Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523187/3/Kof/Ai

Linz, 28.06.2012

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X vertreten durch Frau Rechtsanwältin Mag. X, X, X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24. Mai 2012, VerkR21-392-2012 betreffend Aufforderung, sich amtzärtlich untersuchen zu lassen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und

der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 Abs.4 FSG

   BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert,
sich innerhalb von zwei Wochen – nach Rechtskraft dieses Bescheides –
bei der belangten Behörde amtsärztlich untersuchen zu lassen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist eine begründete Berufung erhoben.

 

 

 

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67 AVG) erwogen:

 

Am 30. Mai 2011 hat Herr CM (= Sohn des Bw) bei der PI T. – auszugsweise –

angegeben:

Ich wohne gemeinsam mit meiner Ehefrau und den Kindern im Anwesen B.

Es handelt sich dabei um mein Elterhaus, welches mir von meinem Vater und

meiner inzwischen verstorbenen Mutter etwa im Jahr 2000 übergeben wurde.

Seit der Hausübergabe ist mein Vater in meiner Eigentumswohnung in T. wohnhaft.

Es besteht auch die Vereinbarung, dass mein Vater in meinem Haus in B. einen Raum frei benutzen darf und sich im Garten frei bewegen darf.

Als vor etwa drei Jahren meine Mutter gestorben ist, hat sich mein Vater sehr zu seinem Nachteil verändert und er ist seither tagtäglich fünf bis sechsmal an meinen Wohnsitz gekommen.

Anfänglich wurde das von uns toleriert, weil wir an eine Trauerphase glaubten. Der Zustand hat sich aber immer weiter verschlechtert, da mein Vater uns alle regelrecht terrorisiert hat.

Insbesondere in den letzten drei Monaten lauert mein Vater mir und meiner Familie schon früh morgens auf. Dabei versteckt er sich hinter dem Haus und wenn meine Kinder oder meine Frau das Haus verlassen, schreit er ihnen lauthals Vorwürfe entgegen.  Besonders heftig Vorwürfe richtet mein Vater gegen meine Frau und meinen Bruder GM.

Festhalten möchte ich, dass mein Vater nie körperlich aggressiv gegen uns wurde, sondern sich nur immer verbal abfällig und anschuldigend gegenüber uns äußert. Richtige Drohungen werden von ihm nicht ausgesprochen.

Das gesamte Verhalten meines Vaters kann jedenfalls nur als Psychoterror gegen mich und meine gesamte Familie bezeichnet werden.

 

Bereits im August 2008 haben die drei Söhne des Bw, GM, CM und FM

folgende – auszugsweise – Sachverhaltsdarstellung erstellt:

Seit Jahren hat unser Vater offensichtlich große Probleme mir seiner Umwelt, soziale Kontakte bestehen nicht mehr.

Ebenso gab es in der Familie andauernde und heftige Auseinandersetzungen.

Bis heute ist unser Vater in ärztlicher Behandlung, seit dem plötzlichen und überraschenden Tod unserer Mutter droht die Angelegenheit zu eskalieren.

Es gibt keinerlei Gesprächsgrundlage, unser Alltag ist ausschließlich durch Vorwürfe bestimmt.

Die Situation ist insgesamt für uns und unseren Familien nicht mehr tragbar. Besonders für CM und dessen Familie.

 

 

Mai/ Juni 2008:

Die Situation wird für uns zunehmend unerträglich.

Beinahe täglich fährt der Vater nach B. und provoziert mit seinem Verhalten.

Wir wissen nicht wie wir mit der Situation umgehen sollen, auch wissen wir nicht, was wir unseren Kindern sagen sollen.

 

9.8.2008:

Unser Vater kennt die Grenzen zur Familie von CM nicht mehr erkennen.

Er kommt und geht wie es ihm passt und nimmt in keinster Weise Rücksicht
auf das Leben von CM´s Familie.  CM entfernt zum Schutz seines Familienlebens,
den hinterlegten Schlüssel zur Wohnung und Garage.

Unser Vater fährt – wie üblich – nach B. macht Vorwürfe, spricht sonst kein Wort und weint.

Mittlerweile ist das Wohnrecht offensichtlich zum Hauptthema unseres Vaters geworden.

Das Wohnrecht an sich wird von CM nicht in Frage gestellt.

Auf Grund der Umstände allerdings ist klar,

dass ein Zusammenleben "unter einem Dach" unmöglich ist.

 

Im Protokoll des Bezirksgerichtes V. vom 29. Mai 2012 ist ua folgendes ausgeführt:

Mittlerweile ist die Situation so, dass der Vater mindestens dreimal in der Woche sich im Nahebereich des Hauses, knapp außerhalb des in der einstweiligen Verfügung festgelegten Schutzbereiches aufhält und er beobachtet die Familie.

Bis vor 2 Wochen hat er auch ständig telefonisch Kontakt gesucht und sich nicht an das Kontaktaufnahmeverbot gehalten.

Er hat auch in seinem Bekanntenkreis überall angekündigt, dass er ohnehin,

wenn die einstweilige Verfügung ausläuft, wieder zum Haus kommen wird.

 

Dieses Verhalten des Bw könnte allenfalls iSd § 107a StGB als „Stalking“ gewertet werden.

 

Ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG ist nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung – im Falle einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides – bei der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine neuerliche Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann.

 

 

 

Hierbei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in der Richtung bestehen, welche die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen.

Derartige Bedenken sind im Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen.

ständige Rechtsprechung des VwGH

zuletzt Erkenntnis vom 28.06.2011, 2009/11/0095 mit Vorjudikatur

 

Das Verhalten des Bw liegt im wesentlichen ca. 4 Jahre bzw. ca. 1 Jahr zurück und begründet allein dadurch keine Bedenken iSd § 24 Abs.4 FSG.

 

Selbst wenn das Verhalten des Bw iSd § 107a StGB den Tatbestand des "Stalking" erfüllen würde, ist – ungeachtet der verstrichenen Zeit – festzustellen:

 

Der Bw hat keine Körperverletzung oder sonstige Tätlichkeit begangen, sondern allenfalls die "beharrliche Verfolgung" von dritten Personen.

Daraus lassen sich keine Bedenken im Sinne des § 24 Abs.4 FSG gegen die gesundheitliche Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen ableiten,
zumal sein – behauptetes – Fehlverhalten in keinem erkennbaren Zusammenhang
zur kraftfahrrechtlichen oder strassenverkehrsrechtlichen Vorschriften stand.

siehe dazu ausführlich VwGH vom 21.09.2010, 2011/11/0105.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben, der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 29,90 Euro angefallen.

(Eingabe: 14,30 Euro; 4 Beilagen a 3,90 Euro).

 

 

Mag. Josef Kofler

 

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