Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165161/14/Sch/Th

Linz, 29.11.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 25. Jänner 2010, Zl. VerkR96-5448-2008, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am
24. November 2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 3. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

         Im Übrigen (Fakten 1. und 2.) wird die Berufung abgewiesen.

 

II.                Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 20,40 Euro (20 % der bezüglich Fakten 1. und 2. verhängten Geldstrafen) zu leisten.

         Insoweit der Berufung Folge gegeben wurde (Faktum 3.), entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit Straferkenntnis vom 25. Jänner 2010, Zl. VerkR96-5448-2008, über Herrn X wegen Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 11 Abs.1 StVO 1960, 2.) § 11 Abs.2 StVO 1960 und 3.) § 9 Abs.6 StVO 1960 Geldstrafen in der Höhe von 1.) 72,00 Euro, 2.) 30,00 Euro und 3.) 30,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 24 Stunden, 2.) und 3.) 12 Stunden, verhängt, weil er am 22. Oktober 2008 um 17.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X in 4400 Steyr, Haagerstraße, von der Haratzmüllerstraße kommend in Richtung Verkehrslichtsignalanlage bei der Kreuzung Punzerstraße gelenkt habe, wobei er

1.) sein Fahrzeug vom rechten Fahrstreifen auf den linken wechselte, ohne sich davon zu überzeugen, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich gewesen wäre,

2.) er die bevorstehende Änderung des Fahrstreifenwechsels nicht so rechzeitig angezeigt hat, dass sich andere Straßenbenützer auf diesen Vorgang hätten einstellen können und

3.) seine Fahrt entgegen den angebrachten Bodenmarkierungen fortgesetzt habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 13,20 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Eingangs ist zur Frage der Rechtzeitigkeit der Einbringung der Berufung zu bemerken, dass das angefochtene Straferkenntnis laut Postrückschein nach einem vergeblichen Zustellversuch am 23. März 2010 in der Folge am 24. März 2010 bei der Postfiliale X hinterlegt und zur Abholung bereit gehalten wurde. Geht man von diesem Datum als Zustellung des Straferkenntnisses im Sinne des § 17 Abs.3 Zustellgesetz aus, hätte die gesetzlich mit 2 Wochen bemessene Berufungsfrist mit Ablauf des 7. April 2010 geendet. Die Berufung wurde erst am 22. April 2010 im E-Mail-Wege eingebracht.

 

Der Umstand der offenkundigen Verspätung des Rechtsmittels wurde dem Berufungswerber mit hiesigem Schreiben vom 18. Juni 2010 zur Kenntnis gebracht.

 

Hierauf wurde von ihm mitgeteilt, dass er sich bis 19. Februar 2010 im Krankenhaus befunden habe. In der Folge habe er sich durchgehende bis zum 22. April 2010 bei seiner Lebensgefährtin in X aufgehalten. Er sei in dieser Zeit nicht nach X an die Wohnadresse zurückgekehrt, weshalb er vom Zustellvorgang auch nicht früher Kenntnis erlangt habe.

 

Bei der eingangs angeführten Berufungsverhandlung hat der Rechtsmittelwerber diese Angaben wiederholt. Diese stehen allerdings im Widerspruch zu einer von der Berufungsbehörde eingeholten Auskunft der Postfiliale X, wonach der Berufungswerber das Straferkenntnis am 9. April 2010 in der Postfiliale gegen Übernahmsbestätigung abgeholt habe. Über Vorhalt dieses Umstandes gab der Berufungswerber an, dass er doch schon früher einmal an die Abgabestelle zurückgekehrt war. Genaueres diesbezüglich konnte oder wollte der Berufungswerber bei der Verhandlung nicht ausführen. Geht man von der Übernahme des Straferkenntnisses in der Postfiliale als Beginn der Berufungsfrist aus, also vom 9. April 2010, wäre diese am 23. April 2010 abgelaufen. Die Einbringung der Berufung am 22. April 2010 wäre sohin rechtzeitig. Die Angaben des Berufungswerbers zu seiner Ortsabwesenheit sind zwar nicht durchgängig überzeugend, daraus kann aber auch nicht der hinreichend begründbare Schluss gezogen werden, dass eine verspätet eingebrachte Berufung vorliegt. Die vom Berufungswerber angebotenen Beweise, insbesondere die Einvernahme seiner Lebensgefährtin, brauchten von der Berufungsbehörde nicht aufgenommen zu werden, zumal sie mit großer Wahrscheinlichkeit an der Beurteilung der Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung nichts geändert hätten.

 

4. Zur Sache:

 

Anlässlich der Berufungsverhandlung wurde der Anzeigeleger – es handelte sich um eine sogenannte "Privatanzeige" – zeugenschaftlich einvernommen. Er hinterließ bei seiner Befragung einen absolut glaubwürdigen Eindruck und machte zudem schlüssige Angaben. Dazu kommt noch, dass es sich nach den Erfahrungen der Berufungsbehörde kaum ein Verkehrsteilnehmer "antut", eine solche Anzeige zu verfassen, wenn nicht nach seinen Wahrnehmungen tatsächlich gravierende Übertretungen eines Fahrzeuglenkers gegeben waren. Immerhin muss er damit rechnen, (mehrmals) vor einer Behörde erscheinen zu müssen, um dort auszusagen, was bekanntermaßen mit gewissen Unannehmlichkeiten, insbesondere mit einem zeitlichen Aufwand, verbunden ist. Nach den Schilderungen des Zeugen lenkte er zum Vorfallszeitpunkt seinen PKW, Beifahrerin war seine Gattin, in Steyr auf der Haagerstraße in Richtung der Kreuzung mit der Karl-Punzer-Straße. Er fuhr dabei auf dem linken der beiden Fahrstreifen, welcher mit Bodenmarkierungen zum Linksabbiegen versehen war. Kurz vor der Kreuzung habe sich der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug vom rechten Fahrstreifen kommend ganz knapp vor dem Fahrzeug des Zeugen auf dem linken Fahrstreifen einordnen wollen. Der Zeuge wiederholte detailliert seine Schilderungen, wie er sie schon im erstbehördlichen Verfahren, einvernommen von der Rechtshilfebehörde Bundespolizeidirektion Steyr am 9. Februar 2009, gemacht hat. Den erwähnten Fahrstreifenwechsel nach links, hat demnach der Berufungswerber nicht durch Blinkzeichen angezeigt. Auch bezeichnete der Zeuge den Fahrstreifenwechsel als sehr gefährlich, da der Zeuge nur durch ein Ausweichen über die Fahrbahnmitte hinaus einen Anstoß habe verhindern können. Der Zeuge erläuterte den Vorgang zudem noch anhand eines im Akt befindlichen Doris-Fotos über die Gegebenheiten an der Vorfallsörtlichkeit. Seine Schilderungen waren auch hier schlüssig und überzeugend.

 

Dem gegenüber wird vom Berufungswerber behauptet, das Fahrverhalten des Zeugen sei gefährdend gewesen und seien seine Fahrmanöver als zwingende Folge deshalb erforderlich geworden.

 

Diese Argumentation des Berufungswerbers ist aber nicht überzeugend. Nicht nur, dass seine Glaubwürdigkeit schon bei der Frage seiner Ortsabwesenheit etwas gelitten hat, ist auch noch zu hinterfragen, weshalb er nach dem Vorfall das vom Zeugen geschilderte seltsame Verhalten an den Tag gelegt hat. Demnach sei er dem Zeugen über eine längere Strecke nachgefahren, etwa zu einem Spar-Markt, in der Folge zu einem Billa-Markt und dann auch noch bis zu einer Polizeiinspektion. Dort hat er dann die Nachfahrt abgebrochen und ist weggefahren. Diese Tatsache hat den Zeugen letztendlich bewogen, Anzeige zu erstatten, da er offenkundig von einer gewissen Unberechenbarkeit des Berufungswerbers ausgehen musste. Immerhin ist ein solches Verhalten doch höchst seltsam. Die Erklärung des Berufungswerbers bei der Berufungsverhandlung dafür war, dass er sich überzeugen wollte, ob der Zeuge bei der Polizei Anzeige erstatten würde oder nicht. Diesfalls hätte er gleich seine Schilderung vom Vorfall deponieren wollen. Abgesehen davon, dass man bekanntlich einen Vorgang auch zur Anzeige bringen kann, ohne dass man wissen muss, ob eine andere Person dies ebenfalls tut, hätte wohl gegenständlich die Wahrnehmung genügt, dass der Zeuge ohnedies sein Fahrzeug auf einen Kaufhausparkplatz lenkt. Die weitere "Verfolgungsfahrt" ist für die Berufungsbehörde jedenfalls nicht nachvollziehbar.

 

Zusammenfassend ergibt sich sohin, dass den Angaben des Zeugen bei weitem der Vorzug zu geben war gegenüber den kaum nachvollziehbaren und auch nicht glaubwürdig wirkenden Schilderungen des Berufungswerbers. Deshalb konnte dem Rechtsmittel hinsichtlich der Fakten 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses kein Erfolg beschieden sein.

 

Zur Strafbemessung wird in diesen beiden Punkten bemerkt:

 

Die Fahrmanöver des Berufungswerbers gehören zweifellos zu jenen, die der Verkehrssicherheit sehr abträglich sind. Ein Fahrzeuglenker schafft dadurch unnötigerweise gefährliche Verkehrssituationen, wenn er einen Fahrstreifenwechsel nicht anzeigt und diesem zudem so abrupt durchführt, dass ein nachkommender Fahrzeuglenker nicht damit rechnen kann und deshalb zu Brems- oder Ausweichmanövern gezwungen wird. Dadurch kann es wiederum zu einer Gefährdung weiterer Verkehrsteilnehmer kommen.

 

Die von der Erstbehörde für die beiden Übertretungen festgesetzten Geldstrafen bewegen sich im untersten Bereich des Strafrahmens und können daher von vornherein nicht als überhöht angesehen werden. Dem Berufungswerber kamen keinerlei Milderungsgründe, insbesondere nicht jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, zugute.

 

Auf seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere seine finanzielle Situation, war nicht weiter einzugehen, da von jedermann, der als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnimmt, erwartet werden muss, dass er Verwaltungsstrafen, zumindest solche wie gegenständlich verhängt, ohne weiteres zu bezahlen in der Lage ist.

 

Insoweit der Berufung Folge gegeben wurde (Faktum 3. des Straferkenntnisses) ist darauf zu verweisen, dass hier der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses den Tatvorwurf nicht hinreichend umschreibt. Die herangezogene Bestimmung des § 9 Abs.6 StVO 1960 sieht nämlich vor, dass wenn auf der Fahrbahn für das Einordnen zur Weiterfahrt Richtungspfeile angebracht sind, die Lenker ihre Fahrzeuge je nach der beabsichtigten Weiterfahrt einzuordnen haben. Die Lenker von Fahrzeugen müssen jedoch auch dann im Sinne der Richtungspfeile weiterfahren, wenn sie sich nicht der beabsichtigten Weiterfahrt entsprechend eingeordnet haben. Dem Spruch eines Strafbescheides und demnach auch einer im Sinne des § 31 Abs.2 VStG fristgerechten Verfolgungshandlung muss daher zu entnehmen sein, dass ein Fahrzeuglenker nicht im Sinne der Richtungspfeile weitergefahren ist. Die Verwendung des bloßen Oberbegriffes "Bodenmarkierungen" reicht hier nicht aus. Eine Verfolgungshandlung mit einer Konkretisierung des Tatvorwurfs in diese Richtung lässt sich dem vorgelegten Verfahrensakt nicht entnehmen, sodass unter Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs.1 Z3 VStG hier mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens – ausschließlich aus diesem formalen Grund – vorzugehen war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

 

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