Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167511/2/Fra/AK/CG

Linz, 17.01.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der x, xstraße x, x (x), gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 12. November 2012, VerkR96-27969-2012-Lai, betreffend Übertretung des § 52 lit a Z 10a StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt;

    II.      Die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeitrage zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 und 45 Abs. 1 Z 1 VStG;

zu II.:      §§ 64 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen

 

Übertretung des § 52 lit a Z10 StVO 1960 gemäß § 99 Abs. 2e leg.cit. eine Geldstrafe von 900 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Wochen) verhängt, weil sie als Lenkerin den PKWs Kennzeichen: x, am 09.05.2012 um 00:59 Uhr in der Gemeinde O., Autobahn A1, bei Strkm 217.638, in Fahrtrichtung W. im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen  in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 109 km/h überschritten hat, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz zu ihren Gunsten abgezogen wurden.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vor, der, weil eine 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Die Bw bestreitet die Lenkereigenschaft und bringt vor, dass sie das in Rede stehende Kraftfahrzeug ihrem Sohn x, xstraße x, x, überlassen habe und ersucht die Behörde, sich zur Klärung des Sachverhaltes an ihn zu wenden.

 

Laut Aktenlage hat die belangte Behörde keine Lenkerhebung durchgeführt. Dazu ist rechtlich beurteilend festzustellen, dass das Verwaltungsverfahren und auch das Verwaltungsstrafverfahren von den Grundsätzen der materiellen Wahrheit sowie der Offizialmaxime (§§37 und 39 Abs. 2 AVG) geprägt ist. Es ist Pflicht der Behörde, den maßgebenden Sachverhalt (hier: unter anderem den/die Lenker/in) festzustellen. Ein Beschuldigter ist nicht dazu verpflichtet, von sich aus der Behörde seine mangelnde Lenkereigenschaft zu beweisen. Sollte sich die Verantwortung eines Beschuldigten (lediglich) auf einen bestimmten Aspekt der Tat / des Sachverhaltes beziehen, ändert dieser Umstand nichts an der Aufgabe der Behörde, von sich aus den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Würde man einem Beschuldigten die Pflicht auferlegen, sich selbst zu belasten, würde dies gegen das verfassungsrechtlich normierte Verbot der Selbstbezichtigung (Art. 90 Abs. 2 B-VG) verstoßen. Ein Beschuldigter ist jedoch in einem Verwaltungsstrafverfahren an eine gewisse Mitwirkungspflicht gebunden. Diese erfordert es, dass er seine Verantwortung nicht nur darauf beschränken darf, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten.

 

Im konkreten Verfahren hat die Beschuldigte gegen diese Mitwirkungspflicht nicht verstoßen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann zwar die Verwaltungsstrafbehörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften aus dem Untätigbleiben eines Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbarem Verhaltens im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Schluss ableiten, der Zulassungsbesitzer sei selbst der Lenker gewesen, wobei es nicht relevant ist, ob es zu einer auf § 103 Abs. 2 KFG 1967 gestützten Lenkeranfrage gekommen ist. Diese Judikatur ist jedoch auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anwendbar, weil die Beschuldigte laut Aktenlage zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens darüber befragt wurde, ob sie das gegenständliche Fahrzeug auch gelenkt hat. Wurde Sie darüber jedoch nicht befragt, könnte ihr auch eine mangelnde Mitwirkung einer Sachverhaltsfeststellung nicht unterstellt werden. Wenn die Beschuldigte erstmals in ihrem Rechtsmittel gegen das o.a. Straferkenntnis die mangelnde Lenkereigenschaft releviert und eine konkrete Person mit einer konkreten Adresse als Lenker bezeichnet, ist ihr dies unter den o.a. Prämissen nicht vorwerfbar. Ein Verfahren gegen die von der Beschuldigten genannte Person wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z10a StVO 1960 (Grunddelikt) verbietet sich jedoch wegen Ablaufes der Verfolgungsverjährungsfrist.

 

I.4. Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

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