Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281216/22/Py/Hu

Linz, 08.02.2011

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichter: Dr. Andrea Panny, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9. Februar 2010, GZ: Ge96-149-2008/DJ/RJ, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. Dezember 2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.400 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 65 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Kostenbeitrag des Berufungswerbers zum Verfahren vor der belangten Behörde verringert sich auf 140 Euro. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 9, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9. Februar 2010, GZ: Ge96-149-2008/DJ/RJ, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs.1 Z15 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994 idgF iVm § 8 Abs.1 Z2 Arbeitsstättenverordnung (AStV), BGBl.Nr. 368/1998 idgF, eine Geldstrafe in Höhe von 2.400 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 96 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 240 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG strafrechtlich Verantwortlicher der Arbeitgeberin x, Geschäftsanschrift in x, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Anlässlich einer am 27.03.2008 und am 23.06.2008 durchgeführten Betriebsbesichtigung der nachstehend angeführten Arbeitsstätte/Filiale durch ein Organ des Arbeitsinspektorates wurde festgestellt, dass folgende Vorschriften zum Schutz der ArbeitnehmerInnen nicht eingehalten wurden:

Zumindest am 27.03.2008 und am 23.06.2008 wurden von der x in der Filiale in x, die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten verletzt, indem im gesamten Verkaufsraum und im Bereich des Kassenarbeitsplatzes der Filiale und Arbeitsstätte in x in der zu den genannten Zeitpunkten ArbeitnehmerInnen beschäftigt wurden, an den Fenstern Beschattungsmöglichkeiten fehlten, wodurch direkte Sonneneinstrahlung und störende Hitze nicht vermieden wurden.

Dies stellt eine Übertretung des § 8 Abs.1 Ziff. 2 der Arbeitsstättenverordnung dar, wonach dafür zu sorgen ist, dass Fenster, Lichtkuppeln und Glasdächer so beschaffen oder mit geeigneten Einrichtungen ausgestattet sind, dass direkte Sonneneinstrahlung auf ArbeitnehmerInnen oder störende Hitze oder Kälte vermieden wird und diese Einrichtungen leicht und gefahrlos zu betätigen sind."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsvorschriften an, dass die vom Bw im Verfahren vorgelegte Bestellurkunde die Verantwortlichkeit für die Einhaltung jener Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausgestaltung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten abstellt, ausnimmt und somit die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bw vorliegt. Aufgrund der dienstlichen Feststellungen eines Organs des Arbeitsinspektorates Graz steht für die belangte Behörde fest, dass zum Zeitpunkt der Überprüfung eine direkte Sonneneinstrahlung bzw. störende Hitze auf die in der Filiale in x, tätigen ArbeitnehmerInnen der x vorlag.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass die verhängte Geldstrafe notwendig war, um den Bw im Sinne der Spezialprävention von weiteren Verwaltungsvorstrafen abzuhalten. Als straferschwerend wurde gewertet, dass im gegebenen Fall wiederholt eine Aufforderung erging, in unterschiedlichen Filialen Beschattungseinrichtungen anzubringen bzw. auch aufgefordert wurde, in allen Filialen zu überprüfen, ob Beschattungsmöglichkeiten notwendig sind. Unter Berücksichtigung eines monatlichen Nettoeinkommens von 4.000 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten, erscheint der belangten Behörde die verhängte Strafe dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat angemessen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 18. März 2010. Darin wird vorgebracht, dass der Bw mit 1. Jänner 2003 Frau x zur verantwortlichen Beauftragten bestellt hat, wobei nach dem Inhalt dieser Bestellurkunde Frau x für die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der x und deren Schutz betreffender Vorschriften – auch für die Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausstattung der jeweiligen Filiale oder sonstigen Arbeitsstätte der x abstellen – verantwortlich ist. Diese Bestellurkunde wurde mit Schreiben vom 17. Juni 2004 den zuständigen Arbeitsinspektoraten in Österreich übermittelt und ist am 21. Juni 2004 beim Arbeitsinspektorat Graz eingelangt. Aufgrund dieser Bestellung ist Frau x für die behauptete Verwaltungsübertretung verantwortlich. Die Rechtswirksamkeit dieser Bestellung wurde in einer Mehrzahl von Erkenntnissen – auch des UVS Oö. – bestätigt. Als Beweis für die Rechtmäßigkeit dieser Bestellung wird die Einvernahme von Frau x sowie des Herrn Rechtsanwalts x, sowie die Beischaffung und Verlesung der in der Berufung angeführten Verwaltungsstrafakten beantragt.

 

Weiters wird in der Berufung vorgebracht, dass dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen ist, dass die Situierung der Glasflächen der betroffenen Filiale auch tatsächlich eine direkte Sonneneinstrahlung ermöglichen. Vielmehr sind die Fenster durch ihre Lage so beschaffen, dass weitere Einrichtungen nicht notwendig sind, weshalb eine Übertretung des § 8 Abs.1 Z2 AStV nicht vorliegt.

 

Abschließend wird in der Berufung vorgebracht, dass die angezogene Strafnorm nicht die angenommene Übertretung sanktioniert. Die Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, mit der Anforderungen an Arbeitsstätten und an Gebäuden auf Baustellen festgelegt und die Bauarbeiterschutzverordnung geändert wird (Arbeitsstättenverordnung – AStV), BGBl.II Nr. 368/1998 idgF wurde nach seiner Präambel/Promulgationsklausel aufgrund der §§ 19 bis 32 Abs.1 des Bundesgesetzes über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG), BGBl.Nr. 450/1994, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 47/1997, erlassen. Eine Verordnungsermächtigung findet sich (nur) im § 32 ASchG, der wie folgt lautet:

 

§ 32 (1) Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat in Durchführung des 2. Abschnittes durch Verordnung näher zu regeln:

  1. die behindertengerechte Gestaltung von Arbeitsstätten in Gebäuden,
  2. die Bestellung von für Brandbekämpfung und Evakuierung zuständigen Personen sowie die Brandschutzgruppen und
  3. die Bereitschaftsräume.

 

(2) Für die unter den Geltungsbereich des Bundesgesetzes über die Verkehrs-Arbeitsinspektion, BGBl.Nr. 650/1994, fallenden Einrichtungen hat der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst durch Verordnung nähere Durchführungsbestimmungen zu § 31 zu erlassen.

 

Die AStV regelt – insbesondere in ihrem § 8 – weder die behindertengerechte Gestaltung von Arbeitsstätten in Gebäuden, noch die Bestellung von für Brandbekämpfung und Evakuierung zuständigen Personen sowie die Brandschutzgruppe noch Bereitschaftsräume (§ 32 Abs.2 ASchG ist nicht "einschlägig"), sodass dieser Verordnung die unabdingbare gesetzliche Grundlage fehlt und diese keine Anwendung finden darf.

 

3. Mit Schreiben vom 18. März 2010 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht, Einholung von Stellungnahmen seitens der Verfahrensparteien sowie Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 15. Dezember 2010. An dieser nahmen der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter der Organpartei teil. Als Zeugin wurde Frau x vom Arbeitsinspektorat Graz einvernommen. Ins Verfahren einbezogen wurde zudem das vom Bw im Verfahren zu VwSen-281241 vorgelegte Schreiben vom 1. Jänner 2003, mit der der Bw die Prokuristin und Vertriebsleiterin der x, Frau x, zur Bestellung von verantwortlichen Beauftragten im Unternehmen bevollmächtigt.

 

Den vom Bw in seiner Berufung sowie in der Stellungnahme vom 9. September 2010 gestellten Beweisanträgen auf Zeugeneinvernahmen betreffend die Rechtmäßigkeit der Bestellung von Frau x bzw. die interne Aufgabenverteilung im Unternehmen und die dazu vorgesehenen Verantwortungsbereiche in den Bestellurkunden war nicht stattzugeben, da das Einlangen der mit Schreiben vom 1. Juni 2005 übermittelten Bestellurkunde betreffend Frau x am 3. Juni 2005 beim Arbeitsinspektorat Graz nicht bestritten wurde und die weitere verwaltungsstrafrechtliche Beurteilung der Bestellung eine Rechtsfrage darstellt, die einem Beweis nicht zugänglich ist.

 

Des weiteren konnte die Beischaffung und Verlesung der in der Berufung angeführten Verwaltungsstrafakten unterbleiben, da der Unabhängige Verwaltungssenat gehalten ist, die Beurteilung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Bw anhand der Sach- und Rechtslage fallbezogen durchzuführen. Ergänzend dazu ist auszuführen, dass sich die den jeweiligen Verfahren zugrundeliegenden Bestellurkunden sowohl hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausgestaltung, als auch hinsichtlich ihres Wirkungsbereiches (z.B. Ausländerbeschäftigung, arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschriften) unterscheiden und daher die Überprüfung des Vorliegens einer rechtsgültigen Bestellung im jeweiligen Einzelfall gegebenenfalls auch zu einem unterschiedlichen Ergebnis führen kann. Zudem war in dem Verfahren auch die Frage des Zeitpunkts des Einlangens der jeweiligen Bestellurkunde beim zuständigen Arbeitsinspektorat bzw. bei der zuständigen Abgabenbehörde zu beurteilen, weshalb eine Beischaffung dieser Verwaltungsstrafakten zur Beurteilung des gegenständlichen Falles nicht erforderlich war.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x.

 

Am 1. Jänner 2003 erteilte der Bw der Prokuristin und Vertriebsleiterin der x, Frau x, geb. am x, die schriftliche Vollmacht, in seinem Namen Verkaufsleiter der x zur verantwortlich Beauftragten im Sinn des § 9 VStG zu bestellen und die Bestellurkunden zur Delegierung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit an die Verkaufsleiter der x zu unterzeichnen. Des weiteren räumte der Bw in dieser Spezialvollmacht Frau x ausdrücklich die Vollmacht ein, sich selbst in seinem Namen zur verantwortlich Beauftragten zu bestellen und die Bestellurkunden zu unterfertigen, mit welchen Frau x die Verantwortlichkeit im Sinn des § 9 VStG hinsichtlich jener neu eröffneten Filialen der x übertragen wird, welche in jenen Verkaufsbezirken eröffnet werden, für welche Frau x durch den Bw die Verantwortlichkeit gemäß § 9 VStG übertragen erhalten hat.

 

Datiert mit 1. Jänner 2003 bestellte der Bw Frau x zur verantwortlich Beauftragten der x hinsichtlich der in der Urkunde näher beschriebenen Verantwortungsbereiche, unter anderem die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der x, und deren Schutz betreffenden Vorschriften – auch für die Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausgestaltung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x abstellen. Diese Bestellurkunde langte am 21. Juni 2004 beim Arbeitsinspektorat Graz ein.

 

Zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich am 3. Juni 2005, langte beim Arbeitsinspektorat Graz die mit 9. Mai 2005 datierte und von Frau x für die x unterfertigte Bestellurkunde betreffend Frau x, vormals x, geb. x, Angestellte, x, ein. Das diesbezüglich vom Rechtsvertreter des Bw unterfertigte Anschreiben vom 1. Juni 2005 an das Arbeitsinspektorat Graz enthält folgenden Text:

 

Bestellung verantwortlicher Beauftragter:

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Beigeschlossen übermittle ich Ihnen die Bestellurkunde von Frau x, mit welcher diese von der x für den in der Bestellungsurkunde wiedergegebenen sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich per 09.05.2005 zur verantwortlichen Beauftragten bestellt wurde.

 

Allfällige frühere Bestellungen werden hiermit ausdrücklich widerrufen.

 

Ich verbleibe mit der Bitte um Kenntnisnahme bzw. Erledigung,

 

                                                        mit freundlichen Grüßen

 

 

Beilage wie erwähnt

                                                                  x

 

 

 

Die als Beilage übermittelte Bestellurkunde lautet in den für diese Verfahren maßgeblichen Punkten wie folgt:

 

II. Bestellung

 

Der Geschäftsführer der x, Herr x, bestellt Frau x zur verantwortlich Beauftragten für den im nachstehenden Punkt III. bezeichneten sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich der x (§ 9 VStG).

 

Frau x nimmt diese Bestellung an und übernimmt die hiemit verbundene Verantwortung.

 

Den Parteien dieser Vereinbarung ist bekannt, dass die Bestellung von Frau x zur verantwortlichen Beauftragten hinsichtlich der den Arbeitnehmerschutz betreffenden Bestimmungen sowie der Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erst dann rechtswirksam wird, wenn diese Bestellungsurkunde bei den zuständigen Arbeitsinspektoraten (§ 23 ArbIG) bzw. den zuständigen Zollbehörden (§ 28a AuslBG) eingelangt ist.

 

Die Vertragsparteien erklären ausdrücklich, dass Frau x als leitende Angestellte maßgebliche Führungsaufgaben zur selbstverantwortlichen Erledigung übertragen wurden, dh. ihr jene maßgebliche Verantwortung und Anordnungsbefugnis eingeräumt wurden, welche es ihr ermöglichen, für die Einhaltung der ihr übertragenen Rechtsvorschriften Sorge zu tragen.

 

Diese Befugnis befreit Frau x nicht davon, unverzüglich die zur Vertretung berufenen Organe der x von allfälligen Beanstandungen und Verfahren schriftlich zu informieren.  

 

III. Verantwortungsbereich

 

Die Bestellung von Frau x zur verantwortlichen Beauftragten gemäß Punkt II. dieser Bestellungsurkunde bezieht sich ausdrücklich auf die im § 9 VStG bezogenen besonderen Fälle der Verantwortlichkeit für den nachstehend abgegrenzten Bereich:

 

A) Der räumlich abgegrenzte Bereich, für welchen Frau x die Verantwortlichkeit trägt, ist mit dem Gebiet der Bundesländer Burgenland, Steiermark und Kärnten, dh. mit allen in diesen Bundesländern gelegenen Niederlassungen / Filialen / Verkaufsstellen / Arbeitsstätten der x, festgelegt.

 

B) Der sachlich abgegrenzte Bereich, für welchen Frau x die Verantwortlichkeit trägt, betrifft

 

1) die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der x und deren Schutz betreffenden Vorschriften und der Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Ausgenommen hievon ist die Verantwortlichkeit für die Einhaltung jener Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und / oder bauliche Ausstattung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x abstellen;

 

2) die Einhaltung jener Bestimmungen, welche das Inverkehrbringen (vgl. die Definition des § 1 Abs. 2 LMG 1975) aller von der x vertriebenen Waren nach Ablauf der Mindesthaltbarkeitsfrist bzw. der Verbrauchsfrist ua (vgl. z. B. § 4 Kosmetikkennzeichnungsverordnung, §§ 4 ff Lebensmittelkennzeichnungsverordnung ua.) regeln (verbieten);

 

3) die Einhaltung jener Normen des allgemeinen und speziellen Zivil- und Verwaltungsrechtes, die den Schutz Dritter, die Verkehrssicherung, den Schutz von Angehörigen der x oder den Schutz der Konsumenten oder von Mitbewerbern zum Zwecke haben;

 

4) die Einhaltung aller notwendigen Vorkehrungen, um auszuschließen, dass durch die Übertretung der bei Ausübung seiner Tätigkeit zu beachtenden Bestimmungen ein strafrechtlich pönalisierter Erfolg eintritt.

 

Insbesondere, ohne dass die nachfolgende Aufzählung eine erschöpfende darstellt, handelt es sich bei dem oben festgeschriebenen Verantwortungsbereich um die Einhaltung der Normen des Arbeits- und Sozialrechtes, insbesondere des Arbeitsinspektions- und des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und -  mit Ausnahme des sachlichen Bereiches des Einkaufes – des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb samt den aufgrund dieser Gesetze ergangenen Verordnungen, des Lebensmittelrechtes samt korrespondierender Verordnungen sowie des Gemeinschaftsrechtes.

 

C) Ausgenommen von der Verantwortlichkeit von Frau x sind:

 

Die Einhaltung aller Vorschriften hinsichtlich der räumlich abgegrenzten Bereiche des x der x (Zentrallager) in x und in x.

 

Mit Schreiben vom 31. Juli 2007 wurde die x vom Arbeitsinspektorat Graz aufgefordert, sämtliche Filialen hinsichtlich des erforderlichen Schutzes der MitarbeiterInnen gegen direkte Sonneneinstrahlung zu überprüfen und die Filialen gegebenenfalls nachzurüsten.

 

Am 27. März 2008 stellte das Arbeitsinspektorat Graz bei einer Kontrolle der Filiale x, der x fest, dass ArbeitnehmerInnen beschäftigt wurden und im gesamten Verkaufsraum und im Bereich des Kassenarbeitsplatzes die Fenster so beschaffen waren, dass direkte Sonneneinstrahlung auf die ArbeitnehmerInnen vorlag und die Fenster nicht mit geeigneten Einrichtungen ausgestattet waren, um störende Hitze zu vermeiden. Dies wurde der x vom Arbeitsinspektorat Graz mit Schreiben vom 4. April 2008 zur Kenntnis gebracht und die Anbringung von Beschattungsmöglichkeiten an den Fenstern eingefordert. Anlässlich einer Nachkontrolle am 23. Juni 2008 wurde vom AI Graz neuerlich festgestellt, dass in der gegenständlichen Filiale im gesamten Verkaufsraum und im Bereich des Kassenarbeitsplatzes die Beschattungsmöglichkeiten fehlten, obwohl Sonneneinstrahlung auf die ArbeitnehmerInnen vorlag.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem Wortlaut der im Akt einliegenden und in das Verfahren einbezogenen Urkunden und Unterlagen sowie den Aussagen der in der mündlichen Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugin, Frau Arbeitsinspektorin x. Sie bestätigte in ihrer Aussage die Angaben in der Anzeige des AI Graz und gab an, dass in der gegenständlichen Filiale der x in x durch die bestehende Glasfront störende Hitze durch Sonneneinstrahlung auf die ArbeitnehmerInnen im Kassabereich vorlag. Seitens der erkennenden Kammer des Oö. Verwaltungssenates besteht keine Veranlassung, an dieser Aussage zu zweifeln. Weiters bestätigte sie, dass seitens des vom Bw vertretenen Unternehmens inzwischen eine Mitteilung an das Arbeitsinspektorat erging, dass in der gegenständlichen Filiale noch im Jahr 2008 Jalousien geliefert und montiert wurden.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlich Beauftragten bestellt werden.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z15 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtung betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.

 

Gemäß § 20 Abs.1 ASchG sind Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitsstätten und Baustellen entsprechend den Vorschriften dieses Bundesgesetzes sowie den dazu erlassenen Verordnungen und entsprechend den für sie geltenden Vorschreibungen einzurichten und zu betreiben.

 

Gemäß § 22 Abs.1 ASchG sind Arbeitsräume jene Räume, in denen mindestens ein ständiger Arbeitsplatz eingerichtet ist.

 

Gemäß § 22 Abs.2 ASchG müssen Arbeitsräume für den Aufenthalt von Menschen geeignet sein und unter Berücksichtigung der Arbeitsvorgänge und Arbeitsbedingungen den Erfordernissen des Schutzes des Lebens und der Gesundheit der ArbeitnehmerInnen entsprechen.

 

Gemäß § 22 Abs.3 ASchG muss in Arbeitsräumen unter Berücksichtigung der Arbeitsvorgänge und der körperlichen Belastung der Arbeitnehmer ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft vorhanden sein und müssen raumklimatische Verhältnisse herrschen, die dem menschlichen Organismus angemessen sind.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Z2 AStV ist dafür zu sorgen, dass Fenster, Lichtkuppeln und Glasdächer so beschaffen oder mit geeigneten Einrichtungen ausgestattet sind, dass direkte Sonneneinstrahlung auf ArbeitnehmerInnen oder störende Hitze oder Kälte vermieden wird und diese Einrichtung leicht und gefahrlos zu betätigen sind.

 

5.2. Der Verordnungsgeber hat im Grunde der § 19 bis 32 ASchG die Arbeitsstättenverordnung (AStV), BGBl.II Nr. 368/1998 erlassen. Dem Berufungsvorbringen, der Arbeitsstättenverordnung fehlt die unabdingbare gesetzliche Grundlage, kann nicht gefolgt werden. Art. 18 Abs.2 B-VG ermächtigt die Verwaltungsbehörden ganz allgemein – ohne dass es einer weiteren einfach gesetzlichen Ermächtigung hiezu bedürfte (VfSlg. 4375, 12.780) – zur Erlassung von Verordnungen "aufgrund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches". Für die gegenständliche Präzisierung der gesetzlichen Regelungen über Arbeitsstätten ist daher keine gesonderte Ermächtigung erforderlich. Dass die angeführten Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes den Inhalt der gegenständlichen Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung nicht ausreichend determinieren, kann nicht festgestellt werden, vielmehr liegt eine Präzisierung der im Gesetz vorgesehenen Schutzvorschriften bestehend die Eignung von Arbeitsräumen für die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen vor.

 

Entgegen den Berufungsausführungen entspricht auch der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses den im § 44a VStG aufgestellten Konkretisierungsgebot. Dem § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so  konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Der gegen den Bw erhobene Tatvorwurf, in dem ihm vorgehalten wird, dass zumindest am 27. März 2008 und am 23. Juni 2008 in der gegenständlichen Filiale des Unternehmens ArbeitnehmerInnen beschäftigt wurden und mangels Beschattungsmöglichkeiten der Fenster störende Hitze durch direkte Sonneneinstrahlung nicht vermieden wurde, ist ausreichend konkretisiert und versetzt den Bw in die Lage, allfällige Beweise zu dessen Widerlegung anzubieten. Gleichzeitig ist gewährleistet, dass sich der Bw wegen des selben Verhaltens nicht nochmals zu verantworten hat (vgl. VwGH vom 12.12.1996, Zl. 95/07/0218).

 

Seitens der im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung befragten Arbeitsinspektorin wurden die Angaben im Strafantrag vom 4. Juli 2008 bestätigt, wonach in der gegenständlichen Filiale der x trotz störender Sonneneinstrahlung Beschattungsmöglichkeiten an den Fenstern fehlten. Der objektive Sachverhalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

5.3. Zur bestrittenen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung des Bw ist auszuführen, dass am 3. Juni 2005 eine mit 9. Mai 2005 unterfertigte Bestellurkunde betreffend Frau x beim zuständigen Arbeitsinspektorat Graz einlangte. Darin wird die Bestellung der Frau x zur verantwortlich Beauftragten für die in Punkt III bezeichneten sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich festgelegt. Im Punkt III.B.1) wird vom Verantwortungsbereich des verantwortlich Beauftragten die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausgestaltung der jeweiligen Filialen ausdrücklich ausgenommen, da Frau x offenbar diesbezüglich keine Anordnungsbefugnis innerhalb der Unternehmensstruktur zukam (vgl. die Ausführungen des Bw in der Stellungnahme vom 9. September 2010). Indem sich die gegenständliche Verwaltungsübertretung auf die fehlende Ausstattung der Filiale x mit Beschattungsmöglichkeiten an den Fenstern bezog, ist die Übertretung vom Verantwortungsbereich der Bestellurkunde der Frau x nicht umfasst. Das Vorbringen des Bw, aus dem Jahr 2003 liege eine Bestellurkunde betreffend Frau x vor, in der auch der die räumlichen Ausstattung/baulichen Ausgestaltung der Filialen vom Verantwortungsbereich umfasst ist, vermag ihn von seiner ihn als zur Vertretung nach außen berufenen handelsrechtlichen Geschäftsführer treffenden strafrechtlichen Verantwortung nicht zu befreien, da zu einem späteren Zeitpunkt nachweislich, nämlich am 3. Juni 2005, eine anderslautende Bestellurkunde beim zuständigen Arbeitsinspektorat einging und im diesbezüglichen Übersendungsschreiben angeführt ist, dass allfällige frühere Bestellurkunden ausdrücklich widerrufen werden.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein nach § 9 Abs.2 VStG eröffneter gewillkürter Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit in eindeutiger Weise zu erfolgen, ohne dass die Behörde in die Lage versetzt wird, noch weitere Ermittlungen und Erhebungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht anzustellen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen (vgl. VwGH vom 29.4.1997, 96/05/0282, vom 7.4.1995, 94/02/0470). Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereiches entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt (vgl. VwGH vom 29.11.2005, Zl. 2002/06/0147, mwN). Wenn der Bw vermeint, es liege eine denkunmögliche Interpretation vor, wenn die Bestellung der Frau x dazu führen würde, dass die Bestellung der Frau x – für die von ihrem Verantwortungsbereich ausgenommenen – Belange nicht besteht, so ist ihm entgegen zu  halten, dass schon aus dem Wortlaut des dem Arbeitsinspektorat übermittelten Anschreibens eindeutig hervorgeht, dass frühere Bestellungen ausdrücklich widerrufen werden (vgl. dazu auch VwGH vom 24. September 2010, Zl. 2010/02/0077). Eine Interpretation dahingehend, dass es sich dabei nur um jene Belange handelt, auf die sich die Bestellurkunde der Frau x bezieht, würde dem objektiven Erklärungswert dieser Urkunde widersprechen und zudem die Behörde in die Lage versetzen, Interpretationen hinsichtlich des allenfalls Gewollten anzustellen.

 

Da somit hinsichtlich des dem Bw zur Last gelegten Tatvorwurfs eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung an einen/eine verantwortlich Beauftragte iSd § 9 Abs.2 VStG nicht vorliegt, hat gemäß § 9 Abs.1 VStG der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

5.4. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Im gegenständlichen Verfahren wurde vom Bw nicht einmal ansatzweise dargelegt, welche Maßnahmen im Unternehmen gesetzt wurden, um derartige Übertretungen der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen hintan zu halten. Vielmehr wurde das vom Bw vertretene Unternehmen mehrfach aufgefordert, die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen, um den Schutz der ArbeitnehmerInnen in den Filialen vor direkter Sonneneinstrahlung oder störender Hitze zu vermeiden. Diesbezüglich vermag auch der Umstand, dass anlässlich von Kontrollen im Jahr 2006 der nunmehr zur Anzeige gebrachte Verstoß gegen arbeitnehmerschutzrechtliche Bestimmungen durch das zuständige Arbeitsinspektorat nicht aufgezeigt wurde, den Bw nicht zu entlasten, da dieser von sich aus die entsprechenden Maßnahmen zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu treffen hat. Zudem hat das Arbeitsinspektorat Graz zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich im Jahr 2007, das Unternehmen schriftlich aufgefordert, in allen Filialstandorten zu überprüfen, ob Beschattungsmöglichkeiten erforderlich sind. Trotz dieses ausdrücklichen Hinweises haben die gegenständlichen Überprüfungen im Jahr 2008 ergeben, dass den gesetzlichen Erfordernissen zum Schutz der ArbeitnehmerInnen in der Filiale x nicht Rechnung getragen wurde.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist dem Bw daher auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung als erschwerend gewertet, dass die Arbeitgeberin bereits vor den gegenständlichen Vorfällen vom Arbeitsinspektorat auf die Einhaltung der Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes hinsichtlich der Beschattungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht wurde. Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates erscheint aufgrund der vorliegenden Umstände ebenfalls eine erheblich über der Mindeststrafe liegende Geldstrafe als angemessen, zumal der Bw verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten ist. Als mildernd ist im gegenständlichen Verfahren lediglich die lange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens zu werten. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR). Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates nahezu drei Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Die erkennende Kammer des Oö. Verwaltungssenates sieht sich daher veranlasst, aus Anlass der Berufung das verhängte Strafausmaß unter Berücksichtigung dieses Milderungsgrundes zu reduzieren, zumal sich herausstellte, dass noch im Jahr 2008 Jalousien in der Filiale x der x angebracht wurden. Eine weitere Herabsetzung erscheint jedoch sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen nicht zweckmäßig. Auch kann ein Überwiegen von Milderungsgründen nicht festgestellt werden, weshalb eine Anwendung des § 20 VStG ebenso wie ein Vorgehen nach § 21 VStG ausscheidet, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

7. Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

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