Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730489/2/BP/Jo

Linz, 24.01.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des x, StA von Russland, unbekannten Aufenthalts, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 14. April 2009, GZ: Sich41-62-2009, betreffend die Verhängung eines auf 5 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat:

 

         "I.     Gegen Sie wird eine Rückkehrentscheidung erlassen.

        

         II.     Gegen Sie wird ein Einreiseverbot für den gesamten                        Schengenraum für die Dauer von 2 Jahren erlassen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 52, Abs. 1 und 53 iVm. § 61 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr.      38/2011."

 

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG


В соответствии с § 52 Abs 1 Закона о полиции по делам иностранцев (FPG), Вестник федеральных законов I № 100/2005 в действующей редакции, в отношении Вас принято решение о возвращении.

 

В соответствии с  вместе с   Закона о полиции по делам иностранцев (FPG), Вестник федеральных законов I № 100/2005 в действующей редакции в отношении Вас принято решение о

ЗАПРЕТЕ НА ВЪЕЗД

в Шенгенскую зону

на срок 2 лет.

с момента наступления исполнимости данного решения.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 14. April 2009, GZ.: Sich41-62-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 60 Abs. 1, 61, 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen und gleichgehend in Spruchpunkt II gemäß § 64 FPG einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Dabei führte die belangte Behörde begründend wie folgt aus:

 

„Sie besitzen nicht die österr. Staatsbürgerschaft und sind Staatsangehöriger der Russischen Föderation. Sie gehen im Bundesgebiet keiner Beschäftigung nach und sind am österr. Arbeitsmarkt nicht integriert. Es liegen keine Zeiten eines erlaubten Aufenthaltes in Österreich vor. Vielmehr halten Sie sich ständig im Ausland auf. Bei einer Rückkehr in die Russische Föderation haben Sie weder mit strafrechtlicher noch mit politischer Verfolgung zu rechnen.

Am 22.03.2009 reisten Sie am Grenzübergang x nach Österreich ein. Am 23.03.2009 reisten Sie gegen 13.00 Uhr nach Deutschland aus und wurden darauf hin von der deutschen Polizei im Zuge einer Kontrolle festgenommen, da Sie sich mit einem verfälschten litauischen Reisepass und einem gefälschten litauischen Führerschein auswiesen.

Am 25.03.2009 wurden Sie unter Anwendung des deutsch-österreichischen Rückübernahmeabkommens nach Österreich rücküberstellt. Noch am selben Tag haben wir mit Bescheid die Schubhaft gem. § 76 Abs. 1 FPG verhängt. Zum einen um Ihre genaue Identität zu klären und zum anderen aufgrund Ihrer unrechtmäßigen Einreise und Ihres unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet mangels gültigem Reisedokument sowie mangels einer aufenthaltsrechtlichen Bewilligung.

Am 27.03.2009 informierten wir Sie von der beabsichtigten Erlassung eines für die Dauer von 5 Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes. Am selben Tag haben Sie sich geweigert die für die Ausstellung eines HRZ notwendigen Unterlagen auszufüllen. Am 01.04.2009 haben Sie sodann diese Unterlagen ausgefüllt und unterzeichnet. Zudem wurde uns eine Passkopie Ihres russischen Reisepasses (ausgestellt am 05.03.1999, abgelaufen am 05.03.2004) übermittelt. Somit konnten wir am 02.04.2009 beim Generalkonsulat der Russischen Föderation um die Ausstellung eines HRZ ansuchen.

Sie sind unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist (§ 15 FPG), da Sie bei Ihrer Einreise am 22.03.2009 über keinen Einreise- und Aufenthaltstitel verfügten und gleichzeitig gefälschte litauische Dokumente – Reisepass und Führerschein – mit sich führten. Ein geordnetes Fremdenwesen ist für Österreich von eminentem Interesse. Somit kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung den für die Einreise und den Normadressaten ein sehr hoher Stellenwert zu. Aus diesen Gründen haben Sie durch Ihre Einreise grob gegen diese fremdenrechtlichen Bestimmungen verstoßen.

 

Der festgestellte Sachverhalt rechtfertigt ferner die Annahme, dass Ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet und den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist folglich im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie anderer im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter Ziele, nämlich zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zum Schutz des wirtschaftlichen Wohles Österreichs und der Rechte anderer, dringend geboten. Die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme trifft zu.

Durch Ihre freiwillige Mitwirkung im Verfahren zur Erlangung eines HRZ, gaben Sie bekannt, nicht im Bundesgebiet bleiben zu wollen. Ferner haben Sie in Österreich weder Wohnsitz noch Arbeitsplatz. Zeiten eines erlaubten Aufenthaltes in Österreich liegen nicht vor und konnten Sie sich daher in keiner Weise in Österreich integrieren. Was Ihre Lebensgemeinschaft und eine beabsichtigte Eheschließung mit Frau x betrifft, ist zu berücksichtigen, dass eine gemeinsame Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, also ein gemeinsames Privat- und Familienleben, bis dato in Österreich nicht stattgefunden haben kann. Dies folgt daraus, dass Sie sich ständig im Ausland aufgehalten haben und keine Einträge im ZMR aufscheinen. Zudem haben Sie bei Ihrer Einvernahme auch nicht vorgebracht in Österreich gelebt zu haben und integriert zu sein. Bereits aus diesem Grund konnte die Sachverhaltsdarstellung betreffend einer allfälligen Lebensgemeinschaft mit Frau X in Österreich entfallen. Vielmehr kann die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes keinen Eingriff in Ihr Privat- oder Familienleben darstellen und hat auch sonst keinerlei negativen Auswirkungen auf Ihre Lebenssituation. Eine Interessensabwägung iSd § 66 FPG war daher nicht vorzunehmen. Die Vornahme einer Interessensabwägung würde zu keinem anderen Ergebnis führen; Auswirkungen auf Ihre Lebenssituation sind mangels Aufenthalt in Österreich nicht gegeben und können daher nicht schwerer wiegen, als die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Daran kann auch das Vorbringen über eine künftige Ehe mit Frau X nichts ändern, zumal es hiefür noch keinerlei Termine gibt.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seine rechtsfreundliche Vertretung rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 23. April 2009.

 

Darin führt der Bw vor allem in rechtlicher Hinsicht aus:

 

„Der genannte Bescheid wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Es wird insbesondere gerügt, dass die bescheiderlassende Behörde eine überschießende Ermessensausübung vorgenommen hat. Da es sich, wie sie zumindest richtig ausgeführt hat, bei der Bestimmung des § 60 Abs. 1 FPG um eine „Kann-Bestimmung“ handelt, wäre bei entsprechender Ermessensausübung eine Entscheidung zugunsten des Berufungswerbers zu erwarten gewesen.

Insbesondere kann nicht beigepflichtet werden, dass eine Lebensgemeinschaft mit der Verlobten des Bw, Frau X, nicht vorliegen würde. Diese gemeinschaftliche Lebensführung – mag diese auch auf Reisen vonstatten gehen – ist ebenfalls gegeben. Man müsste ansonsten beispielsweise auch burgenländischen Bauarbeitern, die als Pendler während der Woche in Wien arbeiten und nur zum Wochenende nach Hause kommen, die gemeinschaftliche Lebensführung mit deren Lebenspartnern absprechen.

Die Schlussfolgerung der bescheiderlassenden Behörde ist daher nicht nachvollziehbar und auch unrichtig.

Darüber hinaus erscheinen die Angaben des Bw hinsichtlich des Erhalts des litauischen Reisepasses durchaus nachvollziehbar. Notorisch bekannt ist, dass nach Zerfall der Sowjetunion und Entstehung der nachfolgenden Staaten es in der Verwaltung der Nachfolgestaaten vielfach zu großen Problemen gekommen ist. Insbesondere konnte oft eine staatsbürgerrechtliche Zuordnung von ganzen Personengruppen nicht vorgenommen werden oder wurde diese zum Teil auch völkerrechtswidrig jeweils nach Stand der politischen oder opportunen Verhältnisse vorgenommen.

Dass der Bw keinerlei Ahnung von der Verfälschung seines Reisepasses hatte, geht auch dadurch hervor, dass er, wie er bereits ausgeführt hat, vielfach auf Reisen ist und auch in Staaten der EU sich aufgehalten hat. Dabei wurde er auch polizeilich kontrolliert und ist auch den bisher einschreitenden Beamten ganz offensichtlich eine Verfälschung oder Totalfälschung nicht aufgefallen. Diese kann daher dem Bw nicht zur Last gelegt werden.

Darüber hinaus hat er sämtliche zu Gebote stehende Mittel auch über seine Verlobte, Frau X, vorgenommen, um ein Einreisezertifikat zu erhalten und seine Identität auch aufzuklären.

Mit der Lebensgefährtin, Frau X, ist nicht nur die Heirat und weitere gemeinschaftliche Lebensführung geplant, sondern vielmehr auch die Errichtung einer Gesellschaft in Österreich, die für die österr. Republik nur von Vorteil sein kann, da sie durch Zufluss von Kaplan auch zahlreiche Arbeitsplätze sichern wird. Bereits aus diesem Grund erscheint auch die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nicht im Sinne der Republik Österreich zu liegen.

Letztendlich soll ausgeführt werden, dass die Erlassung eines fünfjährigen Aufenthaltsverbotes als weitaus überschießend anzusehen ist. Bei einem Zeitrahmen bis zu höchstens zehn Jahren es wäre auch in Anbetracht des Umstandes, dass es sich bei der festgestellten unerlaubten Einreise um ein einmaliges Delikt gehandelt hat, sonst keinerlei weitere Vormerkungen oder Verurteilungen des Bw vorliegen, mit einer weitaus kürzeren Dauer des Aufenthaltsverbotes getan gewesen.“

 

Abschließend stellt der Bw die Berufungsanträge auf ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu auf Herabsetzung der Gültigkeitsdauer des verhängten Aufenthaltsverbotes.  

 

1.3. Mit Bescheid vom 14. Juni 2011, AZ: E1/6555/2009, gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich der Berufung insoweit Folge, als die Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes auf 3 Jahre herabgesetzt wurde.

 

1.4. Mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 30. August 2011, GZ: BMI-1021770/0001-II/3/2011, wurde gemäß § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG der Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich, Zl.: E1/6555/2009, vom 14. Juni 2011 von Amts wegen für nichtig erklärt.

 

Aus diesem Grund ist das Berufungsverfahren erneut offen und nach geltender Rechtslage der UVS des Landes Oberösterreich zur Entscheidung berufen.

 

 

2.1. Von der belangten Behörde wurde der in Rede stehende Verwaltungsakt nunmehr dem UVS des Landes Oberösterreich zuständigkeitshalber übermittelt.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

Nachdem dem Bw in seinen Darstellungen volle Glaubwürdigkeit zugemessen wird, konnte auf die Durchführung einer öffetnlichen Verhandlung verzichtet werden. Diese Vorgangsweise entspricht auch voll der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte.

 

Abschließend ist auch darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen ua. vom 21. Dezember 2010, Zl. 2007/21/0528 und vom 5. Juli 2011; Zl. 2008/21/0671-6, explizit ausgeführt hat, dass im fremdenpolizeilichen Administrativverfahren ein Recht des Fremden von der Berufungsbehörde mündlich gehört zu werden, nicht besteht.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

Es ist weiters festzuhalten, dass laut aktuellem Auszug aus dem Zentralen Melderegister der Bw nie im Bundesgebiet aufrecht gemeldet war. Eine telefonische Anfrage in der Kanzlei des auf der Berufungsschrift aufscheinenden Rechtsvertreters ergab zudem, dass der Bw von diesem Rechtsvertreter seit dem Jahr 2010 nicht mehr vertreten wird, weshalb er vor dem Oö. Verwaltungssenat – mangels anderslautender Informationen – als nicht vertreten gilt.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 112/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

 

3.1.2. Für eine allfällige Überleitung von Aufenthaltsverboten, die in der alten Fassung des FPG auf § 60 gestützt wurden, findet sich keine dem § 125 Abs. 14 FPG vergleichbare Bestimmung. Nun ist aber festzustellen, dass ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich aus zwei Elementen besteht: zum Einen ist dies der Außerlandes-Verweis (rechtsterminologisch: Ausweisung oder nunmehr auch Rückkehrentscheidung); zum Anderen ist dies das Verbot ins Bundesgebiet wieder einzureisen.

 

Genau diese rechtlichen Elemente normierte der Gesetzgeber in § 52 iVm. § 53 des FPG in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 38/2011 im Hinblick auf den Personenkreis nicht zum Aufenthalt berechtigter Drittstaatsangehöriger. Für EWR-Bürger, Schweizer Bürger, für begünstigte Drittstaatsangehörige, für Drittstaatsangehörige die Familienangehörige von österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern sind, sowie für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel finden sich gesonderte Regelungen. 

 

3.1.3. Daraus folgt aber, dass für Personen gegen die ein Aufenthaltsverbot gemäß § 60 FPG (alte Fassung) verhängt wurde und die über keinen Aufenthaltstitel verfügen, im Berufungsverfahren nach dem FPG in der nunmehr geltenden Fassung zur Prüfung §§ 52 und 53 heranzuziehen sind.

 

3.1.4. Im vorliegenden Fall ist völlig klar, dass das in Rede stehende Aufenthaltsverbot auf Basis des § 60 FPG ("alte Fassung") erlassen wurde, wie auch dass der Bw über keinen Aufenthaltstitel verfügt, weshalb diese Maßnahme als Rückkehrentscheidung im Sinne des nunmehrigen § 52 FPG und als Einreiseverbot gemäß § 53 FPG zu beurteilen ist.

 

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch vom Bw selbst unbestritten, dass er über keinerlei Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügte und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig war. Im Sinne des letzten Satzes des § 52 Abs. 1 FPG ist, obwohl der Bw nicht mehr im Bundesgebiet aufhältig ist, dennoch eine meritorische Entscheidung nach § 66 Abs. 4 AVG zu treffen.  

 

Allerdings ist bei der Beurteilung der Rückkehrentscheidung bzw. des Einreiseverbotes auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen. 

 

3.3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige          Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG  gelten, vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 38/2011 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

3.4.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Rückkehrentscheidung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.4.2. Der Bw besitzt in Österreich weder einen Wohnsitz noch geht er einer Erwerbstätigkeit nach. Auch war er sehr kurz in Österreich aufhältig bzw. wollte (zumal er von den deutschen Behörden wiederum nach Österreich zurückgeschoben wurde) vermutlich durch Österreich lediglich durchreisen. Die vom Bw vorgebrachten Aspekte des Privatlebens fallen nicht schlagkräftig ins Treffen, da die von ihm mit seiner in Österreich ansässigen Verlobten geplante Beziehung jedenfalls nicht dazu geführt hat, dass schon ein Privat- bzw. Familienleben stattgefunden hätte.

 

Der Bw ist also in Österreich weder sozial noch beruflich integriert, und auch gegen seine tatsächliche Rückführung in sein Heimatland sprachen weder politische noch soziale oder andere Gründe.

 

3.4.3. Da – unter Abwägung aller oben angeführten Tatsachen – im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer zu wiegen scheinen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Bw, ist die Rückkehrentscheidung auch zulässig im Sinne des § 66 Abs. 2 FPG.

 

Der Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

3.5.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung unter Einem ein Einreiseverbot erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungs-gesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.       wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.       wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.       wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.       wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.       den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7.       bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.       eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts         für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.       an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Aufenthaltstitels für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

3.5.2. Mit einem Rückkehrverbot ist also gemäß § 53 Abs. 1 FPG gleichzeitig ein Einreiseverbot zu verhängen. Bei der Bemessung dessen Dauer hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Als Fiktion dieser Umstände wird in § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG die Mittellosigkeit eines Fremden genannt. Im hier zu beurteilenden Fall konnte die belangte Behörde zurecht vom Vorliegen dieser Voraussetzung ausgehen – wie sich aus der Aktenlage ergibt.

 

3.6. Im Lichte der eben getroffenen Feststellungen scheint die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes für den gesamten Schengenraum im Ausmaß von 18 Monaten angemessen und auch verhältnismäßig. In Anbetracht des zur Verfügung stehenden Rahmens von 18 Monaten bis zu 5 Jahren muss festgestellt werden, dass die vom Bw ausgehende Gefährdung wohl im untersten Bereich anzusetzen sein wird, da keine als erschwerend zu wertenden Anhaltspunkte aufgetreten sind.

 

Im Übrigen ist festzustellen, dass diese Frist gemäß § 53 Abs. 4 FPG im Entscheidungszeitpunkt bereits abgelaufen ist.

 

3.7. Es war somit der Berufung hinsichtlich der Dauer des Einreiseverbotes stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Gemäß § 8 Abs 1 ZustG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist gemäß § 8 Abs 2 leg cit, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung (siehe diesbezüglich § 23 ZustG) ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

 

Dass der Bw im Zeitpunkt der Einbringung der ggst Berufung in Kenntnis des fremdenpolizeilichen Verfahrens war, bedarf keiner Erläuterung. Entgegen § 8 Abs 1 ZustG hat der Bw, welcher am 4. Dezember 2010 aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgereist ist, es jedoch unterlassen, dem Oö. Verwaltungssenat oder der belangten Behörde eine neue Abgabestelle zu nennen. Eine solche konnte auch nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden, da eine Abfrage des Zentralen Melderegisters negativ verlief. Das Erkenntnis ist daher infolge der Anordnung des § 8 Abs 2 ZustG ohne vorherigen Zustellversuch zu hinterlegen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Разъяснение права и порядка обжалования:

Обжалование данного решения  в обычном порядке не допускается.

 

Указание:

Данное решение может быть обжаловано в Конституционном и/или в Высшем Административном суде земли в течение 6 недель с момента вручения; аппеляция должна быть подана - за исключением предусмотренных законом случаев - уполномоченным адвокатом. За подачу каждого обжалования взимается пошлина в размере 220 евро.

 

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

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