Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522693/4/Fra/Bb/Gr

Linz, 13.04.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn X vom 4. Oktober 2010, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 22. September 2010, GZ VerkR21-255-2010/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B und weiterer Anordnungen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat Herrn X, geb. X, (dem Berufungswerber) mit Bescheid vom 22. September 2010, GZ VerkR21-355-2010/BR, die am 30. September 2008 unter Zahl 08/354088 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG mangels Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab 25. Juni 2010 (= Zustellung des vorangegangen Mandatsbescheides vom 24. Juni 2010, GZ VerkR21-355-2010/BR) bis einschließlich 25. September 2010, entzogen und gleichzeitig festgestellt, dass für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG auch das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen untersagt ist. Weiters wurde dem Berufungswerber für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auch das Recht aberkannt, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen.

Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der – nach dem aktenkundigen Zustellrückschein – am 28. September 2010 dem ausgewiesenen Rechtsvertreter nachweislich zugestellt wurde, richtet sich die am 4. Oktober 2010 – und somit rechtzeitig – per Telefax erhobene Berufung, mit der im Ergebnis im Wesentlichen die ersatzlose Aufhebung des Bescheides angestrebt wird.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt samt Berufung mit Vorlageschreiben vom 7. Oktober 2010, GZ VerkR21-355-2010/BR, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Führerscheinakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn und in die Berufung sowie in das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 30. März 2011, GZ UVS-3/19665/15-2011, UVS-28/11031/15-2011.

 

Da - insbesondere auf Grund der zitierten Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg - feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, erwies sich im Entziehungsverfahren die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht als erforderlich (§ 67d Abs.2 Z1 AVG). Im Übrigen wurde eine solche auch von keiner Verfahrenspartei beantragt.

 

4.1. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ergibt sich folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 30. März 2011, GZ UVS-3/19665/15-2011, UVS-28/11031/15-2011, wurde der anwaltlich vertretene Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs.3 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO – rechtskräftig - schuldig erkannt.

Dieser Entscheidung liegt im Wesentlichen der Sachverhalt zu Grunde, dass der Berufungswerber am 26. Mai 2010 mit dem Pkw Kennzeichen X, in X X befahren und dabei um 17.15 Uhr an einem vor dem dortigen Schutzweg angehaltenen Kraftfahrzeug vorbeigefahren und in der Folge ein den Schutzweg mit einem Fahrrad überquerendes siebenjähriges Kind mit der in Fahrtrichtung gesehen linken Front seines Pkws am Schutzweg erfasst und niedergestoßen hat, wobei er vor der Kollision einen Anhalteweg von ca. 10 m zurücklegte und das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug eine Bremsausgangsgeschwindigkeit von ca. 27 km/h einhielt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Salzburg erblickte in diesem Verhalten des Berufungswerbers eine Übertretung des § 17 Abs.3 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO und stellte ausdrücklich fest, dass eine besondere Rücksichtslosigkeit im Sinne des § 99 Abs.2 lit.c StVO nicht vorliegt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber – im Hinblick auf das anhängige Führerscheinentziehungsverfahren – in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (z.B. gemäß § 3 Abs.1 Z2 die Verkehrszuverlässigkeit) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs.1 insbesondere, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, sowie jedenfalls Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 90 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 100 km/h, das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten hat und diese Übertretungen mit technischen Messgeräten festgestellt wurden, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

5.2. Der Berufungswerber hat am 26. Mai 2010 um 17.15 Uhr mit dem Pkw, Kennzeichen X, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr eine Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO begangen. Dieser Umstand ist auf Grund der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 30. März 2011, GZ UVS-3/19665/15-2011, UVS-28/11031/15-2011, als erwiesen festgestellt.

 

Durch diese rechtskräftige Entscheidung steht für die mit der Entziehung der Lenkberechtigung befassten Behörden bindend fest, dass der Berufungswerber – bezogen auf den vorliegenden Fall – tatsächlich eine Übertretung gemäß § 17 Abs.3 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO verwirklicht hat. Er hat damit aber keine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 Z1 iVm § 7 Abs.3 Z3 FSG verwirklicht.

Mangels Vorliegen einer bestimmten Tatsache liegt daher kein Grund für die Entziehung der Lenkberechtigung und die Anordnung weiterer Maßnahmen vor, weshalb der angefochtene Entziehungsbescheid vom 22. September 2010, GZ VerkR21-355-2010/BR, betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B in der Dauer von drei Monaten und die Anordnung der damit verbundenen weiteren Maßnahmen - in Stattgebung der Berufung - zu beheben war.  

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

 

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