Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522725/5/Kof/Jo

Linz, 27.12.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 04.11.2010, AZ: NSch 343/2010, betreffend Anordnung einer Nachschulung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und

der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß § 4 Abs.3 FSG verpflichtet, innerhalb einer näher bezeichneten Frist eine Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker zu absolvieren.

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 09.11.2010 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 22.11.2010 erhoben und vorgebracht,

zur Tatzeit und am Tatort habe nicht er selbst, sondern Herr X das verfahrens-gegenständliche KFZ gelenkt.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

 

 

Der Lenker des Kraftfahrzeuges (PKW) mit dem Kennzeichen X hat am 27.08.2010 um 09.18 Uhr auf einer näher bezeichneten Stelle der B320 in der Gemeinde Liezen die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 28 km/h überschritten.

 

Zulassungsbesitzer dieses PKW ist der X.

 

Aufgrund einer Lenkerauskunft des Zulassungsbesitzers wurde der Bw als Lenker des oa. PKW bekannt gegeben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Liezen hat daraufhin mit Strafverfügung vom 28.09.2010, BHLI-15.1-5502/2010 über den Bw wegen der Verwaltungs-übertretung nach § 20 Abs.2 StVO eine Geldstrafe verhängt.

 

Diese Strafverfügung ist – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.

 

Der Bw war zur Tatzeit – und ist auch heute noch – Besitzer eines Probeführerscheines iSd § 4 Abs.1 FSG.

 

Die belangten Behörde hat daher den in der Präambel zitierte Bescheid betreffend die Anordnung einer Nachschulung erlassen.

 

Der Bw hat bereits in der Berufung angegeben, dass der erstinstanzliche Bescheid – sowie die vorangegangene Strafverfügung – nur aufgrund eines Irrtums des Zulassungsbesitzers bei der Lenkerauskunft zurückzuführen sei.

Er habe am 27.08.2010 nicht das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X, sondern jenes mit dem Kennzeichen X gelenkt.

 

Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X sei an diesem Tag von Herrn X gelenkt worden. 

 

Der X hat mit Schreiben vom 23.12.2010 Folgendes mitgeteilt:

"Unser Fahrzeug mit dem Kennzeichen X wurde am 27.08.2010 von Herrn X, wohnhaft …-straße Nr. … in PLZ T. (FS-Nr. …., ausgestellt am … Behörde) gelenkt.

Leider ist uns bei der Lenkerauskunft ein Fehler passiert.

Der Bw hat das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X zur gleichen Zeit in Liezen gelenkt.

Dieser Irrtum wurde der Bezirkshauptmannschaft Liezen bereits mitgeteilt.

Für diesen Fehler möchten wir uns entschuldigen."

 

Grundsätzlich besteht Bindungswirkung an eine rechtskräftige Strafverfügung.

 

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens steht jedoch eindeutig fest, dass der verfahrensgegenständlichen PKW (X) zur Tatzeit und am Tatort nicht vom Bw, sondern von Herrn X gelenkt wurde.

 

Der Bw hat an diesem Tag den PKW, X gelenkt.

 

Der Bw ist weder Zulassungsbesitzer des verfahrensgegenständlichen PKW,
noch hat er an der Lenkerauskunft in irgendeiner Weise mitgewirkt.

 

Der Irrtum bei der Lenkerauskunft ist einzig und allein dem Zulassungsbesitzer (X) unterlaufen und hat der Bw diesen Irrtum in keiner wie immer gearteten Weise zu vertreten.

 

Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles wird somit im vorliegenden Fall nicht am formalistischen Prinzip der Bindungswirkung festgehalten.

 

Ein Höchstgericht hat dies einmal wörtlich als

"Sieg der materiellen Wahrheit über das formalistische Prinzip der Bindung"
bezeichnet;  OGH vom 08.09.1948, 1 Ob 271/48.

 

Es war daher

-         der Berufung stattzugeben,

-         der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und

-         spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 16,80 Euro angefallen.

 

 

Mag. Josef Kofler

 

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