Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401299/5/MK/HK

Linz, 27.05.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde des X, geboren am X, algerischer Staatsangehöriger, dzt. Polizeianhaltezentrum St. Pölten, X, X, wegen Verhängung und Anhaltung in Schubhaft durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich, zu Recht erkannt:

 

    I.           Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, dass maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

 

 II.           Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Landespolizeidirektion Oberösterreich) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 22/2013)

§§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 1 Z3 und 4 UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl. II Nr. 456/2008).

Entscheidungsgründe:

1.           Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, EGFA FB 4, Grenz- und Fremdenpolizeiliche Maßnahmen sowie Anhaltevollzug, (in der Folge: belangte Behörde) ordnete mit Bescheid vom 16.05.2013, GZ: 1077270/FRB, über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß §§ 76 Abs.2 Z4 iVm § 57 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG) an. Der Bf wurde zuvor, am 15.05.2013, um 23.30 Uhr, festgenommen, zur PI Linz Hauptbahnhof gebracht und in weiterer Folge in das PAZ Linz eingeliefert. Die Verhängung der Schubhaft und die anschließende Überstellung in das PAZ St. Pölten, wo sich der Bf zur Zeit befindet, erfolgte am 16.05.2013, um 13.50 Uhr.

 

1.1.      Begründend wurde dazu ausgeführt, der Bf sei am 15.05.2013, kurz vor 23.30 Uhr, im X von X kommend kurz vor X von Beamten des LKA Burgenland ohne Dokumente angetroffen worden. Im Zuge der fremdenpolizeilichen Kontrolle sei festgestellt worden, dass sich der Bf nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung hätte festgestellt werden können, dass der Bf bereits am 02.05.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz in Ungarn gestellt habe. Vom Journaldienst der LPD sei ein daraufhin ein Festnahmeauftrag erteilt worden.

 

1.2.      Im Zuge der fremdenpolizeilichen Einvernahme, in der auch ein Asylantrag gestellt worden sei, habe der Bf angegeben, Algerien im August 2010 verlassen zu haben und unter Verwendung seines algerischen Reisepasses, den er dann dort verloren hätte, auf dem Luftweg in die Türkei eingereist zu sein. Nach 8 Tagen sei er zu Fuß nach Griechenland weitergereist, wo er 2 Jahre gearbeitet habe. Ab Februar 2013 sei er nach Albanien, von dort weiter nach Montenegro und Serbien und schließlich nach Ungarn gekommen, wo ihm Fingerabdrücke abgenommen worden wären. Einen Asylantrag habe er aber nicht gestellt. Die ebenfalls mit ihm festgenommenen Personen habe er in Ungarn kennengelernt.

 

Am 15.05.2013 sei der Bf mit dem Zug von Budapest nach Wien, und von dort weiter nach Linz gereist. Sein Ziel sei die Schweiz bzw. Frankreich gewesen, da dort seine Mutter und sein Bruder leben würden.

 

Dem Bf sei mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, ihn nach Algerien abzuschieben, und zu diesem Zweck Schubhaft zu verhängen; ein Schubhaftinformationsblatt  in arabischer Sprache sei ausgehändigt worden. Er habe daraufhin ersucht, nach Ungarn abgeschoben zu werden und die algerische Vertretungsbehörde nicht zu informieren.

 

1.3.      Zu den persönlichen Verhältnissen habe der Bf angegeben, in Österreich keinen Wohnsitz und keine familiären bzw. sozialen Kontakte zu haben. Er verfüge über Barmittel in der Höhe von 60 Euro.

 

1.4. Es sei anzunehmen, dass aufgrund des am 02.05.2013 in Ungarn gestellte Asylantrag nach den Bestimmungen den Dublin-Übereinkommens sowie nach Abschluss der diesbezüglichen Konsultationen der in Österreich gestellte Asylantrag vom 16.05.2013 mangels Zuständigkeit zurückgewiesen wird.

 

Durch die (illegale) Weiterreise nach Österreich sei anzunehmen, dass der Bf wicht gewillt sei, den Ausgang des Asylverfahrens in Ungarn abzuwarten. Die Angaben des Bf seien schlichtweg falsch, da er trotz ausdrücklichen Vorhaltes der Möglichkeit der Behörde, die Richtigkeit seiner Angaben überprüfen zu können, die Aussage aufrecht erhalte habe, in Ungarn keinen Asylantrag gestellt zu heben. Beharrliche Falschangaben machten das gesamte Vorbringen des Bf unglaubwürdig und ließen nach höchstgerichtlicher Judikatur den Schluss zu, dass er sich der Durchsetzung fremdenpolizeilicher Maßnahmen entziehen werde.

 

Der Asylantrag sei erst nach dem Aufgriff durch die Exekutive gestellt worden. Die gesamte Reisebewegung seit Februar 2013 in insgesamt 6 europäische Länder verdeutliche die Absicht, sich tendenziell illegal in den jeweiligen Ländern aufzuhalten bzw. nicht auf den Ausgang der bereits angestrengten Verfahren zu warten.

 

1.5. Im Zuge der gebotenen Verhältinsmäßigkeitsprüfung zwischen dem Interesse der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens und dem Eingriff in die persönliche Freiheit des Bf sei festzuhalten, dass mit einem gelinderen Mittel (trotz der Legalvermutung, vorab von der Vertrauenswürdigkeit einer Person auszugehen) nicht dar Auslangen gefunden werden können. Dies ergebe sich aus der geäußerten Absicht, einen Aufenthalt in der Schweiz oder in Frankreich (und damit eben auch nicht in Ungarn) anzustreben, und dem bisherigen Vorgehen, welches eine negative Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung zeigen würde.

 

Aufgrund der gänzlich fehlenden Anknüpfungspunkte zu Österreich könne sich die belangte Behörde überhaupt keine von der Schubhaft abweichende Sicherungsmaßnahme vorstellen, die die Hemmschwelle des Bf unterzutauchen derart herabsetzen könnte, dass mit der notwendigen Sicherheit von einer weiteren Verfügbarkeit im Verfahren ausgegangen werden könnte.

 

1.6. Im konkreten Fall sei daher ein hoher Sicherungsbedarf anzunehmen. Der Zweck der Schubhaft könne durch ein gelinderes Mittel nicht erreicht werden.

 

2.           Dagegen richtet sich die Schubhaftbeschwerde des Bf (gemäß § 85 FPG rechtsberatend unterstützt durch den Verein X, dieser vertreten durch Mag. X) vom 17.05.2013, eingelangt am 21.05.2013.

 

Zu deren Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

 

2.1. Der Bf sei am 15.05.2013 gemeinsam mit 2 Landsleuten aus Algerien um 23.30 Uhr, aus Ungarn kommend in einem Zug von Beamten des LKA Burgenland einer Fremdenkontrolle unterzogen worden, und – infolge der Feststellung seines illegalem Aufenthaltes in Österreich – zunächst festgenommen und in der Folge in Schubhaft genommen worden.

Ein paar Tage zuvor sei er in Ungarn erkennungsdienstlich behandelt worden, habe dort aber – da er weiter in die Schweiz bzw. Frankreich wolle – keinen Asylantrag gestellt.

 

2.2. Bei der Einvernahme durch die Fremdenpolizei habe der Bf einen Asylantrag für Österreich gestellt. Die Erstbefragung habe am 16.05.2013 stattgefunden. Auch wenn zunächst Dublin-Konsultationen geführt würden, hoffe er, dass sein Asylverfahren in der Schweiz oder in Frankreich durchgeführt werden könnte.

 

Für die Dauer des Zulassungsverfahrens könnte – wie bei anderen Asylwerbern auch – eine Unterbringung in einer Erstaufnahmestelle bzw. Betreuungsstelle der Grundversorgung des Bundes erfolgen, da absolut kein erhöhte Sicherungsbedarf bestehe.

 

2.3. Die Aufrechterhaltung der Schubhaft sei – obwohl dies unbedingte Voraussetzung für die Verhängung dieses letzten Mittels sei – weder notwendig noch verhältnismäßig, und daher nicht rechtmäßig.

 

Die Zulässigkeit dieser Maßnahme verlange nach stRsp eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit auf der Basis einer einzelfallbezogenen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interessen der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse der Schonung der persönlichen Freiheit. Dabei sei jedenfalls das Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfes zu prüfen. Dieser liege aber nicht vor, da der Ausgang des Zulassungsverfahrens auch in einer Betreuungsstelle abgewartet werden könne.

 

2.4.      Es würde daher beantragt, den angefochtenen Schubhaftbescheid als gesetzwidrig aufzuheben, festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides die dafür maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten, festzustellen, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Gründe für die weitere Anhaltung in Schubhaft vorlägen, den Bf unverzüglich zu enthaften und für die Dauer der Haft zu entschädigen.

 

3.           In einer anlässlich der Aktenvorlage übermittelte die  belangte Behörde eine Gegenschrift, wiederholte die wesentlichen Teile der den Bescheid begründenden Ausführungen und brachte ergänzend Folgendes vor:

 

3.1. Der Umstand, dass der Bf am 02.05.2013 in Ungarn einen Asylantrag gestellt habe, rechtfertige die Annahme, dass der (in Österreich gestellte) Antrag auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit zurückgewiesen werde.

 

3.2. Zur Schubhaft sei auszuführen, dass der wesentliche Aspekt für die Annahme eines die Haft rechtfertigenden Sicherungsbedarfes im bisherigen Verhalten des Bf zu sehen sei. Aus den Umständen des Augriffs (in einem internationalen Nachtreisezug) und seinen eigenen Aussagen sei zwangsläufig zu schließen, dass der Bf nicht die Absicht habe (trotz Asylantrages) in Österreich zu bleiben, sondern – auf freiem Fuß belassen – bei nächster Gelegenheit (wiederum illegal) in die Schweiz oder nach Frankreich weiterreisen wolle.

 

Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Zusammenhang mit der Anwendung eines gelinderen Mittels zur Erzielung des notwendigen Sicherungsbedarfes sei sehr wohl durchgeführt worden, da im Schubhaftbescheid u.a. angeführt sei, dass der Bf über kein Reisedokument verfüge, keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel besitze, praktisch mittellos sei, über keinen Wohnsitz im Österreich verfüge und auf der Durchreise sei. Bei derartigen – praxis- und realitätsnahen – Sachverhaltselementen würden nach der stRsp des VwGH und auch des erkennenden Verwaltungssenates regelmäßig die maßgeblichen Voraussetzungen für die Schubhaft angenommen.

 

3.3.      Es würden daher die kostenpflichtige Abweisung (allenfalls die Zurückweisung) der Beschwerde sowie die Feststellung beantragt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung de Bf in Schubhaft vorliegen würden.

 

4.              Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes OÖ. hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, zuletzt geändert durch BGBl. I 22/2013, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs.1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs.1 Z2 oder Z3 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat.

 

Gemäß § 83 Abs.4 leg.cit. hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 6 Abs.4a FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel nach dem Aufenthalt.

 

4.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides der Landespolizeidirektion vom 16.05.2013, GZ: 1077270/FRB, seit 16.05.2013 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, ist gemäß § 83 Abs.4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

Gemäß § 80 Abs.5 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, zuletzt geändert durch BGBl. I 50/2012, kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs.2 oder 2a verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs.4 Z1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

 

Gemäß § 76 Abs.1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs.2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist;

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs.2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs.1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs.3 Z4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs.2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs.1 Z4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs.1 Z23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs.2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs.4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs.2 Z1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs.3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 76 Abs.6 FPG kann die Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs.2 FPG oder Abs.2a FPG vor, gilt die Schubhaft als nach dieser Gesetzesstelle verhängt.

 

Gemäß § 77 Abs.1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs.2 Z1.

 

Gemäß § 80 Abs.1 bzw. 2 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs.2 FPG darf die Schubhaftdauer nunmehr grundsätzlich

1.    zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.     vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs.3 und 4 vorliegt.

 

4.3.      Die belangte Behörde legte nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates dem angefochtenen Schubhaftbescheid vom 16.05.2013 zu Recht den oben zitierten § 76 Abs.2 Z4 FPG zugrunde, da auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird..

 

 

5.           Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG, wie sie von der belangten Behörde zudem nur eventualiter beantragt wurde, abgesehen werden konnte. Insbesondere war aufgrund der Aktenlage nicht ersichtlich, welche objektiven Tatbestandselemente im Zuge einer persönlichen Befragung des Bf hätten herkommen können, die eine in wesentlichen Punkten des Sachverhalts anderen Beurteilung ergeben hätten.

 

6. Aus der "Kann-Bestimmung" sowohl des § 76 Abs.1 als auch des Abs.2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine prognostizierende Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem Verfahren bzw. der Abschiebung iSd § 76 Abs. 1 und Abs. 2 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Vorweg ist anzumerken, dass die belangte Behörde eine hinreichend fundierte einzelfallbezogene Prüfung des Sicherungsbedarfes des Bf durchgeführt hat, der aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates durchaus zu folgen ist. Insbesondere wird von folgenden wesentlichen Sachverhaltselementen ausgegangen:

 

6.1. Der Bf hat bereits im August 2013 seinen Herkunftsstaat Algerien verlassen und ist, von der Türkei kommend (wo er auch seinen Reisepass verloren hat), auf dem Landweg illegal nach Griechenland, und damit in einen  Mitgliedsstaat der Europäischen Union eingereist. In Griechenland hat er bis Februar 2013 gelebt und gearbeitet.

 

In der Folge wurden gelangt der Bf über sichere Drittstaaten (Albanien, Montenegro und Serbien) nach Ungarn, also wieder in die EU, wo – offensichtlich ebenfalls aufgrund eines ungeplanten Aufgriffes – am 02.05.2013 ein Asylantrag gestellt wurde. Der Ausgang dieses Verfahrens wurde aber nicht dort abgewartet.

 

Am 15.05.2013, also nur wenige Tage nach der Antragstellung in Ungarn, stellte der Beschwerdeführer (nach einem weiteren illegalen Grenzübertritt) den nun verfahrensgegenständlichen Asylantrag in Österreich.

 

6.2.      Der Bf hat dadurch bereits dokumentiert, dass er nicht gewillt ist, den Ausgang von Verfahren unter Beachtung der von ihm einzuhaltenden nationalen fremdenrechtlichen Vorgaben abzuwarten. Er hat dadurch die innere Verbundenheit mit den Werten der Rechtsstaatlichkeit und gesetzmäßigen Verfahrenabwicklung – und dazu zählt gerade auch die Mitwirkungspflicht der Parteien – fundamental vermissen lassen.

 

Der Bf verließ nach der augenscheinlich unverhofften, jedenfalls aber ungelegenen erkennungsdienstlicher Behandlung in Ungarn und der damit verbundenen Gefahr, den dortigen Behörden würden seine bisherigen illegalen Aufenthalte bekannt (sofern dies nicht schon der Fall war), Ungarn wieder, um der drohenden Konsequenz des dortigen Ausharrens bis zur Erledigung des Verfahrens zu entgehen. Anders ist nicht schlüssig zu begründen, dass der Bf aus eigenem Antrieb, und daher nachvollziehbar zum Zweck der zumindest zeitweiligen Legalisierung seines Aufenthaltes mit dem erkennbaren Ziel eines "Neustarts" in der Schweiz oder in Frankreich, einen neuerlicher, in wesentlichen Punkten zweckdienlich unrichtigen Asylantrag in Österreich gestellt hat.

 

6.3. Im Zuge der neuerlichen Antragstellung wurden bewusst wesentliche Informationen zurückgehalten und gezielt versucht, die Ermittlungen der Behörde zu behindern. Das gesamte Vorgehen des Bf seit seiner illegalen Einreise in einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union, zumindest aber seit dem Verlassen Griechenlands, basiert nachvollziehbar auf einer konkreten Strategie bzw. folgt einem klar erkennbaren Plan, der darin besteht, tunlichst ungehindert zu seinen Verwandten in die Schweiz bzw. nach Frankreich zu gelangen. Ein wesentlicher Teil dieses Plans ist es auch, dann, wenn es notwendig wird, den Aufenthalt unnachvollziehbar zu wechseln, mit anderen Worten unterzutauchen. Es handelt sich dabei um die geradezu klassische Form des Asyltourismus.

 

Aufgrund der dem Bf nunmehr nachweislich bekannten Absicht der österreichischen Behörde, den Asylantrag vom 16.05.2013 zurückzuweisen und ein darauf bzw. auf dem Regelungsregime des Dublin-Übereinkommens basierendes Ausweisungsverfahren nach Ungar durchzuführen, ergibt sich für den Bf, um das oben beschriebene Ziel möglichst weiter verfolgen zu können, auch die konkrete Notwendigkeit des neuerlichen Agierens, d.h. des "Weiterreisens".

 

6.4.      Es ist daher iSd § 76 Abs.1 FPG sehr wohl anzunehmen bzw. in erhöhten Grade zu befürchten, dass der Bf – auf freiem Fuß belassen – unverzüglich untertauchen wird. Es sind insbesondere keinerlei sozialen oder wirtschaftlichen Anhaltspunkte oder Gründe dafür ersichtlich, dass der Bf ausgerechnet in Österreich bis zu einer Asylentscheidung ausharren sollte.

 

Die lapidare Feststellung, er wolle (lieber als nach Algerien) nach Ungarn abgeschoben werden, ist nicht geeignet, das aufgrund des festgestellten bisherigen Vorgehens fundamental erschütterte Vertrauen in ein hinkünftig gesetzestreues Verhalten (welches im gegenständlichen gesetzlichen Kontext für die Beurteilung eines allfälligen Sicherungsbedarfes zudem von besonderer Bedeutung ist) auch nur annähernd wieder herzustellen, zumal die Angaben im Zuge der Erstbefragung eine eindeutig diametral entgegengesetzte Absicht zum Ausdruck bringen.

 

Im Lichte dieser Überlegungen ist es dem Bf, so wie er dies in der Beschwerdeschrift der belangten Behörde vorwirft, selbst nicht gelungen, für die Untermauerung seines Vorbringens Argumente zu liefern, die qualitativ über allgemeine Behauptungen hinausgehen würden.

 

6.5. Auf der Grundlage der gebotenen Gesamtbetrachtung sämtlicher Besonderheiten des konkreten Einzelfalles war und ist daher auch nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates ein erheblicher Sicherungsbedarf seit Verhängung der Schubhaft am 16.05.2013 bis dato jedenfalls zu bejahen.

 

Im Sinne der Judikatur der Gerichthöfe des öffentlichen Rechts sind daher – wie dies in der Beschwerdeschrift unzutreffend behauptet wird – im Ergebnis nicht allein die Tatsachen, dass das es sich um eine Dublin-Fall handelt bzw. dass der Bf bereits in einem anderen Land Asyl beantragt hat, ausschlaggebend für die Annahme eines dringenden Sicherungsbedarfes.

 

Damit scheidet auch im hier zu beurteilenden Zeitraum die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise grundsätzlich aus. Eine allfällig angeordnete Wohnsitznahme samt täglicher Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht gewährleisten können. Daran vermag auch die in der Beschwerdeschrift geäußerte Bereitschaft, in einer Betreuungseinrichtung Unterkunft zu nehmen, nichts zu ändern, da diese – nach der Aktenlage nur dem rechtsfreundlichen Vertreter gegenüber kundgetane und somit "neue" – Absicht nicht nur den Angaben in der Erstbefragung explizit widerspricht, sondern auch in diametralem Gegensatz zur bisher geübten und dokumentierten Vorgangsweise des Bf steht, aus der sich zeigt, dass er den tatsächliche Abschluss eines Asylverfahrens nicht nur nicht anstrebt, sondern im Gegenteil konterkariert. Aus eben diesem Umstand ergibt sich auch der Unterschied des Bf zu in der Beschwerdeschrift wiederholt zitierten "anderen Asylwerbern in Betreuungseinrichtungen".

 

Sehr wohl aber lässt sich aus dem Vorbringen de Bf mittelbar ableiten, dass im konkreten Fall keine grundsätzlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 3 EMRK gegen eine Überstellung des Bf nach Ungarn bestehen und daher auch kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts Österreichs iSd Dublin-VO besteht.

 

6.6. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos weiterhin verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das – dieses überwiegende – Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele (sowohl auf nationaler als auch auf supranationaler Ebene) zu gewährleisten, war – wie oben bereits detailliert ausgeführt – der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Auch geht aus dem vorliegenden Verwaltungsakt eindeutig hervor, dass die belangte Behörde bemüht war, das fremdenrechtliche Verfahren entsprechend zügig voranzutreiben und den Sachverhalt möglichst rasch ins Reine zu bringen.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf nicht zuletzt auch eigenen Angaben zufolge in Österreich keinerlei familiäre oder soziale Bezugspunkte hat.

 

Es ist im Gegenteil vielmehr nicht auszuschließen, dass eine hinkünftig unter Umständen mögliche Kontaktaufnahme zu seinen Angehörigen der Schweiz bzw. Farnkreich die Bereitschaft des Bf, bis zum Ausgang des Asylverfahrens in Österreich zu bleiben, weiter sinken lässt.

 

6.7. § 80 Abs.1 und Abs.2 FPG normieren, dass die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden kann, bis der Grund für eine Anhaltung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Grundsätzlich wird nun seit 01.07.2011 (vgl. FrÄG 2011) eine viermonatige Höchstgrenze festgelegt. Der Bf wird gegenwärtig seit 16.05.2013 in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte viermonatige Frist noch nicht ausgeschöpft ist.

 

Auch ist das Ziel der Schubhaft zum Entscheidungszeitpunkt durchaus zeitnah erreichbar, da keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Überstellung des Bf nach Ungarn sprechen würden.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach  ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1.            Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2.            Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 14,30 Euro (Eingabe- und Beilagengebühren) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Markus Kitzberger

 

 

 

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