Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401311/6/WEI/Ai

Linz, 10.07.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des X, geb. X, Staatsangehöriger von Georgien, vormals in Schubhaft im PAZ Wels und PAZ Wien Rossauer Lände, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, zu Recht erkannt:

 

 

I.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 28. Juni 2013 bis zur Abschiebung am 7. Juli 2013 wird für rechtmäßig erklärt.

 

II.   Der Beschwerdeführer hat dem Bund den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 38/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage vom nachstehenden Gang des Verfahrens und Sachverhalt aus:

 

1.1. Mit Mandatsbescheid vom 27 Juni 2013, Zl. 1027910/FP/13, ordnete die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer (Bf) auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG iVm § 57 AVG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) an. Der Bescheid wurde dem Bf am 28. Juni 2013 um 08:30 Uhr nach Entlassung aus einer gerichtlichen Strafhaft in der Justizanstalt Wels persönlich zugestellt. Der Bf wurde daraufhin in Schubhaft genommen und zunächst im polizeilichen Anhaltezentrum (PAZ) Wels bis zum 3. Juli 2013 angehalten. Am 4. Juli 2013 wurde er ins PAZ Wien Rossauer Lände überstellt und am 7. Juli 2013 aus der Schubhaft entlassen und mit Georgian Airways auf dem Luftweg über Wien nach Tiflis (Flug A9 682: Abflug 10:45 Uhr, Ankunft 16:00 Uhr) abgeschoben (vgl Abschiebebericht SPK Schwechat vom 7.07.2013).

 

1.2. Aus dem Schubhaftbescheid und der Aktenlage ergibt sich der folgende unbestrittene S a c h v e r h a l t:

 

Der Bf reiste am 6. Mai 2007 über unbekannt mit einem LKW illegal ins Bundesgebiet ein und stellte bei der Erstaufnahmestelle (EASt) West unter den falschen Personalien X, geb. X, Staatsangehöriger von Russland, einen Antrag auf internationalen Schutz, der zu Zl. 07 04.239 des Bundesasylamts erfasst wurde. Im Asylverfahren wurde seine Beschwerde gegen den negativen Asylbescheid des Bundesasylamts vom 26. Mai 2007, Zl. 07 04.239-EAST-West, mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 1. August 2012, Zl. D9 312596-1/2009/46E, zugestellt am 8. August 2012 (lt. Mitteilung des AGH v 22.08.2012), als unbegründet abgewiesen und der Bf gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 nach Georgien rechtskräftig ausgewiesen.

 

Mit Schreiben von Interpol Tiflis vom 24. April 2012 konnte der Bf als der georgische Staatsangehörige mit den im Schubhaftbescheid genannten richtigen Personalien identifiziert werden. Am 22. Mai 2012 hatte die georgische Botschaft bereits ein Heimreisezertifikat für den Bf ausgestellt. Da er aber in Strafhaft war, wurde in der Folge eine Abschiebung nicht durchgeführt.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. Juni 2010, Zl. Sich40-1823-2007, wurde gegen den Bf gemäß §§ 62 iVm 60 Abs 2 Z 1, 63 und 66 FPG ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen, das nunmehr gemäß § 54 Abs 9 FPG als Einreiseverbot gilt.

 

Der Bf wurde mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 24. August 2012, 37 Hv 65/12b-52, in der Fassung des Urteils des Oberlandesgerichts Linz vom 30. Jänner 2013, 9 Bs 11/13a) wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z1 und 2, 130 vierter Fall StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 23. April 2012, 37 Hv 11/12p (wegen versuchten Diebstahls durch Einbruch), zu einer Zusatzstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt. Schon mit Urteil des Bezirksgerichts Traun vom 27. April 2009, 3 U 139/09w, war er im Jahr 2009 wegen versuchten Diebstahls zu drei Wochen Freiheitsstrafe, bedingt auf drei Jahre, und mit Urteil des Landesgerichts Wels zu 13 Hv 115/09d wegen teils versuchten, teils vollendeten schweren Einbruchsdiebstahls zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt worden. Außerdem ist er mit Urteil des Landesgerichts Wels vom 17. Dezember 2012, 11 Hv 86/12d, wegen teils versuchten und teils vollendeten Einbruchsdiebstahls unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 18. Jänner 2012, 37Hv 11/12p, mit einer Zusatzstrafe in der Dauer von einem Jahr bestraft worden.

 

Dem zuletzt ergangenen Urteil des Oberlandesgerichts vom 30. Jänner 2013, 9 Bs 11/13a, ist zu entnehmen, dass sämtliche Taten des Bf nach ihrer Tatzeit gemeinsam abgeurteilt hätten werden können und daher in dem Verhältnis nach dem § 31 Abs 1 StGB stehen. Das Oberlandesgericht erachtete unter der Annahme der gemeinsamen Aburteilung eine Strafe von insgesamt zwei Jahren und sechs Monaten für tatschuldadäquat und bestimmte deshalb die Zusatzstrafe mit sechs Monaten.

 

Aus dem Urteil des Landesgerichts Linz vom 24. August 2012 ergibt sich weiter dass der Bf unter falscher Identität (falscher Name, falsches Geburtsdatum und falsche Staatsangehörigkeit) mit einer Lebensgefährtin in X, X wohnte, kein eigenes Einkommen hatte und daher von den Einkünften seiner Lebensgefährtin lebte.

 

Dem Erkenntnis des Asylgerichthofs vom 1. August 2012 ist zu entnehmen, dass der Bf unter der völlig falschen Identität im Asylverfahren auftrat. Vor dem Asylgerichtshof gestand er über Vorhalt der Ermittlungsergebnisse via Interpol Tiflis schließlich zu, dass er auch einen georgischen Reisepass besessen hatte. Seit 30. Dezember 2010 lebte er in Hausgemeinschaft mit einer russischen Staatsangehörigen mit Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“, welche Mutter von zwei gemeinsamen mj. Kindern ist, denen der Bf aber keinen Unterhalt leistet. Seit 15 Jänner 2012 verbüßte er eine Freiheitsstrafe.

 

1.3. Zum Sicherungserfordernis führte die belangte Behörde begründend aus, der Bf sei zwar unter seiner Aliasidentität in X, X, gemeldet gewesen, es könne aber auf Grund seiner Lügen vor den Behörden und der Nichtmitwirkung in den Verfahren nicht das Vertrauen vorhanden sein, dass er sich der Behörde zur Abschiebung zur Verfügung halten werde. Selbst erhöhte Auflagen wie eine tägliche Meldeverpflichtung bei einer Polizeiinspektion, würden den Bf nicht hindern, sich der Abschiebung durch Untertauchen zu entziehen. Die effektive Umsetzung der fremdenpolizeilichen Maßnahme könne nur durch Entzug der persönlichen Freiheit gewährleistet werden.

 

1.4. Mit der beim Oö. Verwaltungssenat am 3. Juli 2013 eingelangten, vom Bf persönlich eingebrachten Schubhaftbeschwerde vom 28. Juni 2013 bekämpft der Bf die Schubhaftverhängung und seine Anhaltung in Schubhaft und beantragt deren kostenpflichtige Rechtswidrigkeitserklärung.

 

 

2.1. Die Beschwerde behauptet – auf das Wesentliche zusammengefasst – die Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft, weil kein Sicherheitsbedarf bestünde und der Bf bei seiner Lebensgefährtin in X hätte wohnen können. Die Anwendung eines gelinderen Mittels anstelle von Schubhaft hätte ausgereicht. Der Bf verfüge über eine berufliche und soziale Verankerung und sei seit sechs Jahren in Österreich und entsprechend gut integriert. Er habe 2 Kinder (im Alter von 2 und 4 Jahren) mit seiner Lebensgefährtin und würde sich auch um das achtjährige Kind seiner Lebensgefährtin liebevoll kümmern. Das gelindere Mittel, sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden, hätte ohne weiteres angewandt werden können. Er hätte nie ein unkooperatives Verhalten gegenüber der belangten Behörde gesetzt.

 

2.2. Nach einer Vorabinformation legte die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, am 8. Juli 2013 ihre Verwaltungsakten vor, trat im Vorlageschreiben der Beschwerde entgegen und beantragte deren kostenpflichtige Abweisung.

 

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat auf Grundlage des vorgelegten Verwaltungsaktes und unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 Satz 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

 

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG (idF seit BGBl I Nr. 122/2009) ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Nach § 83 Abs 2 FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

  1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
  2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

 

Gemäß § 83 Abs 4 FPG hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Der Bf wurde im vorliegenden Fall auf Grund des gegenständlichen Schubhaftbescheides am 28. Juni 2013 in Schubhaft genommen und bis zur Abschiebung am 7. Juli 2013 angehalten. Die dagegen am 3. Juli 2013 eingebrachte Beschwerde ist zulässig, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit berufen ist.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

4.3. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs 1 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

In der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vermag die fehlende Ausreisewilligkeit eines Fremden für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht zu rechtfertigen. Deshalb kann auch die Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft noch nicht rechtfertigen. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen, der insbesondere im Fall mangelnder sozialer Verankerung im Inland in Betracht kommt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch schon mehrfach betont, dass in Bezug auf die Annahme eines Sicherungsbedarfes aus Überlegungen zu einem strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden Fehlverhalten alleine nichts zu gewinnen sei (ständige Rspr; vgl ua. VwGH 8.9.2005, Zl. 2005/21/0301; VwGH 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081; VwGH 27.3.2007, Zl. 2005/21/0381; VwGH 28.6.2007, Zl. 2005/21/0288 und Zl. 2004/21/0003; VwGH 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107; VwGH 28.5.2008, Zl. 2007/21/0246).

 

Überdies ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs beim Sicherungserfordernis die konkrete Situation des Beschwerdeführers (Einzelfallprüfung) zu prüfen. Deswegen verbietet sich auch ein Abstellen auf allgemeine Erfahrungen im Umgang mit Asylwerbern oder aus anderen Fällen (vgl VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0051; VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0091).

 

4.4. In dem aus Anlass einer Amtsbeschwerde ergangenen Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2007/21/0542, hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst wiederholt, dass die bloße Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag, sondern der Sicherungsbedarf müsse in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa eine mangelnde soziale Verankerung in Österreich in Betracht komme (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Für die Bejahung des Sicherungsbedarfs im Anwendungsbereich des § 76 Abs 1 FPG komme daher insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, welche das befürchtete Risiko des Untertauchens rechtfertigen können (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0162). Abgesehen von der Integration des Fremden sei bei Prüfung des Sicherungsbedarfs auch das bisherige Verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen (Hinweis auf VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/0311; VwGH je vom 28.06.2007, Zl. 2006/21/0091 und Zl. 2006/21/0051). Auch wenn Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nach dem Gesetz keinen tauglichen Schubhaftzweck darstellen (vgl etwa VwGH 31.08.2006, Zl. 2006/21/0087; VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/311) kann nach dem oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2009 der Verurteilung eines Fremden im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Bedeutung zukommen. Eine erhebliche Delinquenz des Fremden kann das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner baldigen Abschiebung – in Abhängigkeit von der Schwere der Straftaten - maßgeblich vergrößern.

 

4.5. Im gegenständlichen Fall konnte die belangte Behörde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG anordnen, zumal dem Bf seit Erlassung der negativen Entscheidung des Asylgerichtshofs am 8. August 2012 keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung mehr zukam und er rechtskräftig aus dem Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen worden war. Das mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. Juni 2010 (rechtskräftig seit 2.07.2010) für die Dauer von sieben Jahren erlassene Rückkehrverbot gilt gemäß § 54 Abs 9 FPG mit Erlassung der asylrechtlichen Ausweisung am 8. August 2012 als Einreiseverbot. Der Bf hielt sich mit negativem Abschluss seines Asylverfahrens wieder unrechtmäßig in Österreich auf. Er war daher als Drittstaatsangehöriger ohne Aufenthaltstitel zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet.

 

Gemäß § 46 Abs 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung (§§ 61, 66 § 10 AsylG 2005) oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag der Behörde zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

 

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

Im vorliegenden Fall lag mit der oben erwähnten rechtskräftigen Ausweisung ein die Aufenthaltsbeendigung anordnender Rechtstitel vor, der durch Abschiebung umzusetzen war, zumal zu befürchten war, der Bf würde seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen.

 

4.6. Der UVS Oberösterreich kann der belangten Behörde nicht entgegen treten, wenn sie angesichts des bisherigen Verhaltens des Bf befürchtete, er werde danach trachten, sich den weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen. Denn beim Bf kommt, gerade weil er in Österreich eine Lebensgefährtin und zwei Kinder hat, eine besonders ausgeprägte Unwilligkeit zur Ausreise in Betracht. Außerdem hat er schon immer eine gleichgültige Haltung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung gezeigt und sich um die Einhaltung österreichischer Rechtsvorschriften nicht gekümmert. Dies folgt nicht nur aus seiner Missachtung fremdenrechtlicher Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen, sondern auch aus seinem Fehlverhalten im Asylverfahren, wo er unter völlig falscher Identität auftrat und zur Aufrechterhaltung dieser Täuschungen jedenfalls teilweise erfundene Geschichten vorbringen musste. Konsequenter Weise war er auch bis zuletzt bei seiner Lebensgefährtin unter falscher Identität gemeldet.

 

Bei Beurteilung des Sicherungsbedarfs kommt vor allem auch der erheblichen Delinquenz des Bf, der wegen wiederholten Einbruchsdiebstahls insgesamt zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde (vgl OLG Linz 30.01.2013, 9 Bs 11/13a) und davon schon rund 1 1/2 Jahre verbüßt hat, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Schubhaft wesentliche Bedeutung zu. Durch das erhebliche kriminelle Fehlverhalten des Bf hat sich nämlich das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner alsbaldigen Abschiebung maßgeblich vergrößert (vgl dazu VwGH 25.03.2010, Zl. 2009/21/0276 unter Hinweis auf 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542).

 

Ein gelinderes Mittel iSd § 77 FPG anstelle der Schubhaft kam auch nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats nicht in Betracht, weil nach dem gesamten Verhalten des Bf nicht zu erwarten war, dass er sich dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde zur Verfügung gehalten und seine unmittelbar bevorstehende Abschiebung akzeptiert hätte. Von guter sozialer Integration des Bf kann entgegen der Beschwerde angesichts der Verurteilungen wegen mehrerer Einbruchsdiebstähle keine Rede sein. Der durch sein bisheriges Fehlerhalten (massive Falschangaben und Täuschungen) vertrauensunwürdige Bf wäre voraussichtlich nicht bereit gewesen, freiwillig den ihm bereits bekannt gegebenen Abschiebetermin am 7. Juli 2013 wahrzunehmen. Auch eine periodische Meldepflicht bei einer Polizeidienststelle hätte daran nichts ändern können. Die belangte Behörde konnte ein gelinderes Mittel nicht in Betracht ziehen, zumal der Zweck der Schubhaft, nämlich die kurzfristig bevorstehende Abschiebung nach Georgien umzusetzen, für die schon alle wesentlichen Schritte ergriffen worden waren, sonst nicht erreichbar gewesen wäre. Die Schubhaft war damit das einzig zuverlässige Mittel, um die notwendige fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Beendigung des illegalen Aufenthalts des Bf zu sichern.

 

Im Ergebnis war die Schubhaft aus den dargelegten Gründen notwendig und im überwiegenden öffentlichen Interesse eines geordneten Fremdenwesens auch verhältnismäßig. Die belangte Behörde hat nach Ausweis der Aktenlage auch zügig alle erforderlichen Verfahrensschritte ergriffen, um die Schubhaft so kurz wie möglich zu halten.

 

Da die vorliegende Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des fremdenpolizeilichen Verhaltens aufzeigen konnte, war sie als unbegründet abzuweisen und die Anhaltung des Bf in Schubhaft in der Zeit vom 28. Juni 2013 bis zur Abschiebung am 7. Juli 2013 für rechtmäßig zu erklären.

 

 

5. Gemäß § 79a Abs 1 AVG 1991 iVm § 83 Abs 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs 3 AVG). Nach § 79a Abs 6 AVG 1991 ist Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten.

 

Nach § 79a Abs 4 AVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs 1 neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand. Nach der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008) betragen die Pauschbeträge für die belangte Behörde als obsiegende Partei für den Vorlageaufwand 57,40 Euro und für den Schriftsatzaufwand 368,80 Euro.

 

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist der belangten Behörde Vorlage- und Schriftsatzaufwand entstanden, weshalb der Verfahrensaufwand der obsiegenden belangten Behörde antragsgemäß mit insgesamt 426,20 Euro festzusetzen und dem Bf der Kostenersatz zugunsten des Bundes aufzutragen war.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist eine Eingabegebühr für die eingebrachte Beschwerde in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

           

 

Dr. W e i ß

 

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