Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522841/2/Br/Th

Linz, 02.05.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 26.4.2011, Zl. FE-361/2011, zu Recht:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; der Berufungswerber hat ab Zustellung dieses Bescheides seinen Führerschein unverzüglich der Behörde erster Instanz abzuliefern.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 7 Abs.1 Z1 u. Abs.3 Z9 iVm § 24 Abs.1 Z1, § 25 Abs.3, § 30 Abs.3 u. § 32 Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010;

§ 67d Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I
Nr. 111/2010.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat dem Berufungswerber mit dem o.a. Bescheid

1.) die von ihr am 6.3.2008, unter ZI. 08091610 für die Klassen B, C, E, F erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen;

2.) dem Berufungswerber ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, verboten;

3.) ihm das Recht abgesprochen, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und

 

 

4.) dem Berufungswerber aufgetragen den Führerschein unverzüglich ab Rechtskraft des Bescheides bei der Behörde abzuliefern.

Gestützt wurde diese Entscheidung auf die  §§ 7, 24, 25, 29, 30, 32 FSG.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus:

" Gem. § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Diese Voraussetzungen sind: Verkehrszuverlässigkeit, gesundheitliche Eignung und fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

 

Gem. § 30 Abs. 1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen. Für die Aberkennung ist die Behörde zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Führerscheinbesitzer seinen Aufenthalt hat; sie hat den Führerschein abzunehmen und bis zum Ablauf der festgesetzten Frist oder bis zur Ausreise des Besitzers zurückzubehalten, falls nicht gem. Abs. 2 vorzugehen ist. Hat der betroffene Lenker keinen Wohnsitz in Österreich, ist seiner Wohnsitzbehörde auf Anfrage von der Behörde, die das Verfahren durchgeführt hat, Auskunft über die Maßnahme der Aberkennung zu erteilen.

 

Gem. § 30 Abs. 3 FSG betrifft das Verfahren gemäß Abs. 1 den Besitzer einer in einem EWR-Statt erteilten Lenkberechtigung, der seinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, so hat die Behörde eine Entziehung auszusprechen und den Führerschein des Betroffenen einzuziehen und der Ausstellungsbehörde zurückzustellen. Die Behörde hat auch die Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR-Staates anzuordnen, wenn eine Person mit Wohnsitz in Österreich eine solche Lenkberechtigung zu einem Zeitpunkt erlangt hat, in dem in Österreich bereits die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen war. In diesem Fall ist die Lenkberechtigung bis zu jenem Zeitpunkt zu entziehen, zu dem die bereits angeordnete Entziehungsdauer endet. Hat eine Person mit Wohnsitz in Österreich, der die Lenkberechtigung in Österreich wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen wurde, trotzdem in einem EWR-Staat eine Lenkberechtigung erworben, so ist diese anzuerkennen, es sei denn, ein gemäß § 24 Abs. 4 eingeholtes amtsärztliches Gutachten bestätigt, dass die gesundheitliche Nichteignung nach wie vor besteht.

 

Gem. § 30 Abs. 4 FSG hat nach Ablauf der Entziehungsdauer der Betroffene einen Antrag auf Ausstellung eines österreichischen Führerscheines gemäß § 15 Abs. 3 oder, falls die

Entziehungsdauer länger als 18 Monate war, auf Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung zu stellen.

 

Gem. § 32 Abs. 1 FSG ist Personen, die nicht im Sinne von § 7 FSG verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26 und 29 FSG entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

Gem. § 7 Abs. 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.      die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.      sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gem. § 7 Abs. 3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

 

eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB, oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat;

 

Gem. § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Am 15.3.2011 langte bei der BPD Linz eine Strafkarte des LG Linz vom 11.3.2011 ein, welcher zu entnehmen ist, dass Sie unter anderem wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 1 StGB rechtskräftig verurteilt worden sind.

Aufgrund dieser Verständigung wurde ein Verfahren zum Entzug der Lenkberechtigung eingeleitet und mit Schreiben der BPD Linz vom 15.3.2011 das Urteil des LG Linz vom 10.3.2011, AZ.: 23 Hv 31/11y angefordert.

 

Diesem Urteil ist unter anderem zu entnehmen, dass Sie schuldig gesprochen wurden, am 24.2.2011 in Linz

1.) eine Frau durch Versetzen von mehreren Schlägen gegen den Kopf, das Gesicht sowie durch das Reißen an ihren Haaren und

2.) einen Mann, indem Sie mit einem Überlebensmesser mit einer 25 cm langen Klinge 3 Mal gegen ihn stießen, somit mit einem solchen Mittel und auf solche Weise, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, wobei er jedoch in Folge Ihrer schweren Alkoholisierung den Stichen ausweichen konnte und Sie das Opfer lediglich einmal mit dem Messer streiften.

 

Sie haben

zu 1.) das Vergehen der versuchten Körperverletzung nach §§15 Abs. 1, 83 Abs. 1 StGB sowie

zu 2.) das Vergehen der versuchten schweren Körperverletzung nach §§ 15 Abs. 1, 83 Abs.1, 84 Abs. 2 Zif. 1 StGB begangen.

 

Sie wurden nach dem Strafsatz des § 107 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 Monaten verurteilt. Gem. § 43 Abs. 3 StGB wurde ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 6 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen. Der unbedingte Teil und zu vollziehende Teil der Freiheitsstrafe beträgt daher 1 Monat.

 

Mildernd bei der Strafbemessung waren Ihr Geständnis, Ihre Unbescholtenheit sowie der teilweise Versuch, erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen.

 

Mit Schreiben vom 29.3.2011 wurden Sie aufgefordert, sich zum beabsichtigten Entzug Ihrer Lenkberechtigung binnen 2 Wochen ab Zustellung zu äußern. In Ihrer Stellungnahme vom 6.4.2011 geben Sie zusammenfassend an, dass sie nach der Haftentlassung wieder als LKW-Fahrer bei der Firma X zu arbeiten begonnen haben. Für Ihren Arbeitsplatz ist Ihr Führerschein unbedingt notwendig, ohne Führerschein würden sie Ihre Arbeit verlieren. Abschließend stellten Sie den Antrag, Ihnen den Führerschein nicht zu entziehen, da Ihr weiteres Fortkommen ohne Arbeitsplatz massiv gefährdet wäre, da Sie für 2 Kinder unterhaltspflichtig sind, Miete für die Wohnung zu bezahlen haben und eine Kreditrate bedienen müssen. Abschließend stellten Sie den Antrag auf ein persönliches Gespräch.

 

Die Behörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Die Kraftfahrbehörde ist an die rechtskräftige Entscheidung eines Gerichtes gebunden. Aufgrund des zitierten Urteiles ist daher davon auszugehen, dass Sie das Vergehen der schweren Körperverletzung begangen haben.

 

Gem. § 7 Abs. 3 Z. 9 FSG liegt bei einer Person die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor, wenn diese Delikte u.a. gem. § 84 bis 87 StGB oder wiederholt gem. § 83 StGB begangen hat. Gem. 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Absatz 1 genannten und im Absatz 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend. Sie haben aufgrund des zitierten Urteiles somit eine bestimmte Tatsache gesetzt, aufgrund derer Ihnen der Gesetzgeber die Verkehrszuverlässigkeit abspricht, unabhängig davon, ob bei der Verwirklichung dieser Tatsache ein Kraftfahrzeug verwendet wurde. Bei der Wertung im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG wurde einerseits berücksichtigt, dass Sie sich seit dieser Straftat (24.2.2011) wohl verhalten haben und dass Sie zurückliegend, zumindest die letzten 10 Jahre, kraftfahrrechtlich nicht negativ in Erscheinung getreten sind. Sowohl in Ihrer Stellungnahme als auch anlässlich Ihrer persönlichen Vorsprache am heutigen Tag zeigten Sie sich einsichtig und Problembewusst und schilderten neuerlich Ihre private und finanzielle Situation.

 

Aus dargelegten Gründen konnte mit der im § 25 Abs. 3 FSG vorgesehene Mindestentzugsdauer das Auslangen gefunden werden.

 

Eine Einstellung des Verfahrens zum Entzug Ihrer Lenkberechtigung war jedoch nicht möglich, da sie laut Urteil unter anderem versucht haben, mit einem Messer auf eine Person wiederholt einzustechen, was als besonders verwerflich anzusehen ist.,

 

Unter Hinweis auf die Judikatur des VwGH muss angeführt werden, dass von Kraftfahrzeuglenkern wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfällen eine nicht zu Gewalttätigkeit neigende Sinnesart verlangt werden muss.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit allfällige berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema.

 

Dass die Entziehung der Lenkberechtigung als Nebenwirkung mittelbar die Erwerbstätigkeit verhindert oder verhindern könnte, ist bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit sowie Festsetzung der Entziehungsdauer rechtlich bedeutungslos.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern.

 

Nach diesem Sachverhalt sind Sie nicht verkehrszuverlässig. Nicht verkehrszuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern ist die Lenkberechtigung zu entziehen bzw. ist das Lenken von Kraftfahrzeugen zu untersagen. Aufgrund der Verwerflichkeit des Verhaltens und der Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die Taten begangen wurden, wird die Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf der festgesetzten Zeit wieder erlangt.

 

Nicht verkehrszuverlässige Lenker von Kraftfahrzeugen stellen eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar. Sie sind daher sofort von der Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrzeuglenker auszuschließen."

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Im Ergebnis führt er darin aus bereits unmittelbar nach der Haftentlassung bei seiner Firma, wo er bereits vier Jahre beschäftigt war, wieder als LKW-Lenker zu arbeiten begonnen zu haben. Er habe eine eigene Wohnung bezogen um Konflikten mit seiner Lebensgefährtin in Zukunft zu vermeiden. Die Anmietung für diese Wohnung bedeute für ihn eine große finanzielle Belastung. Selbst ein nur drei Monate währender Führerscheinentzug würde für ihn den Verlust des Arbeitsplatzes bedeuten. Ebenfalls wäre dadurch der Unterhalt für seine Kinder (360 Euro monatlich) gefährdet. Daher ersuche er im "Gnadenweg" von einem Entzug abzusehen.

 

2.1. Wenngleich dieses Vorbringen durchaus begreiflich und gut nachvollziehbar ist, vermag es ihm dennoch nicht zum Erfolg zu verhelfen.

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.1 u. 4 AVG).

Dem Verfahrensakt angeschlossen finden sich Auszüge aus der Strafanzeige, ein Auszug aus dem Führerscheinregister und eine Ausfertigung des Protokolls- u. Urteilsvermerks des LG Linz v. 10.3.2011, AZ: 23 Hv 31/11y.

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt aus dem sich unstrittig die für die Berufungsentscheidung wesentliche Faktenlage ergibt.

 

4. Zur Sache:

Hier kann in Vermeidung von Wiederholungen grundsätzlich auf den o.a. von der Behörde erster Instanz wiedergegebenen Sachverhalt verwiesen werden.

Die durchaus als brutal zu bezeichnen ausgeführte Straftat lässt auf ein hohes Aggressionspotenzial und damit auch auf eine vorübergehend negative Prognoseeinschätzung auch mit Blick auf das Verkehrsverhalten schließen. Entsprechend hoch fiel auch die gerichtliche Verurteilung mit immerhin sieben Monaten Freiheitsstrafe aus. Selbst wenn sechs Monate bedingt nachgesehen wurden, lässt dies auf eine Sinneshaltung schließen welche zumindest vorübergehend die Verkehrszuverlässigkeit ausschließt.

Dabei wird durchaus das Berufungsvorbringen nicht übersehen, wonach für den Berufungswerber dieser Entzug zusätzlich als Strafe empfunden und er dadurch in seinen beruflichen und wirtschaftlichen Interessen nachteilig betroffen sein wird.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Zur Verkehrszuverlässigkeit nach § 7 Abs.1 u. Abs.3 Z9 FSG:

Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird, oder

  2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 hat gemäß Abs.3 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

         .......

9. eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat;

Der § 7 Abs.3 FSG enthält eine beispielsweise Aufzählung von Verwaltungsübertretungen und gerichtlich strafbaren Handlungen, die als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 7 Abs.1 leg.cit. zu gelten haben und zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit führen können. Aus dem demonstrativen Charakter dieser Aufzählung ergibt sich, dass auch andere - als die im Abs.3 des § 7 leg.cit. genannten - Verhaltensweisen, die geeignet sind, die Verkehrszuverlässigkeit einer Person in Zweifel zu ziehen, eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 leg.cit. bilden können, wenn sie im Einzelfall durch ihre Verwerflichkeit den angeführten strafbaren Handlungen an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen annähernd gleichkommen (vgl. z.B. VwGH 24. April 2001, 99/11/0218). Insofern stellen die im § 7 Abs.3 FSG genannten Tatbestände einen Maßstab für die Qualifizierung anderer Verhaltensweisen als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs.1 dar (vgl. insb. h. Erk. v. 31.3.2010, VwSen-522508/2/Sch/Bb/Th).

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates kommt hier der eintätigen Begehung von Straftaten nach § 107 Abs.1 u. 2 1. Fall StGB und der versuchten Begehung einer schweren Körperverletzung (§ 15 Aabs.1, § 83 Abs.1 u. § 84 Abs.2 Z1 StGB) – was angesichts der Schwere der Tat zu einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten geführt hat – einem Unrechtsgehalt gleich der jedenfalls zur Annahme einer Verkehrszuverlässigkeit von der Zeitdauer eines halben Jahr zwingt.

 

5.1. § 7 Abs.4 FSG:

Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Hier ist daher mit gutem Grund anzunehmen, dass beim Berufungswerber zumindest auch noch für weitere drei Monate fortwährenden Verkehrsunzuverlässigkeit (§ 25 Abs.3 erster Satz FSG) ausgegangen werden muss.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Beurteilung der Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von Personen, die vergleichbare strafbare Handlungen gegen Leib und Leben begangen hatten, schon vielfach beschäftigt.

Das Höchstgericht bemerkt in diesem Zusammenhang wiederholt, dass die Zuordnung der in § 7 Abs. 4 Z3 FSG genannten strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben zu jenen bestimmten Tatsachen, aufgrund welcher gemäß § 7 Abs. 2 leg. cit. auf eine Sinnesart des Betreffenden geschlossen werden kann, deretwegen er sich weiterer schwerer strafbaren Handlungen schuldig machen wird, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert würden, wenn auch nicht in verallgemeinernder Form, grundsätzlich zulässt ist.

Die Begehung der beispielsweise in § 7 Abs. 4 Z3 FSG angeführten strafbaren Handlungen lässt auf eine Sinnesart schließen, aufgrund derer auch anzunehmen ist, dass der Betreffende im Sinne des § 7 Abs.1 FSG beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden werde, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr. Es gilt daher den Standpunkt zu vertreten, welcher von Kraftfahrzeuglenkern wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt (Hinweis auf VwGH 27. Mai 1999, Zlen. 98/11/0136 und 98/11/0198). Dies hat wohl im engen sachlichen u. zeitlichen Zusammenhang mit einer Tat erfolgen.

Der Schluss der belangten Behörde im Rahmen ihrer Wertung zum Nachteil des Beschwerdeführers ob der begangenen Delikte auf dessen "gefährliche Sinnesart zur Begehung von Gewaltdelikten" zu schließen ist hier objektiv durchaus gegeben.

Seit der Begehung der zur strafrechtlichen Beurteilung führenden Tathandlung sind erst zweieinhalb Monate verstrichen. Der hier ausgesprochenen Entzugsdauer liegt die Annahme einer insgesamt nur sechs Monate währenden Verkehrsunzuverlässigkeit zu Grunde. Vor dem Hintergrund des Tatunwertes und der Tatschuld war der erstinstanzlichen Beurteilung der Dauer einer anzunehmenden Verkehrsunzuverlässigkeit sachlich nicht entgegen getreten werden (VwGH 20.2.2001, 2000/11/0260).

 

Abschließend ist noch zu bemerken, dass wirtschaftliche Interessen an der Mobilität gegenüber dem öffentlichen Interesse, nur verkehrszuverlässige Lenker am Verkehr teilnehmen zu lassen, zurückzutreten haben bzw. grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind (VwGH 19.3.2001, 99/11/0328 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0166).

Weder von der Berufungsbehörde noch von der Behörde erster Instanz wurde übersehen, dass dies für den Berufungswerber auch mit nachteiligen persönlichen bzw. wirtschaftlichen Folgen verbunden ist. Ein Gnadenrecht ist dem Führerscheingesetz fremd.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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