Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165323/11/Br/Th

Linz, 23.09.2010

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Mag. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mann­schaft Gmunden vom 30. Juni 2010, Zl. VerkR96-4689-2009, nach der am 21. September 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.   Die Berufung wird im Schuldspruch, wie auch hinsichtlich der ausgesprochenen Geldstrafen in allen Punkten als unbegründet abgewiesen. Zu Punkt 3.) wird jedoch die Ersatzfreiheitsstrafe auf 40 Stunden ermäßigt.

 

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren in den Punkten 1.) und 2.) insgesamt €  32,-- auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe). Im Punkt 3.) entfällt für das Berufungsverfahren der Verfahrenkostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.

Zu II.: § 64 Abs.1 u. 2 u. § 65 (zu Pkt. 3.) VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden wegen der Übertretung nach §  § 18 Abs.1, § 15 Abs.1  und § 11 Abs.1 StVO 1960 alle iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, Geldstrafen von 2 x 80 und 1 x 90 Euro und  für den Fall der Uneinbringlichkeit 2 x 36  und 1 x 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 16.04.2009 um 17:45 Uhr den Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen X auf der Westautobahn A1, von Linz kommend in Richtung Salzburg im Bereich der Autobahnraststätte Lindach bis zur Autobahnausfahrt Regau lenkte und dabei

1.) zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, wenn das Vorderfahrzeug plötzlich abgebremst hätte, indem er zum vorderen PKW bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 130 km/h eine längere Wegstrecke lang einen so geringen Abstand eingehalten habe, dass die Lichter für den Lenker des Vorderfahrzeuges die Lichter seines Pkw  nicht mehr sichtbar waren.

2.)  habe er ein Fahrzeug in weiterer Folge rechts statt links überholt und

3.) haben er den Fahrstreifen gewechselt, ohne sich davon zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist."

 

 

1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses hat die Behörde erster Instanz erwogen:

Der Entscheidung liegt folgender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt zugrunde:

 

Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde der Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 25.04.2009 durch die Autobahnpolizeiinspektion Seewalchen angezeigt. Zur gegenständlichen Verwaltungsübertretung erstattet die Meldungsiegerin Frau X am 24.04.2009 Anzeige. Diese lenkte am 16.04.2009 um 17:45 einen PKW auf der Westautobahn A1 von Linz kommend in Richtung Salzburg auf der Überholspur im Bereich der Autobahnraststätte Lindach. Hinter ihrem Fahrzeug näherten Sie sich mit dem auf Sie zugelassenen PKW, amtliches Kennzeichen X, mit hoher Geschwindigkeit unter Betätigung der Lichthupe und fuhren dabei so nahe auf, dass die Meldungsiegerin keine Scheinwerfer Ihres Fahrzeuges mehr erkennen konnte. In weiterer Folge überholten Sie das Fahrzeug der Meldungslegerin rechts und wechselten vor diesem wieder die Fahrbahn, wodurch diese zum Abbremsen genötigt wurde.

 

In Beantwortung der Lenkererhebung vom 30.06.2009 gaben Sie mit Schreiben vom 03.07.2009 an, das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt selbst gelenkt bzw. verwendet zu haben. Mit Schriftsatz der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 08.09.2009 wurden sie zur Rechtfertigung aufgefordert, wobei die Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen mit Email vom 24.09.2009 bestritten wurden.

 

Im Rahmen einer zeugenschaftlichen Vernehmung am 20.10.2009 bestätigte die Meldungsiegerin Ihre Angaben vor der Autobahninspektion Neumarkt i. M. vollinhaltlich. Die Beifahrerin im PKW der Meldungslegerin, Frau X gab im Zuge einer Vernehmung an, dass das im Spruch bezeichnete Fahrzeug extrem eng auffuhr, in weiterer Folge rechts überholte und daraufhin gleich wieder auf die Überholspur wechselte und somit das Fahrzeug der Meldungslegerin ausbremste.

 

Mit Schreiben vom 26.11.2009 wurden Sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und bestritten mit Email vom 15.12.2009 nochmals die Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen.

 

Ein weiterer Zeuge der Vorfälle vom 16.04.2009, Hr. X, bestätigte die Aussagen der Meldungslegerin. Er habe beobachtet, dass der gelbe Porsche diese Vorgangsweise bereits ein paar mal wiederholt habe. Auch er sei von Ihnen mit der Lichthupe angeblinkt und in weiterer Folge rechts überholt worden. Nach diesem Überholvorgang habe sich der PKW wieder knapp vor ihm eingereiht.

 

Mit abschließendem Schreiben vom 23.06.2010 wurden Sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und zur Bekanntgabe Ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse aufgefordert. Eine abschließende Stellungnahme gaben Sie nicht ab.

 

Über diesen Sachverhalt hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als Organ der Landesverwaltung in l. Instanz wie folgt erwogen:

 

Die Angaben der Meldungslegerin sind schlüssig und in sich widerspruchsfrei, wodurch die erkennende Behörde auch keinen Grund dafür erblicken kann, am Wahrheitsgehalt dieser Angaben zu zweifeln, zumal die Anzeigerin ihre Angaben anlässlich der zeugenschaftlichen Einvernahme unter Wahrheitspflicht und unter Androhung strafrechtlicher Konsequenzen tätigte. Zwei voneinander unabhängige Personen bestätigten zudem die Angaben der Meldungslegerin, wonach Sie die Vorgansweise beim Überholen des Öfteren wiederholten. Aus diesem Grund kommt den Angaben der Meldungslegerin erhöhte Beweiskraft zu. Auch kann die ha. Behörde keinen Grund erkennen, warum die Anzeiger eine ihnen fremde Person wahrheitswidrig hätte belasten sollen. Aus Sicht der Bezirkshauptmannschaft Gmunden sind die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen als erwiesen anzusehen, auch da Sie die Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen ohne Angabe von Gründen bestritten. In der Lenkererhebung wurde von Ihnen darüber hinaus bestätigt, dass Sie den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X zu dem im Spruch angeführten Zeitpunkt lenkten.

 

Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Gemäß § 15 Abs.1 leg. cit. darf der Lenker eines Fahrzeuges - außer in den Fällen der Abs. 2 und 2a - nur links überholen.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg. cit. darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

Sie haben zu einem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst hätte. Dadurch, dass Sie bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 130 km/h eine längere Wegstrecke lang einen so geringen Abstand eingehalten haben, dass die Lichter Ihres Fahrzeuges für den Lenker des vorderen PKW nicht mehr sichtbar waren, haben Sie den objektiven Tatbestand der Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 erfüllt.

 

 

Dadurch, dass Sie sodann ein Fahrzeug ohne Vorliegen der gesetzlich normierten Ausnahmen recht anstatt links überholt haben, haben Sie den objektiven Tatbestand der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs.1 StVO 1960 erfüllt.

Dadurch, dass Sie mehrmals den Fahrstreifen wechselten, ohne sich davon zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist, da Sie andere PKW dabei zum Abbremsen genötigt haben, haben Sie den objektiven Tatbestand der Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.1 leg. cit. erfüllt.

 

Da keine Schuldausschließungsgründe geltend gemacht bzw. festgestellt wurden, ist auch der subjektive Tatbestand der im Spruch bezeichneten Verwaltungsübertretung gegeben.

 

Bei der Strafbemessung wurden die Bestimmungen des § 19 Abs.1 und 2 VStG in ihrem gesamten Umfang entsprechend berücksichtigt. Mildernd wurde Ihre bisherige verwaltungsstraf­rechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt. Da Sie Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse trotz Aufforderung nicht bekannt gaben, wurden diese wie angekündigt, mit Euro 1.400 netto, kein Vermögen, keine Sorgepflichten, zugrunde gelegt. Die Höhe der verhängten Geldstrafe erschien ausreichend aber auch erforderlich, um Sie in Zukunft von der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten abzuhalten. Überdies ließ sich die erkennende Behörde bei der Strafzumessung auch vom Gedanken der Generalprävention leiten, da die Verhängung von Geldstrafen auch einen potentiellen Täter von der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten abzuhalten geeignet ist.

 

Es war somit im Spruch zu entscheiden. Die Vorschreibung der Strafverfahrenskosten gründet sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung mit folgenden Ausführungen: 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Gegen die oben genannte Strafverfügung [gemeint wohl Straferkenntnis] v. 30.6.2010, GZ.: VerkR96-4689-2009, der Bezirkshauptmannschaft Gmunden erhebe ich fristgerecht

 

Berufung

 

und begründe dies wie folgt:

 

§ 18 Abs.1 der StVO 1960 besagt, dass der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten hat, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Ihre vorgehaltene Verwaltungsübertretung geht sohin tatbestandsmäßig ins Leere, da mir bis zum Zeitpunkt des plötzlichen und unvorhergesehenen Fahrstreifenwechsels der Anzeigerin - die sich nicht davon überzeugte, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war - das jederzeitige rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, da ich den notwendigen Abstand eingehalten habe.

Beweis: Rechtzeitiges Abbremsen meines Fahrzeuges aufgrund des plötzlichen Ausscherens der Anzeigerin (der Tatbestand der Nötigung durch die Anzeigerin wäre in

Der geringere Abstand ist erst durch das abrupte Ausscheren der Anzeigerin entstanden. Ich und alle hinter mir fahrenden Verkehrsteilnehmer wurden durch die fahrlässige Fahrweise („Ausbremsen der nachfolgenden Fahrzeuge“) der Anzeigerin genötigt, eine Vollbremsung einzuleiten.

Weiter stellt sich die Frage, wie die Anzeigerin und auch ihre Beifahrerin (!) die Lichthupe erkennen konnten, wenn ich doch so dicht aufgefahren sein sollte, dass die Meldungslegerin keine Scheinwerfer des Fahrzeugs mehr erkennen konnte (Seite 2 ihrer Begründung)?!

 

In weiterer Folge habe ich dann mein Fahrzeug weiter auf der rechten bzw. 1. Fahrzeugspur bewegt und bin dabei aufgrund der schneller fahrenden Fahrzeuge auf der 1. Spur an den anderen Fahrzeugen vorbeigerollt. Es fand kein Überholvorgang „rechts“ statt. Erst viel später habe ich mit meinem Fahrzeug wieder auf die Überholspur gewechselt, jedoch mich vorher davon überzeugt (Rückspiegel und Außenspiegel, kurzer Blick zurück über die Schulter sowie Betätigung des Blinkers), dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

Die Angaben der Meldungslegerin sowie der Zeugen sind sohin weder in sich schlüssig noch widerspruchsfrei. Die Anzeigerin hat mit ihrem fahrlässigen und amtsanmaßenden Verhalten im Straßenverkehr mich und andere Verkehrsteilnehmer zur abrupten Vollbremsung genötigt.

 

Es wird daher der Antrag gestellt, dass Straferkenntnis vollinhaltlich aufzuheben.

 

Mit freundlichen Grüßen

(Mag. X)

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der  Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung war hier trotz 500 Euro nicht übersteigender Geldstrafen in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung. Der Berufungswerber nahm an der Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht teil, die  Behörde erster Instanz entschuldigte sich für die Nichtteilnahme mit Schreiben vom 14.9.2010.

Wie im Zuge der Überprüfung der Zustellung über fernmündliche Kontaktaufnahme mit dem Berufungswerber in Erfahrung gebracht werden konnte, hatte er sich angeblich den Verhandlungstermin irrtümlich für 23.9.2010 vorgemerkt gehabt.

Anlässlich der Berufungsverhandlung wurden als Zeuginnen X und X einvernommen.

 

4. Erwiesener Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte zur oben angeführten Zeit und Örtlichkeit seinen Pkw der Marke Porsche/987-Boxster. Dabei lief er mit hoher Geschwindigkeitsdifferenz auf die am linken Fahrstreifen mit etwa 130 km/h fahrende Zeugin X auf. Dabei verkürzte er in der Folge für eine Zeitdauer von etwa einer Minute den Abstand so weit, dass die Zeugin keine Scheinwerfer sondern nur mehr die Frontscheibe seines Fahrzeuges sehen konnte.

Daraus kann ein Sicherheitsabstand im Bereich von maximal zehn bis fünfzehn Meter schlussgefolgert werden, was einer zeitlichen Dimension von maximal 0,3 Sekunden entspricht.

In dieser Phase herrschte laut Zeugen auch am rechten Fahrstreifen starker Verkehr, welcher zum Teil aus deutlich langsamer fahrenden Lkw´s bestand.

Der Berufungswerber gab dabei mehrfach optische Lichtsignale ab um dadurch offenbar die Zeugin zum Umspuren zu bringen. Schließlich überholte er deren Pkw unter Ausnützung einer Verkehrslücke rechts und zwängte sich knapp vor ihr wieder in den linken Fahrstreifen. Durch das knappe „Hineinschneiden“ in ihre Fahrspur wurde die Zeugin X zum Abbremsen ihres Pkw´s veranlasst.

Während der Vorbeifahrt zeigte er, wie die als Beifahrerin im Fahrzeug mitfahrende Zeugin X dies in Bestätigung der vorherigen Darstellung von Frau X darlegte, den gestreckten Mittelfinger.

In weiterer Folge fuhr er auch dem  Vorderfahrzeug wieder sehr knapp auf und überholte auch dieses wiederum rechts. Diese Überholvorgänge wurden vom Berufungswerber noch mehrmals fortgesetzt.

Dies war schließlich Anlass, dass über Ersuchen der Lenkerin X die Beifahrerin X via Mobiltelefon die Polizei  über dieses als rücksichtslos und gefährlich empfundene Fahrverhalten verständigte. Ein ebenfalls von diesem Fahrverhalten betroffener Lenker, der wie die Anzeigerin in Regau von der Autobahn abfuhr, übergab der Anzeigerin, die ihm durch Anblinken ein Anhalten signalisierte, seine Daten, sodass auch dieser im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens am 8.6.2010 zeugenschaftlich einvernommen werden konnte.

Auch von diesem Zeugen wird das sehr knappe Auffahren und Rechtsüberholen, wie auch von der Zeugin X und X im Rahmen der Berufungsverhandlung, inhaltsgleich bestätigt.

Die im Rahmen der Berufungsverhandlung gehörten Zeugen machten einen glaubwürdigen und überzeugenden Eindruck. Sie schilderten den Vorfall inhaltsgleich, sodass kein Zweifel am gravierend regelwidrigen und wohl als rücksichtslos zu bezeichnenden Fahrverhalten des Berufungswerbers erblickt werden kann.

Dazu ist grundsätzlich zu bemerken, dass sich immerhin völlig spontan auch ein anderer Lenker sich mit Anzeigerin und deren Begleiterin über das grobe Fehlverhalten des ihnen völlig unbekannten Fahrzeuglenkers einig waren. Die Zeugen hätten sich wohl kaum zur Anzeige entschlossen und die Mühen des Verfahrens auf sich genommen, hätte es sich nicht um einen krassen Fall eines gemeinhin als aggressiv zu bezeichnendes Fahrverhalten gehandelt.

 

 

4.1. Im Gegensatz zu den glaubwürdigen Zeugenaussagen vermag demnach der Berufungswerber mit seiner nur schriftlich vorgetragenen Verantwortung nicht zu überzeugen. Wenn der Berufungswerber gleichsam den Spieß umzudrehen versucht und von einem  plötzliches Umspuren der Anzeigerin spricht, bleibt ihm dies als Beschuldigter wohl unbenommen, wertet sich aber selbst. Warum hätte die Zeugin mit 130 km/h  nach links umspuren sollen, wenn rechts der Verkehr deutlich langsamer unterwegs war. Schließlich setzte der Berufungswerber  das „Kolonnenspringen“ am linken Fahrstreifen abermals am Fahrzeug des X und weiteren Fahrzeugen fort. Das ihm auch dieser vor der Anzeigerin fahrende Lenker plötzlich in seine (linke) Fahrspur gewechselt hätte, behauptet der Berufungswerber nicht einmal selbst. Den unter Wahrheitspflicht stehenden Zeuginnen war daher in deren glaubwürdigen und schlüssig nachvollziehbaren Darstellungen des Vorfalls Glaube zu schenken.

Der Verantwortung des Berufungswerbers war dem gegenüber nicht zu folgen. Zuletzt nahm der Berufungswerber an der Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht teil, sodass er seine Verantwortung nicht einer unmittelbaren Würdigung zugänglich machte.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

Zu 1.:

Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass bei einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 130 km/h ein Abstand von maximal fünfzehn Meter  nur einer Wegzeit von ca. 0,3 Sekunden entspricht.

Ein plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges führt angesichts einer solchen Situation wohl zwingend zu einem Auffahrunfall, weil selbst bei der geringsten Reaktionszeit von einer halben Sekunde auf ein solches Manöver nicht mehr rechtzeitig und wirkungsvoll reagiert werden könnte (vgl. VwGH 30.9.1999, 98/02/0443). In Deutschland haben beispielsweise solche Verhaltensmuster durchaus auch strafrechtliche Relevanz[1].

 

 

Zu 2.:

Nach § 15 Abs.1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges – von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - nur links überholen. Hier ist gesichert vom mehrfachen Kolonnenspringen vom rechten in den linken Fahrstreifen, dessen Verkehr sich etwa mit einer auf Autobahnen erlaubten Höchstgeschwindigkeit mit etwa 130 km/h bewegte, auszugehen.

Die Behörde erster Instanz ist hier offenbar – zu Gunsten des Berufungswerbers – von nur einem, auf einen einheitlichen Tatwillen basierenden, sogenannten fortgesetzten  Delikt, ausgegangen.

Warum sie jedoch hierfür, wie auch betreffend das als zumindest abstrakt sehr gefährlich zu bezeichnende sehr knappe Auffahren, lediglich eine Strafe von 80 Euro verhängte, darf an dieser Stelle durchaus gegenüber der üblichen Strafpraxis – welche etwa Geschwindigkeitsdelikte ohne jegliche konkrete Gefährdungskomponente mit deutlich höheren Strafen ahndet  – zumindest als bemerkenswert hervorgehoben werden.

 

 

Zu 3.:

Der Lenker eines Fahrzeuges darf laut § 11 Abs.1 StVO die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

Umso mehr gilt dies, wenn durch das knappe Umspuren eine Bremsung des überholten Fahrzeuges erzwungen wird, gleichgültig ob sich der Berufungswerber davon nicht überzeugte, oder diese Behinderung und Bremsung durch sein Fahrverhalten entweder bewusst oder billigend in Kauf nehmend vorsätzlich herbeigeführt haben mag.

 

 

6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Betreffend die insbesondere  das Fehlverhalten § 18 Abs.1 StVO betreffende Strafzumessung muss wohl gesagt werden, dass angesichts des besonders hohen abstrakten Gefährdungspotenzials und der hinter diesem Verhalten zu erblickenden fehlenden Neigung zu einem verkehrsangepassten Fahrverhalten, die Festsetzung einer deutlich höheren Geldstrafe durchaus geboten gewesen wäre. Beim Berufungswerber hätte ferner von einem gut durchschnittlichen Einkommen ausgegangen werden müssen, sodass angesichts des Tatunwertes und der Tatschuld die Geldstrafe als unverhältnismäßig gering bemessen festzustellen ist. Als der Tatschuld angemessen ist die Geldstrafe hier nur im Punkt 3.) anzusehen, wobei jedoch unerfindlich ist, dass just dort die Ersatzfreiheitsstrafe mit 48 Stunden zu 36 Stunden für € 80,--  überproportional hoch festgesetzt wurde. Dies war mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot in eine entsprechende Relation zu setzen. Die Kosten für das Berufungsverfahren hatten daher in diesem Punkt zu entfallen.

Abschließend darf beispielhaft auf ein betreffend das Drängeln in Deutschland herrschende Rechtsprechung verwiesen werden (Bundesverfassungsgericht 29. März 2007 – 2 BvR 932/06).   

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 



[1] ….Ein Fahrzeugführer auf der linken Spur der Autobahn dem vorausfahrenden Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 100-120 km/h bis auf 4 Meter genähert. Zudem betätigte er sein Abblendlicht, sog. Lichthupe. Dem vorderen Fahrzeugführer war jedoch ein sofortiger Wechsel auf die rechte Spur nicht möglich, sodass sich das dichte Auffahren über eine Strecke von 2 km hinzog. Daraufhin wurde der auffahrende Fahrzeugführer wegen versuchter Nötigung vom AG Hagen verurteilt. Gemäß § 240 StGB begeht derjenige eine Nötigung wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt. Darunter fällt auch die Nötigung im Straßenverkehr (OLG Hamm, 3 Ss 50/07)

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