Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240865/2/Gf/Mu

Linz, 30.12.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung der x, vertreten durch RA x, gegen das aus Anlass mehrerer Übertretungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes i.V.m. der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung erlassene Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. November 2011, Zl. SanRB96-97-2011, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch einen Ersatz von Untersuchungs- und Begutachtungskosten zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 und 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG; § 71 Abs. 3 LMSVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. November 2011, Zl. SanRB96-97-2011, wurden über die Beschwerdeführerin insgesamt vier Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 5 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: insgesamt 14,40 Euro; Untersuchungskosten: insgesamt 78 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 236,40 Euro) verhängt, weil sie es als verantwortliche Beauftragte einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser am 25. Februar 2011 in einer Filiale in Traun eine verpackte Ware in Verkehr gebracht worden sei, die nicht den Bestimmungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II/165 (im Folgenden: LMKV), entsprochen habe. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 3 Abs. 1 lit. a LMKV, des § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. a LMKV, des § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. c LMKV und des § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. e LMKV begangen, weshalb sie jeweils nach § 90 Abs. 3 Z. 2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 125/2011 (im Folgenden: LMSVG), zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die der Rechtsmittelwerberin angelasteten Übertretungen auf Grund eines entsprechenden Gutachtens der Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien als erwiesen anzusehen seien.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei ihre bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; mangels entsprechender Mitwirkung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Rechtsmittelwerberin von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen diese ihr am 30. November 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. Dezember 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin wird vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin bereits in ihrem Einspruch gegen die Strafverfügung vorgebracht habe, dass sie auf die EDV-technische Ausgestaltung jenes Waageprogrammes, das zu einer unzureichenden Kennzeichnung geführt habe, keinerlei Einfluss habe, weshalb ihr auch kein Verschulden angelastet werden könne.

 

Daher wird die Aufhebung der angefochtenen Straferkenntnisse und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen von der Verhängung einer Geldstrafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl. SanRB96-97-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1  VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine juristische Person der zu deren Vertretung nach außen Berufene verantwortlich, es sei denn, dass ein verantwortlicher Beauftragter bestellt wurde.

 

Nach § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG können zu derartigen verantwortlichen Beauftragten – allerdings nur für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens – auch Personen, die nicht zur Außenvertretung dieser juristischen Person berufen sind, bestellt werden.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setzt jedoch die Bestellung einer nicht vertretungsbefugten Person zum verantwortlichen Beauftragten zwingend voraus, dass der Strafbehörde ein entsprechender, aus einer Zeit vor der Tatbegehung stammender Zustimmungsnachweis, aus dem sich der sachliche Verantwortungsbereich zweifelsfrei ergibt, übermittelt wurde; insbesondere reichen in diesem Zusammenhang bloße Behauptungen oder die Unterfertigung eines Dienstvertrages nicht hin (vgl. dazu z.B. die Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., Wien 2004, S. 1289).

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ist in dem von der Erstbehörde vorgelegten Akt allerdings kein derartiger Zustimmungsnachweis enthalten. Vielmehr ergibt sich in diesem Zusammenhang lediglich aus einem im Zuge eines gegen eine andere Person (zu Zl. SanRB96-78-2011) geführten Verwaltungsstrafverfahrens erhobenen Einspruch vom 27. September 2011, dass die Rechtsmittelwerberin (im Rahmen ihres Dienstvertrages ?) zur verantwortlichen Beauftragten bestellt worden sein soll.

 

Wenngleich die Beschwerdeführerin dies in ihrem eigenen Einspruch vom 6. Oktober 2011 selbst bekräftigt hat (vgl. S. 2 : "Zunächst ist festzuhalten, dass die Einschreiterin ..... als verantwortliche Beauftragte beschäftigt und tätig war bzw. ist"), liegt damit aber objektiv besehen noch kein der Behörde übermittelter Nachweis einer wirksamen Bestellung gemäß § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG vor, sodass aus diesem Grund (jedenfalls bislang) eine verwaltungsstrafrechtliche Zurechnung der ihr angelasteten Übertretungen zur Person der Rechtsmittelwerberin gehindert ist.

 

3.3. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem Grund stattzugeben und das angefochtenen Straferkenntnis aufzuheben.

 

Eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hatte jedoch im Hinblick auf die derzeit nach § 90 Abs. 7 VStG noch offene Verfolgungsverjährungsfrist nicht zu erfolgen; ob bzw. in welchem Umfang das Verwaltungsstrafverfahren fortzuführen ist, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Rechtsmittelwerberin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch nach § 71 Abs. 3 LMSVG ein Ersatz von Untersuchungs- und Begutachtungskosten der AGES vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

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