Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167696/2/MZ/WU

Linz, 27.03.2013

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des X, geboren am X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 28. Februar 2013, GZ: VerkR96-5226-2013/A, betreffend eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung zu Recht erkannt:

 

I.                  Aus Anlass der Berufung wird der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

II.              Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.

zu II.: § 65 Verwaltungsstrafgesetz.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Strafverfügung des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 12. Februar 2013, GZ: VerkR96-5226-2013, wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) unter Anführung von Tatzeit und Tatort angelastet, mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden zu sein und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt zu haben.

 

Der Bw habe daher § 4 Abs 5 StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit b StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 200,00,- EUR, ersatzweise 72 Stunden Freiheitsstrafe, verhängt wurde.

 

1.2. Gegen die Strafverfügung erhob der Bw mit E-Mail vom 20. Februar 2013 Einspruch.

 

Das Vorbringen des Bw lautete wie folgt:

"Bezugnehmend auf ihr Schreiben (Strafanzeige) vom 12. Februar 2013, VerkR96-5226-2013, möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich nicht bemerkt habe, dass ich bei einem anderen PKW angefahren bin. Hätte ich es bemerkt, hätte ich es ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizeidienststelle gemeldet. Ich habe den Schaden natürlich inzwischen schon beglichen.

 

Da ich zurzeit eine Lehre als Mechatroniker absolviere und ich nur eine Lehrlingsentschädigung dafür erhalte, ersuche ich hiermit um Herabsetzung der Geldstrafe."

 

1.3. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 28. Februar 2013, GZ: VerkR96-5226-2013, wurde dem Einspruch des Bw insofern Rechnung getragen, als die Geldstrafe auf 150,00,- EUR herabgesetzt wurde. Die Ersatzfreiheitsstrafe blieb unverändert.

 

Das Straferkenntnis begründend führt die belangte Behörde aus, dass gemäß § 49 Abs 2 VStG die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, über den Einspruch gegen das Strafausmaß zu entscheiden habe. Im ggst Fall sei der Bw unbescholten. Dies und dessen niedriger Verdienst habe zur Herabsetzung der Strafe auf das angeführte Ausmaß geführt.

 

2. Gegen das am 5. März 2013 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis erhob der Bw mit E-Mail vom 11. März 2013, bei der belangten Behörde erfasst am 14. März 2013, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Im Rechtsmittel bringt der Bw wiederum vor, nicht bemerkt zu haben, dass er beim Einparken ein fremdes Fahrzeug beschädigt habe. Er verstehe daher nicht, wieso er Fahrerflucht begangen haben soll. Er bestreite daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung und ersuche um Einstellung des Verfahrens.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 21. März 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem in Punkt 1. dargestellten Sachverhalt aus.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. § 49 Abs 1 Satz 1 VStG normiert, dass der Beschuldigte gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen kann. Abs 2 leg cit regelt weiters, dass das ordentliche Verfahren einzuleiten ist, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

 

Die belangte Behörde wertete das Einspruchsvorbringen des nunmehrigen Bw als Einspruch gegen die Strafhöhe und ging daher in Folge davon aus, dass die Strafverfügung im Hinblick auf die Schuldfrage in Rechtskraft erwachsen ist.

 

4.2. Diese Rechtsauffassung vermag vom Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich nicht geteilt zu werden: Für die Beurteilung der Frage, ob im gegen eine Strafverfügung gerichteten Einspruch nur das Strafausmaß angefochten wird, kommt es auf den Inhalt des Einspruchs in seiner Gesamtheit an. Maßgebend ist, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, dass der Beschuldigte auch den Schuldspruch bekämpft hat (VwGH 22.4.1999, 99/07/0010; 24.10.2002, 99/15/0172). Gerade bei nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertretenen Beschuldigten darf daher kein allzu hoher Maßstab angelegt werden.

 

Der – nicht rechtsfreundlich vertretene – Bw ersuchte am Ende seines Einspruchs zwar um Herabsetzung der Geldstrafe. Einleitend bringt er jedoch unmissverständlich vor, dass er der Ansicht sei, die ihm angelastete Übertretung nicht begangen zu haben ("Bezugnehmend auf ihr Schreiben (Strafanzeige) vom 12. Februar 2013, VerkR96-5226-2013, möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich nicht bemerkt habe, dass ich bei einem anderen PKW angefahren bin. Hätte ich es bemerkt, hätte ich es ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizeidienststelle gemeldet.)

 

Wie einleitend dargestellt, stellt § 49 Abs 2 dritter Satz VStG darauf ab, dass im Einspruch "ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe […] angefochten wird." Ist dem Einspruch bzw dessen objektivem Erklärungswert – wie im vorliegenden Fall – nicht zu entnehmen, dass damit ausdrücklich nur die Straffrage bekämpft wird, so ist es der Behörde versagt, von einer Rechtskraft des Schuldspruchs auszugehen und nur mehr über die Strafe zu entscheiden. Tut sie es trotzdem, nimmt sie eine Entscheidungsbefugnis in Anspruch, die ihr nicht zusteht. Diese Unzuständigkeit ist im Falle einer dagegen erhobenen Berufung vom Unabhängigen Verwaltungssenat wahrzunehmen (vgl VwGH 23.3.1979, 1103/78; 21.9.1988, 88/03/0161).

 

4.6. Bei diesem Ergebnis war der angefochtene Bescheid zu beheben. Eine Einstellung des Verfahrens kommt jedoch – da die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 1 bis 3 VStG nicht vorliegen – nicht in Betracht.

 

Im weiteren Verfahren wird sich die belangte Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob der Bw den von ihm verursachten Unfall habe bemerken müssen. Hiezu werden wohl die von der Polizei angefertigten Unfallfotos zu besorgen und in Folge ein sachverständliches Gutachten einzuholen sein.

 

4.7. Abschließend wird angemerkt, dass der Berufung auch insofern schon Erfolg beschieden gewesen wäre, als mit einer Herabsetzung der Geldstrafe auch die Ersatzfreiheitsstrafe zu mäßigen gewesen wäre.

 

5. Gemäß § 65 VStG ist bei dem in Punkt 4.6. erzielten Ergebnis von einem Beitrag der Bw zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich abzusehen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

Beschlagwortung:

§ 49 (2) VStG; Strafverfügung; voller Einspruch

 

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