Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523021/2/Bi/Rei

Linz, 20.03.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 23. November 2011 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 8. November 2011, VerkR21-88-2011/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:  §§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.4 FSG die von der BH Linz-Land am 7. Dezember 2006, GZ: 06494014, für die Klassen Av, A und B erteilte Lenkberechtigung bis zur ärztlichen Unter­suchung durch den Amtsarzt hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 sowie bis zur Beibringung der für die Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen. Gemäß §§ 32 Abs.1 Z1 iVm 24 Abs.4 FSG wurde ihm außerdem das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leicht­kraft­fahrzeugen und eines Invalidenkraftfahrzeuges bis zum Ablauf der Entziehungs­dauer der Lenkberechtigung, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, verboten. Weiters wurde angeordnet, dass der Bw den über die entzogene Lenk­berechtigung ausgestellten Führerschein sowie den Moped­ausweis, ausgestellt am 14. Mai 1993 von der Fahrschule X zu GZ: 0058323, unverzüglich ab Rechtskraft des Bescheides bei der BH Linz-Land abzuliefern habe.  Für die Dauer der Entziehung wurde ihm gemäß §§ 30 Abs.1 und 32 Abs.1 FSG das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 11. November 2011.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der aktuelle Bescheid beziehe sich auf die Nichteinhaltung des Bescheides vom 24. August 2011. Diesen habe er aber nie persönlich entgegengenommen. Er wurde hinterlegt und er habe die gelbe Benachrichtigung anscheinend übersehen. Er habe den Bescheid damit nicht ignoriert sondern nie erhalten. Er habe sofort einen Amtsarzt-Termin vereinbart aber erst am 10. Februar 2012 einen solchen erhalten, und hoffe, seine Bereit­schaft, das Gutachten sobald als möglich zu erbringen, werde geschätzt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass die Erstinstanz am 24. Jänner 2011 erstmals vom Landratsamt Rosenheim benachrichtigt wurde, dass der Bw im deutschen Verkehrs­zentral­register 8 Punkte aufweist wegen zweier Geschwindigkeitsüber­schreitungen (am 10.11.2006 auf der A8 München-Salzburg – 3 Punkte und am 17.11.2008, Laubach BAB7 – 1 Punkt) und wegen Führens eines Kraftfahrzeuges unter Wirkung eines berauschenden Mittels, THC 8,0 ng/ml, am 17.6.2010 in Wiesbaden – 4 Punkte (rechtskräftiger Bußgeldbescheid Regierungspräsidium Kassel vom 9. Dezember 2010, AZ.991.591864.3). Im Mai 2011 wurden nach Urgenzen der Erstinstanz die Unterlagen übermittelt. Demnach hat der Bw bei der Einvernahme am 17. Juni 2010 beim Polizeipräsidium Westhessen ausgesagt, er nehme regelmäßig Haschisch zu sich. 

 

Auf dieser Grundlage erging der Bescheid der Erstinstanz vom 2. August 2011, VerkR21-88-2011/LL/Kr, mit dem er gemäß §§ 24 Abs.4 und 8 FSG aufgefordert wurde, sich innerhalb von zwei Monaten nach Rechtskraft hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von führerscheinpflichtigen Kraftfahr­zeugen der Gruppe 1 sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrz­eugen amtsärztlich untersuchen zu lassen sowie die zur Gutachtenserstattung erforderlichen Befunde zu erbringen. Der Bescheid wurde mit Rsa-Brief nach einem erfolglosen Zustellversuch am 8. August 2011 mit Beginn der Abholfrist am 9. August 2011 bei der Zustellbasis X – mit Wirkung der Zustellung – hinterlegt und, nachdem er nicht abgeholt worden war, durch die Post rückübermittelt. Er ist am 24. August 2011 in Rechtskraft erwachsen und die Zwei-Monats-Frist demnach am 24. Oktober 2011 abgelaufen. Da der Bw bei der Erstinstanz wegen eines Amtsarzttermins nicht in Erscheinung getreten ist, erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

Mittlerweile hat der Bw am 10. Februar 2012 einen Amtsarzttermin bei der Erstinstanz vereinbart und wahrgenommen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstell­tes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkbe­rechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenk­­berechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Die von der Erstinstanz im Aufforderungsbescheid geäußerten Bedenken zur gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraft­fahr­zeugen der Gruppe 1, das sind die Klassen A und B samt Unterklassen, basieren auf dem medizinisch-toxikologischen Gutachten Dris X, Klinikum der Universität Frankfurt/Main, vom 29. Juni 2010 und dem Zugeständnis des Bw zu seinem regelmäßigen Cannabiskonsum und sind damit schlüssig und nachvoll­zieh­bar, weil damit anzunehmen ist, dass der Bw weiterhin unter Cannabis-Einfluss Kraftfahrzeuge lenkt oder seine Gesundheit durch den Suchtmittel­konsum im Sinne eines Nicht-Mehr-Bestehens der gesundheitlichen Eignung beeinträchtigt ist.

 

Der Bw hat sich damit verantwortet, die gelbe Benachrichtigung von der Zustellung des Bescheides müsse er anscheinend übersehen haben und den Bescheid habe er nicht persönlich bekommen, weil er hinterlegt worden sei.

Dazu ist aber zum einen zu bemerken, dass der Bw keine Ortsabwesenheit für die Zeit des Zustellversuchs oder der Hinterlegungsfrist behauptet oder nachgewiesen hat, die an der ordnungsgemäßen Zustellung des Bescheides durch Hinterlegung Zweifel aufkommen ließe, und zum anderen der Empfänger für die Sorgfalt bei der Durchsicht seiner Post selbst verantwortlich ist. Die Tatsache, dass die Bescheidzustellung per Rsa-Brief, verbunden mit einer gelben Benachrichtigung über die Hinterlegung eines Behördenschriftstückes, erfolgte, hätte ausreichen müssen, um dem Empfänger die Wichtigkeit der Briefsendung vor Augen zu führen. Wenn dem Bw die Benachrichtigung aus welchen Gründen immer "entgangen" sein sollte, hat er trotzdem die Konsequenzen zu tragen, die sich aus der Nichtreaktion auf die bescheidmäßige Aufforderung ergeben.

Da er der Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung fristgerecht keine Folge geleistet hatte, erging der angefochtene Bescheid.

 

Mittlerweile hat sich der Bw nach Mitteilung der Erstinstanz sowohl einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen als auch eine von der Amtsärztin für erforderlich erachtete FA-Stellungnahme vorgelegt, sodass ein Gutachten gemäß § 8 FSG über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen erstattet werden konnte. Damit ist der (formelle) Anlass für eine Entziehung, das Lenkverbot gemäß § 32 FSG und die Aberkennung des Rechts gemäß § 30 FSG weggefallen und war spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

amtsärztliche Untersuchung + fachärztliche Stellungnahme vorgelegt -> Aufhebung

 

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