Linz, 04.05.2011
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 18.2.2011, AZ: VerkR96-2743-2009, nach der am 3. Mai 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Die Berufung wird im Punkt 1) als unbegründet abgewiesen. Die Strafnorm hat jedoch in Abänderung § 99 Abs.2a StVO 1960 zu lauten.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 44 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010.
Zu II.: § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:
mindestens 45 Minuten eingelegt, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine
Ruhzeit nimmt.
Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 02.10.2009 wurde Ihnen die Anzeige der Landesverkehrsabteilung OÖ. vom 20.04.2009 und die gutachtliche Stellungnahme des TAR Ing. X vom Amt der oö. Landesregierung, Direktion Straßenbau und Verkehr, Abt. Verkehr, vom 21.09.2009 zur Kenntnis gebracht und wurden Sie aufgefordert, binnen 2 Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurden Sie ersucht, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekanntzugeben.
Dieser Aufforderung sind Sie bis dato nicht nachgekommen.
Hierüber hat die Behörde erwogen:
Gem. Artikel 7 EG-VO 561/2006 ist eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern keine Ruhezeit eingelegt wurde. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden.
Gem. § 134 Abs.la KFG i.d.F. BGBl. I Nr. 16/2009 sind Übertretungen der Artikel 5 bis 9 und 10 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sowie der Artikel 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993 auch dann als Verwaltungsübertretung strafbar, wenn die Übertretung nicht im Inland, sondern auf einer Fahrtstrecke innerhalb des Geltungsbereiches dieser Bestimmungen begangen worden ist (Art. 2 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006). Als Ort der Übertretung gilt in diesem Falle der Ort der Betretung im Inland, bei der die Übertretung festgestellt worden ist.
Gem. § 42 Abs.1 StVO 1960 ist an Samstagen von 15 Uhr bis 24 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00 Uhr bis 22 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen mit Anhänger verboten, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens oder des Anhängers mehr als 3,51 beträgt.
Weiters ist gem. § 42 Abs.2 StVO 1960 in der im Abs. 1 angeführten Zeit ferner das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,51 verboten.
Lebensmittel beladen gewesen sei. Er habe in Rotterdam Margarine (flüssig) geladen, dass während (und nur während) des Transports beheizt werde. Die Transporttemperatur müsse konstant 70 ° C. betragen. Er beantragt die Verfahrenseinstellung.
2.1. Mit diesem Berufungsvorbringen vermag der Berufungswerber eine Rechtswidrigkeit des Schuldspruches nicht aufzuzeigen!
3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Betreffend den Punkt 1) ergeht durch das für diese Materie sachlich zuständige Mitglied unter der Geschäftszahl VwSen-165870 eine gesonderte Entscheidung.
3.1. Die für beide Verfahren konzentriert durchzuführen gewesene öffentlichen mündliche Berufungsverhandlung war gemäß der bestreitenden Verantwortung in Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte zwecks unmittelbarer Beweisaufnahme und Anhörung des Berufungswerbers war erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).
Die Behörde erster Instanz blieb im Rahmen der Berufungsverhandlung unvertreten.
4. Sachverhalt:
Unbestritten ist, dass der Berufungswerber am Sonntag den 5.4.2009 den mit Palmöl beladenen Kesselwagen am Sonntag innerhalb des Wochenendfahrverbotes gelenkt hat. Er bezeichnet das sich nunmehr als Palmöl ergebende Transportgut als leicht verderbliches Lebensmittel, welches er zu einer Firma in Wien zu transportieren gehabt habe, welche daraus wiederum Margarine produziere.
Wenn sich der Berufungswerber in seiner Verantwortung auf ein von der Wirtschaftskammer herausgegebenes Handbuch stützt findet sich darin Palmöl jedoch nicht angeführt. Wohl aber daraus – wie bereits im Rahmen anderen h. Verfahren festgestellt wurde – Margarine erzeugt wird.
Die nunmehrige Beweislage unterscheidet sich von der Darstellung im Rechtsmittel wesentlich. Offenbar versuchte der Berufungswerber in untauglicher Weise durch Benennung des Endproduktes als Transportgut diese Fahrt als legal darzustellen.
Im Rahmen der Berufungsverhandlung vermochte der Berufungswerber jedenfalls nicht darzutun, inwiefern es sich bei diesem Transport um ein verderbliches Lebensmittel gehandelt hätte und damit diese Fahrt unter den Ausnahmetatbestand von diesem Verbot gefallen wäre.
Wie von der Behörde erster Instanz zutreffend ausgeführt, sind als leicht verderbliche Lebensmittel Produkte anzusehen, deren Genießbarkeit durch Verfaulen, Frieren, Austrocknen und dergleichen leicht beeinträchtigt werden kann. Das gegenständliche Palmöl kann bei Temperaturen von -50 ° bis +55 ° transportiert werden, also praktisch bei allen in Europa vorkommenden klimatischen Verhältnissen. Die Transportdauer darf dabei nach der Stellungnahme des Bearbeitungsbetriebes 40 Stunden nicht überschreiten, weil es sonst zu geruchlichen und geschmacklichen Beeinträchtigungen des Palmöls kommen könne. Als leicht verderblich sind nach Ansicht der Berufungsbehörde auch in diesem Fall nur solche Lebensmittel anzusehen, welche entweder innerhalb sehr kurzer Zeit verderben oder für deren Transport bzw. Lagerung besondere Bedingungen (z.B. Kühlen) erforderlich sind. Ein Produkt, welches 40 Stunden lang bei Temperaturen von - 50 bis + 55 ° Celsius in einem Tankwagen transportiert bzw. gelagert werden kann, ohne dass es dabei zu Beeinträchtigungen kommt, ist nicht mehr als leicht verderblich anzusehen. Hydriertes Palmöl stellt daher kein leicht verderbliches Lebensmittel dar und fällt demnach nicht unter die Ausnahme dieses Verbotes (vgl. h. Erk. v. 29.9.2008, 163126/7/Zo/Jo, sowie vom 6.4.2006, VwSen-161264/2/Ki/Da).
5. Gemäß § 42 Abs.1 StVO 1960 ist an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen mit Anhänger verboten, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens oder des Anhängers mehr als 3,5 t beträgt; ausgenommen sind die Beförderung von Milch sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres mit Anhänger.
Gemäß § 42 Abs.3 StVO sind von dem in Abs.2 angeführten Verbot Fahrten ausgenommen, die ausschließlich der Beförderung von Schlacht- oder Stechvieh oder leicht verderblichen Lebensmitteln, der Getränkeversorgung in Ausflugsgebieten, unaufschiebbaren Reparaturen an Kühlanlagen, dem Abschleppdienst, der Pannenhilfe, dem Einsatz in Katastrophenfällen, dem Einsatz von Fahrzeugen des Straßenerhalters zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs, dem Einsatz von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Müllabfuhr oder dem Einsatz von Fahrzeugen eines Linienverkehrsunternehmens zur Aufrechterhaltung des regelmäßigen Linienverkehrs dienen, sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres und mit selbstfahrenden landwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen und Fahrten im Ortsgebiet an den letzten beiden Samstagen vor dem 24. Dezember. Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für die Beförderung von Großvieh auf Autobahnen.
5.1. Der Berufungswerber hat daher mit dieser Fahrt die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.
Das Verfahren hat auch keine Umstände hervorgebracht, welche das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.
5.2. Zur Strafzumessung:
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
5.2.1. Wenn hier die Behörde im Ergebnis die Mindeststrafe (218 Euro) verhängte, kann selbst angesichts des zwischenzeitig zusätzlich zum Tragen kommenden Milderungsgrundes der überlangen Verfahrensdauer, ein Ermessensfehler nicht erblickt werden.
Für die Anwendung des § 20 oder § 21 VStG (außerordentliches Milderungsrecht, absehen vom Strafausspruch bzw. Ausspruch einer Ermahnung) findet sich hier keine Grundlage.
Das Verschulden ist weder als gering noch sind die Tatfolgen als bloß unbedeutend einzustufen.
II. Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von € 220,-- zu entrichten.
Dr. B l e i e r