Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390322/2/WEI/Ba

Linz, 28.03.2012

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des S R, geb., H, E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 14. Oktober 2011, Zl. Bi 96-3-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Schulpflichtgesetz 1985 zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, §§ 64 ff VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 14. Oktober 2011 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie sind Ihrer Verpflichtung, für den regelmäßigen Schulbesuch ihrer Tochter S R, geb., zu sorgen, nicht nachgekommen, da die Schulpflichtige ohne entsprechende Entschuldigung an folgenden Schultagen dem Unterricht an der Hauptschule S M bei S fernblieb:

 

-         06.06.2011 (6 Unterrichtsstunden)

-         07.06.2011 (6 Unterrichtsstunden)

-         08.06.2011 (6 Unterrichtsstunden)

-         09.06.2011 (8 Unterrichtsstunden)

-         10.06.2011 (6 Unterrichtsstunden)

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 24 Abs. 1 iVm § 24 Abs. 4 Schulpflichtgesetz 1985 idgF."

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde über den Bw nach dem Strafrahmen des § 24 Abs 4 Schulpflichtgesetz 1985 eine Geldstrafe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 153 Stunden. Gemäß § 64 VStG wurden als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw am 19. Oktober 2011 vom Postzusteller persönlich übernommen hatte, wendet sich die am 24. Oktober 2011 niederschriftlich festgehaltene Berufung, die inhaltlich wie folgt lautet:

 

"Ich erhebe in offener Frist Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 14.10.2011, Bi96-3-2011.

 

Am Mittwoch vor dem 06.06.2011 hatte S kurz am Vormittag mit Frau HD R gesprochen und ihr erzählt, dass ihre Mutter mit ihr reden möchte und deswegen heute noch am Nachmittag in die Schule kommen werde. Frau HD R war jedoch am Nachmittag nicht anwesend, angeblich war sie auf Fortbildung.

Frau HD R hatte S nicht – wie auf deren Bestätigung angegeben – mitgeteilt, dass Sie an diesem Nachmittag auf Seminar und somit nicht anwesend ist.

Weitere Angaben habe ich nicht zu machen."

 

2. Aus der Aktenlage und dem angefochtenen Straferkenntnis ergibt sich der folgende S a c h v e r h a l t :

 

Mit Anzeige vom 10. Juni 2011 meldete Frau HD U R, die Leiterin der Hauptschule S M bei S, das Fernbleiben der Schülerin S R, geb. X, vom Unterricht in der Zeit vom 6. bis 10. Juni 2011 ohne entsprechende Rechtfertigung. Nach Aussagen von Mitschülern sei S mit ihren Eltern in den Urlaub geflogen. Ein Ansuchen um Freistellung sei nicht gestellt worden. Mit E-Mail vom 21. Juni 2011 wurde der Fehlstundenplan hinsichtlich der von S versäumten Unterrichtseinheiten nachgereicht.

 

Über Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde erschien die Gattin des Bw am 11. Juli 2011 und gab an, dass sie mit dem Klassenvorstand ca. zwei Wochen vor dem 6. Juni 2011 über den Urlaub gesprochen hätte, der darin kein Problem gesehen hätte. Sie hätte auch versucht Frau HD R am Mittwoch vor dem 6. Juni 2011 zu kontaktieren Dies wäre am Nachmittag leider nicht anwesend gewesen, obwohl S ihr die Vorsprache der Mutter wegen des Urlaubes angekündigt hätte. S hätte auch ihrem Klassenvorstand und zwei anderen Lehrern erzählt, dass sie vom 6. bis 10. Juni 2011 nicht in die Schule kommen werde. Da niemand von der Schule dieses Fernbleiben für nicht gestattet erklärt hätte, wären die Eltern der S davon ausgegangen, ohne Probleme auf Urlaub fahren zu können.

 

Frau HD R nahm dazu mit E-Mail vom 16. September 2011 Stellung und verneinte, dass S mit irgendeinem Lehrerkollegen über ihre Urlaubsabsichten gesprochen hatte. Grundsätzlich könne jeder Schüler einmal in 4 Jahren Hauptschule um Beurlaubung ansuchen, wenn die schulischen Leistungen positiv sind. Auch mit ihrem Klassenvorstand habe S nie darüber gesprochen. Alle Lehrer wüssten, dass ein derartiges Ansuchen nur über die Direktion möglich ist. Befremdlich sei für die Leiterin, dass Frau R erst am Mittwochnachmittag erstmals mit ihr in Verbindung treten wollte. Dies hätte schon vor der Buchung erfolgen sollen. Außerdem müsste bekannt sein, dass einen telefonische Terminvereinbarung notwendig gewesen wäre.

 

Diese Stellungnahme wurde außer von der Direktorin auch von den Lehrern der Klassenkonferenz unterschrieben. Der Klassenvorstand R K bestätigte außerdem, dass er nicht ca 2 Wochen vorher über den bevorstehenden Urlaub informiert worden sei.

 

Mit Verständigung vom 19. September 2011, zugestellt am 20. September 2011, wurde der Bw von der belangten Behörde über die Ergebnisse der Beweisaufnahme informiert und ihm die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt, von der er aber keinen Gebrauch machte. Daraufhin erging das angefochtene Straferkenntnis vom 14. Oktober 2011.

 

Am 19. Oktober 2011 überreichte Frau HD R bei der belangten Behörde noch folgende von ihr unterzeichnete "Bestätigung":

 

"Am Mittwoch vor dem 06.06.2011 (das war der 1.6.2011) kam S R in der großen Pause auf mich zu und sagte, dass ihre Mutter am Nachmittag bei mir vorbeikommen würde.

Sie erwähnte allerdings nicht, dass es sich um einen Antrag auf Sonderurlaub handeln würde.

Ich sagte ihr, dass ich am Nachmittag ein Seminar habe und daher ab 12:00 nicht mehr in der Schule sein werde.

 

Beim Eintreffen von Frau R (um 13:15 hatte S an diesem Tag Unterrichtsschluss) war ich nicht mehr in der Schule."

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt und dabei festgestellt, dass der mit dem angefochtenen Bescheid angelastete Sachverhalt des Fehlens vom Schulunterricht ohne Entschuldigung in der Berufung nicht substanziell bestritten wurde. Es waren daher im Wesentlichen nur Rechtsfragen zu erörtern.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 24 Abs 1 Schulpflichtgesetz 1985 (BGBl Nr. 76/1985 idF BGBl Nr. 113/2006) sind Eltern oder sonstige Erziehungsberechtigte verpflichtet, für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler bzw in den Fällen der §§ 11, 13 und 22 Abs 4 für die Ablegung der dort vorgesehenen Prüfungen zu sorgen.

 

Gemäß § 24 Abs 4 Schulpflichtgesetz 1985 stellt die Nichterfüllung der in den Abs 1 bis 3 angeführten Pflichten eine Verwaltungsübertretung dar und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

 

Nach § 1 Abs 1 Schulpflichtgesetz 1985 besteht für alle Kinder, die sich dauernd in Österreich aufhalten, allgemeine Schulpflicht.

 

Gemäß § 2 Schulpflichtgesetz 1985 beginnt die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September. Sie dauert nach § 3 leg.cit. neun Schuljahre. Die allgemeine Schulpflicht ist durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen zu erfüllen (§ 5 Abs 1 leg.cit.).

 

Nach § 9 Abs 1 leg.cit. haben die in einer Schule aufgenommenen Schüler den Unterricht während der vorgeschriebenen Schulzeit regelmäßig und pünktlich zu besuchen, auch am Unterricht in den unverbindlichen Lehrgegenständen, für die sie zu Beginn des Schuljahres angemeldet wurden, teilzunehmen und sich an den verpflichtend vorgeschriebenen sonstigen Schulveranstaltungen zu beteiligen.

 

Gemäß § 9 Abs 2 leg.cit. ist ein Fernbleiben von der Schule während der Schulzeit nur im Falle gerechtfertigter Verhinderung des Schülers zulässig. Rechtfertigungsgründe werden im § 9 Abs 3 leg.cit. beispielsweise aufgezählt. Nach dem § 9 Abs 5 leg.cit. haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes den Klassenlehrer oder den Schulleiter von jeder Verhinderung des Schülers ohne Aufschub schriftlich oder mündlich unter Angabe des Grundes zu benachrichtigen.

 

Gemäß dem gegenständlich relevanten § 9 Abs 6 Schulpflichtgesetz 1985 kann die Erlaubnis zum Fernbleiben aus begründetem Anlass für einzelne Stunden bis zu einem Tag der Klassenlehrer (Klassenvorstand) und für mehrere Tage bis zu einer Woche der Schulleiter erteilen. Die jeweilige Entscheidung ist im Instanzenzug der Verwaltung nicht anfechtbar.

 

4.2. Im vorliegenden Fall steht nach dem oben dargestellten unstrittigen Sachverhalt fest, dass die Schülerin S R  in der Zeit vom 6. bis 10. Juni 2011 mit ihren Eltern auf Urlaub war, obwohl die dafür erforderliche Erlaubnis zum Fernbleiben von der Schulleiterin der Hauptschule S M bei S nicht vorlag. Dies war dem Bw auch klar, bringt er doch in der Berufung selbst vor, dass seine Gattin die Schulleiterin HD R am Mittwoch vor dem Urlaubsantritt am 06. Juni 2011 nicht mehr in der Schule antraf, um mit ihr die Freistellung der Tochter S für den bevorstehenden Urlaub besprechen zu können.

 

Wie in der Stellungnahme der Schulleiterin vom 16. September 2011 mit Recht betont wurde, hätte eine solche Vorsprache zunächst zwecks Terminvereinbarung telefonisch avisiert werden müssen. Außerdem wäre es angebracht gewesen, schon wesentlich früher, nämlich möglichst noch vor Buchung einer Urlaubsreise, mit der zuständigen Schulleiterin den Kontakt zu suchen, um die Frage, ob eine Freistellung der Tochter S vom Unterricht zum voraussichtlichen Urlaubstermin möglich sein wird, abzuklären. Es geht nicht an, eine Reise mit der Tochter während der Schulzeit eigenmächtig zu planen und zu buchen und erst kurz vor Urlaubsantritt die Schulleiterin - vor vollendete Tatsachen stellend - mit der Angelegenheit befassen zu wollen.

 

Abgesehen davon hätte die Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht auch noch nach dem besagten Mittwoch (1.06.2011) vor dem Urlaubsantritt am 06. Juni 2011 von der Schulleiterin erbeten werden können. Auf keinen Fall durfte die Urlaubsreise mit der Tochter S ohne die Erlaubnis zum Fernbleiben angetreten werden, nur weil an diesem Mittwochnachmittag die Schulleiterin nicht mehr angetroffen wurde. Es wäre Sache der Eltern gewesen, sich rechtzeitig um einen Termin mit Frau HD R zu bemühen.

 

Der Bw hat keinerlei Gründe vorgebracht, die ihn entschuldigen könnten. Die belangte Behörde hat auch mit Recht ein geringfügiges Verschulden verneint, weil auf Grund der gegebenen Umstände auch angenommen werden muss, dass der Bw im Bewusstsein der nicht erteilten Freistellung durch die Schulleiterin eine Urlaubsreise während der Schulzeit mit seiner schulpflichtigen Tochter antrat. Er hat sich mit diesem Mangel einfach unter dem Vorwand abgefunden, dass die Schulleiterin für seine Gattin am Nachmittag des 1. Juni 2011 nicht zu sprechen war. Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats liegt damit zumindest vorsätzliches Verhalten in Form des Eventualvorsatzes vor, weil der Bw unter den ihm bekannten Umständen die Verletzung der Schulpflicht seiner Tochter für möglich halten musste und sich damit im Grunde seiner Opportunität abfand.

 

4.3. Bei der Strafbemessung konnte die belangte Behörde vom monatlichen Nettoeinkommen des Bw in Höhe von 1.500 Euro ausgehen, welcher Einschätzung er nicht widersprochen hat. Die bisherige Unbescholtenheit des Bw war mildernd zu werten. Einen Erschwerungsgrund sah die belangte Behörde rechtsirrig nicht, obwohl sie selbst eine "bewusste Umgehung der Vorschriften des Schulpflichtgesetzes 1985" annahm und damit sinngemäß dem Bw vorsätzliches Verhalten anlastete. Die Verpflichtung der Eltern, für die Erfüllung der Schulpflicht ihrer Kinder, insbesondere den regelmäßigen Schulbesuch, zu sorgen, kann schon durch bloße Fahrlässigkeit verletzt werden. Bei vorsätzlicher Begehung liegt daher ein Erschwerungsgrund vor.

 

Unter Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Bw hält auch der UVS Oberösterreich nach Abwägung der gegebenen Strafbemessungsgründe die verhängte Strafe von 100 Euro für tat- und schuldangemessen und den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Sie erscheint auch unbedingt erforderlich, um den Bw in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Auch die von der belangten Behörde bemessene Ersatzfreiheitsstrafe von 153 Stunden, die für den Fall der Uneinbringlichkeit innerhalb von 2 Wochen festzusetzen war, kann nicht beanstandet werden.

 

5. Im Ergebnis war die Berufung aus den dargelegten Gründen als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren ein weiterer Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der Geldstrafe vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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