Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167368/7/MZ/JO

Linz, 08.02.2013

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des X, geboren am X, X, vertreten durch RA X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 8. Oktober 2012, GZ: VerkR96-16567-2012/U, betreffend eine Übertretung des Führerscheingesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. §§ 24, 45 Abs 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991;

zu II.: § 65 Verwaltungsstrafgesetz.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 8. Oktober 2012, GZ VerkR96-16567-2012/U, wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) angelastet, am 18. Mai 2012 um 22:39 Uhr im Gemeindegebiet von X auf der Mauthausenerstraße bis auf Höhe Objekt Nr. X den PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen X mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,26 mg/l gelenkt zu haben, obwohl das Lenken von Kraftfahrzeugen nur erlaubt sei, wenn der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l betrage.

 

Der Bw habe dadurch § 14 Abs 8 FSG 1997 verletzt, weshalb gemäß § 37a leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von 365,00 EUR, ersatzweise sechs Tage Freiheitsstrafe, verhängt wurden.

 

Das Straferkenntnis begründend führt die belangte Behörde nach Darlegung der bisherigen Vorbringen des Bw im Verfahren und der Zitierung einschlägiger Rechtsvorschriften verkürzt aus, dass zu den Rechtfertigungsangaben des Bw grundsätzlich auf die Angaben in der Anzeige und die im Akt einliegenden Messstreifen verwiesen werde. Die Messung des Alkoholgehaltes sei ordnungsgemäß erfolgt, aus dem Messstreifen sei klar ersichtlich, dass zwei verwertbare Einzelmesswerte unmittelbar nacheinander erzielt wurden. Der vom Bw geforderte Eichschein des betreffenden Alkomaten sei eingeholt worden und die Eichung ordnungsgemäß erfolgt.

 

Hinsichtlich des Vorbringens, dass vom erzielten Messergebnis wegen Messungenauigkeiten ein Abzug erfolgen müsse, wird auf näher zitierte gegenteilige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung verwiesen. Konkrete Beweise, die Zweifel an der Richtigkeit der ermittelten Messwerte begründen würden, habe der Bw im Verfahren nicht vorlegen können. Die vom Meldungsleger bestrittene Behauptung, Propolistropfen für das Zahnfleisch verwendet zu haben, führe ins Leere, zumal die Anhaltung um 22:39 Uhr erfolgt und der erste Messwert – unter Einhaltung der Verwendungsbestimmungen des Messgerätes – um 22:56 Uhr erzielt worden sei. Der Zweck der 15-minütigen Wartezeit zwischen dem letzten Alkoholkonsum und der Alkoholmessung liege darin, eine Verfälschung des Ergebnisses durch (noch) vorhandenen Alkohol in der Mundhöhle des Probanden zu verhindern. Dass der Bw die Tropfen zwischen Aufforderung und Ablegung des Alkotests verwendet hätte, habe er nie behauptet.

 

Von der beantragten Einvernahme der Gattin und der Erstellung eines Sachverständigengutachtens sei aus eben diesem Grund Abstand genommen worden. Zur Rüge des fehlenden Nachweises der Kalibrierung des Alkomaten werde darauf hingewiesen, dass Messgeräte zur Bestimmung des Alkoholgehaltes der Atemluft der Eichpflicht unterliegen; Angaben über eine "amtliche Überprüfung" bzw eine "Kalibrierung" würden nichts darüber aussagen, ob das Gerät eine endgültige Eichung aufweise.

 

Es sei daher für die belangte Behörde zweifelsfrei erwiesen, dass der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen habe.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung wird abschließend ausgeführt, dass auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht Bedacht genommen werden konnte, da der Bw darüber keine Angaben gemacht habe. Es sei daher davon ausgegangen worden, dass keine außergewöhnlichen Umstände, insbesondere keine unverschuldete, drückende Notlage vorliege.

 

Die gesetzliche Mindeststrafe von 300 Euro bei einem Alkoholisierungsgrad von 0,25 mg/l Atemluft sei aufgrund der Vorgabe des § 37a FSG, wonach bei der Strafbemessung ua der Grad der Alkoholisierung zu berücksichtigen sei, anzugleichen gewesen. Strafmildernd sei zu berücksichtigen gewesen, dass bei der Behörde keine gleichlautenden Vormerkungen aufscheinen würden.

 

2. Gegen das dem Bw laut im Akt befindlichen Rückschein im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung am 15. Oktober 2012 zugestellte Straferkenntnis erhob dieser mit Telefax vom 29. November 2012 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Der Bw macht zusammengefasst darin einleitend die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er habe in seiner Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren die Beischaffung eines Nachweises über die zuletzt vor der Tatzeit erfolgte Kalibrierung des Alkoholmessgerätes beantragt. Diesem Antrag sei nicht entsprochen worden. Der von der Behörde geführte Nachweis der Eichung könne jedoch die in regelmäßigen Abständen zu wiederholende Kalibrierung und Wartung des Alkomates nicht ersetzen.

 

Weiters bringt der Bw vor, die Beischaffung der Zulassungs- und Verwendungsbestimmungen sowie der Bedienungsanleitung des verwendeten Alkomaten, die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Alkoholmessgeräte sowie die zeugenschaftliche Einvernahme von Frau X zum Beweis dafür beantragt zu haben, dass zur Tatzeit am Tatort der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l betragen habe. Dadurch, dass die belangte Behörde den Anträgen nicht entsprochen habe, sei dem Bw die Möglichkeit genommen worden, Gründe aufzuzeigen, warum das Messergebnis fehlerhaft ist bzw nicht herangezogen werden dürfte.

 

Es sei darüber hinaus nicht Aufgabe der Behörde sondern von fachkundigen Personen zu beurteilen, ob die Einnahme von Propolistropfen das Messergebnis beeinflussen könne und gebe es auch keinen Grundsatz, dass nach einer 15-minütigen Wartezeit eine Beeinflussung durch Alkohol in Form von Propolistropfen auszuschließen ist. Nicht ohne Grund habe der mit der Messung betraute Beamte den Probanden vor Beginn der Alkomatmessung ua darüber zu befragen, wann und wie viel Alkohol er getrunken hat und ob zB eine Zahnhaftcreme verwendet werde. Die Frage nach der Verwendung einer Zahnhaftcreme würde überhaupt keinen Sinn machen, wenn diese nicht geeignet wäre, ein Messergebnis zu beeinflussen. Ähnlich verhalte es sich mit Propolistropfen, deren Wirkstoff in hochprozentigem Alkohol aufgelöst ist und eine harzartige Substanz beinhalte, die im Mund- und Rachenbereich gemeinsam mit dem Alkohol anhafte. Bei Aufnahme der beantragten Beweismittel wäre die Behörde zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund der Einnahme der Tropfen vor der Alkomatmessung eine Beeinflussung des Messwertes nicht mit der für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne, was zu einer Einstellung des Verfahrens hätte führen müssen.

 

Darüber hinaus sei entgegen der von der Behörde zitierten Rechtsprechung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich sowie des VwGH die Eich- bzw Verkehrsfehlergrenze vom Messergebnis in Abzug zu bringen, da der vom Alkoholmessgerät angezeigte Wert nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den richtigen Messwert wiedergebe. Es folgen Ausführungen hinsichtlich der Höhe der Eich- und Verkehrsfehlergrenze sowie zur Ungenauigkeit bei der Überprüfung des Alkoholgehaltes im Wege einer Blutuntersuchung.

 

Es werde daher die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung sowie die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 13. November 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 6. Februar 2013.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw lenkte am 18. Mai 2012 um 22:39 Uhr im Gemeindegebiet von X auf der Mauthausenerstraße bis auf Höhe Objekt Nr. X den PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen X. Eine Messung des vorschriftsmäßig geeichten und kalibrierten Alkomaten (diesbezügliche Nachweise siehe Akt) ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,26 mg/l. Zwischen der Aufforderung zum Alkotest (22:40 Uhr) und der Vornahme desselben (22:56 und 22:57 Uhr) wurde eine Wartezeit von 16 bzw 17 Minuten eingehalten. Während der Wartezeit nahm der Bw keinerlei Substanzen zu sich. Unmittelbar vor Antritt der Fahrt sprühte der Bw sein Zahnfleisch bzw seinen Gaumen mit einer Propolislösung ein.

 

Der Bw ist verheiratet, Bautechniker und verfügt über 2.800,- EUR netto monatlich.

 

3.4.1. Ob der Bw unmittelbar vor Antritt der Fahrt sein Zahnfleisch bzw seinen Gaumen mit einer Propolislösung besprüht hat, konnte im Verfahren nicht endgültig geklärt werden. Das durch eine Kopie des von ihm bei der Amtshandlung ausgefüllten Formulares untermauerte Vorbringen des Zeugen, der Bw habe vor dem Alkotest nicht auf die Einnahme der Lösung hingewiesen, wird vom erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich nicht angezweifelt. Es kann im gegenständlichen Fall auch dahingestellt bleiben, ob der Bw auf die Anwendung der Propolislösung hingewiesen hat, da einzig und allein die Anwendung derselben und nicht die Geltendmachung der Anwendung für das Verfahren weitere Relevanz zeitigt.

 

Da es im Verfahren nicht möglich war, die Angabe des Bw, er habe unmittelbar vor Fahrtantritt sein Zahnfleisch bzw seinen Gaumen mit einer Propolislösung besprüht, zu widerlegen, wird dem diesbezüglichen Vorbringen des Bw – nach dem im Strafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" – Glauben geschenkt.

 

3.4.2. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde folgender Versuch vorgenommen:

 

1) Der Bw beatmete um 09:45 Uhr einen vom Zeugen mitgebrachten Alkomaten. Beide erzielten Messwerte lieferten ein Ergebnis von 0,00 mg/l.

2) Der Bw besprühte in Folge sein Zahnfleisch bzw seinen Gaumen mit vier Pumphüben (jeweils ein Pumphub auf jeder Seite, oben und unten) der von ihm zur Verhandlung mitgebrachten Propolislösung (Etikett siehe Verhandlungsschrift). Ein etwa zwei Minuten später um 09:51 Uhr durchgeführter Alkotest brachte ein nicht verwertbares Messergebnis ("Mundrestalkohol").

3) Nach einer Wartezeit von 18 Minuten, in welcher der Bw den Verhandlungssaal nicht verließ und somit sichergestellt ist, dass von ihm keinerlei Substanzen eingenommen wurden, erfolgte eine neuerliche Beatmung des Alkomaten. Um 10:07 Uhr wurde ein Messergebnis von 0,12 mg/l, um 10:08 Uhr ein Messergebnis von 0,10 mg/l erzielt. Der Alkomat liefert – dem im Akt befindlichen Ausdruck nach zufolge – somit einen relevanten Messwert von 0,10 mg/l und bezeichnet die Messung ausdrücklich als verwertbar.

 

3.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Führerscheingesetzes – FSG, BGBl I 1997/120 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I 2010/117, lauten wie folgt:

 

"Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers

§ 14. (1) […]

(8) Ein Kraftfahrzeug darf nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Bestimmungen, die für den betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte festsetzen, bleiben unberührt.

 

§ 37a. Wer entgegen der Bestimmung des § 14 Abs. 8 ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt oder lenkt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 vorliegt, mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis 3700 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Strafbemessung sind auch der Grad der Alkoholisierung und die Häufigkeit der Verstöße zu berücksichtigen."

 

4.2. Dem Bw wurde im gegenständlichen Fall vorgeworfen, im Tatzeitpunkt ein Kraftfahrzeug mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,26 mg/l gelenkt zu haben. Träfe dieser Vorwurf mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu, bestünde an der Verwirklichung des Tatbestandes des § 14 Abs 8 FSG kein Zweifel.

 

Der Annahme, der Bw habe mit 0,26 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft ein Kraftfahrzeug gelenkt, legte die belangte Behörde die Ergebnisse des am 15. Mai 2012 um 22:56 Uhr und 22:57 Uhr durchgeführten Alkomattests zugrunde. Aufgrund des Ergebnisses der unter Punkt 3.4.2. beschriebenen Versuchsreihe vermag vom erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich jedoch nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die bei der Messung erzielten Ergebnisse nicht durch die Verwendung der Propolistropfen verfälscht wurden.

 

Der im Verwaltungsstrafverfahren von der Behörde zu erbringende Schuldbeweis vermag daher im konkreten Fall nicht erbracht zu werden.

 

4.3. Bei dem erzielten Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verfahren einzustellen (Spruchpunkt I.).

 

Darüber hinaus war gemäß § 65 VStG von einem Beitrag des Bw zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich abzusehen (Spruchpunkt II.).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

 

 

 

Beschlagwortung:

§ 14 Abs.8 FSG; Alkotest; Propolis;

 

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