Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252657/17/BMa/Th

Linz, 21.11.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des Ing. X, vertreten durch Mag. X, Rechtsanwalt in X vom 16. November 2010, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Freistadt vom 29. Oktober 2010, SV96-10-2010, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. November 2011 zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

  II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sie haben als Gewerbeinhaber und Betreiber (§ 9 Verwaltungsstrafgesetz Verantwortlicher) der Firma Ing. X, X, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs.1 ASVG am 23.02.2010 Herrn X, geb. am X, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt, nämlich 10,00 Euro pro Stunde, am (Kontrollzeitpunkt) 23.02.2010 um 13:34 Uhr (Arbeitsantritt: 23.02.2010 um 08:00 Uhr) auf der Baustelle (Kontrollort) in X, als Maurerhilfsarbeiter beschäftigt. Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Die Höhe des Entgeltes lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs.2 ASVG.

 

Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und als Beschäftigter in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

Die gegenständliche Firma hat somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG verstoßen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§§ 33 Abs.1 iVm 111 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von                        falls diese uneinbringlich ist,                 gemäß

                                               Ersatzfreiheitsstrafe von

730,00 Euro                           2 Tagen                                                  § 111 Abs.2 ASVG i.d.g.F.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

73,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 803,00 Euro."

 

1.2. Begründend wurde im angefochtenen Erkenntnis im Wesentlichen ausgeführt, die Firma des Ing. X sei als Dienstgeber von Herrn X anzusehen, der am 23. Februar 2010 im Zeitraum von zumindest 08.00 Uhr bis 13.45 Uhr auf der Baustelle in X, mit Maurerhilfsarbeiten beschäftigt angetroffen wurde. Eine Meldung an die OÖ. GKK sei nicht erfolgt. Als Entgelt sei 10 Euro pro Stunde vereinbart worden, die Höhe des Entgelts sei über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs.2 ASVG gelegen. Die diesen Feststellungen entgegenstehenden Behauptungen des Bw seien als Schutzbehauptungen zu werten.

 

1.3. Gegen dieses seinem Rechtsvertreter am 4. November 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 18. November 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

1.4. Die Berufung führt im Wesentlichen Verletzung von Verfahrensvorschriften, unschlüssige und unzulässige Beweiswürdigung und mangelhafte Sachverhaltsermittlungen an. Abschließend wurde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zum Zweck der ordnungsgemäßen Sachverhaltsermittlung unter Ladung der Zeugen X und X, in eventu die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Einsicht genommen in den vorgelegten Verwaltungsakt und am 9. November 2011 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Berufungswerbers und seines Rechtsvertreters sowie in Anwesenheit eines Vertreters der Organpartei durchgeführt. Als Zeugen wurden das Kontrollorgan X, weiters X und X einvernommen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender rechtlich relevante Sachverhalt wird festgestellt:

 

X wurde von Frau X beauftragt, auf ihrer Baustelle in X nach dem Rechten zu sehen und diese zu beaufsichtigen. X wohnt ebenso wie Frau X in Naarn, beide haben sich, weil es eine kleine Ortschaft ist, gut gekannt. X war auch immer wieder Gast im Gasthaus der Frau X. Aufgrund einer Verletzung ist der siebzigjährige X beim Arbeiten beeinträchtigt. Frau X wusste nicht, in welchem Umfang Herr X belastbar ist, und hat ihm, damit er in seiner Pension auch wieder eine Aufgabe hat, die Beaufsichtigung ihrer Baustelle übertragen, ohne eine Regelmäßigkeit der Beaufsichtigung oder eine bestimmte Stundenanzahl zu fixieren. Als Gegenleistung hat sie X immer wieder in ihrem Wirtshaus zum Essen und Trinken eingeladen. Ing. X, dessen Firma mit Installationsarbeiten auf der Baustelle von Frau X beauftragt wurde, kannte X durch seine Anwesenheit auf der Baustelle und auch durch Wirtshausbesuche.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass X am 23. Februar 2010 über Auftrag von Ing. X vom 22. Februar 2010 auf der Baustelle der Frau X tätig war.

 

Das anlässlich der Kontrolle ausgefüllte Personenblatt wurde mit Ausnahme des Eintrags des Kontrollorts, des Kontrolltags und der amtlichen Vermerke von Herrn X ausgefüllt. Die Niederschrift vom 23. Februar 2010 wurde Herrn X vor dessen Unterzeichnung vorgelesen. Der betagte und durch einen Unfall beeinträchtigte X war stets bestrebt, sich innerhalb der rechtlichen Normen zu bewegen, die Kontrolle war für ihn eine "unmögliche" Situation (X, Seite 8 des Tonbandprotokolls vom 9. November 2011) und er war während der Kontrolle in einem sehr aufgeregten Zustand.

 

Nach der Kontrolle wurde Herr X von Frau X als Arbeiter  angemeldet und er wird von ihr entlohnt.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass X anlässlich der Kontrolle durch die KIAB am 23.02.2010 seinen späteren Angaben entgegenstehende gemacht hat. Auch in der mündlichen Verhandlung am 9. November 2010 hat er zunächst bestritten, das Personenblatt selbst ausgefüllt zu haben, dies konnte jedoch durch eine Schriftprobe widerlegt werden.

Selbst wenn man den Angaben des X anlässlich der Kontrolle folgen würde, dass er von Ing. X verständigt wurde, Tätigkeiten auf der Baustelle der Frau X durchzuführen, so war er dennoch als Beauftragter der Frau X, nicht jedoch als von Ing. X beauftragt, auf der Baustelle tätig (X, Seite 7 und X, Seite 8 des Tonbandprotokoll vom 9. November 2011).

X hat anlässlich der mündlichen Verhandlung einen einfachen Eindruck hinterlassen, er war pensionierter Arbeiter in einem Ziegelwerk und ist bestrebt, sich gesetzestreu zu verhalten. Dies ergibt sich auch aus der Tatsache, dass er Frau X, nachdem die Kontrolle stattgefunden hat, veranlasst hat, ihn als Arbeiter anzumelden. Die Aussage, dass X aufgrund der Ausnahmesituation der Kontrolle verwirrt war und sich in einer subjektiven Drucksituation befunden hat, ist auch deshalb glaubwürdig, weil X, obwohl seine Schriftprobe in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, dass er das Personenblatt ausgefüllt hat und er dies auch zur Kenntnis genommen hat, dies dennoch bei seiner Befragung immer wieder offensichtlich vergessen und Gegenteiliges behauptet hat. Dazu passt auch, dass der betagte X im Personenblatt anführt, er sei seit 23.02.1910 beschäftigt gewesen. Damit konnten nicht die Ing. X belastenden Angaben des X anlässlich der Kontrolle den Feststellungen zugrunde gelegt werden.

In diesem Zusammenhang ist weiters zu berücksichtigen, dass X in der Folge von Frau X angemeldet wurde und nicht etwa durch Ing. X. Auch dies ist ein Indiz, dass die Aussage der Frau X, sie habe X mit der Beaufsichtigung ihrer Baustelle beauftragt, der Wahrheit entspricht.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

3.3.1. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die im bekämpften Bescheid zitierten relevanten Rechtsvorschriften des ASVG verwiesen.

 

3.3.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Fortführung des Strafverfahrens unter anderem abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

3.3.3. Weil nicht festgestellt werden konnte, dass X gemäß den Bestimmungen des ASVG in einem Dienstverhältnis zur Firma des Ing. X am 23.02.2010 gestanden hat, kann der dem Berufungswerber vorgeworfene Verstoß gegen das ASVG nicht nachgewiesen werden.

Der Berufungswerber war somit freizusprechen.

 

4. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt die Verpflichtung zu Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens des in Beschwerde gezogenen Bescheides. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag.a Bergmayr-Mann

 

 

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