Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281406/4/Kl/TK

Linz, 18.05.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des X vom 28. März 2012 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. März 2012, Ge96-4062-2011, wegen Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen X wegen Übertretungen nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, und Herr X folgender Verwaltungsübertretungen für schuldig erkannt:

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gem. § 9 Abs. 1 VStG.1991 zur Vertretung nach außen berufene verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der X diese ist persönlich haftende Gesellschafterin der X -diese ist Inhaberin von Gewerbeberechtigungen für „Gärtner (§ 94 Z 9 GewO 1994)" und „Werbeagentur" - beide mit Sitz in X, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften Bauarbeitenkoordinationsgesetzes (BauKG) eingehalten werden.

 

Anlässlich einer Kontrolle auf der Baustelle X, Neubau X, durch den Arbeitsinspektor X, am 14.03.2011 wurde Folgendes festgestellt:

 


1) Der Bauherr hat nicht dafür gesorgt, dass die Vorankündigung, welche auf Grund des 500 Personentage übersteigenden Umfanges der Arbeiten notwendig war, zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten an das zuständige Arbeitsinspektorat übermittelt wurde. Bis zum Tag der Besichtigung am 14.03.2011 ist keine Vorankündigung beim Arbeitsinspektorat Vöcklabruck eingetroffen, obwohl die Vorankündigung spätestens zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten an das zuständige Arbeitsinspektorat zu übermitteln gewesen wäre.

 

2) Der Bauherr hat die Vorankündigung, welche aufgrund des 500 Personentage übersteigenden Umfanges der Arbeiten notwendig war, am 14.03.2011 nicht sichtbar auf der Baustelle ausgehängt, obwohl die Vorankündigung sichtbar auf der Baustelle auszuhängen ist.

 

3) Der Bauherr hat nicht dafür gesorgt, dass vor Eröffnung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt wurde, obwohl für die Baustelle eine Vorankündigung gem. § 6 BauKG erforderlich war und der Bauherr dafür zu sorgen hat, dass vor Eröffnung der Baustelle für Baustellen, für die eine Vorankündigung gem. § 6 BauKG erforderlich ist, ein Sicherheits­- und Gesundheitsschutzplan erstellt wird.

 

4) Der Bauherr hat nicht dafür gesorgt, dass die auf der Baustelle tätigen Arbeitsnehmer am 14.03.2011 Zugang zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan hatten, obwohl der Bauherr dafür zu sorgen hat, dass die betroffenen Arbeitgeber, deren Präventivkräfte und Arbeitnehmer Zugang zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan haben. Der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan lag am 14.03.2011 nicht auf der Baustelle auf.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1)     § 6 Abs. 2 iVm § 10 Abs. 1 Z 2 BauKG

2)     § 6 Abs. 3 iVm § 10 Abs. 1 Z 2 BauKG

3)     § 7 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 1 Z 2 BauKG

4)     § 7 Abs. 7 iVm § 10 Abs. 1 Z 2 BauKG

 


Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von                          falls diese                             gemäß

                                                      uneinbringlich ist,

                                                      Ersatzfreiheits-

                                                      strafe von

 

1) 145,00 Euro                          24 Stunden                          10 Abs.1 Einleitung Bau KG

2) 145,00 Euro                          24 Stunden                           10 Abs.1 Einleitung Bau KG

3) 145,00 Euro                          24 Stunden                          10 Abs.1 Einleitung Bau KG

4) 145,00 Euro                          24 Stunden                          10 Abs.1 Einleitung Bau KG

 

Gesamt:                                       Gesamt:

580,00 Euro                               96 Stunden                                                                     

 

Ferner sind 14,50 Euro in vier Fällen, das sind 10 % der jeweils verhängten Geldstrafe, also insgesamt 58,00 Euro, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahren erster Instanz gemäß § 64 VStG zu bezahlen."

 

II.                Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 65 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. März 2012, Ge96-4062-2011, wurde das gegen Herrn X eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 BauKG iVm 1. § 6 Abs. 2 BauKG, 2. § 6 Abs. 3 BauKG, 3. § 7 Abs. 1 BauKG und 4. § 7 Abs. 7 BauKG eingestellt. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gemäß § 1 Abs. 3 Z 3 BauKG dieses Bundesgesetz nicht für die Beschäftigung von Arbeitnehmern in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben im Sinn des Landarbeitsgesetzes 1984 gelte. Gemäß § 5 Abs. 1 Landarbeitsgesetz 1984 sind Betriebe der Land- und Forstwirtschaft im Sinn dieses Bundesgesetzes Betriebe der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und ihre Nebenbetriebe. In diesem Rahmen zählen zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte einschließlich des Wein- und Obstbaues, des Gartenbaues und der Baumschulen. Herr X gab bei einer niederschriftlichen Einvernahme an, dass er eine landwirtschaftliche Remise und eine Fischerhütte errichtet habe und die Remise zur Einstellung der landwirtschaftlich genutzten Geräte diene. Er betreibt eine Baumschule. Es sei daher das BauKG nicht anwendbar.

 

2. Dagegen wurde vom Arbeitsinspektorat X rechtzeitig Berufung eingebracht und beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass gegen den Beschuldigten wegen Übertretungen der §§ 6 Abs. 2 und 3 und 7 Abs. 1 und 7 BauKG die vom Arbeitsinspektorat X mit Anzeige vom 16. März 2011 beantragte Verwaltungsstrafe von insgesamt 580 Euro gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 BauKG verhängt wird. Begründend wurde ausgeführt, dass Bauherr im Sinn des § 2 Abs. 1 BauKG eine natürliche oder juristische Person oder sonstige Gesellschaft mit Rechtspersönlichkeit, in deren Auftrag ein Bauwerk ausgeführt wird, ist. Gemäß § 1 Z 2 BauKG gilt dieses Gesetz für alle Baustellen, auf denen Arbeitnehmer beschäftigt werden. Das BauKG habe dann keine Gültigkeit, wenn während des gesamten Bauvorhabens kein einziger Arbeitnehmer beschäftigt wird. Aufgrund der Tatsache, dass auf der gegenständlichen Baustelle Arbeitnehmer im Sinn des § 2 Abs. 1 ASchG der Betriebe X, X und X beschäftigt wurden, ist das BauKG anzuwenden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Berufung dem Beschuldigten zur Kenntnis gebracht und gleichzeitig die Gelegenheit zu einer Stellungnahme durch Gewährung des Parteiengehörs eingeräumt. Von dieser Möglichkeit wurde nicht Gebrauch gemacht.

Weil die Berufung nur die unrichtige rechtliche Beurteilung bekämpft, keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und von keiner Partei eine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt wurde und eine solche auch im Grunde des zugestandenen Sachverhaltes nicht erforderlich war, im Übrigen auch schon aus der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51 e Abs. 2 und 3 VStG nicht erforderlich.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere aber auch in die mit dem Beschuldigten aufgenommene Niederschrift vom 5. Mai 2011. Danach führt der Beschuldigte selbst an, dass er die Dachdeckerarbeiten in Eigenregie durchgeführt habe, die Arbeiten am Dachstuhl beendet seien, weshalb das Gerüst und die Absturzsicherung entfernt worden seien, es sei aber ein Gerüst für die Verputz- und Eindeckarbeiten bei einer Gerüstfirma bestellt gewesen, wobei aber das Gerüst am 10. oder 11. März hätte aufgestellt werden sollen. Diese Firma ist nicht gekommen. Es hat daher die Firma X, die die Photovoltaikanlage auf dem Dach montieren sollte, zur Vorbereitung ihrer Arbeiten den Abstand der Ziegel benötigt. Herr X, Angestellter der X, befand sich am 14.3.2011 am Dach, um die Ziegelabstände auszumessen, damit sie der Fa. X mitgeteilt werden können. Es wurde danach die Photovoltaikanlage durch die Fa. X installiert. Vor Beendigung der Arbeiten am Dachstuhl war ein Gerüst der Fa. X aus X aufgestellt.

Es steht daher auch im Grunde der Angaben in der Berufung des Arbeitsinspektorates X fest, dass Arbeitnehmer der Betriebe X und der X, sowie der X, auf der Baustelle X, X, X, beschäftigt und tätig waren.

Zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens wurde hingegen vom Beschuldigten ein Vorbringen dahingehend gemacht, dass eine Vorankündigung an das Arbeitsinspektorat erfolgte, diese Vorankündigung auf der Baustelle ausgehängt war, ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt wurde und dieser den Arbeitnehmern und Präventivfachkräften zugänglich gemacht wurde. Vielmehr gab der Beschuldigte an, dass er noch nie etwas vom Bauarbeitenkoordinationsgesetz gehört habe.

Der Beschuldigte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der X mit Sitz in X, X, welche ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der X mit gleichlautendem Sitz ist. Die X ist im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe Werbeagentur sowie für das reglementierte Gewerbe Gärtner.

 

Dieser Sachverhalt ist insbesondere aufgrund der Angaben des Arbeitsinspektorats sowie aufgrund der übereinstimmenden Angaben durch den Beschuldigten selbst erwiesen.

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG, BGBl. I Nr. 37/1999 i.d.F. BGBl. I Nr. 42/2007, soll dieses Bundesgesetz Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auf Baustellen durch Koordinierung bei der Vorbereitung und Durchführung von Bauarbeiten gewährleisten.

Gemäß § 1 Abs. 2 BauKG gilt dieses Bundesgesetz für alle Baustellen, auf denen Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Gemäß § 2 Abs. 1 BauKG ist Bauherr im Sinne dieses Bundesgesetzes eine natürliche oder juristische Person oder sonstige Gesellschaft mit Rechtspersönlichkeit, in deren Auftrag ein Bauwerk ausgeführt wird.

 

In den Materialien (Regierungsvorlage GP XX RV 1462) wird zum Geltungsbereich gemäß § 1 Abs. 2 u. 3 ausgeführt, dass grundsätzlich dieses Bundesgesetz für alle Baustellen gilt, auf denen Arbeitnehmer beschäftigt werden. Ausgenommen sind die Bereiche, für die dem Bundesgesetzgeber keine Kompetenz zur Regelung des Arbeitnehmerschutzes zukommt. Es enthält daher der § 1 Abs. 3 Z 3 die aufgrund der Kompetenzverteilung gebotene Ausnahme für land- und fortwirtschaftliche Betriebe.

 

Im Grunde der Definition des Bauherrn gemäß § 2 Abs. 1 BauKG ist daher auch die X als Gesellschaft mit Rechtspersönlichkeit Bauherr im Sinn des § 2 Abs. 1 BauKG. Das Aufstellen von Gerüsten, Dacharbeiten, Montage von Photovoltaikanlagen am Dach, Dacheindeckung, Verputzarbeiten usw. sind eindeutig Bauarbeiten. Es steht fest, dass ein Gerüst von der X aufgestellt worden ist, und dass eine Photovoltaikanlage durch die X errichtet werden sollte. Es waren daher Arbeitnehmer von Arbeitgebern, die nicht mit dem Bauherrn ident sind, auf der gegenständlichen Baustelle, nämlich Neubau der X, beschäftigt. Es ist daher auch der Geltungsbereich gemäß § 1 Abs. 1 u. 2 BauKG erfüllt, nämlich dass Arbeitnehmer auf der Baustelle Bauarbeiten durchführen. Ob diese Baustelle ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ist oder nicht, ist in diesem Zusammenhang für den Geltungsbereich unerheblich. Erheblich ist lediglich, dass für den Arbeitnehmerschutz in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben selbst keine Zuständigkeit gegeben ist und daher die Ausnahme gemäß § 1 Abs. 3 Z 3 BauKG gilt. Dies ist aber nur für Arbeitnehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gültig. Da es sich aber im gegenständlichen Fall um Arbeitnehmer von Fremdfirmen, nämlich der X sowie der X handelt, deren Arbeitnehmer zweifelsfrei nicht Arbeitnehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der X sind, ist das BauKG für diese Baustelle anwendbar. Es war daher die Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren nach dem BauKG durch die belangte Behörde rechtswidrig und musste daher der Berufung des Arbeitsinspektorates X stattgegeben werden.

 

5.2. Gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 BauKG hat der Bauherr eine Vorankündigung zu erstellen für Baustellen, bei denen voraussichtlich deren Umfang 500 Personentage übersteigt.

Gemäß § 6 Abs. 2 BauKG ist die Vorankündigung spätestens 2 Wochen vor Beginn der Arbeiten an das zuständige Arbeitsinspektorat zu übermitteln.

Gemäß § 6 Abs. 3 BauKG ist die Vorankündigung sichtbar auf der Baustelle auszuhängen.

Gemäß § 7 Abs. 1 BauKG hat der Bauherr dafür zu sorgen, dass vor Eröffnung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt wird für Baustellen, für die eine Vorankündigung gemäß § 6 erforderlich ist.

Gemäß § 7 Abs. 7 BauKG hat der Bauherr dafür zu sorgen, dass die betroffenen Arbeitgeber, deren Präventivfachkräfte und Arbeitnehmer sowie die auf der Baustelle tätigen Selbständigen Zugang zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan haben.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Bauherr die Verpflichtungen nach § 3, § 4 Abs. 4, § 6, § 7 oder § 8 dieses Bundesgesetzes verletzt.

 

Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist erwiesen, dass zum Kontrollzeitpunkt 14.3.2011 Bauarbeiten bereits durchgeführt wurden bzw. die Montage der Photovoltaikanlage am Dach unmittelbar bevor stand. Bis zum Kontrollzeitpunkt am 14.3.2011 wurde eine Vorankündigung nicht an das zuständige Arbeitsinspektorat übermittelt. Auch war die Vorankündigung nicht zum Kontrollzeitpunkt 14.3.2011 auf der Baustelle sichtbar ausgehängt. Auch war ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan nicht erstellt und lag am 14.3.2011 auch kein Zugang zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan für die betroffenen Arbeitgeber, deren Präventivfachkräfte und Arbeitnehmer sowie die auf der Baustelle tätigen Selbständigen vor.

 

Es wurde daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen erfüllt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 BauKG hat die X bzw. der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer der persönlich haftenden X als Bauherr die Verwaltungsübertretungen gemäß § 6 bzw. § 7 BauKG zu verantworten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

Der Beschuldigte hat zu keiner Zeit im Verwaltungsstrafverfahren ein Vorbringen getätigt, das ihn entlasten würde. Vielmehr brachte er bei seiner Einvernahme vor, dass er von einem Baukoordinationsgesetz noch nie gehört hätte. Gerade aber als Bauherr wäre ihm aber zumutbar gewesen, die entsprechenden Verwaltungsvorschriften zu kennen, bzw. sich Kenntnis bei der zuständigen Behörde zu verschaffen. Dass er sich hinsichtlich der einzuhaltenden Vorschriften erkundigt hätte, wurde vom Beschuldigten nicht vorgebracht. Es liegt somit auch Schuldhaftigkeit, nämlich zumindest fahrlässiges Verhalten vor.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

§ 10 Abs. 1 Einleitungssatz BauKG sieht bei erstmaliger Tatbegehung eine Geldstrafe von mindestens 145 Euro und von höchstens 7.260 Euro je Delikt vor. Vorstrafen gegen den Beschuldigten sind aus dem Akt nicht ersichtlich. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme führt der Beschuldigte ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 2.000 Euro, kein Vermögen und die Sorgepflicht für einen Sohn an.

Das anzeigende Arbeitsinspektorat hat für jedes Delikt die Mindeststrafe beantragt. Im Hinblick auf die durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten und im Hinblick darauf, dass der Beschuldigte unbescholten ist, war die Verhängung jeweils der Mindeststrafe für jedes Delikt gerechtfertigt und ausreichend, ihn von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Sie war aber auch erforderlich, um das Unrechtsbewusstsein des Beschuldigten zu schärfen. Da es sich jeweils um die Mindeststrafe handelt, war eine geringere Geldstrafe nicht möglich.

Die außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG war hingegen nicht anzuwenden, weil abgesehen vom Milderungsgrund der Unbescholtenheit keine weiteren Milderungsgründe vorliegen. Da ein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe daher nicht festzustellen war, war § 20 VStG nicht anzuwenden. Auch lag nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, weil das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt. Es war daher auch nicht von einer Strafe abzusehen.

 

Gemäß § 16 VStG ist aber für jede verhängte Geldstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe vorzusehen.

 

6. Gemäß § 64 Abs. 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat, und ist dieser Beitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe zu bemessen. Es war daher ein Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz von insgesamt 58 Euro festzusetzen.

 

Weil aber die Berufung des Arbeitsinspektorates Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG nicht auszusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: Anwendungsbereich des BauKG; Ausnahme nur für Beschäftigte im Rahmen der Landwirtschaft; Beschäftigte anderer Arbeitgeber nicht ausgenommen

 

VwSen-281406/4/Kl/TK vom 18. Mai 2012

 

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

BauKG §1 Abs3 Z3

 

Die Bestimmungen des BauKG gelten gem § 1 Abs 2 leg cit für alle Baustellen auf denen Arbeitnehmer beschäftigt werden. Davon ausgenommen ist gem § 1 Abs 3 Z 3 BauKG die Beschäftigung von Arbeitnehmern in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben.

Diese Ausnahmebestimmung bezieht sich jedoch nur auf Arbeitnehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Das bedeutet, die Beschäftigung von Arbeitnehmern einer Baufirma auf einer Baustelle unterliegt jedenfalls den Bestimmungen des BauKG, ungeachtet dessen, dass sich die Baustelle auf einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb befindet.

 

 

 

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