Linz, 27.10.2010
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 29. September 2010, Zl. VerkR96-40121-2009-Kub, zu Recht:
I. Die Berufung wird in den Schuldsprüchen als unbegründet abgewiesen; in den Punkten 1) u. 4) werden die Geldstrafen jedoch auf € 50,-- und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 30 Stunden ermäßigt.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber in den Punkt 2) u. 3) als Kosten für das Berufungsverfahren 14,20 Euro (20% der verhängten Geldstrafen) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.
II.: § 65 u. § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:
1.2. Die Schuldsprüche erfolgten hier grundsätzlich zu Recht!
Zu empfehlen wäre der besseren Lesbarkeit wegen den Tatvorwurf im Punkt 4) auf die tatsächliche Verfehlung, der vom Tatbestand des § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.1 KFG umfassten taxativen Möglichkeiten, zu beschränken. Der Kern des Fehlverhaltens liegt hier grundsätzlich nur darin begründet, dass die Sicht vom Lenkerplatz aus für das sichere Lenken des Fahrzeuges offenkundig nicht ausreichte, da die herunterhängende Dachtapezierung die Sicht über den Innenspiegel durch die Heckscheibe nicht gewährleistete. Das sich der Lenker diesbezüglich nicht erst überzeugen musste bedürfte wohl auch keiner näheren Umschreibung. Im Sinne des § 80a AVG sollte die auf das Geschlecht des Beischeidadressaten entsprechende Bezeichnung „Lenker“ gewählt werden.
2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner frisgerecht der Behörde erster Instanz übermittelten Berufung. Darin führt er im Ergebnis bloß aus, es würde sein Fahrzeug der jährlichen Überprüfung unterzogen (gemeint wohl die sogenannte § 57a Überprüfung), wobei er offenbar dort nicht beanstandet wurde bzw. die Plankette erteilt bekam.
Damit zeigt er jedoch weder eine Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses auf noch tritt er damit den Schuldsprüchen in deren Substanz entgegen.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).
4. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte hier angesichts der sich bloß auf die Lösung einer Rechtsfrage, sowie der Rechtfertigung gegenüber der Behörde erster Instanz vom 6.7.2010 folgend, sich bloß gegen das Strafausmaß richtenden Berufung, unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 u. Z2 VStG).
Einbezogen in das h. Beurteilungskalkül wurde die mit dem h. Verfahren bestätigte Zuweisung des Berufungswerbers zu einer amtsärztlichen Untersuchung wegen des dringenden Verdachtes dessen zwischenzeitig nicht mehr vorliegenden gesundheitlichen Eigung zum Lenken von Kraftfahrezugen (Erk. vom 18. Oktober 2010, VwSen-522687).
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
Der Berufungswerber wurde von Organen der Polizeiinspektion X am X am 28.5.2010 um 16:04 Uhr mit seinem Fahrzeug angehalten und kontrolliert.
Dabei wurden die im Tatvorwurf umschriebenen Fahrzeugmängel festgestellt. Ob sich der Berufungswerber hinsichtlich dieser Mängel vorher überzeugte oder in Kenntnis derselben das Fahrzeug dennoch in Betrieb nahm, kann auf sich bewenden, wobei realistisch besehen Letzteres (nämlich die bewusste Inkaufnahme dieser Mängel) zuzutreffen scheint.
Der Berufungswerber bestritt gegenüber den Polizeibeamten die beanstandeten Mängel offenbar auch gar nicht. Vielmehr erklärte er bloß, und das entspricht seiner aus zahlreichen Vorverfahren hervorleuchtenden Sinneshaltung, dass man von ihm kein Geld sehen werde. Er wäre kein Fachmann und könne daher die Profiltiefe von 1,6 mm nicht selbst kontrollieren oder feststellen. Den Führerschein habe er erst kürztlich in Redlham vorweisen müssen und finde ihn daher nicht. Außerdem habe er gehört, dass man im Umkreis von 10 km vom Wohnort keinen Führerschein mitführen müsse. Denn Innenspiegel benötige er nicht, weil er über den Aussenspiegel das sehe was er sehen müsse. Außerdem laufe am 1. Mai das Pickerl ohnedies ab und da müssten dann die Mängel sowieso repariert werden.
Insbesondere auch mit diesen Äusserungen gegenüber den Organen der Polizei räumt der Berufungswerber die ihm angelasteten Übertretungen ein.
Der weitere Hinweis in der Meldung, wonach es sich beim Fahrzeug des Berufungswerbers um einen „fahrenden Mistkübel“ handle, untermauert im Ergebnis den auch von der Berufungsbehörde aus anderen h. Verfahren gewonnenen Eindruck vom Berufungswerber, dass es diesem offenbar gänzlich der Verbundenheit zu den rechtlich geschützten Werten des KFG zu ermangeln scheint. Von hier musste ihm jüngst ein Rechtsmittel über eine Anordnung abgewiesen werden, wonach er der Führerscheinbehörde zwecks Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eigung zum Lenken von KFZ, Befunde (Gutachten) – eines Facharztes für Innere Medizin und Psychiatrie - vorzulegen habe. Auch mit Blick auf mehrere h. anhängig gewesene Vorverfahren ergaben sich bereits nachhaltige Aspekte an der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von KFZ zweifeln zu können. Vor diesem Hintergrund sind subjektiv tatseitig auch die hier zur Last liegenden Fakten zu würdigen, an deren Substanz im Lichte der Eindrücke vom Berufungswerber in zwei anderen Verfahren nicht zu zweifeln ist.
Wenn demnach der Berufungswerber laut ergänzendem Hinweis in dieser Meldung offenbar sein Auto weitgehend als Unterkunft zu verwenden scheint und dort übelste Zustände beschrieben werden und das Fahrzeug einen sehr desolaten Zustand aufweist, spricht das für sich.
Jedenfalls kann angesichts dieser Beweislage weder ein Zweifel an den Tatvorwürfen noch an der diesbezüglichen Glaubwürdigkeit der Angaben der Polizeibeamten gehegt werden.
5.1. Rechtlich kann grundsätzlich auf die zutreffenden Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden. Dem Hinweis des Berufungswerbers über die Ausnahme von der Mitführpflicht von Führerscheinen ist zu entgegnen, dass diese Ausnahme nur für Lenker von Zugmaschinen, Motorkarren und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen auf Fahrten im Umkreis von nicht mehr als 10 km vom dauernden Standort des Fahrzeuges gilt (§ 14 Abs.2 FSG).
6. Zur Strafzumessung:
Die zu Punkt 1) u. 4) mit € 80,-- bzw. € 70,-- festgelegten Geldstrafen scheinen mit Blick auf die nicht auszuschließende eingeschränkte Einsichtsfähigkeit des Berufungswerbers auch mit nunmehr je € 50,- die Tatschuld ausreichend geahndet bzw. das Fehlverhalten sanktioniert erachtet.
Nicht übersehen wird andererseits, dass letztlich das Kraftfahrgesetz einen jeweils bis zu 5.000 Euro reichenden Strafrahmen vorsieht, sodass laut den Strafbemessungskriterien nach § 19 VStG an der objektivierten Maßfigur gemessen, selbst bei bloß geringer Schuld, die hier verhängte Geldstrafe durchaus nicht als überzogen gelten könnte. Hier können jedoch diese Maßstäbe in der Person des Berufungswerbers nicht mehr gelten.
Unter Bedachtnahme auf dessen Monatseinkommen in Höhe von 1.000 Euro und des zwischenzeitig bekannten angeschlagenen Gesundheitszustandes des Berufungswerbers, verbunden mit dessen sozialen u. wirtschaftlich durchaus als ungüstig zu bezeichnenden Verhältnisse, kann letztlich mit Blick auf den Präventionszweck in den genannten Punkten auch mit etwas geringeren Strafen das Auslangen gefunden werden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r