Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252649/2/Gf/Mu

Linz, 21.07.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des Finanzamtes Grieskirchen-Wels
gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 2. November 2010, Zl. SV96-63-2010, wegen Einstellung eines aus Anlass einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens (mitbeteiligte Partei: x) zu Recht:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 2. November 2010, Zl. SV96-63-2010, wurde das gegen die mitbeteiligte Partei aus Anlass einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ihr wurde ursprünglich zur Last gelegt, als Mitbetreiberin einer landwirtschaftlichen Liegenschaft am 26. März 2010 auf ihrem Anwesen eine Person mit dem Entfernen von Schalungsplatten gegen Entgelt beschäftigt zu haben, ohne dass diese zuvor von ihr beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei, wodurch eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 33/2009 (im Folgenden: ASVG), begangen und dadurch der Tatbestand des § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG verwirklicht worden sei – geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass ihr Ehegatte in dem gegen ihn geführten Strafverfahren die der mitbeteiligten Partei angelastete Übertretung bereits eingestanden habe. Da das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass de facto nur deren Gatte dem Beschäftigten gegenüber als Dienstgeber in Erscheinung getreten sei, sei somit das auch gegen sie geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen gewesen.

1.2. Gegen diesen der Amtspartei am 5. November 2010 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 15. November 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass sich auch aus dem Bauern-Sozialversicherungsge­setz ergebe, dass dann, wenn mehrere Personen einen Betrieb führen, - im Gegensatz zu dessen Angehörigen – sämtliche Betriebsführer die gleichen Rechte und Pflichten hätten.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Grieskirchen zu Zl. SV96-63-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S.d. ASVG u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG ist nach § 4 Abs. 2 leg.cit. anzusehen, wer in
einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG stehen den Dienstnehmern i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG u.a. Personen, die sich auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, dann gleich, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG versichert sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist nach § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall fehlt – wie auch die belangte Behörde zutreffend konstatiert hat – jeglicher Beleg für eine Dienstgebereigenschaft der mitbeteiligten Partei i.S.d. § 35 Abs. 1 ASVG.

 

Den einzigen diesbezüglichen Hinweis bildet nämlich ein der Anzeige ("Strafantrag") des Finanzamtes Grieskirchen-Wels vom 6. April 2010, Zl. 054/76085/20/2010, beigelegter Grundbuchauszug bezüglich der EZ, GB, vom 31. März 2010, aus dem hervorgeht, dass u.a. das verfahrensgegenständliche Grundstück zur Hälfte im Eigentum der mitbeteiligten Partei (und zur anderen Hälfte im Eigentum ihres Gatten) steht.

 

Allein aus dem Eigentumsrecht einer Person ergibt sich aber nicht zwangsläufig auch deren Dienstgebereigenschaft i.S.d. § 35 Abs. 1 ASVG, im Gegenteil: Wie sich aus dem Text dieser Bestimmung zweifelsfrei ergibt, stellt diese in keiner Weise auf das Eigentum, sondern darauf ab, auf wessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, zu dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht.

 

Daher bedarf es zu einer Strafbarkeit gemäß § 111 Abs. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG entsprechend stichhaltiger Belege dafür, dass und inwiefern der Beschuldigte als Dienstgeber gehandelt hat.

 

Solche fehlen hier schon deshalb, weil nicht einmal ein Nachweis dafür vorliegt, dass die mitbeteiligte Partei – wie in der Berufung vorgebracht – als "Betriebsführerin" i.S.d. Bauern-Sozialversicherungsgesetzes anzusehen ist, ganz abgesehen davon, dass sich sowohl aus der von der Amtspartei am 26. März 2010 erstellten Niederschrift als auch aus deren Anzeige vom 6. April 2010 dezidiert ergibt, dass der Dienstnehmer während eines zudem bloß knapp 1 Stunde (nämlich am 26. März 2010 von 7:00 Uhr bis 8:00 Uhr) währenden Beschäftigungsverhältnisses ausschließlich mit dem Ehegatten der mitbeteiligten Partei, nicht jedoch auch mit ihr selbst in Kontakt stand.

3.3. Mangels erwiesener Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens der mitbeteiligten Partei erfolgte daher die von der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG vorgenommene Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu Recht, weshalb die gegen den angefochtenen Bescheid vom Finanzamt Grieskirchen-Wels erhobene Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

VwSen-252649/2/Gf/Mu vom 21. Juli 2011

 

Erkenntnis

 

ASVG §35 Abs1

 

 

Der Umstand der Eintragung als Hälfteeigentümerin im Grundbuch bildet noch keinen stichhaltigen Nachweis dafür, dass die Beschuldigte auch (in gleicher Weise wie ihr Gatte) als Dienstgeberin iSd § 35 Abs1 ASVG fungiert hat.

 

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