Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252783/10/Py/Pe

Linz, 12.07.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung der Frau x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels  vom 24. März 2011, GZ:BZ-Pol-77074-2010, wegen Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Juni 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Die Berufungswerberin hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 73 Euro, d.s. 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 24. März 2011, GZ: BZ-Pol-77074-2010, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 111 iVm § 33 Abs.1 und 1a Allgemeines Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. 218/1975 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 36,50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der Firma x, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, zu verantworten:

 

Die o.a. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs.1 ASVG den Arbeitnehmer x, geb. x am 18.03.2010 ab 09 Uhr in x, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit als Arbeiter gegen Entgelt € 10/Stunde) beschäftigt.

Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgeltes lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs.2 ASVG.

Obwohl dieser Dienstnehmer daher von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG nicht ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung, bei der Oö. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund der Aktenlage und der Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels als erwiesen anzusehen ist. Eine Glaubhaftmachung, dass die Beschuldigte an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, ist ihr auch durch die Rechtfertigung vom 7. März 2011 nicht gelungen.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird festgestellt, dass das Verschulden der Beschuldigten geringfügig und die Folgen unbedeutend sind, Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 1. April 2011. Darin führt die Bw aus, dass von der belangten Behörde der Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt wurde. Wäre die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen, wäre sie jedenfalls zu der Feststellung gelangt, dass kein Dienstverhältnis im Sinn des ASVG vorliegt. Dazu wird erneut festgehalten, dass im vorliegenden Fall ein Werkvertrag vorliegt und somit kein Dienstverhältnis. Der gegenständliche Werkvertrag bezeichnet in aller Deutlichkeit den Umfang des Werkes sowie die Frist, in der dieses Werk zu erbringen ist. Darüber hinaus ist im Werkvertrag ausdrücklich festgehalten, dass der Werkunternehmer insbesondere hinsichtlich der konkreten Ausführungsmethoden und der Gestaltung und Dauer seiner selbstständigen Tätigkeit weisungsfrei ist. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Tätigkeiten des Herrn x, am 18. März 2010, ist festzuhalten, dass dieser bei der Erfüllung seiner im Werkvertrag festgelegten Werkleitung angetroffen wurde, welche Tätigkeit auch ausdrücklich im Rahmen des von ihm angemeldeten Gewerbes umfasst ist. Darüber hinaus war Herr x gemäß dem gegenständlichen Werkvertrag verpflichtet, selbst für die Erstattung der gesetzlichen Steuern und Abgaben zu sorgen und die Beiträge der gesetzlichen Sozialversicherung bei der Gewerblichen Sozialversicherungsanstalt zu entrichten.

 

3. Mit Schreiben vom 5. April 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Juni 2011, die aufgrund des sachlichen Zusammenhangs der den Verfahren zugrundeliegenden Verwaltungsübertretungen gemäß § 51e Abs.7 VStG mit der im Berufungsverfahren wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zu VwSen-252729 anberaumten mündlichen Berufungsverhandlung durchgeführt wurde. An dieser Verhandlung haben der Rechtsvertreter der Bw sowie ein Vertreter des Finanzamtes Grieskirchen Wels als Parteien teilgenommen. Als Zeugen wurden der gegenständliche ausländische Staatsangehörige sowie ein an der Kontrolle beteiligter Beamte der Finanzpolizei Grieskirchen Wels einvernommen. Zur Befragung des ausländischen Zeugen wurde eine Dolmetscherin der Verhandlung beigezogen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bw ist handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma x.

 

Am 18. März 2010 wurde der ungarische Staatsangehörige x, geb. am x, bei gärtnerischen Hilfstätigkeiten (Unkraut jäten, Entfernung des Laubes) am Grünstreifen des Betriebsgeländes der Firma x entlang der Osttangente Wels beobachtet. Die Arbeiten wurden von ihm gemeinsam mit Herrn x, einem Arbeitnehmer der Firma x, durchgeführt.  Herr x sollte dafür als Entgelt einen Stundenlohn in Höhe von 10 Euro erhalten. Aufgrund der großen Grünflächen am Firmengelände sollten die Arbeiten längere Zeit andauern. Das für die Arbeiten erforderliche Werkzeug (Rechen, Besen, Mülltonne) wurde von der Bw beigestellt. Herr x wurde immer dann, wenn Kehrarbeiten, Müllarbeiten oder Reinigungsarbeiten auf dem Gelände durchzuführen waren, von der Bw telefonisch kontaktiert. Wo dann welche Arbeit konkret zu verrichten war, wurde ihm jeweils von der Bw oder deren Bruder mitgeteilt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt mit den darin einliegenden Urkunden und Unterlagen sowie dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 10. Juni 2011.

 

Der in der mündlichen Berufungsverhandlung einvernommene Beamte der Finanzpolizei schilderte glaubwürdig, dass sowohl der gegenständliche ausländische Staatsangehörige als auch der Arbeitnehmer der Firma x von den Kontrollorganen dabei beobachtet wurden, wie sie im Arbeitsverbund aus dem Grünstreifen entlang der Welser Osttangente Laub entfernten und in eine auf dem Gehsteig befindliche Mülltonne warfen. Welche Tätigkeit vom ausländischen Staatsangehörigen zu verrichten war und in welcher Form die Abwicklung zwischen ihm und der Bw erfolgte, geht im Wesentlichen aus dessen Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung hervor (vgl. Tonbandprotokoll Seite 2, Zeuge x: "Ich musste an diesem Tag Unkraut jäten, dort ist ein langer Grünstreifen mit Rosen, und die Reste zusammenkehren und das ganze in Ordnung bringen."). Aus den Schilderungen des Zeugen x geht zudem hervor, dass es sich dabei um einfache Hilfstätigkeiten und keine gärtnerischen Arbeiten gehandelt hat. Entsprechende Wahrnehmungen sind auch der Aussage des Kontrollbeamten zu entnehmen. Der Zeuge x sagte zudem aus, dass besondere Arbeitsmittel für die von ihm verrichtete Tätigkeit nicht erforderlich waren und ihm das verwendete Werkzeug von der Bw zur Verfügung gestellt wurde. Gleichlautende Angaben erfolgten auch durch die Bw anlässlich ihrer Befragung im Zuge der Kontrolle durch die Finanzpolizei. Den Schilderungen des Zeugen x ist auch zu entnehmen, dass er erforderlichenfalls von der Bw hinsichtlich seiner Arbeitsleistungen telefonisch kontaktiert wurde und sich diese im Wesentlichen auf die angeführten Hilfstätigkeiten bezogen. Den Angaben der Bw anlässlich der Kontrolle ist auch zu entnehmen, dass für die Tätigkeit ein Stundenlohn in Höhe von 10 Euro vereinbart war und entweder sie oder ihr Bruder dem ausländischen Staatsangehörigen konkrete Anweisungen gab, wo welche Arbeiten zu verrichten sind. Auch geht aus den in der Berufungsverhandlung vorgelegten Unterlagen nicht hervor, dass der Ausländer tatsächlich Werkleistungen – (vgl. z.B. die Rechnungen über "Be- und Entladeleistungen", also reine Arbeitsleistungen) – als Unternehmer für eine unterschiedlich ständig wechselnde Anzahl von Auftraggebern durchführte. Der Zeuge x konnte zudem keine genauen Angaben über die von ihm diesbezüglich durchgeführten Tätigkeiten machen.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 33 Abs.1a ASVG lautet: Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.    vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.    die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-        mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-        bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 4 Abs.2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 35 Abs.1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinn dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr-)Verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistung Dritter anstelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs.1 Z3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

§ 539a Abs.2 ASVG besagt, dass durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden können.

 

Gemäß § 539a Abs.3 ASVG ist ein Sachverhalt so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

 

5.2. Im gegenständlichen Verfahren verantwortet sich die Bw mit dem Vorbringen, Herr x sei nicht als ihr Dienstnehmer, sondern im Rahmen der Erfüllung eines Werkvertrages tätig gewesen.

 

Wie auch ein Blick auf § 2 Abs.2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes – AuslBG, BGBl. Nr. 208/1975 idgF, zeigt, entspricht der Begriff der Beschäftigung im ASVG im Wesentlichen jenem des AuslBG, der wiederum mit dem Begriff des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertragsrecht identisch ist (vgl. dazu etwa VwGH vom 2. April 2008, Zl. 2007/08/0240; vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0129; vom 4. April 2002, Zl. 99/18/0039).

 

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei einfachen Hilfstätigkeiten der Fall ist), dann ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH vom 3. November 2004, Zl. 2001/09/0129).

 

Wenn sich die Bw darauf beruft, Herr x habe seine Tätigkeit in Erfüllung eines Werkvertrages verrichtet, so sei sie darin erinnert, dass ein Werkvertrag nach ständiger Rechtsprechung vorliegt, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werks gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essentiell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrags. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag.

 

Im gegenständlichen Verfahren sprechen insbesondere folgende Umstände gegen das Vorliegen eines echten Werkvertrages:

 

-        die (Arbeits-)Leistungen wurden von der Bw telefonisch nach Erforderlichkeit abgerufen;

-        es wurden von Herrn x lediglich Hilfsarbeiten verrichtet;

-        dem vorgelegten Werkvertrag ist eine konkrete individualisierte Leistung nicht zu entnehmen;

-        die Arbeiten wurden ausschließlich mit Material bzw. Werkzeug der Bw durchgeführt;

-        die Arbeiten wurden im Arbeitsverbund mit einem Arbeitnehmer der Bw durchgeführt;

-        ein gewährleistungstauglicher Erfolg der Tätigkeit ist nicht erkennbar;

-        die Entlohnung erfolgte aufgrund eines vereinbarten Stundensatzes.

 

Bei den genannten Tätigkeiten handelt es sich daher nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 539a Abs.1 ASVG) um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten. In diesem Fall erübrigt sich auch weitgehend die Erteilung von Weisungen bezüglich des arbeitsbezogenen Verhaltens, weil der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich bei seiner Tätigkeit zu bewegen und zu verhalten hat. Das nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an sich unterscheidungskräftige Merkmal des Weisungsrechtes äußerst sich daher im gegenständlichen Fall in Form von Kontrollrechten ("stille Autorität des Arbeitgebers"; vgl. dazu VwGH vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/08/0026). Im Erkenntnis vom 16. September 2009, Zl. 2009/09/0150, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung zudem die Auffassung vertreten, dass eine Leistung, die bei Vertragsabschluss nicht im Vorhinein eindeutig bestimmt ist, sondern erst nach diesem Zeitpunkt an Ort und Stelle – wie im gegenständlichen Fall durch die Bw bzw. ihren Bruder – festgelegt wird, kein Werk darstellt und somit auch keine Grundlage einer Gewährleistung sein kann.

 

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs.2 erster Satz ASVG gegeben ist, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder (wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung) nur beschränkt. Die für die persönliche Abhängigkeit charakteristische weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Tätigkeit kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch dann vorliegen, wenn der Beschäftigte aufgrund einer Vereinbarung oder der Betriebsübung oder der Art seiner Beschäftigung, Beginn und Dauer der täglichen Arbeitszeit weithin selbst bestimmen kann.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zu vergleichbaren Sachverhalten ausgesprochen, dass einfache Hilfsarbeiten wie das gegenständliche Entfernen von Unkraut aus einem Grünstreifen, auch unabhängig vom Vorhandensein gewerberechtlicher Bewilligungen und der Behauptung von "Werkverträgen" in der festgestellten Konstellation kein selbstständiges Werk darstellen können (vgl. dazu etwa VwGH vom 15. Mai 2009, Zl. 2008/09/0121, mwN). Dass das Vorliegen von Gewebescheinen allein für die Beurteilung einer Tätigkeit als Selbstständige im Hinblick auf die Regelung des § 4 Abs.2 ASVG nicht ausreicht, ist ständige Judikatur.

 

Im Ergebnis ist daher von einer Beschäftigung der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Person als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen. Obwohl die Bw Herrn x am 18. März 2010 in einem Arbeitsverhältnis beschäftigte, hat sie diesen vor Arbeitsantritt nicht zumindest mit den Mindestangaben zur Sozialversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet. Der objektive Sachverhalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Wie die belangte Behörde festgestellt hat, hat die Bw gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht nach § 33 Abs.1 ASVG verstoßen. Sie hat dadurch das Ungehorsamsdelikt der Nichtmeldung von Dienstnehmern zur Sozialversicherung iSd § 5 Abs.1 Satz2 VStG begangen und sie hätte ein mangelndes Verschulden initiativ darlegen müssen. Mit ihrem Vorbringen ist ihr eine Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens nicht gelungen. Sie hat daher zumindest Fahrlässigkeit zu verantworten, was für die Strafbarkeit nach § 111 Abs.1 Z1 iVm § 33 Abs.1 und 1a ASVG genügt.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist der Bw daher auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass die im vorliegenden Fall gegebene Ordnungswidrigkeit gemäß § 111 Abs.1 Z1 ASVG ("Wer Meldungen oder Anzeigen nicht oder nicht rechtzeitig erstattet") ist gemäß § 111 Abs.2 ASVG als Verwaltungsübertretung grundsätzlich mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro zu bestrafen, wobei für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen vorgesehen ist. Nach diesem Strafsatz war die gegenständliche Strafe zu bemessen. Die belangte Behörde hat bereits von der in § 111 Abs.2 letzter Satz ASVG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabzusetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind. Im Ergebnis hat die belangte Behörde daher im Rahmen ihrer Strafbemessung dem geringen Unwertgehalt bereits ausreichend Rechnung getragen und erscheint die von der belangten Behörde festgesetzte Strafhöhe angemessen und erforderlich, der Bw die Unrechtmäßigkeit ihres Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

7. Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen. Bei diesem Ergebnis war gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ein weiterer Kostenbeitrag in Höhe von 73 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vom 19.10.2011, Zl. 2011/08/0308-4

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum