Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252573/2/SR/Sta

Linz, 11.10.2010

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des x, geboren am x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 2. September 2010, GZ SV96-111-2010La, wegen Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen Spruchpunkt 1 wird insoweit stattgegeben, als der Strafausspruch durch folgenden Ausspruch ersetzt wird: "Gemäß § 21 VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen. Gleichzeitig wird Ihnen unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit Ihres Handelns eine Ermahnung erteilt."

 

II. Der Berufung gegen Spruchpunkt 2 wird stattgegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

 

III. Die Berufung gegen die Spruchpunkte 3 und 4 wird abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als in beiden Spruchpunkten "€ 50,00" durch "Beitragsgruppe D1 des Kollektivvertrages" zu ersetzen ist und die verletzte Rechtsvorschrift bezogen auf Spruchpunkt 3 anstelle von § 33 Abs. 2 ASVG nunmehr "§ 33 Abs. 1 ASVG" zu lauten hat.

 

IV. Der Berufungswerber hat zu den Spruchpunkten I und II weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Zu Spruchpunkt III hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der Geldstrafe, d.s. 146 Euro zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

§§ 21, 24, 45, 51 und 64 ff Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 28. Juli 2010, GZ SV96-111-2010/La, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

Sie, Herr x, geboren am x, haben als Gewerbeinhaber und Betreiber der Firma x, x, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, die unten angeführten Personen, als Dienstnehmer, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt, im Lokal "x" x, x beschäftigt.

 

1.  Frau x, geb. x, beschäftigt mit dem Annehmen von Sportwetten von 08.08.2008 bis 20.01.2009, Entgelt: € 1043,00 pro Monat; obwohl diese nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung, beim zuständigen Sozialversicherungsträger (Oö. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77), erst am 01.09.2008 und somit nicht rechtzeitig vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

 

2.  Herr x, geb. x, beschäftigt am 09.01.2009 als Dealer (Kartengeber) in der Pokerrunde, Entgelt: Sachbezug in Form von Getränken, obwohl dieser als geringfügig Beschäftigter von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Unfallversicherung teilversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestatte Meldung, beim zuständigen sozialversicherungsträger (Oö. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77), nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

 

3.  Frau x, geb. x wurde am 09.01.2009 hinsichtlich der Entgegennahme von Wetten im Lokal angelernt, Entgelt: € 50,00

 

4.  Frau x, geb. x, beschäftigt mit der Entgegennahme von Wetten von 12.12.2008 bis 13.2.2009, Entgelt: € 50,00 pro Monat,

 

ad 3 bis 4) Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sind, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung, beim zuständigen Sozialversicherungsträger (Oö. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77), nicht rechtzeitig vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet. Beide Dienstnehmerinnen wurden am 13.01.2009 rückwirkend und somit nicht vor Aufnahme der Tätigkeit zur Sozialversicherung als Vollbeschäftigte gemeldet.

Die gegenständlichen Firma hat daher jeweils gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 ad 1, 2 und 4) §§ 33 Abs. 1 und 1a iVm § 111 ASVG

ad 3) §§ 33 Abs. 2 und 1a iVm § 111 ASVG

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte Behörde über den Bw jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 11 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 146 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen aus, dass sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite im vorliegenden Fall gegeben sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd zu werten gewesen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

2. Gegen dieses dem Bw am 2. August 2010 zu eigenen Handen zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 8. August 2010, die am 12. August 2010 der Post zur Beförderung übergeben worden ist.

 

Darin bringt der Bw vor, dass er gegen das vorliegende Straferkenntnis Einspruch erhebe. Begründend führt der Bw aus, dass alle genannten Personen rechtzeitig bei der Oö. Gebietskrankenkasse in Linz angemeldet worden seien.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Vorlageschreiben vom 2. September 2010 die Berufung des Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes GZ SV96-111-2010/La übermittelt.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.2. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter Punkt 1 dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

Ergänzend ist auf das Schreiben des Magistrates Linz vom 30. September 2009 und die Stellungnahme der Oö. Gebietskrankenkasse vom 29. September 2009 hinzuweisen. Anlässlich der Einvernahme der Gattin des Bw kam die Oö. Gebietskrankenkasse zum Ergebnis, dass betreffend x kein Dienstverhältnis zum Bw vorgelegen ist. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn nicht bestimmte Ausnahmen von dieser Vollversicherungspflicht bestehen.

 

Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Unterlassung dieser Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.

 

Nach § 33 Abs. 2 gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z. 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 111 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

4.2. Zu Spruchpunkt 1:

 

Auch wenn der Bw das Vorbringen der x in Frage zu stellen versucht, ergibt sich aus dem Vorlageakt eindeutig, dass diese im Zeitraum 8. August 2008 bis 20. Jänner 2009 entsprechend der Anlastung vom Bw beschäftigt worden und die Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger erst am 1. September 2009 erfolgt ist.

 

Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als Verschulden angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. ua. VwGH 25. Jänner 2005, 2004/02/0293; vom 17 Dezember 1998, 96/09/0311).

 

Wie unbestritten ist der Bw bemüht die sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben einzuhalten und seiner Meldeverpflichtung nachzukommen. Der Bw hat zwar entgegen der gesetzlichen Verpflichtung die Meldung nicht vor Arbeitsantritt der Dienstnehmerin, jedoch in einem engen zeitlichen Rahmen erstattet. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass die (verspätete) Meldung nicht aufgrund einer Kontrolle erfolgt ist.

 

Der Bw hat daher den objektiven Tatbestand erfüllt. Rechtfertigungsgründe sind nicht hervorgekommen.

 

Obwohl davon auszugehen ist, dass der Bw die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften kennt, hat er, ohne nähere Erkundigungen einzuholen, die kurzfristige und stundenweise Beschäftigung der Dienstnehmerin im August 2008 als nicht melderelevant angesehen. Da der Bw im gesamten Verfahren mangelndes Verschulden nicht glaubhaft machen konnte, ist auch die subjektive Tatseite als gegeben anzusehen.

 

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG in der Fassung des SRÄG 2007 kann die Bezirksverwaltungsbehörde "unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991" bei erstmaligen ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen unbedeutend sind. Der Oö. Verwaltungssenat hat bereits im Erkenntnis vom 17. September 2009, VwSen-251903/2/WEI/Se, ausgeführt, dass die im § 111 Abs. 2 ASVG vorgesehene weitere Möglichkeit der Strafmilderung im Erstfall eine gesetzgeberische Fehlleistung ist, weil sie an dieselben Voraussetzungen geknüpft wird, wie sie in der Bestimmung des § 21 Abs. 1 VStG über das Absehen von Strafe zu finden sind, und deshalb kaum einen Anwendungsbereich haben dürfte. Nach herrschender Meinung ermächtigt nämlich die Vorschrift des § 21 VStG trotz der Verwendung des Wortes "kann" nicht zur Ermessensübung. Die Behörde hat vielmehr bei Zutreffen der im § 21 Abs. 1 VStG genannten Kriterien "geringfügiges Verschulden" und bloß "unbedeutende Folgen der Übertretung" von einer Strafe abzusehen und der Beschuldigte hat einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung (vgl. dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] Anm. 4 und E 5 zu § 21 VStG).

 

Darüber hinaus hat der Oö. Verwaltungssenat in seinem Erkenntnis vom 3. Oktober 2008, VwSen-251936/2/Gf/Mu/Ga, ausgesprochen, dass sich aus den Gesetzesmaterialen (RV zum SRÄG 2007, 77 BlgNR 23. GP, S. 4) ebenso wie aus der Bedarfskompetenz nach Art. 11 Abs. 2 B-VG, die nur zur Regelung des Gegenstands erforderliche Abweichungen zulässt, ergibt, dass der § 111 Abs. 2 Satz 2 ASVG bei verfassungskonformer Auslegung nicht im Sinne eines Widerspruchs verstanden werden darf, der die Anwendung des § 21 VStG ausschlösse. Im Ergebnis ist daher aus der Formulierung des § 111 Abs. 2 ASVG idF des SRÄG 2007 abzuleiten, dass die Vorschriften des § 20 VStG über die außerordentliche Milderung der Strafe und jene des § 21 VStG über ein Absehen von der Strafe in vollem Umfang anzuwenden sind.

 

Somit ist im Falle einer Übertretung gemäß § 111 Abs. 1 ASVG im Zuge der Strafbemessung zunächst zu prüfen, ob gemäß § 21 VStG die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vorliegen; wenn diese nicht gegeben sind, ist darüber hinaus noch zu untersuchen, ob nach § 20 VStG eine Unterschreitung der Strafuntergrenze geboten ist.

 

Gemäß § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann dem Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Ein geringes Verschulden des Täters liegt vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Nach der strafrechtlichen Judikatur zum alten vergleichbaren § 42 StGB in der Fassung vor dem StRÄG 1987 (BGBl. Nr. 605/1987) musste die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein. Maßgebend sind der das Unrecht bestimmende Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt. Der Erfolgsunwert wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbständigt (siehe mit Verweisungen VwSen-251903/2/WEI/Se vom 17. September 2009).

 

Unbestritten hat der Bw die Dienstnehmerin zu spät angemeldet. Bedeutsam ist jedoch, dass die nachträgliche Meldung nicht infolge einer Kontrolle vorgenommen wurde. Die Tat wurde nach der erfolgten Meldung und darüber auch erst bei einer Kontrolle am 9. Jänner 2009 - also Monate nach dem Beschäftigungsbeginn – festgestellt. Der Blick auf die Verantwortung des Bw zeigt, dass die rechtzeitige Meldung nicht deshalb zustande gekommen ist, weil er seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommen und Sozialabgaben hinterziehen wollte, sondern die Beschäftigung der Dienstnehmerin unzutreffend beurteilt hat. Auch wenn der Bw den gesetzlichen Vorgaben – Meldung vor Arbeitsantritt – nicht entsprochen hat, zeigt sich aus seinem Gesamtverhalten und seiner Gesinnung, dass er sich im Grunde rechtskonform verhalten wollte. Im vorliegenden Fall kann man keinesfalls von einer typischen Deliktsverwirklichung sprechen. Stellt man auf die Entstehungsgeschichte der gegenständlichen Strafnorm ab, so ist zu erkennen, dass die Meldung vor Arbeitsantritt deshalb eingeführt worden ist, um die Hinterziehung von Sozialabgaben zu erschweren und um die Beweisführung im Falle solcher einfacher zu gestalten. Abstellend auf das im Wesentlichen rechtstreue Verhalten des Bw wäre die Novellierung der vorliegenden Strafnorm nicht erforderlich gewesen, da er die Meldung nicht erst nach einer Kontrolle sondern unabhängig davon in engem zeitlichen Rahmen nach Arbeitsantritt der Dienstnehmerin erstattet hat. Für den Bw spricht auch, dass der Vorlageakt keine einschlägige Verwaltungsstrafe aufweist. Da auch der Handlungs- und Gesinnungsunwert a-typisch sind, war von einen äußerst geringen Verschulden des Bw auszugehen.

 

Bei diesem Ergebnis war von der Verhängung einer Strafe zu Spruchpunkt 1 abzusehen und eine Ermahnung auszusprechen war.

 

 

4.3. Zu Spruchpunkt 2:

 

Aus dem vorliegenden Sachverhalt lässt sich kein tatbestandsmäßiges Verhalten des Bw ableiten. Bestätigung findet dies darin, dass auch der zuständige Sozialversicherungsträger von keinem Dienstverhältnis ausgeht.

 

Da der Bw die ihm angelastete Tat nicht begangen hat, war der Berufung diesbezüglich stattzugeben, der angefochtene Spruchpunkt aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren zu Spruchpunkt 2 gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

 

4.4. Zu den Spruchpunkten 3 und 4:

 

Die Berufung begründet der Bw ausschließlich damit, dass er alle genannten Personen rechtzeitig und ordnungsgemäß von seinem Steuerberater anmelden habe lassen.

 

Zum Zeitpunkt der Kontrolle am 9. Jänner 2009 war lediglich x und diese auch nur als geringfügig Beschäftigte, bei der Oö. Gebietskrankenkasse gemeldet.

 

Den SV-Auszügen ist zu entnehmen, dass x am 13. Jänner 2009 rückwirkend ab 1. Jänner 2009 und x am 13. Jänner 2009 rückwirkend ab 7. Jänner 2009 als Vollversicherte (Entlohnung gemäß Kollektivvertrag, Beitragsgruppe D1) gemeldet worden sind.

 

Bei der niederschriftlichen Befragung am 16. März 2009 durch Organe des zuständigen Finanzamtes (KIAB) hat der Bw die verspäteten Änderungsmeldungen eingestanden ("Es ist richtig, dass die Änderungsmeldung hinsichtlich der Vollbeschäftigung um einige Tage verspätet erfolgt ist"). Die Verspätung versuchte der Bw damit zu rechtfertigen, dass ursprünglich eine geringfügige Beschäftigung vorgesehen gewesen sei, in den ersten Arbeitstagen jedoch festgestellt worden sei, dass die Geringfügigkeitsgrenze überschritten werde.

 

Er hat daher in diesem Fall tatbestandsmäßig und schuldhaft gehandelt; seine Strafbarkeit ist gegeben.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Hinsichtlich der Spruchpunkte 3 und 4 wurde im angefochtenen Straferkenntnis jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro, also die Hälfte der Mindeststrafe, für eine Tatbegehung im Erstfall verhängt. In der Begründung hat die belangte Behörde auf die außerordentliche Strafmilderung nicht Bezug genommen.

 

Im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt ist die verhängte Strafe als vertretbar anzusehen.

 

Aus der einleitenden Formulierung "unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes" in § 111 Abs. 2 ASVG ergibt sich grundsätzlich, dass auch für jene nach § 111 Abs. 1 ASVG zu ahndenden Übertretungen im Erstfall die Vorschriften über die außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG: Unterschreiten der Strafuntergrenze bis zur Hälfte) bzw. über ein Absehen von der Strafe unter allfälliger gleichzeitiger Ermahnung (§ 21 VStG) in vollem Umfang zum Tragen kommen sollen, d.h. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen im Zuge der Strafbemessung auch zwingend berücksichtigt werden müssen.

 

Daraus folgt, dass im Ergebnis auch im Falle einer Übertretung gemäß § 111 Abs. 1 ASVG im Zuge der Strafbemessung zunächst zu prüfen ist, ob gemäß § 21 VStG die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vorliegen; wenn dies nicht zutrifft, so ist noch darüber hinaus zu untersuchen, ob nach § 20 VStG eine Unterschreitung der Strafuntergrenze geboten ist.

 

Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die Folgen der Übertretung angesichts des damit verbundenen Schadens für die Versichertengemeinschaft nicht unbedeutend sind.

 

Auch der Oö. Verwaltungssenat ist der Auffassung, dass die Straflosigkeit einer Missachtung der in § 33 Abs. 1 ASVG positivierten Meldepflicht weitreichende Beispiels- und Folgewirkungen nach sich ziehen könnte. Es kann (daher) nicht die Rede davon sein, dass die Nichtanmeldung eines Dienstnehmers – wobei hinzukommt, dass der gesetzwidrige Zustand offenkundig ohnehin nur aus Anlass der behördlichen Kontrolle beendet wurde und die Anmeldungen zur Pflichtversicherung erst nachträglich am 13. Jänner 2009 erfolgten – keine oder lediglich unbedeutende Folgen nach sich gezogen hätten. Die Anwendbarkeit des § 21 VStG scheidet sohin aus.

Im Zuge der Prüfung der Frage, ob gemäß § 20 VStG eine Unterschreitung der gesetzlichen Strafuntergrenze in Betracht kommt, sind die Milderungs- gegenüber den Erschwerungsgründen abzuwägen, wobei Erstere die Letzteren beträchtlich überwiegen müssen.

 

Im vorliegenden Fall ist der Bw nach Ausweis des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes bislang verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten. Weiters ist dem Bw vor allem das nunmehr abgelegte Tatsachengeständnis und das damit einhergehende reumütige Verhalten zugute zu halten. Umgekehrt geht die belangte Behörde hinsichtlich der Erschwerungsgründe aber auch selbst davon aus, dass solche nicht vorliegen. Dazu kommt, dass die Dauer der Beschäftigung relativ kurz war.

 

Bei dieser Sachlage war daher gesamthaft betrachtet – insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber in § 111 Abs. 2 ASVG die erstmalige Übertretung gesondert beurteilt – eine außerordentliche Strafmilderung gerechtfertigt.

 

Hinsichtlich der Spruchpunkte 3 und 4 war die Berufung abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen. 

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw zu den Spruchpunkten I und II (Spruchpunkte 1 und 2 des angefochtenen Straferkenntnisses) weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben. Zu Spruchpunkt III (Spruchpunkte 3 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses) hat der Berufungswerber neben den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der Geldstrafe, d.s. 146 Euro, zu entrichten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigen Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum