Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301020/2/BP/Ga

Linz, 31.03.2011

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                      4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 2. März 2011, GZ.: Pol96-653-2010, wegen einer Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

        

II.     Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des          Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen         Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen        Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 44a, 45 und  51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 65f. VStG

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom
2. März 2011, GZ.: Pol96-653-2010, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) gemäß § 3 Abs. 2 Z. 2 iVm § 15 Abs. 1 Z. 2 des Oö. Hundehaltegesetzes 2002, LGBl. Nr. 147/2002, eine Geldstrafe in Höhe von 100,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil die von ihr in ihrem Anwesen in X, verwahrten X Hunde am X, zwischen 13:30 Uhr und 20:00 Uhr, durch lautes wiederkehrendes Bellen derart übermäßigen Lärm verursacht hätten, sodass sich X und X belästigt gefühlt hätten, obwohl ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen sei, dass Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt würden.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als erfüllt an.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - rechtzeitig erhobene - Berufung vom 22. März 2011.

 

Darin führt die Bw u.a. aus, dass der ihr vorgeworfene Tatbestand nicht auf das jeweilige Tier hin konkretisiert worden sei. Zudem sei in der Beweiswürdigung nicht auf ihr Vorbringen eingegangen worden.

 

Das Oö. Hundehaltegesetz enthalte keine Beschränkung hinsichtlich der Anzahl von zulässig gehaltenen Hunden. Darüber hinaus sei der Bw im vorliegenden Fall kein Verschulden nachgewiesen worden.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 24. März 2011 legte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt vor.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da sich bereits daraus ergab, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 VStG zu entfallen.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen  Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis im Einzelnen keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 des Oö. Hundehaltegesetzes 2002, LGBl. Nr. 147/2002 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl. Nr. 124/2006, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen Hund entgegen den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 hält.

 

Gemäß § 15 Abs. 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 sind Verwaltungsübertretungen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 Oö. Hundehaltegesetz ist ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen, dass

1. Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, oder

2. Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden,          oder

3. er an öffentlichen Orten oder auf freien Grundstücken nicht unbeaufsichtigt herumlaufen kann.

 

3.2. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

3.3. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z. 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Beschuldigten angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl. z.B. VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

 

3.4.1. Wenn nun § 44a Z. 1 und Z. 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des
Verwaltungsstrafverfahrens festlegen, dass der Spruch eines Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift(en) zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt wurde(n), so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis nicht gerecht.

 

3.4.2. Zunächst wird in der Berufung zurecht gerügt, dass die in Rede stehenden sechs Hunde weder im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch sonst in einem der Bw innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist – zugegangenen Tatvorwurf konkretisiert wurden. Dies wäre allenfalls geeignet, einen Mangel im Sinne des § 44a VStG darzustellen, wobei jedoch anzumerken ist, dass nach dem § 3 Abs. 2 Z. 2 Oö. Hundehaltegesetz es primär auf das Tatbild der Belästigung ankommt, weshalb – bei sonst völlig konkretisiertem Tatvorwurf – dieser Mangel allein wohl nicht zur Anwendung des § 44a VStG führen müsste.

 

3.4.3. Im vorliegenden Spruch ist jedoch auch die vorgeworfene Tat nicht ausreichend konkretisiert. Es fehlen zum Einen nähere Beschreibungen der innerhalb des "relativ langen" Tatzeitraums von der Bw zu vertretenden und den Hunden verursachten Belästigungselementen in zeitlicher Hinsicht; "wiederkehrend" wird dabei – mangels weiterer beschreibender Spruchelemente als nicht genügend anzusehen sein. Zum Anderen fehlt es an einer Beschreibung der Verwahrung und Beaufsichtigung der Hunde durch die Bw in örtlicher Hinsicht. Es wird im Spruch nicht ausgeführt, ob sich die Hunde während des Tatzeitraums im Freien oder im Haus des "Anwesens" befunden haben, als sie den Lärm verursachten.

 

Darüber hinaus fehlt es auch an einer näheren Beschreibung des Verhaltens bzw. des Unterlassens der Bw im Rahmen der Verwahrung bzw. Beaufsichtigung.

 

3.4.4. Nicht zuletzt ist festzuhalten, dass eine Belästigung nach einem "objektiven Maßstab" und nicht nach dem "subjektiven Gefühl" Betroffener vorliegen und vorgeworfen werden muss. Im Sinne des Gesetzes kann es nicht auf ein – im Regelfall unterschiedlich ausgeprägtes Empfinden – sondern auf ein allgemein objektivierbares Maß an Toleranzüberschreitung ankommen, um die Zumutbarkeit einer Belästigung zu bewerten.

 

3.4.5. Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass der in Rede stehende Spruch den Erfordernissen des § 44a VStG im Hinblick auf die oben angeführte Judikatur nicht genügt.

 

3.5. Es war daher der Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

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