Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166382/4/Br/Th

Linz, 25.10.2011

                                                                                                                                                      

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung des Herrn Mag. X, vertreten durch RA Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 21. September 2011, Zl. S-25396/11-4, zu Recht:

 

 

I.       Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.     Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 7,20 Euro auferlegt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:          § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z4 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010.

Zu II.:         § 64 Abs.1 u.2 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit den oben bezeigten Bescheid wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von 36 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 16 Stunden auferlegt, weil er am 05.05.2011 um 13.11 Uhr, in X, das Kfz, Kz. X, derart abgestellt habe, dass der Lenker eines Lastkraftfahrzeuges der Müllabfuhr (Fa. X) am Zufahren zur Wohnanlage "X" gehindert wurde. Dadurch habe er nach § 23 Abs.1 StVO verstoßen.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:

"Der dem Spruch zugrundeliegende Sachverhalt ist durch die Anzeige der Wohnbaugenossenschaft „X" (Fr. X), ein Lichtbild sowie das behördlich durchgeführte Ermitt­lungsverfahren zweifelsfrei erwiesen. Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwal­tungsübertretung begangen haben.

 

Gegen die Strafverfügung der BPD Linz vom 28.7.2011 erhoben Sie fristgerecht Einspruch und begrün­deten diesen sinngemäß damit, dass es sich bei dem benützten Parkplatz und dem Grundstück, auf welchem Ihre PKW abgestellt war, und einen Privatparkplatz handeln würde, auf welchem die Rechts­vorschriften der Straßenverkehrsordnung nicht Gültigkeit hätten.

Wegen der herrschenden Parkraumnot würden von den Mietern nicht nur die zu den Bestandobjekten gehörigen Garagen und Ab Stellflächen benützt werden, sondern auch die Zufahrtstraße zum eigentli­chen Parkplatz. Bei dieser Zufahrtstraße würde es sich einerseits um ein Privatgrundstück und anderer­seits um keine Grundfläche handeln, welche für den allgemeinen Verkehr zugänglich sei. So sei an der Abgrenzung zum Gehsteig bzw. zum öffentlichen Gut hin die einzige Zu- und Ausfahrt zu den Garagen und Parkplätzen der Bestandobjekte X mit dem Verkehrsschild „Einfahrt verboten" verse­hen. Unter diesem Verbotszeichen würde sich die Zusatztafel „Ausgenommen Mieter" sowie ein Schild mit der Aufschrift „Privatparkplatz" und dem Hinweis, dass unbefugtes Parken gerichtlich geahndet und die Fahrzeuge im Sinne der Bestimmungen des ABGB abgeschleppt werden würden, befinden. Ihrer Ansicht nach würde es sich daher bei der verfahrensgegenständlichen Grundfläche um eine sol­che im Sinne des § 1 Abs. 2 StVO handeln, nämlich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr, auf wel­cher die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht sich nicht erstrecken würden. Die ergäbe sich nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes daraus, dass wenn ein Grund­stückseigentümer die Benützung einer Fläche durch Fremde verboten hat, die für die Qualifikation der Fläche als Straße ohne öffentlichen Verkehr dann relevant wird, wenn die entsprechende Erklärung all­gemein erkennbar, schriftlich oder durch Zeichen am Parkplatz selbst erfolgt sei.

 

Am 12.8.2011 wurde der Lenker des Müllabfuhrlastkraftwagens, der am 5.5.2011 um 13.11 Uhr zur Wohnhausanlage X zufahren wollte, als Zeuge einvernommen. Ergab dabei sinn­gemäß an, dass es im Zuge der Müllentsorgung unumgänglich sei, zwei Mal wöchentlich mit dem LKW in die verfahrensgegenständliche Sackgasse zu fahren. Immer wieder sei es nicht möglich, mit dem LKW in die Gasse zu fahren, da der Fahrbahnrand von diversen PKWs verstellt sei. So sei es auch am 5.5.2011 um 13.11 Uhr gewesen, als die Zufahrt zur Gasse vom PKW mit dem Kennzeichen X verstellt gewesen sei.

 

Mit Schreiben der BPD Linz vom 12.8.2011 wurden Sie aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung sich schriftlich zu rechtfertigen. In diesem Schreiben wurden Sie darauf hingewiesen, dass das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wird, wenn Sie von der Möglichkeit, sich zu rechtfertigen, nicht Gebrauch machen. Das Schreiben wurde Ihnen am 16.8.2011 nachweislich gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz durch Hinterlegung zu eigenen Händen zugestellt, da keine Abwesenheit von der Abgabestelle vorlag. Da bis dato ha. keine Stel­lungnahme eingelangt ist, wird das Verfahren ohne weitere Anhörung durchgeführt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 StVO hat der Lenker das Fahrzeug zum Halten oder Parken unter Bedachtnahme auf die beste Ausnützung des vorhandenen Platzes so aufzustellen, dass kein Straßenbenützer gefähr­det und kein Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder am Wegfahren gehindert wird.

 

Gem. § 99 Abs.3 lit.a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1 a, 1 b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

 

Die Behörde hat dazu erwogen:

In der Sache selbst bestand für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des zugrundeliegenden Sachverhaltes zu zweifeln, zumal dieser durch ein Lichtbild und das behördlich durchgeführte Ermittlungsverfahren einwandfrei festgestellt werden konnte. Somit war für die Behörde erwiesen, dass Sie tatsächlich gegen die angeführte Bestimmung der Straßenverkehrsordnung schuld­haft verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Ihre Einspruchsangabe, dass es sich bei der von Ihnen benützten Abstellfläche für Ihren PKW um einen Privatparkplatz handeln würde, auf welchem die Rechtsvorschriften der StVO keine Gültigkeit hätten begründeten Sie näher dergestalt, dass es sich einerseits um ein Privatgrundstück handeln würde und andererseits um keine Grundfläche, welche für den allgemeinen Verkehr zugänglich sei. Insofern würde es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handeln, auf der sich die Befugnisse der Behörden und der Organe der Straßenaufsicht nicht erstrecken würden.

 

Die Argumentation, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Landfläche um ein Privatgrund­stück handelt, vermag die Anwendbarkeit der Vorschriften der Straßenverkehrsordnung keinesfalls aus­zuschließen, zumal es nach der höchstgerichtlichen Judikatur des VwGH für die Geltung als Straße mit öffentlichem Verkehr nicht auf die Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund ankommt, also nicht darauf, ob die betreffende Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht (VwGH 27.2.2004, 2001/02/0147).

Vielmehr sind für die Wertung einer Landfläche als Straße nach der StVO der Fuß- oder Fahrzeugver­kehr bzw. die tatsächliche Benutzbarkeit der Verkehrsfläche ausschließliche Merkmale (VwGH 16.9.1983, ZfVB 1984/3/1127, VwGH 11.01.1973, ZI. 1921/71 u.v.a.), welche beim verfahrensgegen­ständlichen Tatort zweifelsohne gegeben sind. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Straße ganz oder teilweise im Privateigentum steht, sondern maßgeblich ist, dass die Gemeindestraße von jeder­mann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann (VwGH 11.7.2001, 98/03/0165).

 

Bei der Frage, ob der verfahrensgegenständliche Tatort für den allgemeinen Verkehr zugänglich ist, führten Sie die höchstgerichtlichen Judikatur des VwGH ins Treffen, nach der es für die Qualifikation der Fläche als Straße ohne öffentlichen Verkehr relevant ist, ob die Benützung dieser Fläche durch Fremde verboten wurde und die entsprechende Erklärung dazu allgemein erkennbar, schriftlich oder durch Zei­chen erfolgt ist.

 

Fraglich ist, ob die Benützung der Zufahrtstraße zur Mehrparteienwohnanlage X so­weit allgemein erkennbar beschränkt ist, dass nicht mehr von einer Straße mit öffentlichem Verkehr iSd § 1 Abs. 1 StVO die Rede sein kann:

Eine derartige Beschränkung könnte - wie von Ihnen im Einspruch vom 2.8.2011 angeführt - in dem deutlich sichtbar aufgestellten Verbotszeichen gemäß § 52 lit. a Zif. 2 StVO („Einfahrt verboten") mit der Zusatztafel „ausgenommen Mieter" und der Hinweistafel, dass es sich um einen Privatparkplatz handelt und dass unbefugtes Parken gerichtlich geahndet und die Fahrzeuge im Sinne der Bestimmungen des ABGB abgeschleppt werden würden, liegen.

Dabei muss die Frage beurteilt werden, ob das auf dem Lichtbild deutlich erkennbare Verbotszeichen samt den beiden Zusatztafeln tatsächlich eine Beschränkung des öffentlichen Verkehrs darstellt oder dadurch doch keine Beschränkung des allgemeinen Fahrzeugverkehrs liegt:

 

Für das Vorliegen einer Straße ohne öffentlichen Verkehr kommt es darauf an, ob sich der Verfügungs­berechtigte (für jedermann erkennbar) die individuelle Zulassung bestimmter Personen zum Fahrzeug- und/oder Fußgängerverkehr auf der Straße vorbehält, (vgl. Pürstl/Sommereder, Kommentar zur StVO, § 1 Anm 3).

 

Wird jedoch vom Verfügungsberechtigten die Benützung von Straßen nicht nur einem individuell be­stimmten Personenkreis frei gestellt, sondern allen Personen oder nach generellen Kriterien bestimm­ten Personengruppen (z.B. Hotelgäste, Kunden des Unternehmens, Mieter udgl.), besteht die grund­sätzliche Geltung der Verkehrsregeln nach der StVO.

 

Der Adressatenkreis der Zusatztafel des angebrachten Verbotszeichens „Einfahrt verboten" mit der Auf­schrift „ausgenommen Mieter" umfasst demnach alle Mieter, die aber nicht näher nach Adressen, Haus­blocks oder etwa Hausnummern definiert sind. Daher handelt es sich auch nicht um eine individuelle Zulassung eines bestimmten Personenkreises zum Fahrzeugverkehr auf der verfahrensgegenständli­chen Verkehrsfläche, sondern vielmehr um eine nach generellen Kriterien bestimmte Personengruppe.

 

Anders wäre aus Sicht der erkennenden Behörde die Rechtslage nur dann zu bewerten, wenn die Ein­schränkung der Benützung etwa „ausgenommen Mieter der Häuser X X bis X" lauten würde. Dann wäre der Adressatenkreis für die Benützung der Verkehrsfläche vom Verfügungsberech­tigten so weit eingeschränkt, dass daraus ableitbar wäre, dass es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt.

Die Zusatztafel „ausgenommen Mieter" zum Verbotszeichen „Einfahrt verboten" umfasst aber aus den oben dargelegten Erwägungen nicht einen hinreichend eingeschränkten Personenkreis, und lässt daher die verfahrensgegenständliche Verkehrsfläche nicht als Straße ohne öffentlichen Verkehr gem. § 1 Abs. 2 StVO gelten.

In diesem Sinne erging auch die Entscheidung des VwGH 85/02/122 vom 25.4.1985, wonach die Ein­schränkung der Benützungsart auf einen bestimmten Personenkreis alleine der Straße nicht den Cha­rakter einer öffentlichen Verkehrsfläche entzieht, da bei einer solchen Auslegung diese Folge immer schon dann eintreten würde, wenn zB Zufahrts-, Park- oder Haltebeschränkungen zugunsten eines sachlich oder persönlich umschriebenen Kreises von Benutzern durchbrochen werden.

 

Auch die zweite Hinweistafel - wonach es sich um einen Privatparkplatz handelt und unbefugtes Parken gerichtlich geahndet wird und die Fahrzeuge im Sinne der Bestimmungen des ABGB abgeschleppt wer­den - enthält keinerlei Hinweis auf eine derartig individuelle Benützungseinschränkung der Verkehrsflä­che, sondern weist vielmehr auf die Privatrechtsfolgen beim unbefugten Benützen der Privatparkplätze hin.

 

Was die subjektive Tatseite betrifft, ist anzuführen, dass gem. § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrläs­siges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes be­stimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt des Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verlet­zung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im gegenständlichen Fall liegt ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt vor und tritt somit eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde ledig­lich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die­se Glaubhaftmachung ist Ihnen in keiner Weise gelungen, sodass letztlich davon auszugehen war, dass Sie die zur Last gelegt Übertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Sicht zu vertreten haben.

 

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Ge­fährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

 

Die verhängte Geldstrafe entspricht somit dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Als mildernd bei der Strafbemessung war das Fehlen ha. verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen zu werten; erschwerende Umstände lagen keine vor.

 

Weiters wird bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein Einkommen von € 1000,- monatlich beziehen.

 

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung vermeint der Berufungswerber in weitgefasster Ausführung und der Vorlage von fünf A4-formatigen Fotoausdrucke, die Behörde erster Instanz hätte ihrer rechtlichen Beurteilung verfehlte Sachverhaltsannahmen zu Grunde gelegt.

In den wesentlichen Punkten wird folgendes ausgeführt:

Im Sinne der gängigen Judikatur des Österreichischen Verwaltungsgerichtsho­fes gelte im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs.1 2. Satz StVO Straßen als solche mit öffentlichem Verkehr, welche von Jedermann unter den gleichen Bedingungen benutzt werden könne. Es kommt hiebei auf die tatsächliche Benützbarkeit und Benützung der betreffenden Fläche an; steht eine solche nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung für den Fahrzeug­verkehr frei, dann ist sie eine Straße mit öffentlichem Verkehr. Willenserklä­rungen des über die Fläche Verfügungsberechtigten, die auf eine Einschrän­kung der Benützung abzielen, jedoch nur gegenüber Einzelpersonen abgege­ben wurden und nicht durch allgemein erkennbare schriftliche oder durch Zei­chen erfolgte Erklärungen am Parkplatz selbst erfolgen, vermögen an dieser Qualifikation nichts zu ändern.

 

Bei der von ihm benützten Zufahrtsstraße der Wohnanlage X sei am Beginn der Einfahrt das Verbotszeichen gem. § 52 lila Z.2 StVO ("Einfahrt verboten" - rotes rundes Verkehrsschild mit weißem Querbal­ken) angebracht. Auf einer Zusatztafel wird darauf hingewiesen, dass vom Einfahrverbot lediglich Mieter (der Häuser des Grundeigentümers) ausge­nommen sind und ist darüber hinaus eine Hinweistafel angebracht, dass es sich um einen Privatparkplatz handelt, auf welchem das unbefugte Parken ge­richtlich geahndet wird und Fahrzeuge allenfalls im Sinne der Bestimmungen des ABGB abgeschleppt würden. Eindeutig erwiesen ist auch, dass sich die gegenständliche Grundfläche bzw. der Parkplatz im Eigentum der „X" - also meines Vermieters - befindet.

Nach § 1 Abs.1 2. Satz StVO gelten als Straßen mit öffentlichem Verkehr sol­che, die von Jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

Es kommt hiebei auf die tatsächliche Benützbarkeit und Benützung der betref­fenden Fläche an; steht diese (Benützung) nach dem äußeren Schein zur all­gemeinen Benützung für den Fahrzeugverkehr frei, dann ist eine Straße als eine solche mit öffentlichem Verkehr anzusehen.

 

Genau dies wäre jedoch im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall. Es könne in keiner Weise davon gesprochen werden, dass der Privatparkplatz und die Zufahrt von diesem eine Landfläche darstellen, welche für Jedermann be­stimmt wären. Genau das Gegenteil sei  der Fall. Durch die unmissverständliche und klare Ausschilderung ist an sich ein Befahren dieser Landfläche verboten; eine Ausnahme wird nur für einen ganz bestimmten Personenkreis - nämlich die jeweiligen Mieter des Grundeigentümers - gemacht. Gäste von Mietern und andere, nicht unter den Begriff „Mieter" fallende Personen, haben keinerlei Einfahrtsberechtigung.

 

Unter Zugrundelegung der üblichen Abgrenzungskriterien könne daher bei der von mir zur Abstellung meines Fahrzeuges benützten Landfläche keinesfalls von einer öffentlichen Verkehrsfläche im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs.1 StVO gesprochen werden, sondern liegt vielmehr eine Straße ohne öffentli­chen Verkehr im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs.2 StVO vor. Der Verwal­tungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 19.10.1994 (94/03/0266) eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass eine Straße mit öffentlichem Verkehr eine solche ist, die von Jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann. Dies ist im gegenständlichen Fall mit Sicherheit nicht gegeben.

 

Schließlich wird Zusammenfassend vermeint, es sei auf Grund der Ausgestaltung und Beschilderung der Zufahrt zu den Parkflächen völlig klargestellt, dass lediglich einem hinreichend eingeschränkten Personenkreis die Erlaubnis erteilt werde, die Parkfläche zu benützen. Es liege daher eine Landfläche im Sinne der Bestim­mung des § 1 Abs.2 StVO vor. Wäre bei der Beschilderung beispielsweise le­diglich angebracht „Einfahrt verboten - ausgenommen Anlieger", so würde sich natürlich die Situation völlig anders darstellen, da Anlieger zugegebener­maßen im Endeffekt zu bestimmten Zwecken eigentlich Jedermann sein könn­te.

Auch hat der Grundeigentümer nicht etwa nur auf den Umstand eines Privat­grundes hingewiesen und das Halten und Parken verboten, sondern darüber hinaus sogar die Einfahrt verboten (ausgenommen eben den beschränkten Personenkreis der Mieter)…

Lediglich diesem ganz be­schränkten Personenkreis sei daher das Einfahren und das Abstellen oder Parken ausnahmsweise erlaubt.

Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 9.5.1990, 89/02/0218 u.a. eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass ein im Ei­gentum eines Privaten stehender Parkplatz solange eine Straße mit öffentli­chem Verkehr darstelle, als nicht durch eine entsprechende Kennzeichnung (oder Abschrankung) für Jedermann erkennbar sei, dass das Gegenteil zutreffe. Gerade im gegenständlichen Fall habe der Grundeigentümer durch entspre­chende Kennzeichnung für Jedermann erkennbar gemacht, dass es sich eben bei der Parkfläche um keine öffentliche Parkfläche oder keine öffentliche Stra­ße handelt, sondern um eine private Landfläche.

 

 

2.1. Just mit diesen Ausführungen irrt der Berufungswerber jedoch über die Rechtslage, indem es nicht darauf ankommt, ob diese Flächen für jedermann benützt werden dürfen, sondern ob diese für einen unbestimmten Personenkreis für die Benützung zugänglich ist. Er belegt damit geradezu, dass hier die StVO  und das Regelungsregime – wie eben auch die Ordnung des ruhenden Verkehrs - zur Anwendung gelangt.

Dies ist hier zweifelsfrei zu bejahen, wobei ebenso nicht gesondert erwähnt werden müsste, dass die Müllabfuhr von einem Fahrverbot wohl ausgenommen wäre.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt, durch Abklärung ob eine Beweisaufnahme im Rahmen einer aus prozeßökonomischen Gründen unter Verzicht auf eine öffentliche mündlichen Verhandlung, lediglich in Form eines am 19.10.2011 idZ von 11:30 Uhr bis 11:55 Uhr seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates vorgenommen und mit einigen Bildern dokumentierten Ortsaugenscheins. Zum Ergebnis wurde dem Berufungswerber mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 unter Anschluss von Fotos Parteiengehör gewährt.

Dazu äußerte sich der Berufungswerber mit einer ausführlichen Stellungnahme am 24.10.2011 worin weiterhin die schon in der Berufung vertretene Rechtsauffassung beibehalten wird.

 

4. Die Faktenlage:

Wie aus dem der Anzeige beigefügten Foto ersichtlich ist, war der Pkw des Berufungswerbers direkt im Ein- bzw. Zufahrtsbereich zu den Wohnanlagen X abgestellt. Das der Anzeiger mit seinem Müllfahrzeug nicht mehr möglich war ist evident. Dies wird selbst vom Berufungswerber nicht in Abrede gestellt.

Wie ferner dem Ortsaugenschein und einem Luftbild entnommen werden liegt  ONr. X ca. 80 Meter nach der Einfahrt in den Wohnanlagenbereich (siehe nachfolgendes Bildmaterial):

 

Die Benützbarkeit des Straßenzuges ist demnach, wie in Verbindung mit dem Foto laut Anzeige nur  unschwer erkennbar ist,  ungehindert für jedermann befahrbar.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

§ 1 Abs.1 StVO lautet:

Dieses Bundesgesetz gilt für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn sie dem äußeren Anschein nach zur freien Benützung freisteht (vgl. Swoboda, ZVR 1994, Heft 1, Seite 6, letzter Absatz und Gaisbauer, ebendort, mit Hinweis auf ZVR 1993/84, sowie Pürstl/Sommereder, Manz-Kommentar zu StVO, 11. Auflage, Zu § 1 Abs.1 StVO, Rn 8).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 5. April 1985, Zlen. 85/02/0122, 0123, - insoweit ergänzend - zum Ausdruck gebracht, aus dem einzigen Umstand, dass eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern, z.B. nur von Anrainern, befahren werden dürfe, nicht geschlossen werden könne, dass es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handle; unter Benützung für jedermann unter den gleichen Bedingungen (im Sinne des § 1 Abs.1 StVO) sei zu verstehen, dass "irgendeine" denkbare Benützung im Rahmen des Fußgänger- und Fahrzeugverkehrs jedermann offenstehen müsse; nicht aber könne der Begriff der Benützung unter den gleichen Bedingungen so ausgelegt werden, dass die Einschränkung einer Benützungsart auf einen bestimmten Personenkreis allein der Straße den Charakter einer öffentlichen Verkehrsfläche entzöge; bei einer solchen Auslegung träte diese Folge nämlich immer dann schon ein, wenn z.B. Zufahrts-, Park- oder

Haltebeschränkungen zugunsten eines sachlich oder persönlich umschriebenen Kreises von Benützern durchbrochen würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis die Rechtsansicht des damaligen Beschwerdeführers, beim Vorplatz vor einem bestimmten Haus handle es sich um keine Straße mit öffentlichem Verkehr, weil dieser mit dem Hinweiszeichen "Parken" mit dem Zusatz "nur für Hausbewohner" versehen sei, verworfen. Gleiches gilt für den vorliegenden Fall.

Immerhin hat auch hier sogar jedermann die Möglichkeit, "Besucher" zu werden und dort zu gehen oder mit dem Rad zu fahren. Das eine sich auf etwa 80 m erstreckende Zufahrt zur ONr. X der Benützung der Müllabfuhr mit den Mitteln der StVO erzwingbar bleiben sollte, spricht wohl alleine für sich.

Dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, die Einfahrt zum Parkplatz mit der neben der erwähnten Hinweistafel vorhandenen Einfahrtsverbot – ausgenommen für Mieter - ändert am Ergebnis der Benützbarkeit gleichsam für jedermann – nichts, wobei selbst eine Benützung mit Fahrzeugen entgegen dem Verkehrszeichen mit den Mitteln der StVO wohl ebenfalls sanktionierbar ist.

Der Berufung musste daher ein Erfolg versagt bleiben (VwGH 3.10.1999, 90/02/0094, sowie h. Erk. 12. September 2002,  VwSen-108422/10/Sch/Rd mit Hinweis auf VwGH VwGH v. 27.2.2002, 2001/03/0308 und darin wiederum auf VwGH VwGH 28.11.1980, 429/80).

 

 

Der die Qualifizierung iSd § 1 Abs.2 StVO aufzeigende Rechtsauffassung des Berufungswerbers kann daher nicht gefolgt werden. Ebenso nicht, dass seine irrige Rechtsüberzeugung das Abstellen seines Fahrzeuges unmittelbar im Ein- u. Zufahrtsbereich zu den Wohnanlagen nicht schuldhaft wäre.

Vielmehr zeugt ein derart verkehrsbehinderndes Abstellen iSd § 23 Abs.1 StVO zumindest auf eine gewissen Ignoranzneigung gegenüber den Bedürfnissen anderer Zufahrtsbenützern.

 

 

5.1. Zur Strafzumessung ist abschließend zu bemerken, dass diese im untersten Bereich angesiedelt wurde und demnach mit Blick auf die nachteiligen Auswirkung der Stellposition für die Müllabfuhr ein Ermessensfehler jedenfalls nicht erblickt werden kann. Für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG entbehrt es beider hierfür erforderlichen Voraussetzung (geringes Verschulden u. Tatfolgen).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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