Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167275/6/Br/Ai

Linz, 05.11.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, X und X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, v. 14.08.2012, GZ: VerkR96-8695-2012, wegen einer Übertretung nach dem KFG 1967, zu Recht:

 

 

I.     Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.   Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 73 Euro auferlegt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012 – VStG.

Zu II.:  § 64 Abs.1 u.2  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Wider den Berufungswerber wurde mit dem o.a. Straferkenntnis der, wegen einer Übertretung nach  § 103 Abs.2 KFG 1967 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 365 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 74 Stunden verhängt, weil er es als Zulassungsbesitzer des Pkw mit dem Kennzeichen X, unterlassen habe der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 06.02.2012 binnen 2 Wochen ab Zustellung – nämlich bis 18.2.2012 – nachzukommen  und bekannt zu geben, wer den angeführten Pkw am 01.10.2011, 09.35 Uhr auf der A1 bei StrKm. 217.638, in Fahrtrichtung Wien gelenkt habe.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führt begründend folgendes aus:

"Aufgrund einer Anzeige der Landesverkehrsabteilung vom 02.11.2011 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung am 01.10.2011 um 09.35 Uhr auf der Autobahn A1 im Gemeindegebiet X bei StrKm. 217.638, wurde der X GmbH als Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem Kennzeichen X eine Lenkererhebung übermittelt. In Beantwortung dieser gab diese an, dass Sie Auskunft erteilen könnten, wer das Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt habe. Am 06.02.2012 übermittelten wir sodann Ihnen eine Lenkererhebung, mit der Aufforderung, binnen 2 Wochen den Lenker bekannt zu geben. Sie bezogen dazu Stellung und meinten, dass Sie keine Auskunft dazu geben könnten, da Sie und ein Mitfahrer etwa an der Stelle der Geschwindigkeitsübertretung einen Fahrerwechsel durchgeführt hätten. Wer die Übertretung also begangen habe, würde Sie nicht mehr wissen.

 

Diesbezüglich erging am 02.03.2012 eine Strafverfügung gegen Sie, gegen die Sie fristgerecht Einspruch erhoben. Sie wiederholten, dass Sie nicht sagen könnten, wer gefahren sei. Als wir Sie am 03.04.2012 darüber verständigten, dass es Ihre Pflicht gewesen sei, uns den Lenker mitzuteilen, antworteten Sie durch Ihren ausgewiesenen Vertreter erneut dahingehend, dass Sie und Ihr Mitfahrer abwechselnd gefahren seien und es problematisch sei, dass sich beide nicht mehr an den Vorfall erinnern können.

 

Von der Behörde wurde Folgendes erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Sie wurden vom Zulassungsbesitzer als Person benannt, die Auskunft darüber erteilen kann, wer den PKW mit dem Kennzeichen X zum genannten Tatzeitpunkt gelenkt hat. Somit traf Sie die Auskunftspflicht. Zum Einwand, dass Sie und Ihr Mitfahrer sich abgewechselt hätten und deshalb nicht mehr wüssten, wer genau zu diesem Zeitpunkt gefahren sei, muss gesagt werden, dass das Gesetz ausdrücklich vorschreibt, dass Aufzeichnungen zu führen sind, wenn eine entsprechende Auskunft nicht ohne Aufzeichnungen gegeben werden könnte. Sie sind mangels entsprechender Aufzeichnungen nicht in der Lage, Auskunft zu geben; dies fällt Ihnen jedoch zur Last. Der Hinweis, sich nicht mehr erinnern zu können, ob Sie oder Ihr Mitfahrer zum angefragten Zeitpunkt mit dem gegenständlichen Kraftfahrzeug gefahren sei, entschuldigt nicht. Sie hätten entsprechende Aufzeichnungen zu führen gehabt.

Gemäß § 134 Abs. 1 KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz (KFG) zuwiderhandelt.

 

Sie haben dem § 103 Abs. 2 KFG zuwidergehandelt, indem Sie wie oben beschrieben, keine Lenkerauskunft erteilt haben. Da auch keine Schuldausschließungsgründe vorliegen, sind Sie somit nach § 134 Abs. 1 KFG zu bestrafen.

Grundlage für die Strafbemessung ist gemäß § 19 Abs. 1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Pflicht, Auskunft darüber zu erteilen, wer zu einem gewissen Zeitpunkt sein Fahrzeug gelenkt hat, stellt eine überaus wichtige Pflicht dar. Dies vor allem deshalb, weil dies notwendig ist, um es überhaupt zu ermöglichen, dass die tatsächlichen Lenker und somit jene Personen, die Verkehrsübertretungen begehen, auszuforschen. Diese Auskunftspflicht ist somit in Sinne der Rechtssicherheit überaus notwendig. Aus diesem Grund liegt der Nichterteilung oder der falschen Erteilung solcher Auskünfte ein erheblicher Unrechtsgehalt zu Grunde. Um die Allgemeinheit entsprechend darauf zu sensibilisieren ist grundsätzlich aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung geboten. Ebenso sind spezialpräventive Überlegungen dahingehend anzustellen, den Beschuldigten durch die Bestrafung vor der Begehung weiterer gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten konnten mangels Bekanntgabe nicht erhoben werden und wurden, wie in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 03.04.2012 angekündigt, geschätzt.

 

Die gegen Sie verhängte Strafe erscheint daher als tat- und schuldangemessen und geeignet, Sie in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten."

 

 

 

1.2. Mit diesen Ausführungen ist die Behörde erster Instanz im Recht!

 

 

2. Der Berufungswerber tritt in seiner durch seine Rechtsvertreterschaft fristgerecht erhobenen Berufung unter Hinweis auf die erteilte Vollmacht mit folgenden inhaltlichen Ausführungen dem Schuld- u. Strafausspruch entgegen:

"Im Straferkenntnisschreiben vom 14.08.2012 wurde angegeben, dass der Berufungswerber es als Zulassungsbesitzer unterlassen hat, ihre Behörde der Bezirkshauptmannschaft Gmunden auf ihr schriftliches Verlangen vom 06.02.2012 binnen 2 Wochen ab Zustellung bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug mit dem X am 01.10.2011, 09:35 Uhr auf der A1 bei StrKm. 217. 638 in Fahrtrichtung W. gelenkt hat.

 

Der Berufungswerber gab in der Stellungnahme Lenkerhebung an, dass er keine Auskunft darüber geben könne, wer zum Zeitpunkt der möglichen Geschwindigkeitsübertretung gefahren ist. Es wurden Fahrerwechsel vorgenommen.

 

Es ist den Ausführungen des Berufungswerbers nichts hinzuzufügen.

Richtig ist, dass die Behörde Auskunft darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten

Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat.

Vorliegend liegt aber keine Auskunftsverweigerung vor.

Unsere Mandantschaft ist der Auskunftspflicht nachgekommen.

 

Sofern Sie angeben, dass das Gesetz ausdrücklich vorgibt, dass Aufzeichnungen zu führen sind, wenn eine entsprechende Auskunft nicht ohne Aufzeichnungen gegeben werden könne, betrifft dies allgemein die Auskunft, wer an welchem Tag ein Fahrzeug geführt hat.

Alles Weitere erscheint realitätsfremd, wenn man eine längere Strecke unterwegs ist. Sofern also auf einer Fahrt ein Fahrerwechsel vorgenommen wird, so ist dies nicht von der Gesetzintension umfasst.

 

Es ist tatsächlich eine wichtige Pflicht, Auskunft darüber zu erteilen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt sein Fahrzeug gelenkt hat.

Dabei ist es wichtig, dass die Fahrzeugführer ermittelt werden können. Die Ahnung der Verkehrsübertretung dient aber im Wesentlichen dazu, entsprechende Ahnungen vorzunehmen, damit die Sicherheit im Straßenverkehr erhöht werden kann, da die Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen bei Verkehrsüberschreitungen wahrscheinlicher ist.

 

Es darf allerdings hier berücksichtigt werden, dass der Berufungsbewerber weder die Auskunft verweigert noch Umstände dafür sprechen, dass der Berufungsbewerber weitere Auskunft geben könnte.

Auf die Strafverfügung vom 14.01.2012 und den Einspruch vom 17.01.2012 darf verwiesen werden. Auch die weiteren Schreiben sollten Berücksichtigung (18.02.2012, 12.03.2012) finden.

 

Warum wird auf die Geschwindigkeitsbeschränkung am Tatort nicht näher eingegangen, wenn der Berufungswerber mehrfach aufwirft, dass ihm keine Reduzierung bekannt ist. Das übersandte Foto ist leider nicht aussagekräftig.

 

Wenn also nähere Angaben zur Geschwindigkeitsüberschreitung am 01.10.2011 vorlägen, könnte auch eine weitere Stellungnahme vorgenommen werden.

 

Daher erscheint die Einstellung des Verfahrens, ggf. gegen eine Geldbuße, die die Höhe der Verwaltungsübertretung nicht erreichen sollte, naheliegend."

 

 

2.1.  Mit diesen Ausführungen vermag jedoch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt werden!

 

 

 

3. Da  keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung konnte mit Blick auf den entsprechenden Hinweis im h. Schreiben vom 17.10.2012, das über Ersuchen des Rechtsvertreters erfolgten Fristerstreckung und schließlich des Telefonates mit dem Rechtsvertreter am heutigen Tag  unterbleiben (§ 51e Abs.1 Z1 VStG)

Der unabhängige Verwaltungssenat hat mit h. Schreiben bzw. Telefonat mit der Rechtsvertreterschaft die Sach- u. Rechtslage ausführlich dargelegt.

 

 

4. Folgender Sachverhalt steht fest:

In Vermeidung von Wiederholungen wird auf die oben angeführten Ausführungen der Behörde erster Instanz im Straferkenntnis verwiesen.  Zusammenfassend geht aus dem Verfahrensablauf hervor, dass vorerst gegen den Berufungswerber als Zulassungsbesitzer eine Strafverfügung wegen Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um Umfang von 66 km/h erlassen wurde.

Diese wurde vom Berufungswerber mit dem Hinweis beeinsprucht, dass er wohl im fraglichen Streckenbereich zu zweit unterwegs gewesen wäre, jedoch ein Fahrerwechsel stattgefunden habe und der Fahrer daher nicht feststellbar wäre.

Der nachfolgenden Aufforderung iSd § 103 Abs.2 KFG 1967 blieb letztlich ebenfalls mit dieser Verantwortung unbeantwortet.

Da einerseits nicht wirklich glaubhaft ist, sich drei Monate nach dem Vorfall nicht mehr an den Lenker kurz nach Einreise in das Bundesgebiet der Republik Österreich erinnern zu können, legte der Berufungswerber auch nicht einmal in Ansätzen dar welche Anstrengungen er unternommen hat, dieser  gesetzlichen Pflicht  nachzukommen.

Das sich  Berufungswerber allenfalls Kenntnis von der spezifische Rechtslage in Österreich  zu verschaffen gehabt hätte, sollte ihm diese nicht ohnedies bekannt gewesen sein, worauf zumindest die lapidare Verantwortung mit dem Hinweis auf ein nicht verfügbares zu Identifizierung des Fahrers geeignetes Frontfoto schließen lässt, trifft ihn jedenfalls die Schuldform der Fahrlässigkeit an der nicht erteilten Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers.

 

 

4.2. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 103 Abs.2 KFG 1967 kann (und hat) die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Mit seiner Verantwortung verkennt der Berufungswerber die hier anzuwendende Rechtslage!

Hier ist die angeführte Lenkeranfrage eindeutig und klar verständlich. Er hat die geforderte Auskunft nicht erteilt und damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht begangen und subjektiv zu verantworten. Umstände, welche ein Verschulden ausschließen würden sind alleine mit Blick auf die gegen den Berufungswerber geführten Vorverfahren nicht erkennbar.

Alleine der Geschwindigkeitsexzess lässt schon den Schluss zu, dass der Berufungswerber  mit Blick auf das nach der deutschen Rechtslage obwaltenden Zeugnisverweigerungsrecht, mangels Frontalaufnahmen in Österreich, er der diesbezüglichen Aufforderung wohl eher gezielt nicht nachkommen wollte um  auf diesem Weg jeglicher Sanktion für einen in Österreich begangenen Geschwindigkeitsexzess zu entgehen.

Dies wurde mit dem Rechtsvertreter im Rahmen des von diesem gesuchten Telefonates mit dem Hinweis auf die h. Kenntnis des diesbezüglichen Widerspruches zum deutschen Grundgesetz ebenfalls erörtert.  

 

 

 

4.3. Die Normierung des letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 als sogenannte Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG stehend und (derzeit) nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, besonders hervor, bemerkt jedoch auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses oder – was hier nicht der Fall zu sein scheint – der Auslieferung einer nahe stehenden Person (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl.:G72/88 u.a.). Nach bisher ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann (vgl. u.a. Erk. vom 29. September 1993, 93/02/0191).

In diesem Sinne ist auch das Urteil des EGMR v. 8.4.2004, Nr. 38544/97 – WEH gegen Österreich – begründet worden. Danach ist mit der Benennung des Fahrzeuglenkers noch nicht zwingend eine "strafrechtliche Anklage" und damit keine Konventionswidrigkeit hinsichtlich der wohl damit zum Teil verbundenen Durchbrechung des Rechtes im Falle einer drohenden Selbstbeschuldigung schweigen zu dürfen, verbunden.

Kein Widerspruch zur EMRK wurde ebenfalls im Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofes – VfGH v. 29.09.1988, Zl. G72/88 zumindest nicht aus innerstaatlicher Sicht - erblickt.

Dieser Intention schließt sich auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in seiner Rechtsprechung an, weil aus der Sicht der Praxis eine effektive Verkehrsüberwachung sonst nicht ausreichend gewährleistet scheint.

In dieses Konzept müssen alle die österreichischen Straßen benützenden Fahrzeuge (auch  Ausländer) einbezogen werden können (vgl. auch VwGH 28.2.1997, 96/02/0508). Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen – hier ist keine Ausnahme gegeben – nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat ODER HÄTTE HANDELN SOLLEN ODER WENN DER – zum Tatbestand gehörende – ERFOLG IM INLAND EINGETRETEN IST. Bei Verweigerung der Erteilung der Lenkerauskunft gilt – anders als nach der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0055) – nicht der Ort, an welchem etwa eine solche Aufforderung dem "Verpflichteten" zugekommen ist, sondern – als Tatort gilt – der Sitz der anfragenden Behörde, als Ort der geschuldeten Handlung (VwGH 14. Juni 1995, Zl. 95/03/0102 u. VwGH [verst. Senat] 31. Jänner 1996, Zl. 93/03/0156).

 

Das letztlich der Geist und das Ziel dieser Norm mit dem deutschen Grundgesetz nicht in Einklang zu stehen scheint wird hier durchwegs nicht übersehen.

 

Der staatliche Gebotsbereich erstreckt sich in der Figur des "Schutzprinzips" auch auf außerhalb des Staates befindliche Personen, sofern sich deren Handeln gegen ein inländisches Rechtsgut richtet (Walter-Mayer, Grundriss des Bundesverfassungsrechtes, 8. Auflage, RZ 176). Anknüpfungsfaktum ist hier die vom Willen des Berufungswerbers getragene Verwendung seines in Deutschland registrierten KFZ im Bundesgebiet der Republik Österreich.

Aus dieser Verwendung leiten sich jedenfalls Ingerenzpflichten gegenüber der österreichischen Rechtsordnung ab. Ausgelöst wurde die Lenkeranfrage durch einen entweder vom Berufungswerber selbst oder dem von ihm zu schützen versuchen Beifahrer begangenen Geschwindigkeitsexzess, welcher für einen österr. Staatsbürger zusätzlich mit einem kurzzeitigen Entzug der Fahrerlaubnis verbunden  wäre.   

Diese am Gesetzeszweck orientierte Auslegung ist einerseits gemäß der obzitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Zl. G72/88) bindend, andererseits ergibt sich mit der Verwendung eines Kraftfahrzeuges im Hoheitsgebiet eines anderen Staates ein Ingerenzverhältnis zu den einschlägigen Gesetzen dieses Staates, was wiederum einen ausreichenden inländischen Anknüpfungsgrund begründet. Die Einbeziehung auch ausländischer Fahrzeugverantwortlicher in dem vom § 103 Abs.2 KFG 1967 erfassten Regelungsinhalt ist hier als Ausübung der staatlichen Souveränität in Form der Berufung auf das völkerrechtlich anerkannte Schutzprinzip begründet.

Der Berufungswerber vermag sich daher einerseits angesichts des Hinweises bezüglich der Strafbarkeit der Verweigerung der Lenkerbekanntgabe bereits in der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers, aber auch der ihm bekannten Vorverfahren nicht iSd § 6 VStG entschuldigend auf einen Rechtsirrtum berufen.

 

 

5.3.1. Der Vollständigkeit halber wird abschließend noch auf eine jüngere Entscheidung des EGMR in einer großen Kammer mit 15 zu 2 Stimmen in den Fällen O´Halloran und Francis (Beschwerde Nr. 15809/02 bzw. 25624/02) verwiesen. Der zur Folge verstößt eine mit der h. Norm vergleichbare britische Regelung ebenfalls nicht gegen Artikel 6 Abs.1 EMRK.

 

 

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der § 134 Abs.1 KFG sieht für Übertretungen dieser Rechtsvorschrift eine Höchststrafe von 5.000 Euro vor. Obwohl dem Berufungswerber der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit zu Gute zu halten ist, vermag an der hier ausgesprochene Geldstrafe bei einer Ausschöpfung des Strafrahmens im Umfang von 7,3% der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe mit Blick auf den Tatunwert und die Tatschuld ein Ermessensfehler nicht erblickt werden. Vielmehr ist diese Geldstrafe der Tatschuld angemessen und aus präventiven Überlegungen durchaus geboten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

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