Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310427/2/Kü/Ba

Linz, 05.04.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn X X, X, X, vertreten durch Dr. X X, X, X, vom 22. Dezember 2010 gegen Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7. Dezember 2010, UR96-12-2008, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Im Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7. Dezember 2010, UR96-12-2008, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z 3 iVm § 15 Abs.3 Z 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"II. Ebenso wurden im Freien vor Witterungseinflüssen ungeschützt und auf unbefestigtem Untergrund, ohne erkennbares Ordnungsprinzip, großteils von Pflanzen bereits überwachsen

A) - unmittelbar bei der Zufahrt im nördlichen Bereich gelagert vorgefunden:

1. - 2 Stück Lkw-Reifen, die Reifen wiesen noch genügend Profil und keine Beschädigungen auf;

2. - mehrere Fenster- und Türrahmen, eine genauere Aussage zu den Fenster- und Türrahmen kann nicht getroffen werden, da diese bereits mit Sträuchern und Gräsern überwachsen waren (siehe Foto-Nr.: 2).

 

B) - Im südlichen Bereich des Grundstückes wurden gelagert vorgefunden (Fotodokumentationen-Nr. 6-14):

1. - 13 Stück Holzpaletten, stark verwittert bzw. vermorscht. Die Holzpaletten können aufgrund der Beschädigungen (kaputt, vermorscht etc.) keiner bestimmungsgemäßen Verwendung mehr zugeführt werden. Die Paletten sind daher einer fachgerechten Entsorgung zuzuführen.

Die Holzpaletten sind nach der Abfallverzeichnisverordnung, Abfallkatalog, gemäß ÖNORM S 2100, der Schlüsselnummer 17201 'Holzemballagen und Holzabfälle, nicht verunreinigt', zuzuordnen,

2. - mehrere Teile eines ehemaligen Blechdaches; die Teile waren stark verbogen und verwittert. Die Blechdachelemente können aufgrund der Beschädigungen (stark verbogen, angerostet etc.) keiner bestimmungsgemäßen Verwendung mehr zugeführt werden. Die Blechdachelemente sind daher einer fachgerechten Entsorgung zuzuführen.

Die Blechdachelemente sind nach der Abfallverzeichnisverordnung, Abfallkatalog, gemäß ÖNORM S 2100, der Schlüsselnummer 35103 'Eisen- und Stahlabfälle', zuzuordnen.

3. - 1 Stück Motorboot; Typ Almar, 430 V, Farbe weiß. Das Boot war bereits stark verwittert bzw. befand sich im Innenraum eine größere Menge an Laub und Regenwasser,

4. - 1 Stück ICB (Kunststoff-Kombinationsbehälter), der ICB ist bei keiner weiteren bestimmungsgemäßen Verwendung einer fachgerechten Entsorgung zuzuführen.

Bei einer fachgerechten Entsorgung ist der ICB der Schlüsselnummer 57118 'Kunststoffemballagen und -behältnisse', gemäß ÖNORM S 2100, Abfallkatalog, Abfallverzeichnisverordnung, zuzuordnen.

 

5. - 1  Stück Elektrokreissäge; Metallgestell leicht angerostet, Sägeblatt stark
angerostet,

6. - 1 Stück Kunststofftisch; Stützfuß kaputt, der Kunststofftisch kann aufgrund des abgebrochenen Tischfußes keiner bestimmungsgemäßen Verwendung mehr zugeführt werden. Der Tisch ist daher einer fachgerechten Entsorgung zuzuführen.

Der Kunststofftisch ist der Schlüsselnummer 91401 'Sperrmüll', gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen,

7. - 1 Stück Brennstoffofen für Heizöl, leichte Beschädigungen des Gehäuses, da beim Brennstoffofen aufgrund der unsachgemäßen Lagerung eine Bereithaltung für eine bestimmungsgemäße Verwendung bzw. für eine Instandsetzung seitens des Besitzers nicht abgeleitet werden, ist dieser einer fachgerechten und nachweislichen Entsorgung zuzuführen.

Der Brennstoffofen ist der Schlüsselnummer 35103 'Eisen- und Stahlabfälle', gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen,

8. - 1 Palette, auf der eine größere Anzahl an Gabeln für Stapler aufgeschlichtet
waren. Diese waren zum Teil leicht angerostet,

9. - eine größere Menge an Eisen- und Stahlkonstruktionen, die Eisen- und
Stahlkonstruktionen sind entweder so umzulagern, dass davon abgeleitet werden kann, dass diese noch für eine weitere bestimmungsgemäße Verwendung bereit gehalten werden oder sind diese einer der Abfallart entsprechenden Entsorgung zuzuführen,

Bei einer fachgerechten Entsorgung sind die Eisen- und Stahlkonstruktionen der Schlüsselnummer 35103 'Eisen- und Stahlabfälle', gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen.

 

C) - Im westlichen Bereich des Grundstückes wurden gelagert vorgefunden (Fotodokumentationen-Nr. 18 und 19):

1. - 4 Stück Holzpaletten; stark verwittert bzw. vermorscht,

2. - eine größere Anzahl an Pressspanplatten; diese waren stark verwittert bzw. aufgeweicht, die Holzpaletten und die Pressspanplatten sind aufgrund ihres schlechten Zustandes einer fachgerechten Entsorgung zuzuführen.

Die Holzpaletten und Pressspanplatten sind der Schlüsselnummer 17201 und 17201 Spezifikation 01 'Holzemballagen und Holzabfälle, nicht verunreinigt', gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen,

3. - 1 Stück Lkw-Reifen

4. - 4 Stück Pkw-Reifen mit und ohne Stahlfelge; Profil stark abgefahren,

die Lkw- und Pkw-Reifen können aufgrund ihres schlechten Zustandes (geringes Profil) keiner bestimmungsgemäßen Verwendung mehr zugeführt werden. Die Reifen sind daher einer fachgerechten Entsorgung zuzuführen.

Die Reifen sind der Schlüsselnummer 57502 'Altreifen und Altreifenschnitzel', gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen,

5. - 2 Stück Eisengestelle; stark angerostet bzw. verwittert, die beiden
Stahlkonstruktionen können aufgrund ihres schlechten Allgemeinzustandes (verwittert, angerostet, beschädigt etc.) keiner bestimmungsgemäßen Verwendung mehr zugeführt werden und sind daher einer der Abfallart entsprechenden Entsorgung zuzuführen.

Die Stahlkonstruktionen sind der Schlüsselnummer 35103 'Eisen- und Stahlabfälle', gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen,

6. - eine größere Anzahl an Bitumendachwellplatten (etwa 0,5 m3), die
Bitumenwelldachplatten sind entweder so umzulagern, dass davon abgeleitet werden kann, dass diese noch für eine weitere bestimmungsgemäße Verwendung bereit gehalten werden oder sind diese einer der Abfallart entsprechenden Entsorgung zuzuführen.

Bei einer fachgerechten Entsorgung sind die Bitumenwelldachplatten der Schlüsselnummer 18705 'Teerpappe und bitumengetränktes Papier', gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen,

7. - 1 Stück Baggerschaufel; stark angerostet

8. - 1 Stück Ladegabel für Arbeitsmaschinen; stark angerostet

9. - 7 Stück Fensterrahmen mit Glas; die Fensterrahmen waren stark verwittert bzw. mit Sträuchern und Moos überwachsen

10. - 5 Stück ca. 6 m2 große Fensterelemente ohne Glas; die Fensterelemente zeigten zum Teil leichte Beschädigungen

11. - 1 Stück Leiterwagen; Metallgestell leicht angerostet, Holzaufbau stark verwittert

12. - (1 Stück Pkw-Anhänger, amtliches Kennzeichen X;) befüllt mit Siedlungsabfällen und biogenen Abfällen, die Siedlungsabfälle und biogenen Abfälle, welche im Pkw-Anhänger gelagert werden, stellen von sich aus Abfälle dar und sind daher einer der Abfallart entsprechenden Entsorgung zuzuführen. Die biogenen Abfälle sind vor der Entsorgung weitgehend von den Siedlungsabfällen zu trennen.

Die Siedlungsabfälle sind der Schlüsselnummer 91101 'Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle', gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen.

 

Weiters wurden im westlichen Bereich dieses Grundstückes gelagert vorgefunden:

13.    -  eine größere Menge an Eisenträgern und -stehern gelagert. Diese waren stark verwittert bzw. mit Moos überwachsen und stark angerostet. Neben diesen Eisen- und Stahlträgern wurden mehrere Elektrokabel gelagert. Die Ummantelungen dieser Kabel zeigten durchgehend Beschädigungen auf (siehe Foto 21 u. 22), die Elektrokabel können aufgrund ihrer Beschädigun­gen an der Ummantelung keiner bestimmungsgemäßen Verwendung mehr zugeführt
werden. Die Elektrokabel sind daher einer fachgerechten Entsorgung zuzuführen.

Die Elektrokabel sind der Schlüsselnummer 35314 'Kabel', gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen.

 

D) - Unmittelbar neben dem Wohngebäude wurden gelagert vorgefunden, eine Kunststoffkiste (Fassungsvermögen ca. 100 l) mit Siedlungsabfällen und eine alte Eckbadewanne. Die Eckbadewanne zeigte augenscheinlich keine Beschädigungen (siehe Foto 17), die in der Kunststoffkiste gelagerten Siedlungsabfälle sind einer der Abfallart entsprechenden Entsorgung zuzuführen. Die Eckbadewanne ist entweder so umzulagern, dass davon abgeleitet werden kann, dass diese noch für eine weitere bestimmungsgemäße Verwendung bereit gehalten wird oder ist diese einer der Abfallart entsprechenden Entsorgung zuzuführen.

 

Abfallrechtlich stellen die unter den Positionen II. A), B), C) und D) angeführten Gegenstände, unabhängig von der in Befund und Gutachten ausgeführten Spezifikation nicht gefährliche Abfälle dar, da für Gesamtheit dieser Gegenstände auf Grund der vorgefundenen Lagerung im Freien vor Witterungseinflüssen ungeschützt, ohne Ordnungsprinzip gelagert, offenkundig die Gewahrsame an diesen Gegenständen aufgegeben wurde, damit die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann und Abfälle außerhalb von für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gelagert werden dürfen.

 

Sie haben es daher Abfälle entgegen § 15 Abs. 3 gelagert, obwohl Abfälle außerhalb von für die Sammlung oder Behandlung geeigneten Orten nicht gelagert werden dürfen."

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses in eventu die Reduzierung des Strafausmaßes beantragt wird.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die angeführten Gegenstände und Fahrzeuge sich zu keinem Zeitpunkt im Besitz des Bw befunden hätten. Vielmehr seien diese Gegenstände und Fahrzeuge im Eigentum von auf dem "X X" eingemieteten Firmen und Privatpersonen gestanden.

 

Im Hinblick darauf, dass die Bestandsaufnahme aus dem Jahr 2008 stamme, sei für den Bw nicht mehr nachvollziehbar, wie und wann diese Gegenstände auf dem Areal belassen worden seien. Es habe jedenfalls zu keinem Zeitpunkt eine konkrete Gefährdung der Umwelt oder allenfalls des Grundwassers bestanden. Tatsache sei, dass durch die freie Zugänglichkeit zum Areal auch mehrere illegale Ablagerungen erfolgt seien, die dem Bw nicht zugeordnet werden könnten.

 

Tatsache sei, dass sich derzeit auf dem "X X" keine wie immer gearteten Abfälle mehr befinden würden und der Bw größtes Augenmerk darauf lenke, in Hinkunft derartige Ablagerungen zu vermeiden.

 

Was die Höhe der ausgesprochenen Strafe anbelange, so müsse darauf hinge­wiesen werden, dass der Bw eine Gewerbepension in Höhe von 1.040 Euro netto beziehe. Die Mieteinnahmen des "X X" müssten zur Gänze zur Bedienung des Investitionskredites herangezogen werden. Die Strafbemessung erscheine daher in jeder Weise als unangemessen hoch.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 23. Dezember 2010, eingelangt am 30. Dezember 2010, vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

Der Bw ist Eigentümer der Grundstücke X, X, je KG. X, welche in der X in X gelegen sind.

 

Im Februar 2008 wurde die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land durch eine private Anzeige inklusive einer Fotodokumentation davon in Kenntnis gesetzt, dass auf der Liegenschaft X, X, illegale Lagerungen von Abfällen stattfinden.

 

Über Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wurden in der Folge von der Polizeiinspektion X ab April 2008 Erhebungen bei der Liegenschaft durchgeführt. Festgestellt wurde dabei, dass die Parzelle X, KG. X, vom Bw an Herrn X X vermietet wurde.

 

Von der Polizeiinspektion X wurden die abgestellten Fahrzeuge begutachtet und festgestellt, dass die meisten Fahrzeuge nicht als Wrack eingestuft werden konnten, da einige sogar noch aufrecht zugelassen waren. Weiters konnten keine offensichtlichen Ölaustritte in Schotter bzw. Erdreich festgestellt werden. Trotz wiederholter Besuche bei der Liegenschaft konnten in der von X X angemieteten Garage/Werkstätte keine Arbeiten an Fahrzeugen festgestellt werden.

 

Im Bericht der Polizeiinspektion X über verschiedene Überprüfungen im April 2008 wird weiters davon berichtet, dass gegen weitere Personen, die im Objekt X eingemietet waren, Erhebungen hinsichtlich des Betriebes einer Heizanlage mit Altöl sowie der Lagerung von zwei Kunststoffbehältern mit dunkler öliger Flüssigkeit aufgenommen wurden. Bei einer neuerlichen Nachschau konnte festgestellt werden, dass diese Behälter entsorgt wurden. Hinsichtlich der Heizanlage wurde die Angelegenheit an die Gemeinde X weitergeleitet, um eine feuerpolizeiliche Besichtigung der Heizanlage durchzuführen.

 

Am 19. Mai 2008 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land unter Beiziehung eines Sachverständigen ein Lokalaugenschein auf den Grundstücken durchgeführt. Dabei wurde vom Sachverständigen festgestellt, dass zahlreiche Fahrzeuge und Gegenstände in ungeordneter Lagersituation auf unbefestigtem Grund vor Witterungseinflüssen ungeschützt vorgefunden wurden. Von der Behörde wurde festgehalten, dass aufgrund des desolaten Zustandes der Gegen­stände sowie der ungeordneten Lagerung im Freien – die Gegenstände waren bereits von der Vegetation überwachsen – auf eine Entledigungsabsicht bezüg­lich dieser Gegenstände geschlossen werden kann. Sämtliche Fahrzeuge mit zumindest Restinhalten von Betriebsmitteln wie Kraftstoff, Motor- oder Getriebe­öl, Starterbatterien, Kühl- und Bremsflüssigkeiten, ohne polizeilichem Kennzeichen sowie ohne gültige Überprüfungsplakette sind den Altfahrzeugen, somit gefährlichen Abfällen, zuzuordnen.

 

Beim behördlichen Lokalaugenschein war auch Herr X X anwesend, welcher zu den vorgefundenen Gegenständen und Fahrzeugen informativ vom Behördenorgan befragt wurde. Herr X gab an, welche Abfälle ihm gehören, insbesondere auch, dass ein Ford Lieferwagen seinem Bruder gehöre, der für den Abtransport zwischengeparkt sei. Hinsichtlich des vorgefundenen PKW Citroen vermutete Herr X, dass dieser einem Citroen-Klub gehören könne, der in der ebenerdigen Werkstätte des Objektes eingemietet gewesen ist.

 

Gemäß den Aufzeichnungen des Behördenorgans in Form eines Aktenvermerks vom 17.6.2008 hat Herr X angegeben, dass alle anderen von ihm nicht genannten Abfälle dem Liegenschaftseigentümer, und zwar dem Bw gehören.

 

In der Folge wurde von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mit der Aufforde­rung zur Rechtfertigung das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw eingeleitet.

 

Festzustellen ist, dass vom Bw auf diese Aufforderung zur Rechtfertigung nicht reagiert wurde bzw. von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land keine weiteren Erhebungen darüber angestellt wurden, von wem die beim Lokalaugenschein vorgefundenen Abfälle auf dem Grundstück des Bw gelagert wurden. Insbesondere ist festzuhalten, dass im Verwaltungsstrafverfahren eine zeugen­schaftliche Einvernahme von Herrn X X über dessen Angaben im Zuge des Lokalaugenscheins der Behörde unterblieben ist. Aus dem Akteninhalt ist nicht schlüssig nachzuvollziehen, warum der Bw als Verursacher der Abfalllagerungen herangezogen wird. Vielmehr lässt der Akteninhalt darauf schließen, dass der Bw von der Erstinstanz als Grundeigentümer für die Lagerungen verantwortlich gemacht wird.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. § 79 Abs.2 Z3 AWG 2002 lautet: Wer nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs.1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs.1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs.2 vermischt oder vermengt, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 Euro bis 7270 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1800 Euro bedroht.

 

5.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1)  die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2)  die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungs­strafverfahren und gegebenenfalls im außer­ordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch in Verwaltungsstraf­verfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen dem Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

 

5.2. Vorweg ist festzustellen, dass hinsichtlich der im Spruchpunkt II. angelasteten Verwaltungsübertretung die Angabe einer konkreten Tatzeit fehlt, zumal sich die anfängliche Feststellung im Straferkenntnis über den Lokalaugenschein am 19.5.2008 definitiv nur auf die nachfolgend angeführten Altfahrzeuge bezieht. Spruchpunkt II. des angefochtenen Straferkenntnis entspricht daher nicht den Vorgaben des § 44a VStG. Eine Korrektur im Berufungsverfahren konnte aufgrund der verstrichenen Zeit nicht mehr vorgenommen werden.

 

Dem Bw wird angelastet, entgegen der Bestimmung des § 15 Abs.3 AWG verschiedene Gegenstände, welche nicht gefährliche Abfälle im Sinne des AWG darstellen, auf näher bezeichneten Orten auf unbefestigtem Untergrund ohne näheres Ordnungsprinzip gelagert zu haben. Von der Erstinstanz wurde im Mai 2008 ein Lokalaugenschein am Grund­stück, welches im Eigentum des Bw steht und von diesem vermietet worden ist, durchgeführt. Der im Zuge des Lokalaugenscheins anwesende Mieter hat gegenüber dem Behördenorgan angegeben, welche Fahrzeuge, Fahrzeugteile und Gegenstände in seinem Eigentum stehen und für die er verantwortlich ist. Hinsichtlich anderer Fahrzeuge hat er seine Vermutungen über die Eigentumsverhältnisse geäußert. Zudem hat er pauschal geäußert, dass sämtliche anderen Abfälle im Eigentum des Bw stehen. Seit dem Lokalaugenschein im Mai 2008 sowie der Aufforderung zur Rechtfertigung vom Juni 2008 finden sich im erstinstanzlichen Verwaltungs­strafakt keine weiteren Erhebungen der Behörde. Insbesondere wurden Einver­nahmen der Mieter des Objektes X, X, nicht durchgeführt und somit bis zur Erlassung des Straferkenntnisses im Dezember 2010 keinerlei Erhebungen zum Sachverhalt durchgeführt.

 

Der Bw verantwortet sich damit, dass die Fahrzeuge und Gegenstände im Eigentum von einge­mieteten Firmen und Privatpersonen gestanden sind und auch für ihn wegen der Bestandsaufnahme aus dem Jahr 2008 jetzt nicht mehr nachvollziehbar sei wie und wann diese Gegenstände auf dem Areal belassen worden sind. Zwischenzeitig sind Fahrzeuge und auch Gegenstände vom Grundstück entfernt worden, sodass sich Beweisaufnahmen zum jetzigen Zeitpunkt wegen der bereits verstrichenen Zeit als nicht sinnvoll darstellen. Offensicht­lich geht die Erstinstanz, ohne dies in der Begründung des Straferkenntnisses näher auszuführen, davon aus, dass der Bw als Eigentümer des Grundstückes gleichzeitig auch Verursacher der Lagerungen der Abfälle gewesen ist.

 

Zu eingangs erwähnten Tatvorwurf ist festzuhalten, dass eine Verwaltungs­übertretung nach § 79 Abs.2 Z3 AWG 2002 nur derjenige zu verantworten hat, der entweder selbst die Ablagerung von Abfällen vorgenommen hat oder diese veranlasst hat. Allein aus dem Umstand des Grundeigentums kann eine derartige Verwaltungs­übertretung nicht angelastet werden.

 

Im Sinne des § 74 AWG 2002 trifft den Grundeigentümer die abfallrechtliche Verpflichtung zur Beseitigung von nicht gesetzeskonform gelagerten Abfällen nur dann, wenn der Verursacher der Ablagerungen nicht mehr feststellbar ist und der Liegenschaftseigentümer dieser Lagerung von Abfällen zugestimmt oder diese geduldet hat oder zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Eine straf­rechtliche Verantwortung für die Lagerung von Abfällen ist allerdings aus § 74 AWG 2002 nicht abzuleiten.

 

Dem erstinstanzlichen Verfahrensakt, insbesondere dem Bericht der Polizei­inspektion X vom 5. Mai 2008 sowie den Ausführungen des Sachverständigen über den Lokalaugenschein am 19.5.2008 sind keine Anhaltspunkte dahingehend zu entnehmen, dass der Bw selbst für die Lagerung der Fahrzeuge und Gegenstände auf den bezeichneten Örtlichkeiten verantwortlich ist. Weitere Erhebungen zu den Eigentumsverhältnissen an den gelagerten Abfällen und dem Verursacher der Lagerungen wurden von der Erstinstanz nicht geführt. Dem Vor­bringen des Bw, wonach die eingemieteten Firmen und Privatpersonen diese Lagerungen von Abfällen vorgenommen haben und somit andere Personen als Verursacher dieser Lagerungen in Frage kommen, kann aufgrund des Akteninhaltes bzw. der unterbliebenen Erhebungen nicht entgegen getreten werden. Zudem ist die Abfalleigenschaft von im Spruch gelisteten Gegenständen nicht geklärt und von der Erstinstanz nur pauschal begründet. So kann bespielweise hinsichtlich der nicht abgefahrenen und beschädigten LKW-Reifen, der Elektrokreissäge, von diversen Eisen- und Stahlkonstruktionen, Bitumendachwellplatten, Baggerschaufel und Ladegabel sowie leicht beschädigten Fensterelementen die von der Behörde angenommene Abfalleigenschaft nicht nachvollzogen werden. Für den Unabhängigen Verwal­tungssenat ergibt sich daher, dass nicht mit der für ein Verwaltungs­strafverfahren erforder­lichen Sicherheit erwiesen ist, dass die vorgefundenen Lagerungen von Abfällen auf dem vom Bw vermieteten Grundstück auch von diesem verursacht wurden. Bei der gegebenen Sachlage war daher im Zweifel gemäß Art. 6 Abs.2 EMRK davon auszugehen, dass die dem Bw angelastete Verwaltungsübertretung nicht erwiesen ist und ihm daher nicht angelastet werden kann. In diesem Sinne war daher der Berufung Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungs­straf­verfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

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