Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231203/2/Gf/Mu

Linz, 17.01.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch die RAe x, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 13. Dezember 2010, Zl.
S-41983/10-2, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird. 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 13. Dezember 2010, Zl. S-41983/10-2, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) verhängt, weil er sich seit dem
3. Juni 2010 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes (im Folgenden: FPG), i.V.m. § 31 Abs. 1 Z. 2 bis 4 und 6 FPG begangen, weshalb er nach § 120 Abs. 1 FPG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass das Asylverfahren negativ beendet und er mit Bescheid vom 13. September 2010 ausgewiesen worden sei sowie sich nach den von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen keine Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, die geeignet gewesen wären, den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich als legal anzusehen.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 17. Dezember 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. Dezember 2010 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

Darin wird eingewendet, dass derzeit noch keine rechtskräftige Ausweisungsentscheidung vorliege, weil gegen den dementsprechenden Bescheid rechtzeitig Berufung erhoben worden sei.

Da das angefochtene Straferkenntnis überdies nicht dem vom VwGH geforderten Konkretisierungsgebot entspreche, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. S-41983/10-2; da sich der maßgebliche Sachverhalt – soweit entscheidungsrelevant – bereits aus diesem klären ließ und der Berufungswerber lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde behauptet, den von dieser ermittelten Sachverhalt aber unbestritten gelassen hat und die Verfahrensparteien auch einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009, begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro zu bestrafen, der sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Nach § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde dann rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während ihres Aufenthalts die zulässige Aufenthaltsdauer nicht überschreiten (Z. 1), wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation ihres Aufenthaltsrechts nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zum Aufenthalt berechtigt sind (Z. 2), wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind (Z. 3), wenn und solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt (Z. 4), wenn sie über eine Beschäftigungsbewilligung, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung oder eine Anzeigebestätigung verfügen (Z. 6) oder wenn sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen ergibt (Z. 7).

3.2. Im gegenständlichen Fall gesteht der Rechtsmittelwerber selbst zu, über keine Aufenthaltberechtigung zu verfügen, sondern lediglich die Ausweisungsentscheidung angefochten zu haben.

Er hat daher tatbestandsmäßig i.S.d. § 120 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 FPG gehandelt.

3.3. Auf der Ebene des Verschuldens ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer nach den Angaben der belangten Behörde bereits im November 2002 in das Bundesgebiet eingereist ist und dann einen Asylantrag gestellt hat.

In diesem Zusammenhang hat der Verfassungsgerichtshof jüngst mit Erkenntnis vom 7. Oktober 2010, B 950/10, ausgesprochen, dass die Ausweisung eines Fremden – selbst wenn sich dieser rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält – dennoch das Grundrecht auf Privat- und Familienleben (Art. 8 EMRK) verletzt, wenn dieser infolge seiner langen faktischen Aufenthaltsdauer in Österreich bereits einen hohen Grad an sozialer Integration aufweist und nicht er das Asylverfahren mutwillig verschleppt hat, sondern dessen unangemessen lange Dauer ausschließlich auf die Ineffizienz der staatlichen Behörden zurückzuführen ist. Liegen daher solche Voraussetzungen vor, so kann dem Fremden aber unter dem Aspekt des § 120 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 FPG auch kein bzw. lediglich ein derart geringes Verschulden angelastet werden, das eine Heranziehung des § 21 Abs. 1 VStG gebietet.

Ob diese Umstände hier gegeben sind, kann dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt aber nicht einmal ansatzweise entnommen werden, weil diese – offensichtlich in Unkenntnis der vorgenannten Entscheidung des VfGH– keinerlei in diese Richtung weisenden Erhebungen durchgeführt hat.

Vom Oö. Verwaltungssenat können diese fehlenden Ermittlungsakte nicht substituiert werden, da diesem nicht die Funktion einer Strafverfolgungsbehörde zukommt.

3.4. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

Eine Einstellung des Strafverfahrens war hingegen im Hinblick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist nicht zu verfügen; ob und bejahendenfalls in welchem Umfang dieses weitergeführt wird, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu entscheiden. 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f

 

 

 

VwSen-231203/2/Gf/Mu vom 17. Jänner 2011

Erkenntnis

FPG 2005 § 31;

FPG 2005 § 120 Abs1

 

Wenn die im Erkenntnis des VfGH vom 7. Oktober 2010, B 950/10 ua, genannten Voraussetzungen – langjähriger Aufenthalt, soziale Integration, kein Verschulden an der Verzögerung des Asylverfahrens) vorliegen, ist kein bzw bloß ein geringfügiges Verschulden gegeben. 

 

 

 

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