Linz, 08.03.2011
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 9. Dezember 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 29. November 2010, VerkR21-746/747-2010GA/Be, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben und festgestellt, dass der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 gesundheitlich geeignet ist.
Rechtsgrundlage:
§§ 66 Abs.4 und 67a AVG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 3 Abs.1, 25 Abs.1 und 2, 8 Abs.1, 30 und 32 Abs.1 FSG iVm § 3 Abs.1 FSG-GV die von der BPD Wels am 28.3.2008, FS-Nr.07259881, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, gerechnet ab Zustellung des Bescheides – dh ab 29. November 2010 – entzogen; der Entzug ende nicht bis zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung durch Beibringung eines gemäß § 8 FSG entsprechenden amtsärztliche Gutachtens. Ebenso wurde ihm bis zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Motorfahrrädern, gerechnet ab Bescheidzustellung, verboten. Angeordnet wurde die unverzügliche Ablieferung des Führerscheins und des Mopedausweises, ausgestellt vom ÖAMTC Wels am 6.10.2006, Nr.X, bei der PI Krenglbach. Weiters wurde ihm das Recht aberkannt, von einer allfällig erworbenen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen für den oben genannten Zeitraum. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer etwaigen Berufung gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 29. November 2010, ebenso die Abnahme des Führerscheins; der Mopedausweis war nicht auffindbar.
2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, seine Aussagen wegen des Alkohol- und Cannabiskonsums seien völlig falsch interpretiert worden. Er habe gesagt, er trinke sehr wohl beim Ausgehen mit Freunden Alkohol, jedoch bildeten sie immer eine Fahrgemeinschaft und der Fahrer trinke keinen Alkohol. Da vor einiger Zeit ein 17jähriger Freund bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückte, käme ihm niemals der Gedanke, nach Alkoholkonsum ein Fahrzeug zu lenken. Er habe bei der VPU sehr offen und ehrlich die Fragen beantwortet; trotzdem habe ihm die Psychologin mangelnde Offenheit und Beschönigungstendenzen unterstellt. Er ersucht um neuerliche Einholung eines verkehrspsychologischen Gutachtens und beantragt Bescheidaufhebung.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.
Aus dem Akt ergibt sich, dass der Bw aufgrund einer Meldung des SPK Wels, PI Pernau, wonach bei ihm am 24.8.2010 in X (Wohnung), 0,5 g Cannabiskraut gefunden worden sei, mit rechtskräftigem Bescheid der Erstinstanz vom 7.9.2010, VerkR21-746/747-2010 Ga, gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert wurde, sich innerhalb eines Monats ab Bescheidzustellung amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde vorzulegen, nämlich einen Harnbefund auf Cannabis, Amphetamine und Creatinin. Die Bescheidzustellung erfolgte laut Rückschein am 10.9.2010 – trotzdem erschien der Bw nicht beim Amtsarzt der Erstinstanz.
Daraufhin wurde ihm mit Bescheid der Erstinstanz vom 11.10.2010, VerkR21-746/747-2010 Be, die Lenkberechtigung für die Klasse B bis zur Befolgung der Anordnung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, entzogen und für den gleichen Zeitraum ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge ausgesprochen und das Recht aberkannt, von einer allfällig erworbenen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Er habe außerdem Führerschein (BPD Wels, 28.3.2008, FSNr.X) und Mopedausweis (ÖAMTC Wels, 6.10.2006, Nr.X) unverzüglich bei der PI Krenglbach abzuliefern. Die Bescheidzustellung samt FS-Abnahme erfolgte am 11.10.2010; den Mopedausweis habe er verloren.
Am 12.10.2010 erschien der Bw beim Amtsarzt der Erstinstanz Dr. X und wurde zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, Klasse B, für geeignet erklärt unter der Auflage der Verwendung einer Brille. Laut Begründung bestehe derzeit kein Hinweis auf Suchtmittelkonsum.
Der Führerschein wurde ihm am selben Tag wieder ausgefolgt.
Von einer Anordnung an den Bw, eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen, findet sich im Verfahrensakt der Erstinstanz nichts – jedoch liegt eine solche des Instituts "Sicher unterwegs" vom 20. November 2010 vor, wonach der Bw "nicht geeignet" zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B war. Dazu wurde ausgeführt, vor einer Wiedervorstellung (die angesichts der ausreichenden Leistungsbefunde nur eine Überprüfung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung umfassen könne) sollte die geltend gemachte derzeitige Drogenabstinenz durch eine regelmäßige Kontrolle der entsprechenden Parameter über einen längeren Zeitraum hinweg verifiziert werden. Außerdem werde eine Reduzierung des Alkoholkonsums insbesondere hinsichtlich der Trinkmengen angeraten, was ebenfalls durch die Vorlage der alkoholintensiven Parameter bestätigt werden sollte. Zur Reflexion der auffälligen Vorgeschichte, zum Aufbau eines adäquaten Normbewusstseins und zur Unterstützung der Änderungsmotivation sei zudem eine (verkehrs-)therapeutische Begleitung empfehlenswert.
Aufgrund des daraufhin naturgemäß am 29.11.2010 auf "nicht geeignet" lautenden amtsärztlichen Gutachtens Dris X, wonach die Bewährung nur kurz bestehe und die derzeitige Drogenabstinenz zu prüfen sei – zur erhöhten Alkoholtoleranz seien die CD-Tect-Werte zu prüfen, weil die psychische Disposition deutlich erhöht sei, genauso die exzitative Alkoholwirkung und das normausnutzende Hintergrundtrinken. Aus der Vorgeschichte ergebe sich erhöhte Alkoholtoleranz, unter Alkoholeinwirkung Kontrollverlust, kombinierter Alkohol- und Cannabiskonsum, Höchstmengen bis zu 10 Halben Bier; stärkere Rauschzustände würden durch hochprozentige Getränke erreicht; unzureichendes Wissen über Alkohol- und Drogenwirkung im Körper – erging der nunmehr angefochtene Bescheid.
Mit Schreiben des UVS vom 21. Dezember 2010 wurde dem Bw die Vorlage einer neuerlichen verkehrspsychologischen Stellungnahme eines Instituts seiner Wahl, die zumindest auf "bedingt geeignet" zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B lautet, freigestellt und eine Entscheidung nach der Aktenlage bei Nichteinlangen einer solchen angekündigt.
Vorgelegt wurde nunmehr (nicht vom Bw sondern von der Erstinstanz auf telefonische Erkundigung angesichts der Eintragungen im FSR) die verkehrspsychologische Stellungnahme des Instituts "Vorrang" vom 7. Februar 2011, wonach der Bw "aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B geeignet" ist. Begründet wurde dies damit, dass sich aufgrund der aktuellen Drogenkarenz und der reduzierten Alkoholkonsumgewohnheiten im Rahmen der Untersuchung am 28. Jänner 2011 keine Gefährdungsmomente ergaben, welche aus fachlicher Sicht eine Befristungsmaßnahme ausreichend rechtfertigen könnten – insbesondere da der Bw in der Vergangenheit keine Drogen- oder Alkoholdelikte im Straßenverkehr gesetzt habe und somit auch von einer ausreichenden Fähigkeit, Konsum und Lenken von Kraftfahrzeugen zu trennen, ausgegangen werden müsse.
Auf dieser Grundlage lautete das Gutachten gemäß § 8 FSG des Amtsarztes der Erstinstanz Dr. X vom 11. Februar 2011 auf "geeignet".
Dem ist in rechtlicher Hinsicht seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates nichts hinzuzufügen, zumal dem Bw laut FSR von der Erstinstanz der Führerschein unmittelbar wieder ausgefolgt wurde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Entziehung der LB wegen ges. Nichteignung -> neue VPU "geeignet" – FS sofort ausgefolgt -> Ausspruch der Feststellung, dass die ges. Eignung wieder besteht