Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281477/21/Re/TO/CG

Linz, 03.12.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, X, vom 23. Oktober 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 8. Oktober 2012, Gz:Ge96-47-2011, betreffend das Arbeitszeitgesetz (AZG) in Verbindung mit den Bestimmungen der EG-Verordnung Nr. 561/2006 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

I.    Der auf die Strafhöhe eingeschränkten Berufung gegen die Spruchpunkte 2. und 3. wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe zu Spruchpunkt 2. auf 100 Euro und zu Spruchpunkt 3. auf 72 Euro herabgesetzt wird. Die Ersatzfreiheitsstrafen bleiben unverändert.

 

II. Der Kostenbeitrag des Berufungswerbers zum Strafverfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 37,20 Euro. Der Berufungswerber hat für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:                § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z4 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.:                § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 8. Oktober 2012, Gz.: Ge96-47-2011, wurde der Berufungswerber (in der Folge: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

„Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH in X, das zur Vertretung nach außen berufene Organ dieser Gesellschaft und somit gem. § 9 VStG für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften durch dieses Unternehmen verantwortlich.

 

Es wird Ihnen zur Last gelegt, Herrn X, geb. X, in Ihrem Unternehmen als Lenker eines Kraftfahrzeuges (KZ. X) mit einem hzGG von über 3,5 t, das zur gewerblichen Güterbeförderung verwendet wurde, beschäftigt zu haben, wobei Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes in Verbindung mit den Bestimmungen der EG-Verordnung Nr. 561/2006 nicht eingehalten bzw. beachtet wurden.

 

Konkret haben Sie dem/den Lenker

1.   im 24 Stundenzeitraum am 7.2.2011 um 07.56 Uhr beginnend bis 8.2.2011, 07.56 Uhr die Ruhezeit von 9 Stunden nicht gewährt, da diese nur 7,5 Stunden betragen hat.

2.   während der Lenkzeit am 8.2.2011 von 07.07 Uhr bis 19.32 Uhr nur eine Lenkpause von 29 Minuten gewährt und während der Lenkzeit am 10.2.2011 von 10.09 Uhr bis 18.26 Uhr nur eine Lenkpause von 24 Minuten gewährt, obwohl diese nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden 45 Minuten betragen muss.

3.   am 10.2.2011 von 04.58 Uhr bis 10.2.2011 18.26 Uhr zu einer Tageslenkzeit von 10 Stunden und 26 Minuten eingesetzt, obwohl diese nur 9 Stunden und zwei mal pro Woche 10 Stunden betragen darf.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1: § 28 Abs.5 Z 3 Arbeitszeitgesetz – AZG BGBl.Nr. 461/1969 i.d.F. BGBl. I Nr. 93/2010 iVm. Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 in der geltenden Fassung

 

zu 2: § 28 Abs.5 Z 2 Arbeitszeitgesetz – AZG BGBl. Nr. 461/1969 i.d.F. BGBL. I Nr. 93/2010 iVm. Art.7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 in der geltenden Fassung

 

zu 3: § 28 Abs.5 Z 1 Arbeitszeitgesetz – AZG BGBl. Nr. 461/1969 i.d.F. BGBl. I Nr. 93/2010 iVm. Art.6 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 in der geltenden Fassung;

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von falls diese Gemäß

uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe

 

zu 1: 200 Euro 14 Stunden § 28 Abs.5 Z 3 iVm

§ 28 Abs.6 Z 2 AZG

 

zu 2: 120 Euro 10 Stunden § 28 Abs.5 Z 2 iVm

§ 28 Abs.6 Z 1 lit. a AZG

 

zu 3: 80 Euro 6 Stunden § 28 Abs.5 Z 1 iVm

§ 28 Abs.6 Z 1 lit. a AZG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

40 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 14,53 EUR angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 440 Euro.“

 

2. In der dagegen rechtzeitig im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachten Berufung bringt der Bw zusammengefasst vor, dass als Berufungsgründe unrichtige Sachverhaltsfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden würden. Zudem habe der Bw ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften jederzeit sichergestellt werden könnte. Weiters würden für sämtliche Fahrer einmal jährlich im eigenem Unternehmen Schulungen durchgeführt, um diese immer wieder auf die Einhaltung der einschlägigen Arbeitszeitbestimmungen hin zu weisen und mit Neuerungen im Bereich des Arbeitszeitgesetzes zu konfrontieren.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft  als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift am 12. November 2012 gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 12. November 2013. An dieser nahmen der Rechtsvertreter des Bw sowie Vertreter des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck teil.  In der Verhandlung schränkte der Rechtsvertreter des Bw die Berufung auf die verhängte Strafhöhe ein. Mit Schreiben vom 13.November 2013 teilte der Bw mit, dass er die Berufung in Bezug auf den Tatvorwurf Punkt 1. des Straferkenntnisses zurückziehen werde. Bezüglich Tatvorwürfe Punkt 2. und 3. des Straferkenntnisses werde auf das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung verwiesen und dieses aufrechterhalten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Da sich die Berufung nun mehr ausschließlich gegen das Strafausmaß in Bezug auf die Spruchpunkte 2. und 3. des gegenständlichen Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung auseinander zu setzen.

 

Gemäß § 28 Abs.5 Arbeitszeitgesetz sind Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe gemäß Abs.6 zu  bestrafen, die

1. Lenker über die gemäß Art. 6 Abs. 1 bis 3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen;

2. Lenkpausen gemäß Art.7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren;

3. die tägliche Ruhezeit gemäß Art. 8 Abs.2,4 oder 5 oder Art.9 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren;

4. die Pflichten gemäß Art.6 Abs.5 oder Art. 12 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 verletzen;

5. die Pflichten gemäß Art.10 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 verletzen;

6. nicht gemäß Art. 10 Abs.2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 dafür gesorgt haben, dass die Lenkerinnen und Lenker ihre Verpflichtungen gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sowie des Kapitels II der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 einhalten;

7. die Pflichten betreffend den Linienfahrplan und den Arbeitszeitplan gemäß Art. 16 Abs.2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 verletzen,

8. die Pflichten betreffend das Kontrollgerät, das Schaublatt, den Ausdruck gemäß Anhang I B oder die Fahrerkarte gemäß Art.3 Abs.1, Art. 13, Art. 14, Art. 15 ausgenommen Abs.6 oder Art. 16 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 verletzten,

sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt.

 

 

Gemäß § 28 Abs.6 AZG sind Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wie folgt zu bestrafen:

Sind Übertretungen gemäß Abs.5 nach Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG (in der Fassung Richtlinie 2009/5/EG) als

1. leichte Übertretungen eingestuft oder in diesem Anhang nicht erwähnt, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber

a) in den Fällen der Z 1 bis 7 mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro,

b) im Fall der Z 8 mit einer Geldstrafe von 145 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 200 Euro bis 3.600 Euro;

2. schwerwiegende Übertretungen eingestuft, sind die mit einer Geldstrafe von 200 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 250 Euro bis 3.600 Euro;

3. sehr schwerwiegende Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 350 Euro bis 3.600 Euro.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

In Würdigung sämtlicher Umstände des Falles sowie Berücksichtigung der vom Bw im Berufungsverfahren angegebenen Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zum Schluss, dass die Voraussetzungen für eine geringfügige Herabsetzung der von der belangten Behörde verhängten Geldstrafen vorliegen. Als mildernd kommt dem Bw neben seinem reumütigen Verhalten auch die ernst zu nehmende Zusage, dass das Kontrollsystem verbessert werde, zugute. Der Strafmilderung hat auch der Vertreter des Arbeitsinspektorates zugestimmt.

 

Von der Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs.1 Z 4 VStG (Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens /Erteilung einer Ermahnung) war Abstand zu nehmen, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen (geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sowie geringes Verschulden) nicht gegeben sind.

 

Eine Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe prozentuell an die Strafbemessung der Geldstrafe konnte wegen des Verbots der reformatio in peius ( § 51 Abs.6 VStG) nicht erfolgen, war doch die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe nicht in Relation zu verhängten Geldstrafe festgesetzt, sondern sehr milde bemessen, sodass die verhängten 10 Stunden für Tatvorwurf Spruchpunkt 2. und die verhängten 6 Stunden für Tatvorwurf Spruchpunkt 3. auch noch nicht in Relation zur herabgesetzten Geldstrafe stehend sind.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Aufgrund des Umstandes, dass die verhängte Geldstrafe herabgesetzt wurde, war auch der Beitrag zu den Verfahrenskosten der ersten Instanz, welche gemäß § 64 VStG 10% der verhängten Geldstrafe betragen, entsprechend herabzusetzen. Da die Berufung teilweise Erfolg hatte, waren die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

 

 

 

Hinweis

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

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