Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166817/6/Sch/Eg

Linz, 30.05.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn H. H., geb. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 29. Februar 2012, Zl. VerkR96-691-2012, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.               Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 12 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 29. Februar 2012, VerkR96-691-2012, über Herrn H. W. H., geb. x, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a Straßenverkehrsordnung 1960 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960, eine Geldstrafe in der Höhe von 60 Euro, 20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt, weil er am 12.11.2011 um 10:50 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen x (D) auf der B148 bei Straßenkilometer 8.570, Gemeinde St. Georgen bei Obernberg am Inn, Fahrtrichtung Schärding, gelenkt habe und die im angeführten Bereich durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 11 km/h überschritten habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 6 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Eingangs wird, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen. Dieses enthält zwar, wie vom Berufungswerber völlig zutreffend aufgezeigt, in der Begründung zwei ohne Zweifel unzutreffende Angaben, und zwar ist einmal von einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 40 km/h (tatsächlich bloß 11 km/h) und zum anderen von einem Motorrad mit einem völlig anderen Kennzeichen und einem anderen Vorfallstag die Rede. Diese Tatsache spricht zwar nicht für die sorgfältige Anwendung von Bescheidmustern bzw. Textbausteinen durch die Erstbehörde, bewirkt allerdings keinerlei Rechtswidrigkeit des Strafbescheides an sich, zumal trotz dieser unzutreffenden Teile der Begründung letztere nachvollziehbar und verständlich bleibt.

 

Zur Aktenchronologie ist zu bemerken:

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer (Halter) des PKW mit dem Kennzeichen x (D). Mit diesem Fahrzeug wurde laut entsprechender Radarmessung und darauffolgender Polizeianzeige am 12.11.2011 an einer dort näher umschriebenen Örtlichkeit eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen. Dem Berufungswerber wurde vorerst eine Strafverfügung wegen dieses Deliktes zugestellt, im Einspruch dagegen führt der Berufungswerber aus, dass mit dem Fahrzeug mehrere Personen fahren würden. Aus diesem Grunde ersuche er um nähere Angaben zum Fahrzeugführer.

 

Seitens der Behörde wurde in der Folge das Radarfoto angefordert. Es handelt sich um das übliche Heckfoto, sodass im Hinblick auf den Lenker das Foto naturgemäß nicht aussagekräftig ist.

 

Dem Berufungswerber wurde hierauf unter Beilegung des Radarfotos eine Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers übermittelt. Der Rechtsmittelwerber teilte mit, dass er anhand des Fotos nicht sagen könne, wer der Lenker sei. Er wies wieder darauf hin, dass mit dem Fahrzeug mehrere Personen unterwegs sein würden. Diese Anmerkung wiederholte er dann im Anschluss auf die erfolgte Aufforderung zur Rechtfertigung, auch in der Berufungsschrift wird in diese Richtung argumentiert.

 

Wie von der Erstbehörde schon zutreffend im angefochtenen Straferkenntnis festgestellt wurde,  handelt es sich bei der Frage, wer ein Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, um eine der Beweiswürdigung (VwGH 29.3.1989, 88/03/0116, 0117 ua).

 

Nach § 45 Abs. 2 AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit "absoluter Sicherheit" erweislich ist. Es genügt von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033).

 

Grundsätzlich kann einmal davon ausgegangen werden, dass der Zulassungsbesitzer (Halter) die rechtliche und faktische Bezugsperson zum Fahrzeug ist. Im Regelfall ist es weiters nach der allgemeinen Lebenserfahrung so, dass bei natürlichen Personen das Fahrzeug überwiegend vom Zulassungsbesitzer benützt wird, ansonsten ergäbe es ja kaum einen Sinn, ein Fahrzeug behördlich auf seinen Namen anzumelden. Daraus folgt auch der lebensnahe Schluss, dass für den Fall, dass eine andere Person das Fahrzeug benützt hat, es dem Zulassungsbesitzer möglich sein muss, der Behörde diese Person zu benennen. Im Falle einer Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 hat er dazu immerhin eine Frist von zwei Wochen zur Verfügung, um diese Person ausfindig zu machen und zu benennen. Wenn, wie vom Berufungswerber sinngemäß vorgebracht wird, ein großer, fast schon unüberschaubarer Kreis von Personen mit seinem Fahrzeug fahren könne bzw. zum angefragten Zeitpunkt konnte, dann handelt es sich hiebei um einen von der Regel schon sehr abweichenden Einzelfall. Um diesen glaubwürdig erscheinen zu lassen, wäre es demnach notwendig, diesen konkreter zu begründen und es nicht bei der bloßen Behauptung zu belassen. Im anderen Fall, wie hier gegeben, muss sich dann der Zulassungsbesitzer zurechnen lassen, dass er selbst der Lenker des auf ihn zugelassenen Fahrzeuges war, zumal er die unwahrscheinlichere, wenngleich auch nicht völlig auszuschließende, Variante, eben eine andere Person aus einem großen Kreis (laut Berufungswerber etwa 20 Seminarteilnehmer) sei Lenker gewesen, nicht so weit glaubhaft erscheinen lassen konnte, dass sie seine Lenkereigenschaft mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

 

4. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass der gegenständliche Vorgang durchaus auch eine verfassungsrechtliche Dimension aufweisen kann. Hier ist auf Art. 6 Abs. 2 EMRK zu verweisen und damit im Zusammenhang stehend auf die Erkenntnisse des EGMR vom 20.3.2001 (Fall Telfner) und vom 18.3.2010 (Fall Krumpholz) zu verweisen.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings in seinem richtungsweisenden Erkenntnis vom 22. September 2011, GZ. B 1369/10, in diesem Zusammenhang klargestellt, dass die Beweiswürdigung einer belangten Behörde dann nicht zu beanstanden ist, wenn der Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens  glaubhaft dargelegt hat, dass er zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt hatte. Wenn dieser im Verlauf des Verwaltungsstrafverfahrens mehrmals die Möglichkeit hatte, eine Stellungnahme abzugeben, aber nie nähere Angaben gemacht oder Beweismittel vorgelegt hat, dann ist die Annahme, dass er selbst der Lenker war, gerechtfertigt. Verlangt wird vom Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang, dass von der belangten Behörde noch eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, in welcher der Beschuldigte Gelegenheit gehabt hätte, einen persönlichen Eindruck zu vermitteln und sein Vorbringen glaubhaft erscheinen zu lassen.

 

Im vorliegenden Fall ist der Berufungswerber allerdings – entschuldigt - zur Berufungsverhandlung vom 29. Mai 2012 nicht erschienen. Ein Vertagungsersuchen ist nicht erfolgt.

 

5. Zur Strafbemessung:

 

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 60 Euro bewegt sich im untersten Bereich des Strafrahmens des § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960, der bis 726 Euro reicht. Die vom Berufungswerber zu verantwortende Geschwindigkeitsüberschreitung um 11 km/h (erlaubt 70 km/h) ist mit dieser Strafhöhe als angemessen geahndet anzusehen. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde hinreichend berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Auf die persönlichen Verhältnisse des Genannten braucht nicht weiter eingegangen zu werden, zumal von jedermann, der als Kraftfahrzeuglenker am Straßenverkehr teilnimmt, erwartet werden muss, dass er in der Lage ist, relativ geringfügige Verwaltungsstrafen zu begleichen.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

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