Linz, 23.08.2011
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. am X, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 23. September 2010, Zl. 1-1006122/FP/10, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass das Einreiseverbot mit 7 Jahren festgesetzt wird.
Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs. 4 AVG
Entscheidungsgründe:
Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Bescheid vom 23. September 2010, Zl. 1-1006122/FP/10, gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 60 Abs 1 iVm Abs 2 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und gem. § 64 FPG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid ausgeschlossen. Das Aufenthaltsverbot stützt sich auf die strafrechtliche Verurteilung durch das LG Wels vom 10. Februar 2010, rechtskräftig seit 14. Juni 2010, wegen näher genannter Verbrechen/Vergehen nach dem StGB und dem WaffG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten. Die BPD analysierte eingehend die dem Urteil zugrunde liegenden Taten und argumentierte, das Aufenthaltsverbot sei zur Erreichung von in Artikel 8 Abs 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten. Der Bw sei ledig und habe keine Kinder. Er halte sich seit 23. September 2009 illegal im Bundesgebiet auf, gehe keiner legalen Beschäftigung nach und sei weder kranken- noch sozialversichert. Von einer beruflichen Integration könne daher nur in einem geringen Umfang ausgegangen werden, da seine Tätigkeiten vor der Inhaftierung immer wieder von Notstandshilfe, Überbrückungshilfe und Arbeitslosengeldbezug unterbrochen worden seien.
Dagegen richtet sich die Berufung vom 11. Oktober 2010. Der Bw beantragt darin, die Berufungsbehörde möge den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 23. September 2010 dahingehend abändern, dass das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot auf 10 Jahre aufgehoben wird und das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn einstellen, in eventu die Aufenthaltsverbotsdauer angemessen herabsetzen sowie der ggst. Berufung die aufschiebende Wirkung zuerkennen, in eventu den ggst. Bescheid zur Gänze beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Erstinstanz zurückverweisen.
Der Bw argumentierte, er sei vom 7. April 2009 bis 10. Februar 2010 in Haft gewesen und habe keine Möglichkeit gehabt, einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nachzugehen. Es sei ihm nicht möglich gewesen, rechtzeitig einen Verlängerungsantrag hinsichtlich seiner ausgelaufenen Niederlassungsbewilligung zu stellen, da er sich in der Justizanstalt Ried i.I. in Einzelhaft befunden und keinen Zugang zu einer adäquaten Rechtsberatung gehabt hätte. Seine gesamte Familie, sprich Eltern, Geschwister etc. seien seit vielen Jahren in Österreich aufhältig und hätten diese hier einen fixen Aufenthaltstitel. Er lebe zusammen mit seinen Eltern in X und sei zur Gänze auf deren finanzielle Unterstützung angewiesen. Er sei ledig, habe keine eigenen Kinder und habe immer im Familienverband mit seinen Eltern und Geschwistern gelebt. Es sei für ihn nicht vorstellbar, nach Mazedonien völlig auf sich gestellt zurückzukehren, da er dort keine Familienangehörigen, keine Unterkunft, keine Arbeit haben würde und in ein existentielles Loch fallen würde. Seine gesamte Familie würde sich in Österreich befinden und er habe niemanden, der ihn in Mazedonien auffangen würde.
Die Bundespolizeidirektion Wels hat der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich den Verfahrensakt zur Entscheidung übermittelt. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG, BGBl. I Nr. 38/2011, in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich dem Verwaltungssenat den Akt zuständigkeitshalber übermittelt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits feststeht, ist eine mündliche Verhandlung gem. § 67d Abs. 1 AVG nicht erforderlich.
Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:
Der Bw wurde am 6. Mai 1984 geboren und ist Staatsangehöriger von Mazedonien.
Am 27. Juni 2001 stellte er beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, einen Asylantrag. Auf Grund seiner Angaben im Asylverfahren steht fest, dass er am 24. Juni 2001 illegal per Autobus in das Bundesgebiet eingereist ist. Das Bundesasylamt hat dem Asylantrag keine Folge gegeben. Mit Zurückziehung der dagegen erhobenen Berufung wurde der Bescheid des Bundesasylamtes am 12. März 2003 rechtskräftig.
Am 8. September 2003 stellte der Bw einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger – Österreicher" im Sinn des § 49 Abs. 1 FrG. Zusammenführender war sein Vater X, der seit 5. September 2003 österreichischer Staatsbürger ist.
Vom 9. September 2003 bis 22. September 2009 verfügte der Bw durchgehend über Aufenthaltstitel, zuletzt über eine Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "unbeschränkt", gültig vom 23. September 2008 bis 22. September 2009.
Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 4. November 2008, GZ. IKT(Stb)-430800/4-2008-Dor, wurde das Ansuchen des Bw um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft abgewiesen.
Der Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels wurde erst am 11. Februar 2010, somit verspätet, gestellt.
Das Bezirksgericht Wels hat mit Urteil vom 8. September 2004, Zl. 15 U 276/03w, zu Recht erkannt:
"
Das Landesgericht Wels hat mit Urteil vom 10. Februar 2010, Zl. 15 Hv 173/09y-307, zu Recht erkannt:
"I.) X, X und X sind schuldig;
Aus den Entscheidungsgründen des Urteils geht hervor, dass der Erstangeklagte X der Bruder des Berufungswerbers ist. Der Drittangeklagte X ist der Cousin des Erstangeklagten bzw. des Berufungswerbers.
Bezüglich des Bw wurde als mildernd gewertet: Die bisherige Unbescholtenheit, der Umstand, dass die Daten teilweise beim Versuch blieben, die teilweise tatsachengeständige Verantwortung. Als erschwerend wurde gewertet: Das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen.
Das Oberlandesgericht Linz hat mit Urteil vom 14. Juni 2010, Zl. 10 Bs 166/10y, der Berufung der Staatsanwaltschaft Wels Folge gegeben und das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 10. Februar 2010 in seinen Strafaussprüchen dahin abgeändert, dass die verhängten Freiheitsstrafen bei X auf 3 Jahre, beim Bw auf 15 Monate und X auf 12 Monate erhöht werden. Weiters wurde beim Bw ein Strafrest von 4 Monaten , 27 Tagen, 1 Stunde und 43 Minuten und X ein Strafrest von 1 Monat, 27 Tagen, 2 Stunden und 2 Minuten jeweils unter Bestimmung einer 3-jährigen Probezeit, bedingt nachgesehen. Aus der Begründung geht hervor, dass dem Bw der als mildernd gewertete teilweise tatsachengeständigen Verantwortung zu Urteilsfaktum D nur marginales Gewicht zukommt. Erschwerend im Sinn des § 33 Z. 1 StGB sind das Zusammentreffen zweier Verbrechen [Beteiligter zu Urteilsfakten C.I.1.a) und 1.b) mit mehreren Vergehen] zu Urteilsfaktum I.A.); Vergehen des Geldwuchers nach § 154 Abs. 1 StGB, wobei diesem Erschwerungsgrund durch die lange Tatzeit erhöhtes Gewicht zukommt. Schuldaggravierend ist die Tatintensität bei Urteilsfaktum I.A., die sich der gewerbsmäßigen Begehungsweise im Sinn des § 154 Abs. 3 StGB. annähert.
Die Bundespolizeidirektion Wels kündigte dem Bw daraufhin die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes an. Dieser gab dazu am 19. August 2010 vor der BPD Wels Folgendes zu Protokoll:
"
Nun ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die für Einreiseverbote iSd § 54 FPG oder die für Aufenthaltsverbote iSd § 63 Abs 1 FPG bzw § 67 FPG geltenden Bestimmungen des am 1. Juli 2011 in Kraft getretenen Fremdenrechtsänderungsgesetzes (FRÄG), BGBl I Nr. 38/2011, zur Anwendung kommen.
Gegen einen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 52 Abs 1 FPG, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
Mit einer Rückkehrentscheidung wird gemäß § 53 Abs 1 FPG ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 53 Abs 2 FPG , vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens
1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 53 Abs 3 FPG für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird gemäß § 55 Abs 1 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Erlassung des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer von der Behörde vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs 3 FPG einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.
Die Behörde hat gemäß § 55 Abs 4 FPG von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Berufung gemäß § 57 aberkannt wurde.
Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist gemäß § 55 Abs 5 FPG mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.
Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, kann gemäß § 63 Abs 1 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt
1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist gemäß § 57 Abs 1 FPG abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR Bürger, Schweizer Bürger, Begünstigte Drittstaatsangehörige und Familienangehörigen von nicht unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und Österreichern gemäß §§ 65b und 67 FPG haben sich mit Inkrafttreten des FRÄG am 1. Juli 2011 nicht wesentlich geändert.
Da sich die Bw nach Ablauf der zuletzt erteilten Niederlassungsbewilligung "unbeschränkt" nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, kommen im vorliegenden Fall die in den §§ 52 und 53 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 und für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot enthaltenen Bestimmungen zur Anwendung.
In Folge des nicht rechtmäßigen Aufenthaltes ist der Tatbestand für eine Rückkehrentscheidung im Sinn des § 52 Abs. 1 FPG erfüllt. Der Bw wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 14. Juni 2010 zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Der Strafrest von 4 Monaten, 27 Tagen, 1 Stunde und 43 Minuten wurde bedingt nachgesehen. Damit sind die Voraussetzungen für ein höchstens 10jähriges Einreiseverbot gem. § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG gegeben.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs 1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 61 Abs 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Das Aufenthaltsverbot bedeutet zweifelsohne einen Eingriff in das Privatleben des Bw, da dieser bei seinen Eltern wohnt und sich auch Familienangehörige (Cousin, Geschwister) im Bundesgebiet aufhalten.
Der Einwand, es würde sich seine gesamte Familie im Bundesgebiet aufhalten, ist nicht nachvollziehbar, da der Bw noch bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 19. August 2010 angab, seine Tante würde in Mazedonien leben. Zudem ist der Bw erst am 27. Juni 2001 in das Bundesgebiet eingereist und hat daher einen großen Teil seines Lebens in Mazedonien verbracht. Es sind daher durchaus relevante Bindungen zum Heimatstaat iSd § 61 Abs 2 Z 5 FPG gegeben.
Der lange Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet seit 27. Juni 2001 ist Indiz für ein gewisses Ausmaß an Integration. So belegt die Niederschrift vom 19. August 2010, dass der Bw der deutschen Sprache mittlerweile mächtig ist. Im gegebenen Zusammenhang ist insbesondere der Zeitraum von 8. September 2003 bis zur Begehung der vom LG Wels am 10. Februar 2010 abgeurteilten Taten im Herbst 2007 zu berücksichtigen. In dieser Zeit verfügte der Bw zunächst über eine Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger – Österreicher" und im Anschluss daran über Niederlassungsbewilligungen "unbeschränkt". Eine erfolgreiche berufliche Integration ist aber nicht erkennbar, da der Bw seit dem 7. Mai 2009 keiner sozalversicherungspflichtigen Tätigkeit mehr nachgegangen ist.
Bei der Gefährdungsprognose fällt entscheidend ins Gewicht, dass der Bw – wie aus seiner niederschriftlichen Einvernahme am 19. August 2010 hervorgeht – nach wie vor keine Tateinsicht zeigt. Er ist der Ansicht, er sei unschuldig. Es ist nachvollziehbar, dass er einen engen Kontakt zu seiner Familie hält, im vorliegenden Fall ist dies aber insbesondere in Hinblick auf seinen Cousin X und seinen Bruder X als besonders problematisch anzusehen. Der Bw wurde mit diesen beiden gemeinsam am 10. Februar 2010 vom Landesgericht Wels strafrechtlich verurteilt. In Verbindung mit seiner mangelnden Schuldeinsicht ist daher zu befürchten, dass er unter den bestehenden Verhältnissen weiterhin Straftaten begehen wird. Der Umstand, dass der Bw seit 7. Mai 2009 keiner sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen ist, bestärkt diese Annahme. So hat sich der Bw ja schon einmal – wie das LG Wels in seinem Urteil vom 10. Februar 2010 feststellte – zum Nachteil mehrerer Personen durch Wucherzinsen bereichert. Der Bw hat dabei auch zu den von X zu verantwortenden gefährlichen Drohungen beigetragen.
Der Aufenthalt des Bw gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Bei solcher Sachlage ist daher die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu Erreichung von in Artikel 8 Abs 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten. Das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten überwiegt das persönliche Interesse des Bw an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass er den größten Teil seines Lebens außerhalb des Bundesgebietes verbracht hat, ledig ist und keine Kinder hat.
Eine Rückkehrentscheidung ist daher gemäß § 61 Abs 1 FPG zulässig. Bei der Bemessung des Einreiseverbotes war zu beachten, dass der Bw seit seiner Entlassung am 10. Februar 2010 nicht mehr negativ in Erscheinung getreten ist.
Unter dem Blickwinkel des hier maßgeblichen Fremdenrechts ist ein allfälliger Gesinnungswandel eines Straftäters in erster Linie daran zu messen ist, innerhalb welchen Zeitraumes er sich nach der Entlassung aus der Strafhaft in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. VwGH vom 19. Mai 2011, GZ 2008/21/0486). Der seit der Enthaftung verstrichene Zeit ist bei den oben geschilderten Umständen nicht lange genug, um auf einen positiven Gesinnungswandel seiner Einstellung zu den österreichischen Rechtsvorschriften schließen zu können.
Es wird im Fall des Bw ein Wohlverhalten während der Dauer eines 7jährigen Einreiseverbotes abzuwarten sein, um einen nachhaltigen Gesinnungswandel annehmen zu können. Das Einreiseverbot war daher gemäß § 53 Abs 3 FPG mit 7 Jahren neu festzusetzen.
Die BPD Wels hat der Berufung die aufschiebende Wirkung anerkannt. Da sich der Bw nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, war § 64 Abs 2 AVG die maßgebliche Rechtsgrundlage. Die Behörde kann gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Die fehlende Tateinsicht des Bw lässt unter den festgestellten Verhältnissen befürchten, er werde neuerlich Straftaten begehen. Im Ergebnis wurde daher die aufschiebende Wirkung zu Recht aberkannt. Festzuhalten ist, dass mit der Entscheidung der Berufungsbehörde in der Hauptsache der Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung jedenfalls seine Wirkung verloren hat (vgl VwGH vom 7. Juli 2009, GZ 2007/18/0177 und vom 9. März 1995, GZ 92/18/0465).
Die Einräumung einer Frist zur freiwilligen Ausreise iSd § 55 FPG ist in der Übergangsbestimmung des § 125 Abs 16 FPG nicht vorgesehen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise kommt zudem dann nicht in Betracht, wenn die aufschiebende Wirkung einer Berufung aberkannt wurde. Abgesehen davon hatte der Bw mittlerweile ausreichend Zeit, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.
Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Eine Übersetzung des Spruches konnte entfallen, da der Bw – wie aus der Niederschrift vom 19. August 2010 hervorgeht – der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Wolfgang Weigl
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 28. August 2012, Zl.: 2012/21/0224-12