Linz, 15.05.2012
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. März 2012, Sich96-1003-2012, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird stattgegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);
zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck lastete dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Straferkenntnis vom 14. März 2012, Sich96-1003-2012, folgende Verwaltungsübertretung:
Es wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 50 Euro vorgeschrieben. Abzüglich der einbehaltenen Sicherheitsleistung idH von 550 Euro wurde ein Gesamtbetrag von 0 Euro vorgeschrieben.
Dagegen richtet sich die Berufung vom 29. März 2012. Der Berufungswerber stellt darin den Antrag auf Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG, da Umstände eindeutig vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder/und ausschließen. Abschließend dürfe noch auf die in der Rubrik bekannt gegebene Zustellbevollmächtigung und Bevollmächtigung nach § 10 'AVG und §§ 8, 9 und 10 Zustellgesetz hingewiesen werden.
Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:
Der Bw wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Mazedonien.
Am 27. Juni 2001 stellte er beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, einen Asylantrag. Auf Grund seiner Angaben im Asylverfahren steht fest, dass er am 24. Juni 2001 illegal per Autobus in das Bundesgebiet eingereist ist. Das Bundesasylamt hat dem Asylantrag keine Folge gegeben. Mit Zurückziehung der dagegen erhobenen Berufung wurde der Bescheid des Bundesasylamtes am 12. März 2003 rechtskräftig.
Am 8. September 2003 stellte der Bw einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger – Österreicher" im Sinn des § 49 Abs. 1 FrG. Zusammenführender war sein Vater X, der seit 5. September 2003 österreichischer Staatsbürger ist.
Vom 9. September 2003 bis 22. September 2009 verfügte der Bw durchgehend über Aufenthaltstitel, zuletzt über eine Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "unbeschränkt", gültig vom 23. September 2008 bis 22. September 2009.
Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 4. November 2008, GZ. IKT(Stb)-430800/4-2008-Dor, wurde das Ansuchen des Bw um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft abgewiesen.
Der Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels wurde erst am 11. Februar 2010, somit verspätet, gestellt.
Die Bundespolizeidirektion Wels erließ in weiterer Folge mit Bescheid vom 23. September 2010, Zahl 1-1006122/FP-10, gegen den Bw gemäß § 60 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot und schloss gemäß § 64 FPG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid aus. Das Aufenthaltsverbot stützt sich auf die strafrechtliche Verurteilung durch das LG Wels vom 10. Februar 2010.
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gab der dagegen erhobenen Berufung mit Erkenntnis vom 23. August 2011, VwSen-730294/3/Wg/Gru, teilweise statt und bestätigte den bekämpften Bescheid mit der Maßgabe, dass das Einreiseverbot mit 7 Jahren festgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Der Bw erhob dagegen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Der VwGH gab mit Beschluss vom 29. September 2011, Zahl AW 2011/21/0121-4, dem Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, statt.
Der Bw war zwischenzeitig bereits am 16. September 2011 im Luftweg nach Mazedonien abgeschoben worden. Aufgrund des Beschlusses des VwGH über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung reiste er am 13. Oktober 2011 neuerlich in das Bundesgebiet ein. Am 2. Februar 2012 wurde er um 4.15 Uhr am Tatort: Gemeindegebiet von Vöcklabruck, X, vor dem Lokal "X" von Beamten der PI Vöcklabruck im Bundesgebiet zur Ausweisleistung aufgefordert. Es steht fest, dass er sich seit der Einreise am 13. Oktober 2011 bis zur Kontrolle am 2. Februar 2012 durchgehend im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten hatte.
Zur Beweiswürdigung:
Der Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und das Vorbringen des Bw.
Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits nach der Aktenlage feststeht, war eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich.
Der Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Die belangte Behörde adressierte das Straferkenntnis direkt an den Bw, obwohl dieser zuvor einen Zustellbevollmächtigten bekanntgegeben hatte. Dieser Umstand hinderte den Bw nicht daran, Berufung zu erheben. Aus diesem Grund ist gemäß § 9 Abs 3 ZustellG von einer wirksamen Zustellung auszugehen.
Wer als Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, begeht gemäß § 120 Abs 1a FPG idF BGBl I Nr. 38/2011 eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2 500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2 500 Euro bis zu 7 500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Sichtvermerksfreie Drittausländer können sich gemäß Artikel 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungseinkommens (SDÜ) in dem Hoheitsgebiet der Vertragsparteien frei bewegen, höchstens jedoch 3 Monate innerhalb einer Frist von 6 Monaten von dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die in Artikel 5 Abs. 1 Buchstaben a, c, d und e angeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen.
Der Bw verfügte ursprünglich über eine Niederlassungsbewilligung. Er ist nicht bereit, seine Niederlassung aufzugeben, ansonsten hätte er nicht gegen die fremdenpolizeilichen Entscheidung Berufung bzw. letztlich sogar Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Der VwGH gab dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung statt. Die zwangsweise Aufenthaltsbeendigung ist daher bis auf Weiteres unzulässig.
Gemäß §§ 120 Abs. 5 Z 5 Fremdenpolizeigesetz liegt während der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß §§ 55 oder 55a eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1a nicht vor.
Letzteres muss auch dann gelten, wenn aufgrund eines ausdrücklichen Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes bis auf Weiteres keine durchsetzbare Ausreiseverpflichtung vorliegt.
Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Wolfgang Weigl