Linz, 02.05.2011
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 26.4.2011, Zl. FE-361/2011, zu Recht:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; der Berufungswerber hat ab Zustellung dieses Bescheides seinen Führerschein unverzüglich der Behörde erster Instanz abzuliefern.
Rechtsgrundlagen:
§ 7 Abs.1 Z1 u. Abs.3 Z9 iVm § 24 Abs.1 Z1, § 25 Abs.3, § 30 Abs.3 u. § 32 Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010;
§ 67d Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I
Nr. 111/2010.
Entscheidungsgründe:
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus:
2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Im Ergebnis führt er darin aus bereits unmittelbar nach der Haftentlassung bei seiner Firma, wo er bereits vier Jahre beschäftigt war, wieder als LKW-Lenker zu arbeiten begonnen zu haben. Er habe eine eigene Wohnung bezogen um Konflikten mit seiner Lebensgefährtin in Zukunft zu vermeiden. Die Anmietung für diese Wohnung bedeute für ihn eine große finanzielle Belastung. Selbst ein nur drei Monate währender Führerscheinentzug würde für ihn den Verlust des Arbeitsplatzes bedeuten. Ebenfalls wäre dadurch der Unterhalt für seine Kinder (360 Euro monatlich) gefährdet. Daher ersuche er im "Gnadenweg" von einem Entzug abzusehen.
2.1. Wenngleich dieses Vorbringen durchaus begreiflich und gut nachvollziehbar ist, vermag es ihm dennoch nicht zum Erfolg zu verhelfen.
3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.1 u. 4 AVG).
Dem Verfahrensakt angeschlossen finden sich Auszüge aus der Strafanzeige, ein Auszug aus dem Führerscheinregister und eine Ausfertigung des Protokolls- u. Urteilsvermerks des LG Linz v. 10.3.2011, AZ: 23 Hv 31/11y.
Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt aus dem sich unstrittig die für die Berufungsentscheidung wesentliche Faktenlage ergibt.
4. Zur Sache:
Hier kann in Vermeidung von Wiederholungen grundsätzlich auf den o.a. von der Behörde erster Instanz wiedergegebenen Sachverhalt verwiesen werden.
Die durchaus als brutal zu bezeichnen ausgeführte Straftat lässt auf ein hohes Aggressionspotenzial und damit auch auf eine vorübergehend negative Prognoseeinschätzung auch mit Blick auf das Verkehrsverhalten schließen. Entsprechend hoch fiel auch die gerichtliche Verurteilung mit immerhin sieben Monaten Freiheitsstrafe aus. Selbst wenn sechs Monate bedingt nachgesehen wurden, lässt dies auf eine Sinneshaltung schließen welche zumindest vorübergehend die Verkehrszuverlässigkeit ausschließt.
Dabei wird durchaus das Berufungsvorbringen nicht übersehen, wonach für den Berufungswerber dieser Entzug zusätzlich als Strafe empfunden und er dadurch in seinen beruflichen und wirtschaftlichen Interessen nachteilig betroffen sein wird.
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
Zur Verkehrszuverlässigkeit nach § 7 Abs.1 u. Abs.3 Z9 FSG:
Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird, oder
2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 hat gemäß Abs.3 insbesondere zu gelten, wenn jemand:
.......
9. eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat;
Der § 7 Abs.3 FSG enthält eine beispielsweise Aufzählung von Verwaltungsübertretungen und gerichtlich strafbaren Handlungen, die als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 7 Abs.1 leg.cit. zu gelten haben und zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit führen können. Aus dem demonstrativen Charakter dieser Aufzählung ergibt sich, dass auch andere - als die im Abs.3 des § 7 leg.cit. genannten - Verhaltensweisen, die geeignet sind, die Verkehrszuverlässigkeit einer Person in Zweifel zu ziehen, eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 leg.cit. bilden können, wenn sie im Einzelfall durch ihre Verwerflichkeit den angeführten strafbaren Handlungen an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen annähernd gleichkommen (vgl. z.B. VwGH 24. April 2001, 99/11/0218). Insofern stellen die im § 7 Abs.3 FSG genannten Tatbestände einen Maßstab für die Qualifizierung anderer Verhaltensweisen als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs.1 dar (vgl. insb. h. Erk. v. 31.3.2010, VwSen-522508/2/Sch/Bb/Th).
Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates kommt hier der eintätigen Begehung von Straftaten nach § 107 Abs.1 u. 2 1. Fall StGB und der versuchten Begehung einer schweren Körperverletzung (§ 15 Aabs.1, § 83 Abs.1 u. § 84 Abs.2 Z1 StGB) – was angesichts der Schwere der Tat zu einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten geführt hat – einem Unrechtsgehalt gleich der jedenfalls zur Annahme einer Verkehrszuverlässigkeit von der Zeitdauer eines halben Jahr zwingt.
5.1. § 7 Abs.4 FSG:
Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Hier ist daher mit gutem Grund anzunehmen, dass beim Berufungswerber zumindest auch noch für weitere drei Monate fortwährenden Verkehrsunzuverlässigkeit (§ 25 Abs.3 erster Satz FSG) ausgegangen werden muss.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Beurteilung der Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von Personen, die vergleichbare strafbare Handlungen gegen Leib und Leben begangen hatten, schon vielfach beschäftigt.
Das Höchstgericht bemerkt in diesem Zusammenhang wiederholt, dass die Zuordnung der in § 7 Abs. 4 Z3 FSG genannten strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben zu jenen bestimmten Tatsachen, aufgrund welcher gemäß § 7 Abs. 2 leg. cit. auf eine Sinnesart des Betreffenden geschlossen werden kann, deretwegen er sich weiterer schwerer strafbaren Handlungen schuldig machen wird, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert würden, wenn auch nicht in verallgemeinernder Form, grundsätzlich zulässt ist.
Die Begehung der beispielsweise in § 7 Abs. 4 Z3 FSG angeführten strafbaren Handlungen lässt auf eine Sinnesart schließen, aufgrund derer auch anzunehmen ist, dass der Betreffende im Sinne des § 7 Abs.1 FSG beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden werde, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr. Es gilt daher den Standpunkt zu vertreten, welcher von Kraftfahrzeuglenkern wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt (Hinweis auf VwGH 27. Mai 1999, Zlen. 98/11/0136 und 98/11/0198). Dies hat wohl im engen sachlichen u. zeitlichen Zusammenhang mit einer Tat erfolgen.
Der Schluss der belangten Behörde im Rahmen ihrer Wertung zum Nachteil des Beschwerdeführers ob der begangenen Delikte auf dessen "gefährliche Sinnesart zur Begehung von Gewaltdelikten" zu schließen ist hier objektiv durchaus gegeben.
Seit der Begehung der zur strafrechtlichen Beurteilung führenden Tathandlung sind erst zweieinhalb Monate verstrichen. Der hier ausgesprochenen Entzugsdauer liegt die Annahme einer insgesamt nur sechs Monate währenden Verkehrsunzuverlässigkeit zu Grunde. Vor dem Hintergrund des Tatunwertes und der Tatschuld war der erstinstanzlichen Beurteilung der Dauer einer anzunehmenden Verkehrsunzuverlässigkeit sachlich nicht entgegen getreten werden (VwGH 20.2.2001, 2000/11/0260).
Abschließend ist noch zu bemerken, dass wirtschaftliche Interessen an der Mobilität gegenüber dem öffentlichen Interesse, nur verkehrszuverlässige Lenker am Verkehr teilnehmen zu lassen, zurückzutreten haben bzw. grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind (VwGH 19.3.2001, 99/11/0328 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0166).
Weder von der Berufungsbehörde noch von der Behörde erster Instanz wurde übersehen, dass dies für den Berufungswerber auch mit nachteiligen persönlichen bzw. wirtschaftlichen Folgen verbunden ist. Ein Gnadenrecht ist dem Führerscheingesetz fremd.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Dr. B l e i e r