Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310455/21/Re/Th

Linz, 04.09.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Dr. Ewald Langeder, Berichter: Dr. Werner Reichenberger, Beisitzer: Dr. Andrea Panny) über die Berufung des Herrn X, vertreten durch die X Rechtsanwälte GmbH, X, vom 25. Juli 2011, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 7. Juli 2011, UR96-3-2010, Spruchpunkte 1)a) sowie 2), wegen Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2012, zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in den oben zitierten, angefochtenen Punkten, aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

  II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 7. Juli 2011, UR96-3-2010, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) Geldstrafen in der Höhe von je 3.630 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 200 Stunden (Spruchpunkt 1a) bzw. 100 Stunden (Spruchpunkt 2.) verhängt, weil er es als abfallrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH, welche wiederum die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der X GmbH & Co KG mit Sitz in X ist, strafrechtlich zu verantworten hat, dass bei einer für den Zeitraum 01.10.2009 – 31.12.2009 durchgeführten Überprüfung der Sammler- bzw. Behandler-Tätigkeit anhand der im EDM/Bewegungsdatenregister erfassten Begleitscheine festgestellt wurde, dass

1) a) für die am 09.11., 17.11., 26.11., 04.12. und 17.12.2009 von der X Austria GmbH in X, übernommenen Abfälle der Schlüsselnummer 55503/91, (Lack- und Farbschlamm, verfestigt oder stabilisiert) keine Erlaubnis bestand, obwohl es für das Sammeln oder Behandeln gefährlicher Abfälle einer Erlaubnis des Landeshauptmannes bedarf.

Die im Spruchpunkt 2. verhängte Geldstrafe beinhaltet den Vorwurf, es sei am 27.11.2009 von der X GmbH & Co KG ein Begleitschein betreffend die Weitergabe von 29.519 kg Bahnschwellen an die X Transporte GmbH in X, übermittelt worden, obwohl Abfallbesitzer, die zu keiner entsprechenden Behandlung berechtigt oder im Stande sind, die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben haben. Die X Transporte GmbH war zur Sammlung von Bahnschwellen (= gefährliche Abfälle) nicht berechtigt, die Übergabe durch die X GmbH & Co KG erfolgte somit an eine dazu nicht berechtigte Person.

Weiters wurden dem Bestraften Beiträge zu den Kosten des durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz im Ausmaß von 10 % der zu den jeweiligen Spruchpunkten verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, im Zuge von Auswertungen von Begleitscheinen seien die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen festgestellt worden. Es bestehe unbestritten keine Genehmigung zur Übernahme von Lack- und Farbschlamm mit der Spezifizierung 91. Für diese Spezifizierung "verfestigt oder stabilisiert" sei eine Änderung der bestehenden Genehmigung mit Antrag vom 20.01.2010 beantragt worden. Aufgrund der Eingabe des Amtes der Oö. Landesregierung vom 15.03.2010 und der obigen Ausführungen seien die Übertretungen als erwiesen anzusehen und sei von der Behörde mit einem Schuldspruch vorzugehen, weiters sei eine mündliche Verhandlung entbehrlich. Es sei unbestritten, dass eine dezidierte Erlaubnis zur Übernahme von Abfällen der Schlüsselnummer 55503 mit der Spezifizierung 91 jedenfalls vom Genehmigungsumfang des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. Juli 2006, UR-2006-4684/4-WE nicht umfasst sei. Hinsichtlich des Vorbringens, dass der von der Firma X stammende Lackschlamm tatsächlich nicht verfestigt war, handle es sich offensichtlich um eine reine Schutzbehauptung.

Ebenso könne der nachträglich vorgelegte Begleitschein der Übergabe von gefährlichen Abfällen anstelle an die X Transporte GmbH an die X AG den Vorwurf der Übergabe von gefährlichen Abfällen an eine dazu nicht berechtigte Person jedenfalls nicht entkräften. Ganz offensichtlich handle es sich bei dem Vorbringen, dass der Behörde ein irrtümlich unrichtig ausgestellter Begleitschein vorliege, um eine reine Schutzbehauptung.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die innerhalb offener Frist durch die X Rechtsanwälte GmbH, X, X, eingebrachte Berufung vom 25. Juli 2011, mit der beantragt wird, eine mündliche Verhandlung mit Zeugeneinvernahmen durchzuführen und in der Folge das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, in eventu von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG abzusehen, in eventu unter Berücksichtigung des § 20 VStG eine geringere Strafe festzusetzen.

Dies u.a. mit der Begründung, das Unternehmen sei zum Sammeln und Behandeln von Abfällen der Schlüsselnummer 55503 – Lack- und Farbschlamm – berechtigt. Weder der Bescheidspruch noch eine generelle Norm sehen für Abfälle mit der Schlüsselnummer 55503 eine Einschränkung der Erlaubnis auf ausschließlich nicht verfestigte Abfälle vor. Erst seit der ÖNORM S2100 (Ausgabe 1. Juni 2005) seien Schlüsselnummer-Spezifizierungen vorgenommen worden und sei verfestigter Abfall grundsätzlich der Abfallart des ursprünglichen Abfalls zuzuordnen, jedoch als Spezifizierung: "91 verfestigt" anzugeben.

Es könne davon ausgegangen werden, dass bereits auf Grundlage des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. Juli 1991 jegliche Lack- und Farbschlamm-Abfälle, die der Schlüsselnummer 55503 zugeordnet werden können, von der Berechtigung der Berufungswerberin zum Sammeln gefährlicher Abfälle erfasst sind. Weiters könne davon ausgegangen werden, dass diese Erlaubnis aufrecht bleibe, solange dieser Konsens nicht bescheidmäßig mittels Rechtsgestaltungsbescheid eingeschränkt werde. Es sei davon auszugehen, dass die in ÖNORM S2100 enthaltenen Abfälle bzw. Abfallschlüsselnummern sowohl verfestigte als auch nicht verfestigte Abfälle im Sinne der mit der ÖNORM S2100 (Ausgabe 01.06.2005) eingeführten Spezifizierung 91 enthält. Auch hier gelte, dass der Konsens so lange aufrecht bleibe, so lange er nicht bescheidmäßig abgeändert werde. Die Novellierung einer technischen Norm, wie die Neuausgabe der ÖNORM S2100, ändere nichts am Umfang einer rechtskräftigen Erlaubnis. Da aber mit keinem Rechtsgestaltungsbescheid eine Einschränkung der Sammler- und Behandlererlaubnis für Abfälle der Schlüsselnummer 55503 auf lediglich nicht verfestigte bzw. stabilisierte Abfälle erfolgt sei, verfüge der Berufungswerber nach wie vor über die vollumfängliche Erlaubnis zur Sammlung und Behandlung von Lack- und Farbschlamm, sowohl in verfestigter/stabilisierter als auch in nicht verfestigter/stabilisierter Form. Dass in der Zwischenzeit ein Antrag um Änderung der bestehenden Genehmigung (Antrag vom 20. Jänner 2010) eingebracht wurde, sei aufgrund behördlichen Drucks erfolgt; es sollte außer Zweifel gestellt werden, dass von der Berufungswerberin auch verfestigte oder stabilisierte Abfälle gesammelt werden dürfen. Aus diesem Antrag könne kein Zugeständnis oder Beweis dafür gesehen werden, dass die Berufungswerberin zum Zeitpunkt der Antragstellerin über keine Genehmigung zur Übernahme von Lack- und Farbschlamm der Spezifizierung 91 verfügt habe.

 

Zum Spruchpunkt 2 wird in der Berufung darüber hinausgehend begründend ausgeführt, es sei bereits im Verfahren ausgeführt worden, dass es sich nicht um Bahnschwellen, sondern um ein sogenanntes Holzstückelpflaster gehandelt habe, welches von X als Bauunternehmen rückgebaut und am Ort des Anfalls der Abfälle an die X AG als erste Abfallübernehmerin übergeben worden sei. Die X AG verfüge über die entsprechende Berechtigung zur Sammlung und Behandlung gefährlicher Abfälle (Bahnschwellen). X war keinesfalls Übernehmerin der Abfälle, sondern in ihrer Tätigkeit als Bauunternehmerin vielmehr als Abfallerzeugerin zu qualifizieren. Der Begleitschein sei diesbezüglich nachträglich rechtskonform im Sinne des § 5 Abs.4 Abfallnachweisverordnung korrigiert und dies auch der zuständigen Behörde mitgeteilt worden. Es sei somit im Verfahren klargestellt worden, dass nicht X an X die gegenständlichen Abfälle übergeben habe, sondern vielmehr X als Abfallerzeugerin die gegenständlichen Abfälle der X AG übergeben habe. Somit hat weder X noch der Berufungswerber die im Bescheid zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z2 iVm § 15 Abs.5 AWG 2002 begangen. Die Behörde habe den bekämpften Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, da sie fälschlicherweise davon ausgegangen sei, dass X die gegenständlichen 25.519 kg Bahnschwellen an X übergeben habe. Die Behörde habe nicht einmal in die Begleitscheine der X und/oder X AG eingesehen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da in den Spruchpunkten 1a) und 2) 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 7. Kammer berufen (§ 51c VStG). Über die Berufung gegen Spruchpunkt 2b) ergeht eine gesonderte Entscheidung des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelmitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu UR96-3-2010 und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 20. Juli 2012. An dieser Verhandlung haben neben dem Berufungswerber auch sein rechtlicher Vertreter und auch die von ihm namhaft gemachten und beantragte Zeugen, wie 2 Vertreter der Direktion Umwelt- und Wasserwirtschaft des Amtes der Oö. Landesregierung und ein Vertreter des abfallerzeugenden und übergebenden Unternehmens X Austria GmbH, X, sowie ein Vertreter der X Transporte GmbH, X, teilgenommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Mit Anzeige der Direktion Umwelt- und Wasserwirtschaft, Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht vom 15. März 2010, UR-2006-4684/48-We, wurde der Bezirkshauptmannschaft Gmunden unter Hinweis auf ein Schreiben der Abteilung Umweltschutz des Amtes der Oö. Landesregierung vom 11. März 2010 mitgeteilt, dass vom Zeitraum ab 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2009 neuerlich festgestellt worden sei, dass die X GmbH & Co KG Abfälle ohne Erlaubnis übernommen habe. Es sei der Straftatbestand des § 79 Abs.1 Z7 iVm § 25 Abs.1 AWG 2002 erfüllt.

Diesem Schreiben der Abteilung Umweltschutz angeschlossen sind Kopien nachstehender Begleitscheine mit angeführten Abfallübergebern und Schlüsselnummern bei jeweiliger Übernahme durch die X GmbH & Co KG:

 

Übergeber:

Datum:

Abfallcode:

X L

04.12.2009

97105/77

X Austria GmbH, X

09.11.2009

55503/91

X GmbH, X

17.11.2009

55503/91

X Austria GmbH, X

26.11.2009

55503/91

X Austria GmbH, X

17.12.2009

55503/91

X GmbH & Co KG, X

17.12.2009

55503/91

 

Weiters befindet sich im Verfahrensakt der Behörde erster Instanz ein Begleitschein der X GmbH & Co KG über eine Abfallmenge von 29.510 kg Eisenbahnschwellen, welche am 5. August 2008 von der X GmbH & Co KG übergeben wurde. Als Transporteur scheint die X Transporte, X, als Übernehmer zunächst ebenfalls die X Transporte auf, wurde jedoch korrigiert und unter der Rubrik Bemerkungen als Übernehmer die X AG, X, angeführt.

 

Dem Berufungswerber zur Last gelegt wird die Übergabe von Lack- und Farbschlämmen, verfestigt oder stabilisiert, mit der Schlüsselnummer 55503/91, von der X Austria GmbH, X, am 09.11., 17.11., 26.11., 04.12. und 17.12.2009. Diese, dem Berufungswerber mit Aufforderung der Rechtfertigung vom 2. August 2010, UR96-3-2010, zur Last gelegten Tatzeitpunkte betreffend Abfallübernahmen von der X Austria GmbH, X, finden sich auch identisch im letztlich bekämpften Straferkenntnis.

Fest steht weiters, dass es sich bei den im bekämpften Straferkenntnis mit Übernahmedatum 09.11., 26.11. und 17.12.2009 angeführten Abfällen um Lack- und Farbschlämme der X Austria GmbH in X handelt, jedoch gleichzeitig, dass es sich bei den mit Übernahmedatum 17.11. bzw. 04.12.2009 übernommenen Abfälle nicht um Abfälle der X Austria GmbH sondern um solche der X GmbH, X bzw. der X X, handelt.

Weiters steht fest, dass von der X Austria GmbH, X, ausschließlich Lack- und Farbschlämme mit der Schlüsselnummer 55503 übergeben wurden, nicht jedoch verfestigte oder stabilisierte Lack- und Farbschlämme mit der Schlüsselnummer 55503 und der Spezifikation 91.

 

Schließlich steht fest, dass auch der Vorwurf betreffend die Übergabe von  29.519 kg Bahnschwellen dem Berufungswerber mit Verfolgungshandlung vom
2. August 2010 (Aufforderung zur Rechtfertigung) erstmals zur Last gelegt wurde und der diesbezügliche Begleitschein als Übergabedatum den 5. August 2008 aufweist.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei, einerseits bereits aus den Unterlagen im erstinstanzlichen Verfahrensakt, andererseits aus den glaubwürdigen und nachvollziehbaren zeugenschaftlichen Aussagen der Vertreter der Firmen X Austria GmbH und X GmbH & Co KG, schließlich auch aus den von diesen im Rahmen der Berufungsverhandlung vorgelegten Unterlagen.

Nach diesen Ermittlungsergebnissen scheidet der Tatvorwurf der Abfallübernahme am 17.11.2009 und am 4.12.2009 von der X Austria GmbH, X, bereits aus dem Grunde aus, als ein Begleitschein für dieses Datum mit dem Abfallerzeuger X Austria GmbH nicht existiert, somit auch bereits der Anzeige durch die Fachabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung nicht angeschlossen war.

 

Für die am 09.11., 26.11. und 17.12.2009 von der X Austria GmbH übernommenen Abfälle ergab das Ermittlungsverfahren zweifelsfrei, dass hier jeweils nicht verfestigte Lack- und Farbschlämme übernommen wurden, dies insbesondere nach den Aussagen und Unterlagen der zeugenschaftlich einvernommenen Vertreterin des Unternehmens. Die Einsichtnahme in die von der Vertreterin der X Austria GmbH bei der Verhandlung vorgelegten entsprechenden Begleitscheinkopien ergab, dass als Abfallcode jeweils 55503 angeführt ist, und zwar ohne jegliche Spezifizierung. Die Vertreterin verweist ausdrücklich darauf hin, dass im Unternehmen Schlämme nicht verfestigt oder stabilisiert werden. Sie stellt ausdrücklich fest, dass auf ihren Begleitscheinen nirgends die Ziffer 91 als Zeichen der Spezifizierung aufscheint.

 

Letztlich unklar blieb der Umstand, dass einzig und allein auf den von der Abteilung Umweltschutz an die Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht übermittelten Begleitscheinausdrucken die Spezifizierung 91 aufschien, wobei in diesem Zusammenhang festzuhalten ist, dass - so auch die Aussage des Vertreters der Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung - weder von der Abteilung Umweltschutz noch von der Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht die tatsächliche Beschaffenheit des Abfalls überprüft werden kann, sondern lediglich der – offensichtlich elektronisch übermittelte – Begleitscheinausdruck der Kontrolle der Abteilung Umweltschutz unterzogen wird.

 

Die Kontrolle des Abfalls, ob es sich somit tatsächlich um verfestigte oder nicht verfestigte Lack- und Farbschlämme handelt, konnte somit auch von der belangten Strafbehörde erster Instanz nicht mehr durchgeführt werden, sondern wurden die Vorgaben aus der übermittelten Anzeige übernommen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat somit die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde des objektiven Tatbestandes von Amtswegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit § 39 Abs.2 AVG; Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412 f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amtswegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen den Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

 

Dem Berufungswerber wird im bekämpften Straferkenntnis angelastet, entgegen der Bestimmung des § 25 Abs.1 AWG 2002 Abfälle übernommen und somit gesammelt zu haben, ohne hiefür die erforderliche Erlaubnis des Landeshauptmannes zu verfügen.

 

Konkret wurde im gegenständlichen Verfahren vorgeworfen, am 09.11., 17.11., 26.11., 04.12. und 17.12. von der X Austria GmbH, X, verfestigte oder stabilisierte Lack- und Farbschlämme mit der Schlüsselnummer 55503/91 übernommen zu haben. Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass von der X Austria GmbH zwar am 09.11., 26.11. und 17.12.2009 Abfälle an die X GmbH & Co KG, X, übergeben wurden, erwiesenermaßen nicht jedoch am 17.11. und 04.12.2009. Dies entspricht letztlich auch den von der Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht übermittelten Begleitscheinausdrucken. Die Tatzeitpunkte 17.11. und 04.12.2009 waren daher bereits aus diesem Grunde für eine Abfallübernahme von der X Austria GmbH nicht weiter verfolgbar.

 

Auch für die Tatzeitpunkte 09.11., 26.11. und 17.12.2009 konnte die Tatanlastung letztlich nicht aufrecht erhalten werden, da das durchgeführte Beweisverfahren zweifelsfrei ergeben hat, dass von der X Austria GmbH zu diesen Zeitpunkten zwar Lack- und Farbschlämme, diese jedoch weder verfestigt, noch stabilisiert, übergeben wurden. Für die Übernahme von Abfällen der Schlüsselnummer 55503 ohne jegliche Spezifizierung besteht jedoch unbestritten eine Erlaubnis der X GmbH & Co KG in X zum Sammeln.

Es ist daher davon auszugehen, dass eine Sammlung von gefährlichen Abfällen mit der Schlüsselnummer 55503/91 (Lack- und Farbschlamm, verfestigt oder stabilisiert) zu den vorgeworfenen Tatzeitpunkten nicht stattgefunden hat und somit der Strafvorwurf nicht aufrecht erhalten werden kann.

Viel mehr wird dem Berufungswerber eine – aus welchen Gründen auch immer erfolgte – Übermittlung von zumindest fehlerhaften Daten im elektronischen Begleitschein vorzuhalten sein; dies war jedoch nicht Inhalt des verfahrensgegenständlichen Tatvorwurfs.

In diesem Sinne war der Berufung zum Spruchpunkt 1.a) Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsverfahren einzustellen.

 

Zum Spruchpunkt 2. des bekämpften Straferkenntnisses ist festzustellen, dass dem Berufungswerber als Tatzeitpunkt in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. August 2010 der 27. November 2009 zur Last gelegt wird. Dieses Datum 27. November 2009 ergibt sich bereits aus der zugrunde liegenden Anzeige der Fachabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung vom 15. März 2010 und bezieht sich offensichtlich auf die Übermittlung des bezughabenden Begleitscheines, nicht jedoch auf die zur Last gelegte Abfallübergabe. Die Abfallübergabe erfolgte nämlich, wie im Verfahren durch Vorlage des entsprechenden Begleitscheines hervorgekommen ist, bereits am 5. August 2008. Da jedoch in Bezug auf diesen Abfallübergabezeitpunkt innerhalb des Verjährungszeitraumes von einem Jahr (§ 81 Abs.1 AWG) eine vollständige Verfolgungshandlung nicht gesetzt worden ist, war die weitere Verfolgung ab Ablauf dieser Frist unter Anwendung des § 31 Abs.1 VStG nicht mehr zulässig und somit das Verwaltungsstrafverfahren nunmehr auch diesbezüglich nach § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

6. Da das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren in den angefochtenen Spruchpunkten einzustellen war, entfällt diesbezüglich gemäß § 66 Abs.1 VStG die Vorschreibung jeglicher Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

 

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