Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-340060/20/Br/Th

Linz, 13.12.2010

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 23.8.2010, Zl. Agrar96-9-2008/PI, nach der am 13.12.2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66  Abs.4  Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991,  BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch  BGBl. I Nr. 153/2009 - AVG, iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1 § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz  1991, BGBl. Nr. 52, BGBl. I Nr. 153/2009 - VStG.

Zu II.:  § 66 Abs.1 VStG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.  Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den  Berufungswerber wegen einer Zuswiderhandlung nach  § 50 Abs. 1 iVm. § 21 Abs.3 Oö. Jagdgesetz, LGBI. Nr. 32/1964 iVm  § 93 Abs. 1 lit. j iVm. i.d.F. LGBI. Nr. 67/2009, eine Geldstrafe von 400 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen 48 Stunden verhängt, weil er es als Jagdleiter der Jagdgesellschaft Enns zu verantworten habe, dass der Abschussplan für das Jagdjahr 2007/2008 im genossenschaftlichen Jagdgebiet Enns zwischen 1. Mai 2007 und dem 31. Dezember 2007 nicht erfüllt wurde, indem die im Bescheid der BH Linz-Land vom 18. April 2007, Agrar01-33-6-2007/PI, über die Genehmigung des Abschussplanes für das Jagdjahr 2007/2008 festgesetzten Abschusszahlen – die weder über- noch unterschritten werden dürfen – bei einer genehmigten Abschusshöhe von 60 Böcken um 6 Stück, von 39 Altgeißen um 13 Stück, von 19 Bockkitz um 3 Stück und von 39 Geißkitzen um 8 Stück unterschritten wurden, weshalb der Abschussplan nur zu 83 % erfüllt worden sei.

 

 

2. Da sich in der Begründung des Straferkenntnisses im Ergebnis der wesentliche „Anzeigegutachtens[1]“ zitiert findet, worauf der Schuldspruch vollumfänglich gestützt zu werden scheint, wird diese im gesamten Umfang wie nachfolgend dargestellt:

Aufgrund der Feststellung des jagdfachlichen Amtssachverständigen vom 17.04.2008 wurde Ihnen die umsatzgenannte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt.

 

Der jagdfachliche Amtssachverständige führt in seiner Stellungnahme vom 17.04.2008 Nachstehendes aus:

 

"Die Erhebung des Vegetationszustandes an den Vergleichs- und Weiserflächen im genossenschaftlichen Jagdgebiet Enns brachte in den letzten 6 Jahren nachstehende Gesamtbeurteilung:

2003: Gesamtbeurteilung II

2004: Gesamtbeurteilung II

2005: Gesamtbeurteilung II

2006: Gesamtbeurteilung II

2007: Gesamtbeurteilung II

2008: Gesamtbeurteilung II

 

Bei der am 12.3.2007 durchgeführten gemeinsamen Begehung zur Erhebung des Vegetationszustandes an den Vergleichs- und Weiserflächen wurden 5 Flächen besichtigt, wobei 3 der Stufe l, eine Fläche der Stufe II und eine Fläche der Stufe III zuzuordnen waren. Im Einzelnen ergab sich nachstehende Beurteilung:

 

Verbissanteil:                                                   Beurteilungsstufe:

V1:      0%:                                                                 I

V4:      42%                                                               I

V3       0%                                                                 I

V2a:     83%                                                               III

V2:      42%  (inkl. Sommerverbiss > 50%)

 

Aufgrund dieser Einzelflächenbeurteilung ergab sich entsprechend den Erläuterungen zum Abschussplan die Gesamtbeurteilung II. Damit musste im Jahr 2007 das genossenschaftliche Jagdgebiet Enns als einziges Jagdgebiet der Gesamtbeurteilung II zugeordnet werden. Alle anderen Jagdgebiete des Bezirkes Linz-Land haben die Stufe I erreicht. Aufgrund der positiven Verbissentwicklung wurde die Abschussveränderung gegenüber dem Jagdjahr 2006/2007 mit +A0% vorgenommen. Der Abschuss für das Jagdjahr 2007/2008 wurde daher wie im Vorjahr mit 178 Stück Rehwild festgelegt. Die Festlegung der Abschusshöhe erfolgte einvernehmlich zwischen Forsttechnischen Dienst, Jägerschaft und den Vertretern des Jagdausschusses. Die Beurteilung der Vergleichs- und Weiserflächen erfolgte im heurigen Jahr am 14.3.2008. Anlässlich dieser Begehung wurde auch vereinbart, dass die ursprüngliche Vergleichsfläche Nr. V2a aufgelassen wird, da diese in der Vergangenheit immer ein extrem hohes Verbissprozent (meist Stufe III) aufgewiesen hat und nach Meinung der Jägerschaft aufgrund ihrer Randlage für das Jagdgebiet nicht "repräsentativ" ist. Da auch die Vertreter des Jagdausschusses diesem Ansinnen zustimmten, wurde im heurigen Jahr diese immer sehr schlechte Fläche nicht mehr in die Bewertung einbezogen, sodass schon dadurch allein heuer ein günstigeres Bewertungsergebnis zu erwarten gewesen wäre. Die heurigen Erhebungen brachten jedoch nachstehende Ergebnisse:

 

            Verbissanteil:                                                   Beurteilungsstufe:                

V1:                  68%                                                               II

V4 (W2 neu):   21%                                                               I

V3 (W1 neu)   57%                                                               II

V2:                  43%

 

Obwohl in diesem Jahr die Vergleichsfläche V2a, die meist immer in der Beurteilungsstufe III lag, nicht mehr bewertet wurde, wurden 2 Flächen der Stufe I und 2 Flächen der Stufe II zugeordnet. Damit ergab sich wiederum die Gesamtbeurteilung II. Trotz des heuer wiederum sehr milden und schneearmen Winters mit dauernder Erreichbarkeit anderer beliebter Äsungspflanzen, ist insbesondere bei der Vergleichsfläche Nr. 1 und bei der Vergleichsfläche 3, jetzt W1 neu, der Verbissanteil stark angestiegen. Somit liegt auch eine negative Verbisstendenz vor.

 

In dem Erlass der Abteilung Land- und Frostwirtschaft, Agrar-480006503-2008 vom 4. März 2008, über die Verordnung über den Abschussplan und die Abschussliste bzw. über die Vorgangsweise im Jagdjahr 2008/2009 ist unter anderem ausgeführt, dass bei einer Abschusserfüllung von weniger als 90% und gleichzeitiger Verschlechterung um eine Beurteilungsstufe bzw. bei Verbleib in Stufe II oder III neben der Erhöhung der Abschusszahlen für das kommende Jagdjahr auch ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten ist.

 

Im genossenschaftlichen Jagdgebiet Enns wurde sowohl im Jahr 2007 als auch im Jahr 2008 die Gesamtbeurteilung II festgestellt.

 

Wie vorher ausgeführt, brachte die Revierbeurteilung im März 2007 die Gesamtbeurteilung II, wobei aufgrund der damals positiven Verbissentwicklung der Abschussplan sowie im Vorjahr einvernehmlich mit 178 Stück Rehwild festgelegt wurde. Der Abschussplan wurde entsprechend der Drittelregelung wie folgt aufgegliedert:

 

Böcke:                         60 Stück

Altgeißen:                    39 Stück

Schmalgeißen: 21 Stück

Bockkitze:                   19 Stück

Geißkitze:                    39 Stück

 

Im abgelaufenen Jagdjahr wurden nachstehende Stücke erlegt:

 

                                                                       Erfüllung:

Böcke:                         54 Stück                      90% (- 6 Stück)

Altgeißen:                    26 Stück                      66% (-13 Stück)

Schmalgeißen: 21 Stück                      100%

Bockkitze:                   16 Stück                      84% (- 3 Stück)

Geißkitze:                    31 Stück                      79% (- 8 Stück)

 

Insgesamt ergibt sich damit ein Erfüllungsprozent von lediglich 83%. Dies ist eines der niedrigsten Erfüllungsprozente von allen genossenschaftlichen Jagdgebieten des Bezirkes Linz-Land.

 

Die Bewertung des Lebensraumes anhand der Vergleichs- und Weiserflächen lässt zwar keinen Rückschluss auf die tatsächliche Bestandeshöhe, jedoch auf die Wirksamkeit der tatsächlichen Abschusshöhe zu. Im genossenschaftlichen Jagdgebiet Enns liegt unverändert eine sehr ungünstige Lebensraumsituation vor. Bei der getätigten Abschusshöhe ist die Lebensraumbelastung nach wie vor sehr hoch und ist zudem gegenüber dem vergangenen Jahr sogar angestiegen. Daraus ist eindeutig ableitbar, dass der Wildbestand demnach zu hoch ist und auch der Abschussplan erfüllbar hätte sein müssen. Auffallend und bemerkenswert ist auch der Umstand, dass bei den Böcken der Abschuss 90%, bei den Altgeißen jedoch nur 66% und bei den Kitzen zu 84% bzw. 79% erfüllt wurde. Da die Abschusserfüllung, ausgenommen bei den Schmalgeißen, bei den Böcken am höchsten ist, liegt auch ein sehr stark trophäenorientiertes Abschussverhalten vor.

 

Ein weiterer Hinweis für die objektive Erfüllbarkeit des Abschussplanes ergibt sich aus der zeitlichen Abfolge der Abschussdurchführung. Obwohl die Schonzeit für die Altgeißen am 15. August endet, wurden im genossenschaftlichen Jagdgebiet Enns bis 2 Monaten nach Aufgehen der Schusszeit, nämlich bis 16. Oktober 2007, lediglich 14 Stück erlegt. Dies entspricht nur 35,8% der festgelegten Abschusszahlen. Im Dezember wurden überhaupt nur 4 Stück Altgeißen zur Strecke gebracht. Diese Umstände deuten sehr stark darauf hin, dass der Grund für die mangelnde Abschusserfüllung mehr in fehlender Jagdtechnik bzw. Abschusswillen als in einem zu geringen Wildstand zu suchen ist.

 

Weiter Aufschlüsse über die Erfüllbarkeit des Abschlussplanes ergeben die Wildbretgewichte der erlegten Stücke bei den einzelnen Wildklassen. Das Durchschnittswildbretgewicht der erlegten Böcke der Klasse II beträgt 16,6 kg, wobei abgesehen von 1 Stück (Abschuss Nr. 68) das Wildbretgewicht zwischen 14,5 und 21 kg liegt.

 

Obwohl der Abschuss bei den Schmalgeißen sicherlich auch nach dem Selektionsprinzip erfolgte, beträgt das Durchschnittsgewicht der im Jagdjahr 2007 erlegten Schmalgeißen 12,5 kg. Diese Durchschnittsgewichte sind auch nicht als sehr hoch einzuschätzen, da nach dem Jagdprüfungsbehelf für Jungjäger und Jungaufseher, herausgegeben von Österreichischen Jagd- und .Fischereiverlag, Kitze bereits im Dezember etwa 10-12 Kilo wiegen sollten.

 

Da Altgeißen mehrere Jahre älter als Schmalgeißen sind und daher dementsprechend höhere Wildbretgewichte aufweisen müssen, liegt das durchschnittliche Wildbretgewicht bei den Altgeißen bei lediglich 14,2 Kilogramm und damit nur um 1,7 Kilogramm über dem der Schmalgeißen. Die sehr niedrigen Wildbretgewichte zeigen sehr deutlich, dass bei den Altgeißen beinahe ausschließlich nur schwache Stücke erlegt werden und ein extrem zurückhaltendes Abschussverhalten bei körpergewichtsmäßig "normalen" Stücken vorliegt und daher die Nichterfüllung des Abschussplanes im Wesentlichen auf diesen Umstand zurückzuführen ist. Der überwiegende Anteil der erlegten Altgeißen weist ein Alter zwischen 6 und 8 Jahre auf und liegt damit knapp bei dem Alter, welches sie in freier Wildbahn erreichen. Damit sind diese Abschüsse beinahe ausschließlich den sogenannten Hegeabschüssen zuzuordnen, durch welche allein jedoch nicht die notwendige Reduktion der Rehwildbestände erreicht werden kann."

 

Diese Verwaltungsübertretung wurde Ihnen mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.05.2008 zur Last gelegt und Ihnen die Möglichkeit einer Rechtfertigung binnen 2 Wochen eingeräumt. Weiters wurde hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen von folgenden Daten ausgegangen:

 

Einkommen:                 1.800,-

Vermögen:                   keines

Sorgepflichten:             keine

 

In Ihrer Rechtfertigung vom 02.06.2008 brachten Sie Nachstehendes vor:

I.) Die Behörde beruft sich hier vor allem auf ein Schreiben eines jagdfachlichen Amtssachverständigen,  der eine Unterschreitung des Abschussplanes festgestellt hat

II.) Am 12.3.2007 wurden 5 Vergleichs- und Weiserflächen besichtigt, wobei 3 der Stufe I, eine der Stufe II und eine Fläche der Stufe III zugeordnet und der Abschuss für das Jagdjahr 2007/2008 mit 176 Stück Rehwild festgelegt wurde.

Das Jagdgebiet Enns umfasst 33,27 km2, die Waldfläche beträgt davon 315 ha (9,5%), es wären im Jagdgebiet somit nur 4 Vergleichsflächen notwendig, weil für je angefangene 100 ha Waldfläche eine Vergleichsfläche anzulegen ist. Eine Vergleichs- und Weiserfläche wurde hier zuviel gewertet, durch diese Fläche, die mit der Begehung vom 14.03.2008 herausgenommen wurde, konnte der Abschussplan nicht herabgesetzt werden. Eine Verbesserung wurde in der Fläche V2 erreicht, eine Zuordnung erfolgte von der Stufe II in die Stufe /.

2 Flächen sind aber der Stufe II zugeordnet, dass wiederum eine Gesamtbeurteilung II ergab. Der erhöhte Verbissanteil in diesen beiden Flächen ist in den vergangenen Jahren deshalb zurückzuführen, weil zu einem bei der Fläche VI, die immer mit einer I bewertet wurde, der Revierbetreuer und Jagdgesellschafter Herr X gestorben ist. Der erhöhte Verbissanteil der Vergleichs- und Weiserfläche V3 ist deshalb zurückzuführen, weil in diesem Gebiet ca. 40 neue Häuser errichtet wurden. Durch diese vermehrte Beeinträchtigung hat sich das Wild in den Wald zurückgezogen und die Äsungsfläche des Waldes gegenüber den lärmbehaftenden Feldern bevorzugt.

Aus diesen beiden Gegebenheiten ist der Verbissanteil angestiegen und eine objektive Erfüllung des Abschussplanes war deshalb unmöglich.

 

Die Waldfläche von nur 9,5% im Gemeindegebiet Enns wird vor allem durch die Rodung des Brandlbergs für die Verbindungsstraße B309 von Steyr nach Enns und durch die Verbauung des Au-Gebietes der ehemaligen Chemie XAG, massiv verringert. Aufgrund der 11.000 Einwohner in Enns, ist eine erhöhte Bewegung der Stadtbevölkerung auf dem Land zu verzeichnen. Besonders durch deren Hunde, die großteils nicht an der Leine gehalten werden, ist ein guter Einstand für das Rehwild teilweise nicht möglich. Die Vergleichsflächen befinden sich im Ruhegebiet und durch das Beunruhigen der Freizeitaktivitäten werden die Rehe direkt zu den Vergleichsflächen bewegt, aber auch durch den niedrigen Waidanteil ist daher eine intensivere Äsungsnutzung gegeben. Trotz des niedrigen Waldanteils der Gemeinde Enns, kam es von den Rehen zu keiner intensiven Waldschädigung, auch wurden hier von Seiten der Bauernschaft keine Mängel erhoben.

 

Der Abschussplan konnte zudem auch nicht erfüllt werden, weil durch die Bautätigkeiten, der Verbindungsstraße B309 von Steyr nach Enns, eine erschwerte Bejagung gegeben war und noch immer ist. In jenen Monaten, in denen die Geometer sehr intensive Vermessungen durchgeführt haben, großteils an unterschiedlichen Tageszeiten, waren eine ordentliche Jagdausübung und daher eine objektive Erfüllung des Abschussplanes unmöglich.

 

Das niedrige Gewicht der Rehe ist vor allem durch die Bautätigkeiten der B309 sowie die Beunruhigung durch vermehrte Bauten an der Stadtgrenze zurückzuführen. Der Lebensraum wird dem Wild entzogen, zudem braucht das Wild durch diese Beunruhigung sehr viel Energie, dass sogar zu Ausfällen führen kann. Das niedrige Gewicht kam auch dadurch zustande, dass wenn einige ausziehen zuerst das Schwächere geschossen wurde. Dies deshalb, weil sonst diese schwächeren Rehe bei einem ähnlichen starken Winter wie im Jahre 2005/2006 keine Überlebenschance hätten.

 

Altgeisen wurden immer mehr zum Unfallwild, denn die Altgeis fast immer das Leittier und somit jenes Wild ist, was zuerst die Straße überqueren will und deshalb meisten das Opfer im Straßenverkehr darstellt. Da es hier zu einer Reduzierung der Altgeisen gekommen ist und diese Unfallrehe nicht in den Abschussplan hineingerechnet werden, war hier eine Erfüllung des Abschusses der Altgeisen, unmöglich.

 

Der jagdfachliche Amtssachverständige hat in seinem Schreiben auch bestätigt, dass für das Wild in Enns eine ungünstige Lebensraumsituation vorliegt und anhand der Vergleichs- und Weisenflächen kein wirklicher Rückschluss auf die tatsächliche Bestandeshöhe zurückzuführen ist. Bei Berücksichtigung dieser beiden Punkte lässt sich eine beschwerte Bejagung ableiten, womit ich kein Verschulden habe und daher die Erfüllung des vorgeschriebenen Abschussplanes objektiv unmöglich war.

 

Zu Ihrer Rechtfertigung nahm der jagdfachliche Amtssachverständige mit Schreiben vom 13.08.2008 wie folgt Stellung:

"Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Überprüfung der Einhaltung der Abschusspläne eine Aufgabe der Jagdbehörde und nicht des jagdfachlichen Amtssachverständigen darstellt. Lediglich die Beurteilung der objektiven Erfüllbarkeit der festgelegten Abschusszahl hat der Amtssachverständige vorzunehmen.

 

Nach § 4 der Verordnung über den Abschussplan und die Abschussliste hat der Forsttechnische Dienst der Behörde im Einvernehmen mit den über das Waldgrundstück Verfügungsberechtigen, den Jagdausschuss und den Jagdausübungsberechtigten die Vergleichs- und Weiserflächen örtlich festzulegen. Für jedes Jagdgebiet Ist je angefangene 100 ha Waldfläche mindestens 1 Vergleichsfläche anzulegen, wobei die Anzahl der Vergleichsflächen pro Jagdgebiet mindestens 3 und höchstens 20 zu betragen hat. In genossenschaftlichen Jagdgebieten können bei Bedarf sogar weitere Vergleichsflächen festgelegt werden. Die Festlegung der sogenannten Weiserflächen hat nach Erfordernis zu erfolgen, um eine möglichst repräsentative Aussage über die Lebensraumbelastung zu bekommen. Bei der Beurteilung der Vergleichs­und Weiserflächen im heurigen Jahr wurden 4 Flächen bewertet, wobei 2 Vergleichsflächen (Nr. 3 und 4) aufgelassen und durch sogenannte Weiserflächen, an denen ausschließlich der Verbissanteil beurteilt wird, ersetzt wurden. Ebenso erfolgte auch im Jahr 2007 bei einigen so genannten Vergleichsflächen lediglich eine Auszählung des Verbissanteiles. Darüber hinaus wurde heuer bei der Verbissbeurteilung vereinbart, dass die ursprüngliche Vergleichsfläche Nr. V2a nicht mehr beurteilt wird, da diese in der Vergangenheit immer ein extrem hohes Verbissprozent (meist Stufe III) aufgewiesen hat und nach Meinung der Jägerschaft aufgrund ihrer Randlage für das Jagdgebiet "nicht repräsentativ" war. Da auch die Vertreter des Jagdausschusses diesem Ansinnen zustimmten, wurde im heurigen Jahr diese immer sehr schlechte Fläche nicht mehr in die Bewertung einbezogen, sodass schon dadurch allein heuer ein günstigeres Bewertungsergebnis zu erwarten gewesen wäre. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Stellungnahme der Jagdgesellschaft Enns können daher nicht nachvollzogen werden.

 

Zur Begründung des heuer festgestellten erhöhten Verbissanteiles bei der Vergleichsfläche Nr. 1 bzw. Weiserfläche 1 neu wird festgehalten, dass es primär Aufgabe des Jagdleiters ist, für eine ausreichende Revierbetreuung zu sorgen. Nach inoffiziellen Informationen hat die Betreuung des Reviers des verstorbenen Jagdgesellschafters Herrn X der Jagdleiter selbst übernommen, wobei in der Jagdgesellschaft selbst darüber unterschiedliche Ansichten herrschten. Zur Vergleichsfläche Nr. 3 bzw. nunmehr Weiserfläche 1 neu ist festzuhalten, dass diese im Bereich des Erholungswaldes Eichberg gelegen ist. Aufgrund der unmittelbaren Stadtnähe und der damit verbundenen häufigen Frequenz durch Erholungssuchende stellt dieser Bereich sicherlich kein ruhiges Rückzugsgebiet für die Rehe dar. Die angeführte Errichtung der 40 neuen Häuser liegt in einer Entfernung von mindestens 800 m bis 1 km. Der Umstand, dass dadurch die Felder "lärmbehafteter" wurden, kann nicht nachvollzogen werden. Dies trifft auch auf die Behauptung zu, dass aufgrund des angestiegenen Verbissanteiles eine objektive Erfüllung des Abschussplanes unmöglich gewesen sei. Weiters wurde die angesprochene Rodung des sogenannten Bründlberges für die Verbindungsstraße B 309 nach Steyr noch nicht durchgeführt bzw. wurde die intensive Verbauung des Augebietes der ehemaligen Chemie XAG schon vor Jahren bzw. Jahrzehnten vorgenommen, sodass diese Umstände keinen Einfluss haben können auf die aktuelle Lebensraumbelastung. Ebenso stellt die Beunruhigung durch Freizeitaktivitäten nicht ein spezifisches Problem des genossenschaftlichen Jagdgebietes Enns dar.

 

Zur Nichterfüllung des Abschussplanes durch die Bautätigkeiten der Verbindungsstraße B 309 wird dezidiert festgehalten, dass erst vor kurzem der offizielle Spatenstich erfolgte und bisher keinerlei Baumaßnahmen durchgeführt wurden.

 

Das niedrige Gewicht der Rehe vor allem durch die - noch nicht durchgeführten Bautätigkeiten der B 309 - sowie durch die geringfügig vermehrten Bauten an der Stadtgrenze zu begründen, erscheint daher nicht nachvollziehbar. Ebenso der Umstand, dass im genossenschaftlichen Jagdgebiet Enns zuerst die schwächeren Rehe geschossen werden, da dieses Selektionsprinzip aus Gründen der Weidgerechtigkeit, aber auch des Tierschutzes, in allen anderen Jagdgebieten angewendet wird.

 

Weiters ist auch die angeführte Reduktion der Altgeißen durch Unfallwild kein spezifisches Problem des genossenschaftlichen Jagdgebietes Enns.

 

Die in der Stellungnahme angeführte Bestätigung des jagdfachlichen Amtssachverständigen, dass für das Wild in Enns eine ungünstige Lebensraumsituation vorliege, ist insofern richtig zu stellen, dass sich diese Aussage auf die festgestellte Gesamtbeurteilung II bzw. festgestellten hohen Verbissanteil bezieht. Dazu wurde im Erstgutachten auch ausgeführt, dass "bei der getätigten Abschusshöhe die Lebensraumbelastung nach wie vor sehr hoch und zudem gegenüber dem vergangenen Jahr sogar angestiegen sei". Richtig ist auch, dass die Bewertung des Lebensraumes anhand der Vergleichs- und Weiserflächen zwar keinen Rückschluss auf die tatsächliche Bestandeshöhe, jedoch sehr wohl auf die Wirksamkeit der tatsächlichen Abschusshöhe zulässt. Daraus eine beschwerte Bejagung und die objektive Unmöglichkeit der Erfüllung des vorgeschriebenen Abschussplanes abzuleiten, ist aus fachlicher Sicht völlig unzulässig."

 

Das Ermittlungsergebnis wurde Ihnen mit Schreiben vom 18.02.2009 zur Kenntnis gebracht und wurde Ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen 2 Wochen, gerechnet ab Zustellung dieser Verständigung, eingeräumt.

 

In Ihrer abschließenden Stellungnahme vom 04.03.2009 brachten Sie nachstehendes vor:

 

"Die Vergleichsfläche Nr. 1 bzw. Weisefläche VI, wurde immer mit einer 1 bewertet, auch für mich stellte der erhöhte Wildverbiss ein unerklärliches Rätsel dar, weil es in diesem Revier noch nie Probleme gab.

Über die inoffiziellen Informationen bestehen wesentliche Bedenken, gab es dazu auch Gegenüberstellungen von mehreren Personen, somit, auch eine offizielle Erkundigung. Bei der Errichtung von jenen 40 Häusern am Eichberg handelt es sich vorwiegend um private Hausbauten, wo die Bautätigkeit an verschiedensten Zeiten durchgeführt wurde. Die Benutzung von Baggern, Betonmischmaschinen, LKW'S sowie von Kompressoren, entwickelte einen erhöhten Lärm, wodurch in diesem Bereich das Wild nachtaktiver und deshalb eine Bejagung erschwert wurde.

 

Die Chemie hat ihren Betrieb vor ca. 20 Jahren eingestellt, der überwiegende Gebäudeteil wurde damals entfernt. In den letzten Jahren kam es in diesem Gebiet zu einer intensiven Rodung der wildgewachsenen Hecken. Dieser Industriegrund wurde an mehreren Firmen (z.B. x) verkauft, was mit einer umfangreichen Bautätigkeit verbunden war Diese Bautätigkeit, von neuen Firmen, hält bis heute an und stellt deshalb noch immer eine Beunruhigung für das Wild dar.

 

Grundsätzlich möchten wir festhalten, dass wir aus jagdlicher Sicht alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt haben um den Abschussplan zu erfüllen. So haben wir neben der nachdrücklichen Information der Mitglieder der Jagdgesellschaft den Abschussplan zu erfüllen, auch noch Schwerpunkt- und Riegeljagden auf Rehen durchgeführt. Das Abschussziel konnte aber wegen des niedrigen Wildbestandes trotz dieser zusätzlichen Maßnahmen nicht erreicht werden. Auch aus wildbiologischer Sicht ist es erwiesen, dass im Jahr 2007 wegen ungünstiger Lebensbedingungen die Vermehrungsrate bei Rehen sehr niedrig war und dies zu einem niedrigen Wildbestand geführt hat. Bestätigt wird dies auch durch Hinweise aus der Bevölkerung und auch durch Bemerkungen von Mitgliedern des Jagdausschusses, dass weniger Rehe zu beobachten waren, als in früheren Jahren."

 

Die Behörde hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 93 Abs.1 lit.j Oö. Jagdgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den Bestimmungen des § 50 Abs.1 bzw 7 über den Abschussplan zuwiderhandelt. Verwaltungsübertretungen (Abs.1) sind gemäß § 93 Abs 2 Oö. Jagdgesetz mit Geldstrafe bis zu 2.200 Euro zu ahnden.

 

Gemäß § 50 Abs.1 Oö. Jagdgesetz ist der Abschuss von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer- und Birkwild nur aufgrund und im Rahmen eines von der Bezirkverwaltungsbehörde genehmigten Abschussplanes zulässig (vgl auch § 1 Abs.1 der Abschussplanverordnung, LGBI Nr 74/2004). Die im Abschussplan für Schalenwild festgesetzten Abschusszahlen dürfen weder unter- noch überschritten werden. Die im Abschussplan für X festgesetzten Abschusszahlen dürfen unterschritten, aber nicht überschritten werden (vgl auch § 6 Abs.1 der Abschussplanverordnung, LGBI Nr 74/2004).

 

§ 21 Abs.3 Oö. Jagdgesetz hat die Jagdgesellschaft die Jagd unter einheitlicher Leitung auszuüben und im Gesellschaftsvertrag aus ihrer Mitte einen Jagdleiter zu bestellen. Dieser hat das Recht und die Verpflichtung, für eine ordnungsgemäße Ausübung der Jagd zu sorgen (vgl Pesendorfer/Rechberger, Das oberösterreichische Jagdrecht2, Anmerkung 3 zu § 21 Oö. Jagdgesetz).

 

Mit Gesellschaftsvertrag der Jagdgesellschaft Enns wurden Sie zum Jagdleiter dieser Jagdgesellschaft, die das Jagdrecht im genossenschaftlichen Jagdgebiet Enns gepachtet hat, bestellt. In dieser Funktion sind Sie nach außen hin für die Jagdgesellschaft mit Blick auf die vom Oö. Jagdgesetz intendierten Schutzziele verantwortlich (vgl UVS OÖ vom 26.06.2002, VwSen-340030/6/Br/Rd). In § 3 Abs.4 des Gesellschaftsvertrages wurde festgelegt, dass nur der bevollmächtigte Jagdleiter berechtigt ist, die Art der Jagdausübung zu bestimmen, die die Beachtung der Grundsätze einer geordneten Jagdwirtschaft iSd Oö. Jagdgesetzes gewährleistet. Die einzelnen Jagdgesellschafter verpflichteten sich insbesondere dazu, den Weisungen des Jagdleiters hinsichtlich der Jagdausübung Folge zu leisten und vor Ausübung der Jagd die ausdrückliche Zustimmung des Jagdleiters einzuholen.

Der genehmigte oder von Amts wegen festgesetzte Abschussplan ist ein "Pflichtabschussplan". Seine Nichterfüllung steht unter verwaltungsstrafrechtlicher Sanktion. Es steht also nicht im Belieben des Jagdausübungsberechtigten, den Abschussplan nicht oder nur zum Teil zu erfüllen. Daraus ist aber auch der Wille des Gesetzgebers zu erschließen, den Abschussplan so festzusetzen, dass (auch) die Möglichkeit besteht, den Abschussplan zu erfüllen (vgl. VwGH vom 12.12.2001, 99/03/0380). Die Pflichten der Jagdausübungsberechtigten ergeben sich demnach aus § 50 Abs.1 iVm § 93 Abs.1 lit.j Oö Jagdgesetz in Verbindung mit dem von der Behörde iSd § 50 Abs.3 Oö. Jagdgesetz genehmigten Abschussplan.

 

Mit Schreiben vom 14.03.2007 wurde der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land der Abschussplan für das Jagdjahr 2007/2008 für Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), Auer- und Birkwild gemäß § 50 Abs 2 Oö. Jagdgesetz zur Genehmigung vorgelegt. Der Abschussplan wurde mit Bescheid vom 18.04.2007 genehmigt und der Abschuss mit 60 Böcken, 39 Altgeißen, 21 Schmalgeißen, 19 männlichen Kitzen und 39 weiblichen Kitzen festgesetzt. Dieser Genehmigungsbescheid wurde nicht bekämpft und erwuchs daher in Rechtskraft.

Im Jagdjahr 2007/2008 wurden laut Angaben des jagdfachlichen Amtssachverständigen jedoch nur 54 Böcke (- 6 Stück), 26 Altgeißen (-13 Stück), 16 Bockkitze (- 3 Stück) und 31 Geißkitze (- 8 Stück) erlegt. Dies entspricht insgesamt einer Erfüllung der Abschussverpflichtung von nur 83 %. Lediglich die im Abschussplan vorgegebene Anzahl an Schmalgeißen (21 Stück) wurde tatsächlich erfüllt.

Die Nichterfüllung der Abschussverpflichtung wurde darüber hinaus auch nicht bestritten. Der objektive Tatbestand, nämlich die Nichterfüllung der Abschussverpflichtung nach dem Abschussplan, wurde daher zweifelsfrei verwirklicht.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. § 93 Abs.1 lit.j Oö. Jagdgesetz enthält kein Erfordernis einer bestimmten Verschuldensform. Daher reicht fahrlässiges Handeln aus.

 

Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Nichterfüllung des Abschussplanes ein Ungehorsamsdelikt dar (vgl VwGH vom 24.01.2001, 97/03/0186). Zum Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gehört weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr. Bei Vorliegen eines Ungehorsamsdelikts hat der Beschuldigte gemäß § 5 Abs.1 VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das Verschulden wird daher widerleglich vermutet. Deshalb trifft Sie die Beweislast dafür, dass Ihnen die Einhaltung der objektiv verletzten Verhaltungsvorschrift ohne Ihr Verschulden unmöglich war. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

Sie hätten daher initiativ alles darlegen müssen, was für Ihre Entlastung spricht und glaubhaft machen müssen, dass Ihnen die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschrift ohne Ihr Verschulden nicht möglich war. Ansonsten sind Sie selbst dann strafbar, wenn der Verstoß ohne Ihr Wissen und ohne Ihren Willen begangen wurde. Dazu bedarf es konkreter Darlegungen, dass Sie die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

 

Ein sorgfältiger und pflichtbewusster Jagdleiter mit einem funktionierenden lückenlosen Kontrollsystem hätte den Abschussplan erfüllt. Sie selbst haben als Jagdleiter den vorgelegten Abschussplan unterzeichnet, der in der Folge behördlich genehmigt und rechtskräftig wurde.

 

In Ihrer Rechtfertigung vom 02.06.2008 wendeten Sie unter Punkt II. sinngemäß ein, dass aufgrund der Fläche des Jagdgebiets nur 4 Vergleichsflächen notwendig seien und daher eine Vergleichs- und Weiserfläche zu viel gewertet worden sei.

Gemäß § 4 der Verordnung der Oö. Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste (LGBI Nr 74/2004 idgF; in der Folge kurz Abschussplanverordnung) hat der forsttechnische Dienst der Behörde im Einvernehmen mit den über das Waldgrundstück Verfügungsberechtigten, dem Jagdausschuss und den Jagdausübungsberechtigten die Vergleichs- und Weiserflächen örtlich festzulegen. Für jedes Jagdgebiet ist je angefangene 100 Hektar Waldfläche mindestens eine Vergleichsfläche anzulegen, wobei die Anzahl der Vergleichsflächen pro Jagdgebiet mindestens drei und höchstens zwanzig zu betragen hat. In genossenschaftlichen Jagdgebieten kann der forsttechnische Dienst der Behörde im Einvernehmen mit den über das Waldgrundstück Verfügungsberechtigten, dem Jagdausschuss und den Jagdausübungsberechtigten bei Bedarf weitere Vergleichsflächen festlegen.

Die Vergleichs- und Weiserflächen müssen den naturräumlichen Verhältnisses im jeweiligen Teil des Jagdgebietes bestmöglich entsprechen und eine objektive Beurteilung des Wildeinflusses auf die natürliche und künstliche Waldverjüngung sowie die übrige Vegetation zulassen.

Es wird festgehalten, dass sowohl die Vergleichs- und Weiserflächen, als auch die Abschusshöhe aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen einvernehmlich festgelegt worden sind. Weiters wurde die fünfte Vergleichsfläche (Nr. V2a), die bisher wegen des sehr hohen Verbissprozents immer mit Stufe Iii beurteilt wurde, aufgelassen, weshalb eigentlich eine günstigere Bewertung erwartet werden konnte. Aufgrund des stark steigenden Verbissanteils vor allem auf den Vergleichsflächen 1 und 3 (jetzt W1 neu), liegt eine negative Verbisstendenz vor. Die Gesamtbeurteilung war - wie im Vorjahr - mit Stufe II festzulegen. Es kam trotz Auflassung der bisher sehr "schlechten" Vergleichsfläche zu keiner Verbesserung der Verbisstendenz. Darüber hinaus handelt es sich beim Erfüllungsprozent von lediglich 83 % nach Angaben des jagdfachlichen Amtssachverständigen um eines der niedrigsten von allen genossenschaftlichen Jagdgebieten im Bezirk Linz-Land. Ihre diesbezüglichen Ausführungen zu Punkt II Ihrer Rechtfertigung gehen daher ins Leere.

Nach Rechtsprechung des UVS Oberösterreich (vgl etwa UVS OÖ vom 11.11.1996, VwSen-340008/7/Br) ist ein Verschulden an der Nichterfüllung des vorgeschriebenen Abschusses jedenfalls dann nicht gegeben, wenn seine Erfüllung objektiv unmöglich war. Die Beantwortung der Frage, ob der nach dem Abschussplan bewilligte oder von der Behörde festgesetzte Abschuss auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten im Revier erfüllbar war oder nicht, erfordert jagdfachliche Kenntnisse, weshalb hierüber ein Sachverständigengutachten einzuholen war.

 

Zu den Gründen, die Sie zur objektiven Unmöglichkeit der Abschussplanerfüllung angegeben haben, wird auf die Ausführungen des jagdfachlichen Amtssachverständigen in seinen Schreiben vom 17.04.2008 und vom 13.08.2008 verwiesen. Danach sind die von Ihnen angegeben Gründe (wie zB Freizeitnutzer, Witterungsverhältnisse, Bautätigkeit etc) nicht neu und überall gleich. Es liegt daher an der Jagdgesellschaft, insbesondere im Verantwortungsbereich des Jagdleiters, auf die entsprechenden Gegebenheiten dementsprechend zu reagieren (wie zB früherer Abschussbeginn, Bejagungsmethoden, dementsprechende Äsungs- und Deckungsmöglichkeiten etc) und Maßnahmen zur Erfüllung des Abschussplanes zu setzen.

Die Erfüllbarkeit des Abschussplanes war nach Angaben des jagdfachlichen Amtssachverständigen objektiv möglich, weshalb Verschulden Ihrerseits an der Nichterfüllung anzunehmen ist. Die zur Entscheidung berufene Behörde sah auch keinerlei Veranlassung, an den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des jagdfachlichen Amtssachverständigen zu zweifeln, zumal Sie sich als Beschuldigter in jede Richtung verantworten können.

 

Es wurden soweit keine Maßnahmen nachgewiesen, die unter den gegebenen Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen erwarten lassen. Dieser Sorgfaltsmangel ist Ihnen anzulasten und begründet Ihr Verschulden, welches zumindest den Grad der Fahrlässigkeit aufweist. Ein Schuldausschließungsgrund im Sinne eines Irrtums liegt jedenfalls nicht vor.

 

Sie können sich dabei nicht auf mangelndes Verschulden im Sinne eines Rechtsirrtums bzw Unkenntnis der für Sie maßgeblichen Bestimmungen des Jagdgesetzes berufen, zumal Sie als Jagdleiter verpflichtet waren, sich über alle für Sie geltenden gesetzlichen Bestimmungen erforderlichenfalls bei geeigneten Stellen (zB Jagdbehörde, Landesjagdverband) entsprechend zu informieren. Weiters ist es nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn die Auslegung von Normen für einen juristischen Laien mit Schwierigkeiten verbunden ist, seine Sache, sich bei der zuständigen Behörde oder bei der gesetzlich berufenen Vertretung über den Inhalt dieser Normwerke zu informieren (vgl, Erkenntnis vom 16.11.1993, 93/07/0022). Eine irrige Gesetzesauslegung entschuldigt nur dann, wenn sie unverschuldet ist; selbst guter Glaube stellt keinen Schuldausschließungsgrund her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen (vgl. Erkenntnis vom 16.12.1986, 86/04/0133, uva).

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 44 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwiegen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die in §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Strafmildernd war Ihre Unbescholtenheit zu werten. Als straferschwerend waren keine Umstände zu werten. Die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit bedeutet jedoch nicht ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe im Sinne der oben angeführten Bestimmung.

 

Zur Strafhöhe ist auszuführen, dass unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, des Verschuldens und der geschätzten Einkommen-, Vermögens- und Familienverhältnisse (Einkommen: € 1.800, Vermögen: keines, Sorgepflichten: keine) die im untersten Bereich angesetzte Strafe, bei einer Höchststrafe von 2.200 Euro als schuld- und tatangemessen erscheint, um Sie in Hinkunft von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.

 

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG war nicht möglich, wie die hiefür erforderlichen Voraussetzungen wie Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutende Folgen der Übertretung nicht als gegeben erachtet werden können.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

3. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Straferkenntnis mit folgenden Ausführungen entgegen:

Gegen das Straferkenntnis, das sich insbesondere auf die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten im Zusammenhang mit nicht Erfüllung des Abschussplanes laut Bescheid vom 18. April 2007 bezieht und begründet ist, mit der Vorlage von Beweismittel, zur Untermauerung meiner früheren Stellungnahme. Vom Jagdlichen wurden meine Einwende, die zufolge erhöhte Beunruhigung in Teilgebieten unserer Genossenschaftsjagd das Rehwild immer Nachtaktiver wird mit der Begründung abgelehnt, dass dies eine allgemeine Tendenz darstellt. Die Behörde lässt dabei außer Acht, dass wir in unserem Jagdgebiet diesen Umstand, durch mehrere Drück- und Bewegungsjagden zur Erzielung des aufgetragenen Abschusses, egalisieren wollten. Die Aufstellungen der durchgeführten Bewegungsjagden liegen bei.

Es kann weiters durch Zeugeneinvernahme der Jägerschaft bewiesen werden, dass von jedem Jäger ein unermüdlicher Einsatz zur Erzielung des Abschussplanes getätigt wurde, der auch von mir vehement verlangt wurde um den Abschuss zu erzielen. Eine Beweisdurchführung der Jägerschaft sollte deshalb durchgeführt werden.

Aus diesem Grund weiße ich diese Vorwürfe der Fahrlässigkeit zurück. Ich darf darauf hinweisen, dass jedes fehlende Stück Rehwild einen Abgang in unserer Jagdkasse darstellt und schon aus diesem Grund, ein logisches Interesse zur Erfüllung der Abschusszahlen von mir und der Jagdgesellschaft existent ist.

Im Hinblick darauf, dass die Unterlagen die dieser Berufung beiliegen eine Entlastung des Vorwurfs des fahrlässigen Verhaltens ergeben müssen, berufe ich vorsorglich auch gegen die Höhe des festgelegten Strafausmaßes.

Ich darf auch verweisen, dass unser Bemühen auch vor Zielstellung des Straferkenntnis zu Erfüllung des Abschusses aufrecht geblieben ist, weil wir schließlich aufgrund der Weiser -und Vergleichsflächen, in die Stufe I eingereiht wurden.

 

Enns, 7. September 2010                                            X“ (e.h. Unterschrift)

 

 

4. Da weder eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe noch eine Freiheitsstrafe  verhängt wurde ist der unabhängige  Verwaltungssenat durch  das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war hier zur Klärung der strittigen Verschuldensfrage  in Wahrung der durch Art. 6 Abs.1 EMRK zu wahrenden Rechte geboten   (§ 51e   Abs.1 VStG).

 

 

4.1. Beweis geführt wurde durch Verlesung des Inhaltes des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes, Zl.: Agrar96-9-2008/Pl, anlässlich der Berufungs-verhandlung.

In Vorbereitung des Berufungsverfahrens wurde ergänzend Beweis erhoben durch Beischaffung der Abschussmeldungen vom verfahrensgegenständlichen Jagdjahr im Wege der Behörde erster Instanz, sowie durch Beischaffung eines  Luftbildes aus dem System DORIS zur visuellen Beurteilung der Landschaftsstruktur dieses Gemeinde(jagd)gebietes.

Ferner wurde Beweis erhoben durch Einholung eines jagdfachlichen Gutachtens im Wege des Allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen f. Wildbiologie, Wildökologie, Jagd, Naturschutz, Mag. X.

Dieses wurde den Parteien zugestellt und anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung im Beisein auch des jagdfachlichen Amtssachverständigen, Dipl.-Ing. X, erörtert.

Als sachverständige Auskunftspersonen wurde der Berufungsverhandlung auch der Bezirksjägermeister E. X beigezogen. Ferner wurde Beweis erhoben durch abgesonderte Vernehmung des Obmannes des Jagdausschusses, R. Zittmayr, als ebenfalls informierte Auskunftsperson. Dessen Aussage wurde anlässlich der Berufungsverhandlung verlesen.

Der Berufungswerber wurde als Beschuldigter einvernommen.

Die Behörde erster Instanz war anlässlich der Berufungsverhandlung durch den Sachbearbeiter vertreten.

 

 

4.2. Zur Bestellung des Sachverständigen:

Die Behörde hat gemäß § 52 Abs. 1 AVG grundsätzlich einen der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständigen) beizuziehen. Nur unter den Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 oder 3 AVG kann die Behörde auch ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen (vgl. VwGH 6.7.2010, 2008/05/0115). Diese Voraussetzungen waren insbesondere mit Blick auf  das Tätigwerden des Amtssachverständigen im Rahmen der Verfahrenseinleitung (Anzeigegutachter) zur Vermeidung jeglichen Anscheins einer allfälligen Behördenlastigkeit gegeben (s. Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate2, 112 ff).

Dem Antrag des Berufungswerbers auf Beiziehung eines gerichtlich beeideten Sachversändigen, für dessen Kostentragung er aufzukommen bereit war, ist daher iSd nach Art. 6 EMRK zu wahrenden Verfahrengarantien nachzukommen gewesen. In Wahrung des des fachlichen Interessensausgleiches wurde der Berufungsverhandlung wiederum  auch ein Amtssachverständiger als weiteres Hilfsorgan zur Unterstutzung des zur Entscheidung berufenen Mitgliedes beigezogen (VwSlg 16387 A/2004).

Wäre ein Sachverständiger iSd § 7 AVG befangen hätte er sich gemäß § 53 Abs.1 erster Satz AVG grundsätzlich der Ausübung seines Amtes zu enthalten. Diesbezüglich wurde seitens des gerichtlichen beeideten Sachverständigen (als Mitarbeiter des Landesjagdverbandes) eingangs der Berufungsverhandlung eine entsprechende Erklärung abgegeben.

 

 

5. Aus der Aktenlage sind folgende Feststellungen zu treffen:

Laut Gesellschaftsvertrag besteht das genossenschaftliche Jagdgebiet Enns aus fünfzehn Mitglieder (Pächter). Von diesen wurde der Berufungswerber mit einer Mehrheit von zwei Drittel als Jagdleiter gewählt (ON 12).

 

Im Zuge der sogenannten gemeinsamen Begehung der Vergleichs- u. Weiserfläche durch Vertreter der Bauern- u. Jägerschaft und des Sachverständigen des forsttechnischen Dienstes am 12.3.2007 wurde an fünf Flächen der Verbisszustand beurteilt, wobei eine positive Entwicklung bei einer Gesamtbeurteilung die Stufe II festgestellt wurde (ON 2).

Darauf fußend wurde einvernehmlich als Abschussplanvorgabe unter Anwendung der sogenannten Drittelregelung (männlich, weiblich u. Jugendklasse) eine zum Abschuss zu bringende Stückzahl von 178 Rehen festgelegt.

Vor diesem Hintergrund wurde der Abschussplan für das Jahr 2007/2008 vom Jagdleiter und Obmann des Jagdausschusses am 14.3.2007 bei der Behörde (Bezirkshauptmannschaft Linz-Land) eingereicht (ON 2).

Diese „genehmigte“ den Plan im beantragten Umfang mit dem Bescheid vom 18.4.2007, GZ: Agrar01-33-6-2007/Pl-StA (ON 3).

Der dem Berufungswerber, dem Jagdausschuss zHd. des Obmannes und dem Bezirksjägermeister zugestellte Bescheid blieb unangefochten bzw. erwuchs in Rechtskraft. Dies wurde anlässlich der Berufungsverhandlung vom Berufungswerber damit begründet, dass dies nicht zur Debatte stand, weil man sich eben bemühen wollte auch diese Vorgabe zu erreichen.

Im Folgejahr erbrachte die Vegetationsbeurteilung eine negative Tendenz mit zwei Flächen der Stufe II. Die Abschussvorgabe wurde folglich als um 15% anzuheben dargestellt, wobei in der Niederschrift vom 14.3.2008 die Abschussvorgabe einvernehmlich mit 169 Stück festgelegt wurde.

Dies führte offenbar zu dem als  Anzeige gewerteten Bericht (Anzeigegutachten) des forsttechnischen Dienstes (Dipl.-Ing. X) an die Behörde erster Instanz.

Gemäß dem Erlass (Schreiben) des Amtes der Oö. Landesregierung an alle Bezirkshauptmannschaften und Magistrate vom 10.3.2008, GZ: Agrar-480006/503-2008-R/Sch, wurde auf die im abgelaufenen Jagdjahr (2007/2008) zum Teil maßgeblich unerfüllt gebliebenen Abschussplanvorgaben hingewiesen. Die Behörden wurden darin zur Begehung aller Reviere angwiesen. Insbesondere sollte sich bei den „Jagden der Stufe II (und III)“ das Ausmaß der Erhöhung der Planzielvorgaben im oberen Bereich bewegen. Bei Mindererfüllungen um 10% und gleichzeitiger Verschlechterung der Beurteilungsstufe bzw. bei Verbleib der Stufe II oder III, sei neben der Erhöhung der Abschusszahlen für das folgende Jahr, auch ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten.

Im Punkt 4. dieses Schreibens wird angeregt, „soweit dies auf Grund der Reviereinteilung bzw. Abschusszuweisungen möglich ist, sollte nicht gegen die gesamte Jagdgesellschaft, sondern konkret gegen die eigentlichen Verursacher der Nichterfüllung vorgegangen werden (ON 4).

Auf dieser erlassmäßigen Vorgabe der obersten Jagdbehörde fußt wohl die zu diesem Verfahren führende Anzeige der Forstdienstes vom 17.4.2008, Zl.: Forst10-3-2008/Soe (ON 5).

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.5.2008, AZ.: Agrar96-9-2008/Pl, wurde gegen den Berufungswerber fristgerecht die erste Verfolgungshandlung gesetzt (ON 6).

In seiner Rechtfertigung vom 2. Juni 2008 wendet er unter Anführung mehrerer inhaltlicher Aspekte die objektive Unerfüllbarkeit der Planzielvorgabe ein (ON 8).

Dem hält der Anzeigegutachter aus fachlicher Sicht u.a. eine mangelnde Revierbetreuung durch den Berufungswerber als Jagdleiter entgegen. Der Amtssachverständige räumt in seiner Stellungnahme wohl ein, dass zwar ein Rückschluss auf die tatsächliche Bestandshöhe (gemeint Rehwild)  aus der Beurteilung der Vergleichs- u. Weiserflächen nicht zulässig wäre, jedoch daraus sehr wohl ein Rückschluss auf die Wirksamkeit der Abschusstätigkeit zulässig sei.

Die Unmöglichkeit der Abschussplanerfüllung sieht der Anzeigegutachter in der Rechtfertigung des Berufungswerbers nicht gegeben (ON 9).

Diese Stellungnahme vom 13.8.2008 wird dem Berufungswerber abermals mit Schreiben vom 18.2.2009 (!) zur Kenntnis gebracht (ON 10), worauf der Berufungswerber abermals am 4.3.2009 repliziert, worin dem Schuldspruch im Ergebnis mit dem Hinweis auf die Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Mitteln zur Erfüllung des Abschussplanes entgegen zu treten versucht wird (ON 11). Diesem Schreiben dürfte der mit keinem Eingangsvermerk versehene Gesellschaftervertrag begeschlossen gewesen sein (ON 12);

Nach einer Zeitspanne von mehr als  siebzehn Monaten wurde schließlich das angefochtene Straferkentnis erlassen (ON 13).

 

 

5.1. Feststellungen im Berufungsverfahren:

Den Abschussmeldungen folgend wurde über die gesamte Schußzeit der Rehabschuß sehr gleichmäßig getätigt. Dies vom 1.5.2007 bis 30.12.2007.  Vom Berufungswerber selbst wurden vom 5.5. bis 21.11.2007 insgesamt elf Abschüsse getätigt, davon fielen sechs Abschüsse auf weibliches Rehwild.

Die vom Beginn der Schusszeit ab 16.8. bis zum 16.10.2007 mit vierzehn Stück erlegten Altgeissen wurde vom Anzeigegutachter als Manko beurteilt. Dies insbesondere wegen des mit sechs bis acht Jahren hohen Durchschnittsalters und des mit 14,2 kg unterdurchschnittlichen Gewichtes der Geißen.

Die Gewichtsfrage wurde im Zuge des Berufungsverfahrens mit dem Umstand relativiert, dass Geißen ohne Haupt verwogen dem Wildbreethändler übergeben werden.

Hinzuweisen ist an dieser Stelle, dass der Anzeigegutachter in seinem Bericht vom 17.4.2008 an die Behörde erster Instanz auf Seite 3 (oben), neben der Würdigung seiner Feststellungen, auch gleich die rechtliche Beurteilung vorweggenommen bzw. der Behörde geliefert zu haben scheint.

 

 

5.1.1. Diesbezüglich rechtfertigt der Berufungswerber die Mindererfüllung mit der zunehmend erhöhten Beunruhigung und damit der höheren Nachtaktivität des Rehwilds. Im Revierteil Eichberg seien nämlich 40 neue Häuser gebaut worden, was Baulärm und auch Verkehr nach sich gezogen habe. Man habe alle jagdlichen Mittel ausgeschöpft und sogar mit einer Bewegungsjagd versucht dem Ziel näher zu kommen, wobei die vom Berufungswerber namenlich genannten daran teilnehmenden elf Jäger den unermüdlichen jagdlichen Einsatz bestätigen könnten. Auch in der Jagdkasse fehle letztlich jedes nicht erlegte Stück Reh.

 

 

5.2. Zur Landschaftsstruktur:

Wie sich aus dem auch dem Sachverständigen zur Verfügung gestellten Luftbild nachzuvollziehen lässt ist das Gemeindegebiet Enns, insbesondere im Bereich südlich des Verlaufes der A1 sehr waldarm strukturiert. Dem gegenüber weist es relativ großflächige Feldkulturen auf. Nur im nördlichen Bereich der Donau findet sich ein größeres und teilweise zusammenhängendes Waldgebiet von geschätzten 100 ha.

Nördlich der Stadt Enns wird das Gebiet von der Westbahn und östlich vom  Ennsfluss bzw. südlich von der Westautobahn durchquert. Die B115 verläuft östlich entlang des Gemeindegebietes.

Insgesamt beläuft sich der Waldanteil ín Enns auf 12,8 %.

 

 

5.3. Die Aussage des am 1.12.2010 von der Berufungsbehörde als informierten Vertreter und Auskunftsperson abgesondert befragten Obmanns des Jagdausschusses, X, bescheinigt ein sehr gutes Einvernehmen der Grundbesitzer mit der Jägerschaft. Die schwere Erfüllbarkeit der Planzielvorgabe ist laut dieser Auskunftsperson bereits zum Zeitpunkt deren Festlegung im Raum gestanden. Den Jägern wird von diesem Vertreter der Bauernschaft ferner eine gute jagdliche Arbeit attestiert. Auch von ihm wurde auf die Revierdurchschneidungen (Autobahn, Bundesstraße, Westbahn) und damit die für das Reh ungünstige Lebensraumsituation und dessen schwierige Bejagung verwiesen. Er erwähnt eine teilweise nur beschränkte Aussagekraft der Vergleichs- u. Weiserflächen, weil selbst wenige Rehe in bestimmten Bereichen einen erheblichen Schaden anrichten könnten. Letzlich wird auf kaum auftretende bzw. aufgetretene dem  Rehwild zuzuordnende Schäden verwiesen.

Dieser Aussage des Ortsbauernobmannes kommt in der Beurteilung der Jagdausübung durchaus Bedeutung zu, weil letztlich die Grundbesitzer die primär Betroffenen einer unsachgemäßen Jagdausübung wären!

Der im Berufungsverfahren bestellte gerichtlich beeidete und zertifizierte Sachverständige sieht die Lebensraumbelastung schließlich aufgrund der Abschuss­planverordnung nur an bestimmten Baumarten an Vergleichs- und Weiserflä­chen im Wald (besser Forst) beurteilbar. Dies allein lasse aber vor allem in waldarmen Gebieten (unter 15% Waldanteil) die vom erstinstanzlichen Gutachter gezogenen – und zur Bestrafung führenden -  Schlüsse nicht zu. Andere Faktoren, wie eben Störungen in vielerlei Ausmaß, Ausstattung des Forstes (Waldrand, Struktur des Bestandes, Pflanzenarten etc.), Feldfrüchte, Wiesenanteil, Hecken- und Strauchanteil außerhalb des Forstes sowie Zersiedelung und Zerschneidung der Biotope usw., seien durch den „Gutachter als Anzeiger“ nicht berücksichtigt worden (Punkt 3.2 des Gutachtens).

Die Frage einer der Mindererfüllung zuzurechnenden jagdfachlichen Mankos wurde vom Sachverständigen mit einem klaren NEIN beantwortet.

Dieser Sichtweise wird von Seiten des Amtssachverständigen im Ergebnis entgegen gehalten, dass mit Blick auf die Erfüllbarkeit der Vorgaben im Folgejahr auch im Vorjahr ein ensprechend hoher Rehwildstand vorhanden gewesen sein müsste. Der Amtssachverständige erblickt das als stark trophäenorientiert erachtete Abschussverhalten aus fachlicher Sicht  als Indiz einer objektiv möglichen Erfüllbarkeit. Die Mindererfüllung wird letztlich plakativ mehr in fehlender Jagdtechnik und Wollen des Berufungswerbers und der Jagdausübenden als in einem der Erfüllung entgegen stehenden Wildstand gesehen.

Dieser Darstellung trat der Berufungswerber abermals mit dem Hinweis entgegen alles zumutbare und erdenklich Mögliche an jagdlicher Aktivität aufgewendet zu haben. Dies trotz der Durchführung zweier erfolglos verlaufener Drückjagden und eifrigster Pirschgänge.

Zum amtssachverständigen Rückschluss einer nicht ausreichend selektiven Jagd, ob des geringen Durchschnittsgewichtes der Rehgeißen und deren hohen Durchsczhnittsalters, wird vom Sachverständigen Mag. X mit dem Hinweis entgegnet, wonach der Vergleich nur unter mehrjährigen männlichen und weiblichen Stücken zulässig ist, was letztlich sogar zu einem geißlastigen Abschussverhältnis 1:1,26 führe.

Die Verantwortung des Berufungswerbers findet sich gestützt in der Darstellung des Obmanns des Jagdausschusses und des Bezirksjägermeisters.

Nach h. Überzeugung kommt dieser über jeden Zweifel erhabene Einschätzung des als Landwirt mit dem Rehwild zumindest indirekt ganzjährig Betroffenen informierten Vertreter eine nicht unbedeutende Aussagekraft zu. Trotz der ebenfalls durch Indizien, wenn auch mit sehr theoretischen Überlegungen fachlich untermauerten Darstellung des Amtssachverständigen, folgt letztlich die Berufungsbehörde dem differenzierten Kalkül des gerichtlich beeideten Sachverständigen, welches in der Zusammenschau über die Schußzeit beurteilt keine jagdfachlichen Mängel erblickt.

Dieses Gutachten lässt sich mit der Sicht der vor Ort tätigen Praktiker (Jäger und Bauern) viel besser in Einklang bringen, als die eher theoretisch und auf statistischen Fakten gestützten Vorhalte der Amtssachverständigenschaft.  Wenn dem Berufungswerber etwa mehrfach vorgehalten wurde zu einer bestimmten Zeit nur eine bestimmte Zahl an weiblichen Rehen erlegt zu haben und deren Gewicht letztlich als zu niedrig und deren Alter als zu hoch bezeichnet wurde,  müssten sich letztlich derart theoretische Maßstäbe im Revier draußen wohl eher selektionskritischer und abschußmindernd auswirken.

 

 

5.3.1. Würdigung der Verfahrensergebnisse:

Zusammenfassend verdeutlicht der Sachverständige des Berufungsverfahrens insbesondere, dass eben auch andere Faktoren, wie Störungen in vielerlei Ausmaß und Umfang, die Ausstattung des Forstes (Waldrand, Struktur des Bestandes, Pflanzenarten etc.), Feldfrüchte, Wiesenanteil, Hecken- und Strauchanteil außerhalb des Forstes sowie Zersiedelung und Zerschneidung der Biotope usw., in der . Abschuss­planung keine Berücksichtigung finden. Diese Lebensraum bezogenen Faktoren würden auch nicht alleine der Jägerschaft obliegen, sondern müssen mit Hilfe möglichst vieler Grundbesit­zer durchgeführt werden. Derartige Feststellung lässt der Amtssachverständige etwa gänzlich vermissen, es wird ausschließlich in der nicht erreichten Zahl das schuldhafte Verhalten erblickt, ohne sich mit den einem Jagderfolg entgegen wirkenden Faktoren sich auch nur im Ansatz inhaltlich auseinander gesetzt zu haben. Im Ergebnis wird nur an Hand von Zahlenmaterial (Gewicht u. Alter der erlegten Geißen) auf einen höheren erlegbaren Wildstand schlussgefolgert.

 

Zur Rehwildbejagung zeigt wohl auch der  Gerichtlich beeidete Sachverständige theoretisch optimalere Möglichkeiten auf, nämlich Drück- u. speziell die Ansitzdrückjagd, sowie Schwerpunkt- u. Intervallbejagung in den heute vorherrschenden Biotopen. Gleichzeitig weist er aber einschränkend auf deren nicht leichte Durchführbarkeit hin, da hierfür bestimmte „Auflagen" berücksichtigt werden müssten. Wesent­lich sei dabei ein zusammenhängender Wald, der nicht zu klein sein darf, da nur großflächig angelegte Drückjagden effektiv sein können. Weiters wird auf den Sicherheitsaspekt verwiesen!  Das hier überwiegend nur kleine Waldparzellen ergibt sich anschaulich aus dem Satellitenbild.

So kommt aber insbesondere auch dem Hinweis des Berufungswerbers auf die, wegen der vielen Störfaktoren zunehmende Nachtaktivität des Rehwildes und der darin gründenden oft kaum mehr oder nur erschwert möglichen Bejagbarkeit, Beachtung zu.

Vom Bezirksjägermeister wurde etwa sehr anschaulich an einem Beispiel dargestellt wonach sich die Verbisssituation in einer vom Rehwild anlassbezogen veränderten Einstandsverhaltens binnen einer Woche von 20%  auf 80%  erhöht hat.

Hier konnten aus unter­schiedlichen Gründen, insbesondere aber aus Sicherheitsgründen keine effektiven Drückjagden durchgeführt werden, obwohl dies zweimal ohne Erfolg bleibend versucht wurde, so dass letztlich die ziffernmäßige Erfüllung unter realistischen Maßstäben unmöglich war.

Die Umstände die letztlich zu einem Verbissschaden der Stufe II geführt haben, sind den gutachterlichen  Ausführugnen erweislich nicht der Mindererfüllung um 17 % zuzurechnen. Wie nur unschwer nachvollziehbar ist vermögen in waldarmen Gebieten selbst wenige Rehe einen derartigen Schaden in ständig angenommenen Einständen herbeizuführen.

Vom Sachverständigen wird in diesem Zusammenhang aufgezeigt, dass die Abschussplanverordnung mit Blick auf  Lebensraumbelastung nur für bestimmte Baumarten an Vergleichs- und Weiserflä­chen im Wald (besser Forst) „gemessen“ wird. Dies allein lasse aber v.a. in waldarmen Gebieten (unter 15% Waldanteil) die vom Amtssachverständigen genannten Schlüsse nicht zu (Hinweis auf die Expertenmeinung X).

Die Frage auf das Vorliegen eines jagdfachlichen Mankos wird vom Sachverstädigen mit einem klaren Nein beantwortet. Im Gegensatz zum Amtssachvertständigen wurde daher auch die Lebensraumbelastung durch das Rehwild bei der  hier getätigten Abschusshöhe nicht als zu hoch eingeschätzt.

Die Berufungsbehörde übersieht nicht, dass die an den Sachverständigen vorweg gestellte Fragen letztlich der behördlichen Beweiswürdigung  anheim gestellt zu bleiben hatten und so von plaktiven Beantwortung seitens des Sachverständigen Abstand zu nehmen war.

Das hier der Entscheidung zu Grunde gelegte jagdfachliche Gutachten verweist auf einschlägige Literatur und auch auf die vom Gutachter mündlich eingeholte Meinung eines weiteren Experten. Diesen schlüssig dargestellten Ausführungen schließt sich auch die Berufungsbehörde an. Diese auch die Jagdpraxis einbeziehende Expertise ist mit der Verantwortung des Berufungswerbers und der Einschätzung des Bauernvertreters und Bezirksjägermeisters gut in Einklang zu bringen. Wie oben schon ausgeführt,  kann im Gegensatz dazu den  auf Statistiken und Zahlen basierende Fachmeinung der Amtssachverständigenschaft nicht gefolgt werden, weil diese sich mit der Sache im egeren Sinn nicht wirklich auseinander setzen.

Das vom Amtssachverständigen als Hinweis oder Indiz für einen erhöhten Rehwildstand ins Treffen geführte  Wildbreetgewicht und eine in diesem Kontext eine vom h. Gutachter im Detail abweichende Fachmeinung gegenüber einem Experten aus der Schweiz, sieht die Berufungsbehörde darin keinen schlüssigen Hinweis auf ein jagdliches Manko was zur Nichterfüllung der Planvorgabe geführt hätte. Dies wird einmal mehr dadurch erhärtet,  dass weder vorher, noch während der nunmehr verstrichenen Folgejahre ein vergleichbares Problem nicht wieder aufgetreten sein dürfte. Es handelt sich offenbar um ein singuläres Ereignis, was letztlich in deren wahren Ursache in der Vielfältigkeit der Natur als Geheimnis verhüllt bleibt.

Schließlich gibt selbst die oberste Jagdbehörde einen Spielraum vor, wenn sie per Erlass die Behörden anweist, dass (nur[!]) bei einer Erfüllung von weniger als 90% und gleichzeitiger Verschlechterung um eine Beurteilungsstufe oder Verbleib in der Stufe II oder III, neben der Erhöhung der Abschusszahlen, auch der Jagdverantwortliche damit zu konfrontieren, sowie ein Verfahren einzuleiten ist, wobei dem Jagdverantwortlichen die Möglichkeit zur Rechtfertigung eingeräumt werden muss (s. Pkt. 3. des o.a. Erlasses des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion f. Landesplanung, wirtschaftliche und ländliche Entwicklung, vom 10.3.2008).

Dieser Erlass besagt wohl nicht, dass bei einer Mindererfüllung von 17 % eine  Strafe gleichsam die unabdingbare Folge sein müsste.

Es wäre nicht zuletzt rechtsstaatlich problematisch, sich nicht mit der Vielschichtigkeit und den in einer Vegetationsperiode nicht vorhersebaren  Determinanten und Negativeinflüssen betreffend die Rehwildbejagung auseinander zu setzten und gleichsam das Ergebnis der Planfestlegung im Falle der Nichterreichung antizipativ als unwiderlegbares Verschulden zu vermuten.

So lassen letztlich die hier zu Tage gebrachten Fakten durchaus das Spannungsfeld erahnen, welches dem Jagderfolg in der über acht Monaten währenden Schußzeit auf das Reh in einem von vielen Freizeitaktivitäten durchfluteten und dem Auszugsverhalten dieser Wildgattung und damit der Jagd allgemein und dem  Jagderfolg im Besonderen entgegenwirkt.

 

 

5.3.2. So konnte hier durchaus überzeugend ein fehlendes Verschulden an der Mindererfüllung um 17% nicht nur glaubhaft gemacht, sondern so gut als erwiesen gelten. Es ist weder von einem trophäenorientierten Jagdverhalten noch von einer mangelhaften Jagdtechnik auszugehen. Trotz der glaubhaft geschilderten erheblichen Anstrengungen wurde das wohl numerische Ziel der Abschussplanvorgabe nicht, jedoch sehr wohl das inhaltliche, nämlich die Wahrung der Landeskultur erreicht (§ 1 Oö. JagdG). Dieses begreift zu einem erheblichen Teil die Interessen der Grundbesitzer. Deren Interessen wurden hier offenbar nicht nachteilig berührt.

Unter Bedachtnahme auf all diese Fakten kann daher dem Berufungswerber als Jagdleiter keine substanzierbare, ihm als Verschulden zuzurechnende Minderleistung zur Last fallen. Vielmehr hat er durch das Gutachten  und die beigezogenen Auskuftspersonen lebensnah und nachvollziehbar dargestellt, dass er wohl alles ihm zu Gebote stehende Unternommen hat um die Vorgabe zu erfüllen.

Der Bezirksjägermeister hob dazu etwa anschaulich die nur beschränkte Tauglichkeit der Planvorgabe hervor und verwies etwa auf die Sinnhaftigkeit eines längeren Beurteilungszeitraums für derartigen Planvorgaben hin.

Die Berufungsbehörde sieht daher abschließend keine Veranlassung, der Verantwortung des Berufungswerbers nicht schuldig zu sein nicht zu folgen. Vielmehr wurde praxis- u. lebensnah aufgezeigt, dass alles Zumutbare an jagdlichen Möglickeiten ausgeschöpft wurde. Das aus theoretischer Sicht noch bessere und effektivere bzw. mehr Erfolg versprechende Möglichkeiten bestanden haben mögen, welche aber in der vom Jagdleiter zu entscheiden Dispostion - etwa aus Sicherheitsgründen – nicht ergriffen wurden, lässt keinen Rückschluss auf eine strafwürdige Unterlassung oder jagdliche Minderaktivität zu.

 

 

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Der § 1 Verordnung über den Abschussplan und die Abschussliste mit Anlagen, LGBl.Nr. 116/1993, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 74/2004, hat die Erreichung einer ökologisch und wirtschaftlich tragbare Wilddichte zum Ziel. Dies insbesondere weil iSd Abs.2 der Verordnung der Verbissgrad und die Fegeschäden an forstlichen Gehölzen - in größeren zusammenhängenden Waldflächen zu messend – welche hier in der Gesamtbeurteilung[2] der Stufe II (drei Vergleichsflächen Stufe I, eine der Stufe III und eine der Stufe II) festgestellt wurden.

 

Die Pflichten der Jagdausübungsberechtigten wiederum gründen § 50 Abs.1 iVm § 93 Abs.1 lit.j Oö. JagdG, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 67/2009 in Verbindung mit dem von der Behörde iSd Abs.2 leg.cit. festgesetzten Abschussplan.

Zur Vertretung und Geschäftsführung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - sind grundsätzlich alle Teilhaber, der Jagdleiter ist jedoch als zur Vertretung der Gesellschaft nach außen primär verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich (§ 9 VStG).

Grundsätzlich ist betreffend die Pacht einer Jagd darauf hinzuweisen, dass damit neben privatrechtlichen Rechte und Pflichten auch öffentlichrechtliche Pflichten übernommen werden.

Daraus folgt, dass damit alle zumutbaren Anstrengungen aufzubringen sind um den daraus abzuleitenden (auch) öffentlich rechtlichen Pflichten gerecht zu werden.

An dieser Stelle wird auf § 21 Abs.3 Oö JagdG verweisen, wonach die Jagdgesellschaft die Jagd unter einheitlicher Leitung auszuüben hat und im Gesellschaftsvertrag aus ihrer Mitte einen Jagdleiter zu bestellen und diesen zur Vertretung der Jagdgesellschaft zu bevollmächtigen hat.

Dem § 21 Abs.7 Oö JagdG folgt, dass auch die einzelnen Jagdgesellschafter für eine den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechende Ausübung der Jagd persönlich verantwortlich sind.

 

 

6.1. An dieser Stelle sei auf den hier unbekämpft gebliebenen Abschussplan verweisen dem auch der Berufungswerber als Vertreter der  Jagdgenossenschaft zugestimmt hat. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass die Planvorgabe auf einer Prognose[3] beruht,  der ex post betrachtet ein Fehlerkalkül zu Grunde liegt.  Wenn die Behörde erster Instanz in der Begründung die Auffassung vermuten lässt, ein vorgegebener Abschussplan müsse gleichsam immer auch erfüllbar und widrigenfalls zu bestrafen sein, würde damit das strafrechtliche Prinzip des Verschuldensgrundsatzes verkannt. Diese Auffassung gelangt etwa in der Ausführung zum Ausdruck, wonach ….„es nicht im Belieben des Jagdausübungsberechtigten stehe, den Abschussplan nicht oder nur zum Teil zu erfüllen. Aus der Planvorgabe sei der Wille des Gesetzgebers zu erschließen, diesen so festzusetzen, dass (auch) die Möglichkeit bestehe, ihn zu erfüllen“….

Die auf zehn Monate antizipativ bestehende Planvorgabe erschwert naturgemäß die am Maßstab des strafrechtlichen Verschuldens zu treffende Beurteilung der sich konkret über acht Monate (Schußzeit) als sehr  komplex gestaltenden Verhaltenskette in den Abschussaktivitäten. Die Qualifizierung eines strafrechtlich tragfähigen Schuldspruches beim Jagleiter, wenngleich ein diesem zuzurechnendes Ungehorsamsdelikt eine erhöhte Mitwirkungspflicht in sich birgt, ist naturgemäß erheblich schwieriger als dies bei einem sogenannten Erfolgsdelikt der Fall ist. Dies darf aber nicht wo weit führen, dass an die Glaubhaftmachung eines fehlenden Verschuldens in der Praxis eine unüberwindbare Beweisanforderung gestellt wäre.

 

 

6.2.  Zutreffend verweist die Behörde erster Instanz wohl auf die Rechtslage, wonach die Erfüllung- bzw. Nichterfüllung des Abschussplanes unter Hinweis auf VwGH v. 20.9.1995, 93/03/0083  als Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG zu qualifizieren sei.

Diese Bestimmung besagt jedoch bereits im Wortlaut, dass der Täter nicht zu beweisen, sonder bloß glaubhaft zu machen hat, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift – hier dem Zurückbleiben hinter einer prognostizierten Planzielvorgabe -  kein Verschulden trifft. Dies ist hier überzeugend geschehen.

Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation dieser Bestimmung geht auch der Verfassungsgerichtshof  davon aus, dass diese Rechtsvorschrift nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hätte (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Dies hat zumindest eingeschränkt auch für ein sogenanntes Ungehorsamselikt zu gelten. Das Gesetz befreit demnach die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens nicht glaubhaft ist. Nur eine solche, der Lebenserfahrung Rechnung tragende Regelung, ist nicht von vornherein durch Art 6 Abs.2 EMRK ausgeschlossen.

Unter diesem Aspekt konnte unter Würdigung der Faktenlage die Verletzung von Sorgfaltspflichten die zu einer Mindererfüllung des Planziels geführt haben nicht erblickt werden.

Der Begriff der objektiven Sorgfaltspflicht versteht sich im Sinne der Judikatur derart, dass der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der  einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv  sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des jeweiligen Verkehrskreises dem der handelnde angehört (hier ein Jagdleiter) an seiner  Stelle anders verhalten hätte (s E Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80, sowie VwGH 12.6.1989, 88/10/0169, sowie h. Erk. v. 5.10.1993, VwSen-200105).

Ein Verschulden war letztlich gemäß der Beweislage, insbesondere der gutachterlich untermauerten jagfachlichen Feststellungen der tatsächlichen Gegebenheiten im Revier zu verneinen (vgl. VwGH 21.4.1971, 1139/70).

Wie vom Verwaltungsgerichtshof erst jüngst wieder festgestellt wurde, ist die Nichterfüllung eines Abschussplanes zwar ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 VStG, die faktische Umkehr der Beweislast bedeutet jedoch nicht, dass dadurch das Delikt zu einem (reinen) Erfolgsdelikt würde. Ein Verschulden an der Nichterfüllung des bewilligten (vorgeschriebenen) Abschusses ist dann nicht gegeben, wenn die Erfüllung des Abschusses objektiv unmöglich ist. In diesem Fall kann dem Jagdausübungsberechtigten die Nichteinhaltung des Abschussplanes verwaltungsstrafrechtlich mangels Verschulden nicht vorgeworfen werden (VwGH 27.5.2010, 2008/03/0101 mit Hinweis auf VwGH 11.12.1996, 94/03/0255, mwN, sowie h. Erk. v. 25.3.1993, VwSen-200079/14/Br/La).

Auch ein etwaiges sogenanntes Organisationsverschulden des Jagdleiters konnte hier nicht als Ursache der Mindererfüllung der Abschussplanvorgaben geortet werden.

Dies auch unter dem Aspekt des Haftungsmaßstabes nach § 1313a ABGB in der Anleitung des Jagdleiters zu beurteilenden Aktivitäten der Mitpächter und der sogenannten Ausgeher (Revierbetreuer).

Da letztlich schon bei bloßem Zweifel am Tatvorwurf von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist war hier ob des fehlenden Verschuldens der Schuldspruch zu beheben und das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beschlagtwortung:

Fehlendes Verschulden wurde iSd. § 5 Abs.1 VStG glaubhaft gemacht.

 

 


[1] Begriff zitiert in Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate2, 112 2. Absatz

[2] Stufe I:   keine wesentliche Beeinträchtigung der Naturverjüngung d. Wildverbiß ….(nähere Beschreibung)

   Stufe II:  wesentliche Verzögerung der Naturverjüngung d. Wildverbiß …..

   Stufe III: Verhinderung der Naturverjängung …… (Quelle: Anlage 4  der o.a. VO)          

[3] der witterungsabhängige Zuwachs (Rehnachwuchs) und die gesamte Vegetationsentwicklung steht zu diesem Zeitpunkt noch aus

 

VwSen-340060/20/Br/Th vom 13. Dezember 2010

Erkenntnis

VStG § 5 Abs 1


Die Nichterfüllung eines Abschussplans ist als Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG zu qualifizieren. Die faktische Umkehr der Beweislast bedeutet jedoch nicht, dass dadurch das Delikt zu einem (reinen) Erfolgsdelikt würde. Ein Verschulden an der Nichterfüllung des bewilligten (vorgeschriebenen) Abschusses ist dann nicht gegeben, wenn die Erfüllung des Abschusses objektiv unmöglich ist. Diesfalls kann dem Jagdausübungsberechtigten die Nichteinhaltung des Abschussplans verwaltungsstrafrechtlich mangels Verschulden nicht vorgeworfen werden (vgl. hiezu VwGH 27.5.2010, 2008/03/0101).

 

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