Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522950/5/Kof/Gr

Linz, 28.09.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei X gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. August 2011, AZ: FE-703/2011 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, amtsärztliches Gutachten ua.,
nach der am 26. September 2011 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

Betreffend Punkt 3. (Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens)
ist der erstinstanzliche Bescheid – durch Zurückziehung der Berufung – in Rechtskraft erwachsen.

 

Betreffend die Punkte 1., 2., 4. und 5. des erstinstanzlichen Bescheides (Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot und Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines) wird der Berufung stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009.

Entscheidungsgründe:

Der nunmehrige Berufungswerber (Bw) wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 1. Juli 2011, 37 Hv 77/11s u.a. wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1  2. und  3. Fall SMG als Bestimmungs-täter nach § 12  2. Fall StGB und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach
§ 28 a Abs.1  5. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten – davon zwei Monate unbedingt und sieben Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren – verurteilt.

 

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bw

- im Zeitraum Mitte Jänner 2009 bis Mitte Februar 2011 drei näher bezeichnete Personen dazu bestimmt hat, insgesamt zumindest 1800 bis 2200 Gramm Cannabis von Tschechien nach Österreich einzuführen, wo das Suchtgift dem Bw übergeben wurde und

- den Großteil des nach Österreich in seinem Auftrag geschmuggelten Cannabiskraut teils gewinnbringend an zum Teil namentlich bekannte, zum Teil bislang unbekannte Abnehmer verkauft bzw. ihnen zum Konsum überlassen hat.

 

Betreffend "Kokain" wurde das Verfahren mit Beschluss eingestellt.

 

Die belangte Behörde hat daraufhin mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem Bw gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

1.     die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von drei Monaten –  

     gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides – entzogen

2.     für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines

     Motorfahrrades, vierrädriges Leichtkraftfahrzeuges oder Invaliden-KFZ

     verboten

3.     verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG beizubringen

4.     für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfälligen bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen

5.     verpflichtet, nach Rechtskraft des Entziehungsbescheides den Führerschein der Behörde abzuliefern.

 

Gegen diesen Bescheid - zugestellt am 23. August 2011 – hat der Bw innerhalb offener Frist eine umfangreich begründete Berufung vom 5. September 2011 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Am 26. September 2011 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw sowie dessen Rechtsvertreterin teilgenommen haben.

 

 

Stellungnahme des Berufungswerbers sowie seiner Rechtsvertreterin:

"Ich verweise auf meine schriftlichen Ausführungen

in der Berufung vom 5. September 2011.

Weiters weise ich (nochmals) daraufhin,

dass ich betreffend "Kokain" freigesprochen wurde.

Das Gerichtsurteil bezieht sich daher ausschließlich auf "Cannabis".

Die Bundespolizeidirektion Linz hat im erstinstanzlichen Bescheid (Seite 7, 4 Absatz), ausgeführt, dass `auch Kokain – ein sehr gefährliches Suchtgift – im Spiel war.`

Dies ist – wie bereits dargelegt – unrichtig.

Ich habe mit der Suchtgiftszene sowie meinen damaligen Bekanntenkreis keinen Kontakt mehr.

Aus diesem Grund habe ich mir auch eine Beschäftigung nicht in Linz,

sondern in ..... gesucht und auch bekommen.

Ich bin bei der Firma MT in ...... beschäftigt.  Ich bin Geselle und zwar ".......".

In jener Firma, in welcher ich derzeit beschäftigt bin,

besteht ein "24-Stunden-Betrieb".

Meine Arbeitszeiten sind sowohl am Tag, als auch in der Nacht,

in der Regel ca. acht bis zwölf Stunden je Arbeitstag.

Mein "früheres Leben", insbesondere den Suchtgifthandel,

habe ich endgültig abgeschlossen.

Es besteht kein Risiko,

dass ich wiederum in eine derartige "Szene" geraten könnte.

Weiters versuche ich jede Woche, bei "Point" einen Termin für ein psychotherapeutisches Gespräch zu erhalten.

Bislang war dies – aufgrund meiner unterschiedlichen Dienstzeiten –

noch nicht möglich.

 

Ich bin bereit, ein amtsärztliches Gutachten zum Beweis dafür zu erbringen,

dass ich keinerlei Suchtgift mehr konsumiere.

Betreffend Punkt 3 des erstinstanzlichen Bescheides (Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens) wird daher die Berufung zurückgezogen."

 

Punkt 3.  des erstinstanzlichen Bescheides ist dadurch am 26. September 2011 in Rechtskraft erwachsen. –

Der Bw ist daher verpflichtet, innerhalb von drei Monaten – gerechnet ab Rechtskraft, somit bis spätestens 27. Dezember 2011  – ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B beizubringen.

 

Durch die Begehung eines Verbrechens nach § 28a SMG wird eine "bestimmte Tatsache" iSd § 7 Abs.3 Z.11 FSG verwirklicht, welche zur Entziehung der Lenkberechtigung führen kann.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach dieser Bestimmung sind die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers,
der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen.

 

Zu Gunsten des Bw ist festzustellen, dass

-         die verhängte Strafe von neun Monaten zum Großteil (sieben Monate) unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde

-         er bislang unbescholten war  und

-         er "nur" Cannabis, eine sog. "weiche Droge" in Verkehr gesetzt hat

VwGH vom 20.06.2006, 2003/11/0190 mit Vorjudikatur

 

Für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs.1 Z2 iVm
§ 7 Abs.3 FSG genügt es nicht, dass die Begehung weiterer Straftaten bloß nicht ausgeschlossen werden kann, sondern es muss die Annahme begründet sein, dass der Betreffende sich während des Entziehungszeitraumes "sonstiger schwerer strafbarer Handlungen" schuldig machen wird.

VwGH vom 09.10.2008, 2008/11/0116 mit Vorjudikatur.

 

Von besonderer Bedeutung ist somit, ob der Bw noch Kontakt zur Suchtgiftszene hat oder nicht.

 

Der Bw hat in der Berufung und in der mVh erklärt,

-         er habe zur damaligen "Suchtgiftszene" keinen Kontakt mehr und

-         es bestehe kein Risiko, dass er wiederum in eine derartige "Szene" geraten könnte.

-          

Als "Glaubhaftmachung" dieses Vorbringens hat der Bw sich ausdrücklich
bereit erklärt, ein amtsärztliches Gutachten betreffend seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen und in der mVh
betreffend Punkt 3. des erstinstanzlichen Bescheides die Berufung zurückgezogen.

 

Das Vorbringen des Bw, er habe keinen wie immer gearteten Kontakt zur früheren Suchtgiftszene, ist somit glaubwürdig und die Annahme gerechtfertigt, dass
der Bw sich in Hinkunft iSd § 7 Abs.1 Z2 FSG nicht mehr sonstiger strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

 

Betreffend die Punkte

1.: Entziehung der Lenkberechtigung,

2.: Verbot des Lenkens von in § 32 FSG genannten Kraftfahrzeugen

4.: Lenkverbot – Aberkennung des Rechts von einem allfälligen bestehenden

     ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen  und

5.: Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines

war daher der Berufung stattzugeben und der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben.

 

 

Zu Punkte 1.-5.:

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 18,20 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

 

Beschlagwortung:

 

§§ 7 Abs.1 Z.2 und 7 Abs.4 FSG - Wertung

 

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