Linz, 24.02.2011
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn x, geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, vom 28.10.2010 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 8.10.2010, Zl. S-34516/10-4, wegen mehrerer Übertretungen des KFG zu Recht erkannt:
I. Hinsichtlich Punkt 1. wird der Berufung gegen die Strafhöhe teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 400 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 100 Stunden herabgesetzt.
II. Hinsichtlich Punkt 2. wird der Berufung gegen die Strafhöhe teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 100 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 25 Stunden herabgesetzt.
III. Hinsichtlich Punkt 3. wird der Berufung gegen die Strafhöhe teilweise stattgegeben, die Geldstrafe wird mit 400 Euro bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 100 Stunden herabgesetzt.
IV. Hinsichtlich Punkt 4. wird der Berufung gegen die Strafhöhe teilweise stattgegeben, die Geldstrafe wird mit 400 Euro bestätigt und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 100 Stunden herabgesetzt.
V. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 130 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.
Rechtsgrundlagen:
zu I. - IV: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG;
zu V.: §§ 64 ff VStG.
Entscheidungsgründe:
Zu I.:
1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:
2. Der Berufungswerber hat dagegen rechtzeitig eine Berufung eingebracht und diese in weiterer Folge dahingehend begründet, dass er um eine außerordentliche Milderung der Strafe auf Grund seiner familiären Verhältnisse und der äußerst schlechten finanziellen Situation ersuche.
Er sei im Mai 2008 kurz selbständig gewesen und habe in dieser Zeit einen Imbissstand betrieben, welchen er dann wegen gesundheitlicher Probleme habe schließen müssen. Aus dieser Zeit hätte er Schulden in Höhe von 20.000 Euro, weiters habe er noch Schulden von ca. 95.000 Euro auf Grund eines vorherigen Hauskaufes. Er sei im Jahr 2008 längere Zeit krank gewesen und habe 7 Monate nicht arbeiten können. Es gebe in der Zwischenzeit eine private Schuldenbereinigung, wobei monatlich ein Betrag von 230 Euro an seine Gläubiger weitergeleitet werde.
Er habe ca. zweieinhalb Monate vor dem gegenständlichen Vorfall eine Tätigkeit als Lkw-Fahrer begonnen. Da er schon mehrere Jahre keinen Lkw mehr gelenkt habe, seien im die aktuellen Regelungen betreffend Lenk- und Ruhezeiten nicht genau bekannt gewesen. Auf Grund der Vorkommnisse habe er auch den Arbeitsplatz gewechselt. Er sei geschieden und für seine 16-jährige Tochter sorgepflichtig.
3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.
Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze und die Berufung ist ausschließlich gegen die Strafhöhe gerichtet. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war daher gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG nicht erforderlich; sie wurde auch nicht beantragt.
4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Berufungswerber wurde am 12.7.2010 in Linz auf der A7 als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges zu einer Verkehrskontrolle angehalten. Die Auswertung der Fahrerkarte ergab zusammengefasst folgende Übertretungen:
Insgesamt 10 Überschreitungen der Tageslenkzeit, wobei die längste Tageslenkzeit 13 Stunden und 1 Minute, eine weitere 12 Stunden und 50 Minuten und in drei weiteren Fällen die Überschreitung mehr als 1 Stunde betragen hat. In fünf Fällen betrug die Lenkzeitüberschreitung weniger als 1 Stunde.
Die erlaubte summierte Gesamtlenkzeit zweier Wochen von 90 Stunden wurde insofern überschritten, als diese einmal 96 Stunden, einmal 94 Stunden und einmal 97 Stunden betragen hat.
Die erforderliche tägliche Ruhezeit wurde in insgesamt 9 Fällen unterschritten, wobei die kürzeste Ruhezeit nur 6 Stunden und 47 Minuten betragen hat, in fünf Fällen betrug die Ruhezeit weniger als 8 Stunden und in drei weiteren Fällen wurde die Ruhezeit um weniger als 1 Stunde verkürzt.
Der Berufungswerber hat in insgesamt zehn Fällen die erforderlichen Fahrtunterbrechungen nicht rechtzeitig eingelegt, wobei sich in einem Fall eine Lenkzeit von 8 Stunden und 28 Minuten und in einem weiteren Fall eine solche von 6 Stunden und 47 Minuten ergeben hat. In zwei weiteren Fällen betrug die Lenkzeit ebenfalls mehr als 6 Stunden, in diesen Fällen war die Dauer der Lenkpause mit 44 bzw. 40 Minuten jedoch beinahe ausreichend, sodass diese beiden Verstöße nicht als schwerwiegend eingestuft werden dürfen. In sechs weiteren Fällen betrug die Überschreitung der Lenkzeit weniger als 1 Stunde.
5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
5.1. Aus der Berufungsbegründung ergibt sich, dass sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafhöhe richtet. Der Schuldspruch der gegenständlichen Übertretungen ist daher in Rechtskraft erwachsen und es ist lediglich die Strafbemessung zu prüfen.
5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 134 Abs.1 KFG beträgt die gesetzliche Höchststrafe für jede der Übertretungen 5.000 Euro.
§ 134 Abs.1b KFG lautet:
Die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 werden anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, idF der Richtlinie 2009/5/EG, ABl. Nr. L29 vom 31. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Fall eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Fall eine sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen. Dies gilt auch für Verstöße gegen die Artikel 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), die ebenso nach Maßgabe des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG einzuteilen sind.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
Dem Berufungswerber kommt der Strafmilderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit zugute. Der Umstand, dass ihm die genauen Regelungen betreffend die Lenk- und Ruhezeiten nicht bekannt waren, begründet hingegen keinen Strafmilderungsgrund, weil sich der Berufungswerber als Berufskraftfahrer diesbezüglich hätte informieren müssen. Die ausgesprochen ungünstigen persönlichen Verhältnisse sind bei der Strafbemessung ebenfalls zu berücksichtigen. Straferschwerend ist hingegen die große Anzahl der Übertretungen zu bewerten. Die Milderungsgründe überwiegen daher die Erschwerungsgründe nicht in einem solchen Umfang, dass eine Herabsetzung der gesetzlichen Mindeststrafen gerechtfertigt wäre.
Das Überschreiten der zulässigen Tageslenkzeit um mehr als 2 Stunden stellt einen sehr schweren Verstoß dar, weshalb der Berufungswerber insgesamt zwei sehr schwere, drei schwere und fünf leichte Verstöße (betreffend die Tageslenkzeit) zu verantworten hat.
Die Überschreitung der Gesamtlenkzeiten innerhalb von zwei Wochen sind dagegen nur als geringfügige Verstöße einzustufen.
Bezüglich der Ruhezeitunterschreitungen liegt in einem Fall eine Unterschreitung um mehr als 2 Stunden, also ein sehr schwerwiegender Verstoß vor, in fünf Fällen handelt es sich um schwerwiegende Verstöße und drei sind als geringfügig einzustufen.
Bezüglich der erforderlichen Lenkpausen liegen zwei sehr schwerwiegende Verstöße (Lenkzeit mehr als 6 Stunden) und acht geringfügige Verstöße vor.
Für die Punkte 1, 2 und 4 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses beträgt die gesetzliche Mindeststrafe daher jeweils 300 Euro, für Punkt 2 ist keine gesetzliche Mindeststrafe vorgesehen.
Im Hinblick auf die Anzahl und das Ausmaß der Überschreitungen konnte sowohl bezüglich der Tageslenkzeiten, der Ruhezeiten als auch der Lenkpausen nicht mit der gesetzlichen Mindeststrafe das Ausmaß gefunden werden. Wegen der ausgesprochen ungünstigen persönlichen Verhältnisse war bezüglich der Tageslenkzeiten eine Herabsetzung auf 400 Euro gerade noch vertretbar. Eine noch weitere Herabsetzung kam jedoch sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Überlegungen nicht mehr in Betracht.
Bezüglich der Wochenlenkzeiten konnte ebenfalls unter Berücksichtigung der ausgesprochen ungünstigen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers die Geldstrafe auf 100 Euro herabgesetzt werden.
Festzuhalten ist, dass sich die Ersatzfreiheitsstrafe daran zu orientieren hat, welches Verhältnis zwischen der Höchstdauer der Freiheitsstrafe und der höchsten Geldstrafe der Gesetzgeber festgelegt hat. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes konnte die Ersatzfreiheitsstrafe in allen vier Fällen herabgesetzt werden.
Zu V.:
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Gottfried Z ö b l