Linz, 05.03.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Russland, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft von Vöcklabruck vom 18. September 2012, GZ.: Sich96-1045-2012, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 100 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;
zu II.: § 64ff. VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft von Vöcklabruck vom 18. September 2012, GZ.: Sich96-1045-2012, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in der Höhe von 500,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt. Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 4. Oktober 2012, welche der Bw zusammengefasst wie folgt begründet:
Einleitend erachtet die Rechtsvertreterin die belangte Behörde als unzuständig und bezieht sich diesbezüglich auf § 6 Abs. 7 iVm § 39 FPG.
In der Folge wiederholt der Bw, nicht über ein Identitätsdokument zu verfügen, da sich sein russischer Inlandsreisepass bei der belangten Behörde befinde. Den Aufforderungen und Ladungen der belangten Behörde sei er jeweils nachgekommen und habe an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten "durchaus mitgewirkt".
Gegen das Urteil des Asylgerichtshofes habe er Beschwerde erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Dies sei von der belangten Behörde nicht gewürdigt worden. Bei richtiger rechtlicher Würdigung hätte die belangte Behörde erkennen müssen, dass der Tatbestand des § 46a Abs. 1a FPG gegeben sei.
Abschließend stellt der Bw den Antrag auf Aufhebung des in Rede stehenden Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.
3.1. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und erstattet darüber hinaus eine Gegenschrift, in der sie sich mit dem Vorbringen des Bw (örtliche Zuständigkeit, Mitwirkung im Verfahren, Möglichkeit zur Erlangung eines Reisedokumentes) auseinandersetzt.
3.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.
Da im Verfahren der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststand, im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, lediglich eine Rechtsfrage zu klären war und auch kein diesbezüglicher Parteienantrag gestellt wurde, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 VStG verzichtet werden.
3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1. und 3.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.
Ergänzend ist festzustellen, dass keine behördliche Feststellung gemäß § 46a Abs. 1a FPG vorliegt.
3.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
4.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;
5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)
6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs- gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebe- willigung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder
7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
In der Berufungsschrift versucht der Bw den Umstand, dass er nicht über ein erforderliches Reisedokument verfügt, der belangten Behörde anzulasten. Seinen Beitrag zur Erlangung eines solchen umschreibt der Bw äußerst vage mit "durchaus mitgewirkt". Weder im bisherigen Verfahren noch im Rechtsmittel hat der Bw auch nur ansatzweise seine Beiträge dazu aufgezeigt. Im Wesentlichen hat er sich darauf zurückgezogen, dass er seinen russischen Inlandsreisepass nicht innegehabt habe. Wie dem Vorlageakt und der Gegenäußerung der belangten Behörde zu entnehmen ist, hat der Bw keinerlei Anstalten zur Erlangung eines Reisedokumentes unternommen. Bestätigung findet diese passive Haltung des Bw in der Stellungnahme vom 6. September 2012. Dort führt er aus, dass ihm die Ausreise mangels notwendiger Reisedokumente nicht möglich ist. Dass er die Beischaffung eines solches überhaupt versucht habe, wurde nicht vorgebracht. Das Vorbringen in der Stellungnahme lässt im Gegenteil erkennen, dass der Bw bewusst nichts unternommen hat, um eine Abschiebung zu erschweren bzw. zu verzögern (Hinweis auf die Unzulässigkeit der Abschiebung – Stellungnahme vom 6. September 2012, 2. Absatz letzter Satz).
Bereits durch die letztinstanzlich bestätigte Ausweisungsentscheidung entstand für den Bw (nach Ablauf der in der Regel 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise, der der Bw allerdings offensichtlich nicht nachkam) die Verpflichtung, den illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu beenden.
Dadurch, dass er das Erforderliche nicht unternommen hat, kann sich der Bw auch nicht betreffend die vorliegende Tat entschuldigen. Im Sinne eines Ungehorsamsdelikts ist es ihm also keinesfalls gelungen darzulegen, inwieweit ihn an der Tatbegehung kein Verschulden trifft.
Es ist somit auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite in Form zumindest fahrlässigen Verhaltens auszugehen.
4.3.1. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass die belangte Behörde ohnehin lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängte, was nach den Umständen des Falles auch nicht zu beanstanden war. Dem wird auch gerecht, wenn man in Betracht zieht, dass der Bw völlig mittellos ist.
4.3.2. Mangels bedeutendem Überwiegen der Milderungsgründe, mangels geringem Verschulden, aber auch mangels unbedeutender Folgen der Tat kam eine Anwendung der §§ 20 bzw. 21 VStG nicht in Betracht.
4.4. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die in Rede stehende Berufung
als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen war.
5. Gemäß § 64ff. VStG war dem Bw zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe – somit 100 Euro) aufzuerlegen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Stierschneider