Linz, 05.06.2013
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Kosovo, X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 26. März 2013, AZ: 1016651/FRB, betreffend die Erlassung eines auf die Dauer von acht Jahre befristetes Aufenthaltsverbot nach dem Fremdenpolizeigesetz nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2013 zu Recht erkannt:
Aus Anlass der Berufung wird die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf fünf Jahre herabgesetzt.
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs. 1a, 53 Abs. 3 Z 1, 63 f Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid des Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 26. März 2013, AZ: 1016651/FRB, dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) zu eigenen Handen zugestellt am 29. März 2013, wurde gegen den Bw auf Grundlage des § 63 Abs. 1, 2 und 3 in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in der geltenden Fassung (im Folgenden: FPG) ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Im angefochtenen Bescheid ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:
2. Gegen den am 29. März 2013 dem Bw zu eigenen Handen zugestellten Bescheid erhob dieser mit Schriftsatz vom 8. April 2013, persönlich eingebracht bei der belangten Behörde am 9. April 2013, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.
Im Rechtsmittel führte der Bw aus, dass er seit vielen Jahren in Österreich lebe und arbeite. Seine Lebensinteressen würden sich nur mehr auf Österreich beziehen, er habe auch beim Magistrat Linz schon um eine Familienzusammenführung angesucht, welche jedoch anhand der Wohnverhältnisse nicht genehmigt worden sei. Die bei ihm lebende Mitbewohnerin, eine Asylwerberin, besitze noch keine eigene Wohnung und werde von ihm unterstützt. Geplant sei eine größere Wohnung, die für das Leben mit seiner Familie geeignet wäre. Seine Familie haben von seinen Verfehlungen nichts gewusst und ihn von seiner Blödheit nicht abhalten können. Die Familienmitglieder hätten sich schon auf eine Familienzusammenführung gefreut.
Erschließbar beantragte der Bw die Aufhebung des angefochtenen Aufenthaltsverbotes.
3.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 10. April 2013 zur Entscheidungsfindung vor.
3.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im Hinblick darauf, dass der Bw unvertreten ist, für den 29. Mai 2013 eine mündliche Verhandlung anberaumt und dazu die Verfahrensparteien geladen. Die belangte Behörde hat sich rechtzeitig entschuldigt.
3.2.2. Auf Grund der mündlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt fest:
Der Bw hielt sich erstmals ab 1989 in Österreich auf. Nach Erlassung eines auf die Dauer von 5 Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes wurde der Bw am 23. Juni 1997 in den Herkunftsstaat abgeschoben. In der Zeit Ende 2003 bis 2005 wurden dem Bw Reisevisa und humanitärer Aufenthaltstitel erteilt. Ab Mitte 2007 bis Anfang 2012 verfügte der Bw durchgehend über ein humanitäres Aufenthaltsrecht und im Anschluss daran über eine ROT-WEISS-ROT Karte Plus.
Seit 2007 geht der Bw überwiegend einer Beschäftigung nach. Vor seiner Festnahme im Jahr 2012 war der Bw als Selbständiger gemeldet und hat das Lokal X betrieben. Das Lokal wurde während der Haft vom Geschäftsführer des Bw verkauft. In dieser Angelegenheit ist derzeit ein Rechtsstreit anhängig.
Mit Urteil des LG Linz vom 16. Jänner 2013, HV 161/2012y, wurde der Bw wegen Verbrechen und Vergehen nach dem SMG zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon 20 Monate bedingt nachgesehen, verurteilt (siehe ausführliche Darstellung unter Punkt 1.). Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen und der Bw hat den überwiegenden Teil der Freiheitsstrafe (6 Monate und 20 Tage) verbüßt.
Abgesehen von dieser Verurteilung ist der Bw (laut Aktenlage) während seines durchgängigen Aufenthaltes in Österreich nicht straffällig geworden.
Die Kernfamilie des Bw (Gattin und drei Kinder) lebt im Kosovo. In Österreich verfügt der Bw über einen nicht näher bezeichneten Freundes- und Bekanntenkreis.
Die Deutschkenntnisse des Bw sind überdurchschnittlich gut und der Bw ist sozial engagiert.
3.2.3. Der festgestellte Sachverhalt ist unbestritten. Sowohl in den Schriftsätzen als auch in der mündlichen Verhandlung hat sich der Bw einsichtig gezeigt und dargelegt, dass er seine Taten bereue. Entgegen der Verantwortung im Gerichtsverfahren und den Ausführungen in der Stellungnahme vom März 2013 hat der Bw in der Berufung und in der mündlichen Verhandlung Teile seines Geständnisses widerrufen. Er hat dies damit begründet, dass er von seinem Rechtsanwalt schlecht beraten worden sei (umfassendes Geständnis bringe eine mildere Strafe). Durch dieses Geständnis habe er mehr Verantwortung übernommen und die wahren Täter seien besser davon gekommen.
3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:
4.1. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt
1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Gemäß § 63 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.
Gemäß § 63 Abs. 3 FPG ist ein Aufenthaltsverbot gemäß Abs. 1 in den Fällen des
§ 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
4.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass der Bw über einen Aufenthaltstitel verfügt und sich derzeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Daher sind grundsätzlich die oben genannten Bestimmungen zur Prüfung des Aufenthaltsverbotes heranzuziehen.
Da eine Aufenthaltsverfestigung gemäß § 64 FPG nicht vorliegt, gelangt § 63 Abs. 1 FPG vollinhaltlich zur Anwendung.
4.3.1. Nach dem im gegenständlichen Fall relevanten Sachverhalt wurde der Bw wegen Verbrechen und Vergehen nach dem SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon 20 bedingt, verurteilt. Es ist daher § 63 Abs. 2 in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Z 1 FPG einschlägig und im Sinne der zitierten Norm davon auszugehen, dass der Bw die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende bestimmte Tatsachen verwirklicht hat.
Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte ihrer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird. Daher ist – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – vor Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu prüfen, ob das Verhalten des Bw aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, in Hinkunft die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gefährden.
4.3.2. Zwar führt der Bw sowohl in seinem Rechtsmittel als auch in der mündlichen Verhandlung aus, sein Fehlverhalten eingesehen zu haben und die Taten zu bereuen, woraus abzuleiten ist, dass er sich in Hinkunft rechtskonform verhalten wolle und daher keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Dieser Zukunftsprognose kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jedoch auf Grund folgender Überlegungen nicht beigetreten werden:
Der Bw wurde während seines mehrjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich nur einmal – und zwar im Jänner 2013 – rechtskräftig verurteilt. Bedeutsam dabei ist aber, dass die Verurteilung wegen mehrerer Verbrechen und Vergehen erfolgt ist und sich der Zeitraum, in denen der Bw in strafrechtlicher Hinsicht tätig geworden ist, von Sommer 2010 bis Juli 2012 erstreckt hat. Die Verbrechen setzte der Bw in der Zeit Oktober 2011 bis Juli 2012 (siehe ausführliche Darstellung unter Punkt 1.).
Wie der Bw in seiner Stellungnahme im März 2013 ausführt, war ein Hauptgrund für die Taten die Aussicht „schnell leichtes Geld zu verdienen“.
Dem Bw und seinem Mittäter war auf Grund des Umfanges ihres Suchtgifthandels bekannt, dass der Umgang mit Suchtgiften gesetzwidrig war. Sie ließen Suchtmittel ein- und ausführen, erwarben es, um es in weiterer Folge gewinnbringend weiter zu verkaufen, und zwar in einer beim Bw die Grenzmenge 15-fach übersteigenden Menge. Es kam ihm somit darauf an, aus dem Kauf des Kokains Profit zu schlagen. Auch war dem Bw bekannt, dass das Erwerben, Besitzen oder Befördern von Suchtmitteln in einer die Grenzmenge überschreitenden Menge, um es in Verkehr zu setzen, gegen die Gesetze verstößt. Er handelte dennoch so und fand sich damit ab.
Auf Grund der Gefährlichkeit der Suchtmitteldelikte im Allgemeinen und der Gefährlichkeit des Bw in Bezug auf sein durch zahlreiche Angriffe gezeigtes Verhalten im Besonderen, verhängte das Landesgericht einen Teil der Strafe unbedingt, um dem Bw das Unrecht seiner Straftaten eindrucksvoll vor Augen führen.
Die Verbrechen des Suchtgifthandels wiegen – abgesehen von der zeitlichen Nähe – besonders schwer, da hier nicht von einem Fall der "Kleinkriminalität" gesprochen werden kann. Der Bw hat nicht etwa "nur" Suchtgift in geringen Mengen zum Eigengebrauch missbraucht, sondern durch Ein- und Ausfuhr einer die Grenzmenge 15-fach übersteigenden Menge, Erwerb, Besitz und Beförderung des Suchtmittels zum Zwecke des in Verkehr setzen, einen hohen Gewinn zu erlangen versucht („schnell leichtes Geld verdienen“). Das öffentliche Interesse an der Unterbindung des Drogenhandels ist in Relation zur Eigenbedarfskriminalität besonders hoch anzusiedeln. Nicht bloß der Eigenbedarf als Triebmittel und Auswirkung der Kriminalität, sondern vielmehr ein geplantes Vorgehen mit erheblicher krimineller Energie und dem Potential an weiter Verbreitung der Suchtmittel verletzen genanntes öffentliches Interesse in besonderem Maß.
Der Bw hat somit durch sein über Monate hinweg kontinuierlich gesetztes rechtswidriges Verhalten eindrucksvoll bewiesen, die Rechtsordnung im Bundesgebiet nicht zu achten und sich nicht als an die Werteordnung der hiesigen Gesellschaft gebunden anzusehen. Es zeugt fraglos von erheblicher krimineller Energie und eine Unbesonnenheit völlig ausschließendem Engagement.
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vermag daher dem Vorbringen des Bw, die Verbrechen zu bereuen und sich in der Zukunft rechtskonform verhalten zu wollen, nur bedingt Glauben zu schenken.
Es ist daher mit der belangten Behörde davon auszugehen, dass der weitere Aufenthalt des Bw im Inland eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt.
In diesem Sinn ist die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw fraglos gerechtfertigt. Allerdings ist bei der Beurteilung des Falls auch auf § 61 FPG bzw. Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen.
4.4.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
4.4.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.
4.5.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.
Es ist eingangs festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um Straftaten durch Fremde dauerhaft im Bundesgebiet zu unterbinden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung und Sicherheit eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen und zu erhalten. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind. Eine diesbezügliche Verhältnismäßigkeitsprüfung anhand der Kriterien des § 61 FPG führt dennoch nicht zum Ergebnis, dass der Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben des Bw unrechtmäßig wäre.
4.5.2.1. Der Bw ist seit 15. Mai 2004 polizeilich mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Die Aufenthaltsdauer beträgt daher etwa neun Jahre. Dass dieser Aufenthalt nicht rechtmäßig gewesen wäre, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.
4.5.2.2. Es steht völlig außer Zweifel, dass der Bw durch seinen Aufenthalt in Österreich seit dem Jahr 2004, seine Teilnahme am Erwerbsleben, dessen Kenntnisse der deutschen Sprache und seinen Bekanntenkreis ein erhebliches Maß an Integration erworben hat und ein Aufenthaltsverbot in das Recht des Bw auf Privatleben eingreift.
4.5.2.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Fremden alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen.
Im diesem Sinne geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa zehn Jahren, fast durchgehender erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit sowie weiterer Integrationsschritte das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl. etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).
Der Bw unterschreitet die vom Gerichtshof judizierte Schwelle von zehn Jahren. Schließlich ist – mangels gegenteiliger Hinweise in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur – davon auszugehen, dass die dargestellte Rechtsauffassung nur dann zur Anwendung gelangt, wenn der betroffene Fremde neben den genannten Kriterien unbescholten ist. Dies ist jedoch auf Grund der vorliegenden Verurteilung des Bw nicht der Fall.
4.5.2.4. Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf Punkt 4.5.2.2. verwiesen. Zudem ist festzuhalten, dass der Bw während seines Aufenthaltes im Inland großteils gearbeitet hat und auch aktuell einer Beschäftigung nachgeht. Weiters hat er sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache erworben.
Die erworbene Integration wird freilich durch die vom Bw begangenen Vergehen und Verbrechen nach dem SMG, durch die dieser zu erkennen gegeben hat, die im Gastland geltende Rechtsordnung nicht zu akzeptieren, relativiert bzw. wesentlich erschüttert.
4.5.2.5. Hinsichtlich der Zumutbarkeit der Maßnahme in Verbindung mit einer Rückkehr in sein Heimatland ist festzuhalten, dass der Bw trotz der mehrfachen und langjährigen Aufenthalte in Österreich einen großen Teil seines Lebens im Heimatland verbracht hat, weshalb er dort sozialisiert wurde und mit der dortigen Kultur, den Gebräuchen usw. vertraut ist. Es findet sich im Verwaltungsakt kein Indiz dahingehend, dass er die Landessprache in Wort und Schrift nicht beherrscht. Bedeutsam ist auch, dass die gesamte Kernfamilie (Gattin und drei Kinder) seit jeher im Herkunftsstaat wohnt und dort ihren Lebensmittelpunkt hat.
4.5.2.6. Um Wiederholungen zu vermeiden wird hinsichtlich der Verurteilungen nach oben verwiesen.
4.5.3. Aufgrund der getroffenen Feststellungen gilt es nunmehr in einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das Interesse des Bw am Verbleib im Inland mit dem öffentlichen Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit abzuwägen.
Beim Bw handelt es sich um eine Person, die monatelang teilweise vorsätzlich gegen das SMG verstoßen hat. Insbesondere auf Grund dieser Tatsache steht es für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich außer Zweifel, dass der Verbleib des Bw im Inland auch in Hinkunft die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.
Wenn auch nicht verkannt wird, dass ein Aufenthaltsverbot aufgrund der Integration des Bw in Österreich einen deutlichen Einschnitt in dessen Leben bedeutet, scheint seine Rückkehr in sein Heimatland bei einer Gesamtbetrachtung nicht unzumutbar. Der Bw ist nicht arbeitsscheu und daher unzweifelhaft in der Lage, auch abseits von Österreich sein Fortkommen zu sichern. Ein Eingriff in das Familienleben ist schon deshalb nicht gegeben, da im Kosovo die gesamte Kernfamilie des Bw lebt.
Bei einer Gesamtabwägung ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie an der Verhinderung strafbarer Handlungen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss.
Der Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privatlebens berufen.
4.6. Hinsichtlich der Dauer des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes finden sich im angefochtenen Bescheid keinerlei Ausführungen. Es ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich daher nicht möglich, die Beweggründe der belangten Behörde nachzuvollziehen, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, dass gegen den Bw ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot zu erlassen ist.
Der Gesetzgeber gibt diesbezüglich in § 63 Abs. 3 FPG eine Untergrenze von 18 Monaten vor. Da der Bw im Sinne des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG verurteilt wurde, besteht eine gesetzliche Obergrenze für die Befristung des Aufenthaltsverbotes von zehn Jahren. Für Personen, welche zu einer mehr als fünfjährigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt wurden, sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit vor, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot zu erlassen.
Für Freiheitsstrafen bis einschließlich fünf Jahren ist daher der oben dargestellte Rahmen von bis zu zehn Jahren vorgesehen. Der Bw wurde einmalig zu einer Freiheitsstrafe von dreißig Monaten, zwanzig Monate davon bedingt, verurteilt. Der unbedingte Strafanteil beträgt daher zehn Monate – und auch hier erfolgte eine vorzeitige Entlassung aus der Strafhaft. In Anbetracht dieser Verurteilung, der nicht unbeachtlichen Prognose des erkennenden Strafgerichtes, der gezeigten Reue, des langen Aufenthalts des Bw in Österreich, dessen beruflichem Engagement und seinen Sprachkenntnissen geht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich davon aus, dass mit einem auf fünf Jahre befristeten Aufenthaltsverbot das Auslangen gefunden werden kann.
4.8. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
5. Von einer Übersetzung gemäß § 59 Abs. 1 FPG konnte aufgrund der sehr guten Deutschkenntnisse des Bw abgesehen werden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.
Mag. Christian Stierschneider
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 12. September 2013, Zl.: 2013/21/0140-4