ausstattung oder die den Nachweis der Gleichartigkeit dienenden Belege sind bis zur Erlassung des Bescheides gemäß § 345 Abs.8 Z8 aufzubewahren.

 

Gemäß § 345 Abs.8 Z6 GewO 1994 hat die Behörde, bei der gemäß Abs. 1, 2 und 4 die Anzeigen zu erstatten sind, die Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 binnen zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen; dieser Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides.

 

Dem vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde ist zu entnehmen, dass die Berufungswerberin mit Eingabe vom 18. März 2010 eine Anzeige nach § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 betreffend Bau 30 – Technikumsversuch RONAM-3, eingebracht hat. Beschrieben wurde das Vorhaben als Technikumsversuch zur Synthese von 3(S)-Aminochinuclidin Dihydrochlorid (RONAM-3) als Baustein eines Wirkstoffes der Indikation Schizophrenie und Alzheimer.

 

Laut entsprechendem Projektsüberprüfungsergebnis des technischen Amtssachverständigendienstes handelt es sich bei RONAM-3 um eine verfahrenstechnische Stufe eines pharmazeutischen Wirkstoffes (3(S)-Aminochinuclidin Dihydrochlorid) und befinde sich eine detaillierte Beschreibung der Prozessstufen in den Projektsunterlagen. Dabei würden sämtliche gebildeten Abgase im Bau 52 thermisch behandelt; ausgenommen jene der Abfüllkabine A-812; diese würden direkt an die freie Atmosphäre abgegeben. Die Behälter der Produktion von RONAM-3 seien mit Abgaskondensatoren für Emissionsminderung ausgestattet. Stoffe mit besonderer Relevanz für die Umwelttechnik würden über ein dichtes, inertes und geschlossenes System dosiert oder unter Anwendung des Gaspendelsystems abgefüllt. Abgase, die beim Ansprechen von SVs entstehen, würden über das bestehende Blowdown System geführt. Es kommen keine neuen oder zusätzlichen Apparate zum Einsatz. Deshalb würden auch keine Lärmemissionen generiert. An Abfällen fallen 7000 kg 1-Propanol/Wasser, 6000 kg Tetrahydrofuran, 800 kg Mutterlauge, 1500 kg Mutterlauge, 3000 kg Anlagenreinigung (MeOH), sowie 6000 kg Anlagenreinigung (1-Propanol) an.

 

Vom Amtssachverständigen für Gewässerschutz wurde festgehalten, dass die Ableitung der Abwässer aus der Anlagenreinigung nicht dem Stand der Technik entspreche. Einerseits müsse Abwasser aus der Produktion extern entsorgt werden, da offenbar die Grenzwerte der Abwasseremissionsverordnung nicht eingehalten werden könnten. Dieser Umstand könne bei der Anlagenreinigung offenbar nur aufgrund der hohen Wassermenge und somit durch Verdünnung umgangen werden. Weiters würden die neuen Stoffe für Bau 30 nicht dargestellt, die Fördereinrichtungen zum Einlagern des festen Rohstoffes RONAM-2, nicht ausreichend beschrieben und sei die Anlieferung des Rohstoffes 1-Propanol in Fässern nicht geeignet.

 

In der dagegen eingebrachten Entgegnung der Berufungswerberin wird u.a. im Wesentlichen festgestellt: Es stelle sich aufgrund des Heizwertes nicht die Frage, ob Abwasser aus der Produktion eingeleitet werden solle. Die zweimalige Reinigung mit Lösungsmittel erfolge zur Entfernung der Hauptmenge an möglichen Abwasserinhaltsstoffen im Reinigungsabwasser. Eine Endreinigung mit Wasser sei nötig und beinhalte natürlich noch Spuren der Substanzen (z.B. Ethylbenzol) aus der Produktion. Die angegebene Wassermenge von 5 m³ entspreche der maximalen Wassermenge, die zur Erzielung der Reinigungsqualität benötigt werde; hieran lasse sich nichts ändern. Die Reinigung entsprechende eindeutig dem Stand der Technik. Es sei nicht ersichtlich, welche negative Umweltauswirkung dieses Reinigungsabwasser überhaupt haben solle. Die Darstellung der Stoffe erfolge entsprechend dem vereinbarten Standard. Es werde jeweils auf die Sicherheitsanalyse 2000 Bezug genommen. In Bezug auf die Einlagerung sei ein redaktioneller Fehler unterlaufen, der erwähnte B-014 in der Tabelle 13.3 sei ein Kopierfehler und zu streichen. Die Verwendung von Fässern bei der Anlieferung von 1-Propanol verursache keine Abwässer bei der DSM.

 

Dem entgegnete die belangte Behörde nach neuerlicher Befassung des Amtssachverständigendienstes, dass es sich bei der geplanten Produktion von RONAM-3 um eine wasserrechtlich bewilligungspflichtige Änderung handle. Der derzeit geltende wasserrechtliche Genehmigungsbescheid beinhalte andere Produktionen. Die Ableitung der projektierten Abwässer sei vom aktuellen Genehmigungsbescheid nicht abgedeckt.

 

Dem gesamten Verfahrensakt und den Äußerungen der Berufungswerberin und der belangten Behörde ist übereinstimmend und unbestritten zu entnehmen, dass bei der geplanten und angezeigten Produktion von RONAM-3 Abwässer anfallen. Da es sich dabei darüber hinaus um – ebenfalls unbestrittenermaßen – Abwässer mit Inhaltsstoffen handelt, welche grundsätzlich einer wasserrechtlichen Bewilligung für deren Ableitung bedürfen, handelt es sich hiebei jedenfalls um Emissionen der Anlage, welche das Gesamtemissionsverhalten der Anlage nachteilig beeinflussen, und zwar unabhängig davon, ob diese in eine Kanalisation oder direkt in einen Vorfluter eingeleitet werden.

Wenn im gegenständlichen Verfahren zwischen Behörde und Berufungswerberin die Frage diskutiert wird, ob die nunmehr zusätzlich anfallenden Abwässer im bereits bestehenden wasserrechtlichen Konsens bereits enthalten sind oder nicht bzw. ob diese Abwässer nunmehr einer neuerlichen wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen, so ist hiezu festzustellen, dass es sich hiebei nicht um die Kernfrage des gegenständlichen Anzeigeverfahrens nach § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 handelt.

 

Vielmehr ist im gegenständlichen Verfahren ausschließlich zu klären, ob mit der geplanten Änderung Emissionen verbunden sind und ob dadurch das Emissionsverhalten der Anlage nachteilig beeinflusst wird. Diese Frage ist im gegenständlichen Verfahren eindeutig zu bejahen, da sowohl projektsgemäß als auch in den Äußerungen der Amtssachverständigen und der Konsenswerberin selbst unbestritten bleibt und festgehalten wird, dass zur Reinigung der Anlage nach Produktionsende 5 m³/d Wasser zum Nachspülen der Apparate und Anlagenteile, nachdem diese zuvor mit Lösungsmittel gereinigt wurden, benötigt wird, und somit als Abwasser (Emissionen) anfallen.

 

Im gegenständlichen Verfahren auf der Grundlage des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 war daher nicht zu klären, ob diese, bei der Produktion von RONAM-3 anfallenden Abwässer wasserrechtlich bewilligungspflichtig bzw. in der Folge bewilligungsfähig oder in einem bestehenden wasserrechtlichen Konsens enthalten sind, sondern, ob überhaupt zusätzliche Abwässer anfallen, die somit  das gesamte Emissionsverhalten der Anlage  nachteilig – da zusätzlich anfallend – beeinflussen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

In diesem Verfahren sind für die Einbringung der Berufung Gebühren in der Höhe von 13,20 Euro  angefallen.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 22.02.2011, Zl.: 2010/04/0116-5

 

 

 

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