Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102158/3/Ki/Shn

Linz, 08.08.1994

VwSen-102158/3/Ki/Shn Linz, am 8. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Rudolf V, vom 18. Juli 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 30. Juni 1994, Zl.VerkR96-1564-1994/Gi, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird hinsichtlich Punkt 1 des Straferkenntnisses stattgegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG II: Bezüglich Punkt 2 des Straferkenntnisses wird die Berufung hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung Folge gegeben und die gemäß § 134 Abs.1 KFG verhängte Geldstrafe auf 1.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG III: Hinsichtlich Punkt 1 des Straferkenntnisses entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge. Hinsichtlich Punkt 2 des Straferkenntnisses wird der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde auf 100 S herabgesetzt; der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage:

§§ 64, 65 und 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 30. Juni 1994, VerkR96-1564-1994/Gi, dem Beschuldigten zur Last gelegt, daß er 1. Helfried A vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert hat, indem dieser am 21.2.1994 um 02.05 Uhr in Ried/Innkreis auf der Kasernstraße, Höhe Haus Nr.1, gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigerte, obwohl aufgrund von Alkoholisierungssymptomen (leicht gerötete Bindehäute, starker Alkoholgeruch aus dem Mund) vermutet werden konnte, daß er sich beim unmittelbar vorangegangenen Lenken des auf ihn zugelassenen PKW in seiner Anwesenheit auf der Kasernstraße in Fahrtrichtung B 143 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat, sowie 2. er als Zulassungsbesitzer des PKW das Lenken dieses Kraftfahrzeuges Helfried A überlassen hat, sodaß dieser den PKW am 21.2.1994 um 01.55 Uhr in Ried/Innkreis auf der Kasernstraße Richtung B 143 lenkte, obwohl er nicht über eine von der Behörde erteilte Lenkerberechtigung für die Gruppe B verfügt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschuldigten Strafen in Höhe von 8.000 S bzw acht Tage Ersatzfreiheitsstrafe (Punkt 1) sowie von 1.500 S bzw 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe (Punkt 2) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Strafen (950 S) verpflichtet.

2. Der Berufungswerber erhebt gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 18. Juli 1994 rechtzeitig Berufung und bemängelt hinsichtlich der im Punkt 1 des Straferkenntnisses ausgesprochenen Bestrafung, daß Anstiftung bzw Beihilfe iSd § 7 VStG die vorsätzliche Bestimmung eines anderen zu rechtswidrigem, tatbildmäßigem Verhalten, also die Hervorrufung des Handlungsentschlusses und die Ausführung der Haupttat selbst voraussetze. Wie die Erstbehörde aufgrund der Anzeige die Annahme vertreten könne, daß er Helfried A vorsätzlich bei der Ausführung des tatbestandsmäßigen rechtswidrigen Verhaltens unterstützt habe, sei ihm unerfindlich. Die strafbare Anstiftung fordere ja eine bewußte Einwirkung auf den Täter, die ihn zu seinem Verhalten veranlaßt oder ihn in seinem Verhalten bestärkt habe.

Hinsichtlich Punkt 2 des Straferkenntnisses führt der Rechtsmittelwerber aus, daß ihm bekannt gewesen sei, daß Helfried Arminger als Lagerist tätig sei und er daher angenommen habe, daß er selbstverständlich die Lenkerberechtigung für die Gruppe B besitze und daher berechtigt sei, seinen PKW zu lenken. Ausdrücklich gefragt, ob er im Besitze eines Führerscheines der Gruppe B sei, habe er A allerdings nicht. Ihm sei auch nicht bekannt, daß A alkoholisiert sei bzw sei ihm diesbezüglich nichts aufgefallen. Wenn er gewußt hätte, daß A fahruntüchtig und überdies nicht im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung sei, hätte er ihm seinen PKW nicht überlassen.

3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da hinsichtlich der gegenständlichen Bestrafungen weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil einerseits bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (Punkt 1 des Straferkenntnisses), andererseits den Ausführungen der Berufung hinsichtlich Punkt 2 des Straferkenntnisses nur die Behauptung einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist und eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.1 und 2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt Beweis erhoben und legt der Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:

Der Beschuldigte hat in der Nacht vom 20.2.1994 auf 21.2.1994 dem Helfried A seinen PKW, zum Lenken überlassen. Er selbst ist als Beifahrer mitgefahren.

Da er annahm, daß Herr A als Lagerist selbstverständlich die Lenkerberechtigung für die Gruppe B besitzt, wäre dieser berechtigt gewesen, seinen PKW zu lenken. Ausdrücklich gefragt, ob er im Besitze eines Führerscheines der Gruppe B ist, hat der Beschuldigte Herrn A allerdings nicht.

Um 2.05 Uhr des 21. Februar 1994 hat Herr A gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert. Dabei wurde auch festgestellt, daß Herr A keine Lenkerberechtigung für die Gruppe B besitzt.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

5.1. Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich ua bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind gemäß § 5 Abs.2 leg.cit. berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt gemäß § 7 VStG der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter nicht selbst strafbar ist.

Die belangte Behörde legt dem Rechtsmittelwerber zur Last, daß er einem anderen durch Überlassung eines auf ihn zugelassenen PKW die Begehung einer Verwaltungsübertretung, nämlich die Verweigerung einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt, vorsätzlich erleichtert hat.

Unter Beihilfe (Erleichterung) ist die vorsätzliche Unterstützung eines tatbestandsmäßigen rechtswidrigen Verhaltens eines anderen zu verstehen. Anders als bei einer nachgewiesenen Alkoholisierung kann aber bei einer sogenannten "Verweigerung der Untersuchung" nicht schlechthin zur Last gelegt werden, daß durch die Überlassung eines Fahrzeuges die Begehung einer Verwaltungsübertretung schlechthin erleichtert wird. Da die "Verweigerung" für sich eine Verwaltungsübertretung bildet, ist nicht zu prüfen, ob eine Alkoholisierung tatsächlich eingetreten ist. Um eine Beihilfe zur "Verweigerung" verwaltungsstrafrechtlich anzulasten, müßte demnach vom Beschuldigten ein Verhalten gesetzt werden, durch welches der Betroffene in seinem Entschluß, der Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft nicht nachzukommen, unterstützt wird. Jede andere Auslegung hätte zur Folge, daß durch das alleinige Überlassen des Fahrzeuges auch wenn keine Alkoholisierung vorliegt, das Risiko einer verwaltungsstrafrechtlich relevanten Beihilfe gegeben ist.

Nachdem im vorliegenden Falle aus den Verfahrensunterlagen nicht ersichtlich ist, daß der Beschuldigte Herrn A vorsätzlich dahingehend unterstützt hätte, den Alkotest zu verweigern, kann ihm auch die Überlassung des Fahrzeuges nicht als Beihilfe zur Begehung dieser Verwaltungsübertretung angelastet werden. Nach dem Grundsatz in dubio pro reo ist daher diesbezüglich die Bestrafung aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

5.2.1. Gemäß § 103 Abs.1 Z3 KFG 1967 darf der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkerberechtigung besitzen.

Anders bei der unter Punkt 5.1. dargestellten Verwaltungsübertretung genügt in diesem Falle zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten (§ 5 Abs.1 VStG).

Der Beschuldigte verteidigt sich mit der Argumentation, daß ihm bekannt war, daß Herr A als Lagerist tätig ist und er daher annahm, daß er selbstverständlich die Lenkerberechtigung für die Gruppe B besitze. Mit dieser Argumentation ist im vorliegenden Falle nichts zu gewinnen, zumal von einem mit den rechtlichen Werten verbundenen Zulassungsbesitzer zu erwarten ist, daß er sich vor der Überlassung des (Kraft-) Fahrzeuges überzeugt, ob der Betreffende tatsächlich die erforderliche Lenkerberechtigung besitzt. Dies insbesondere auch aus dem Grund, als der Beschuldigte Herrn A, wie er im Berufungsschriftsatz ausdrücklich ausführt, nur vom Sehen her kannte. Die Bestrafung ist in diesem Punkt zu Recht erfolgt und es ist daher der Berufung keine Folge zu geben.

5.2.2. Was die Strafhöhe anbelangt, so ist gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung, durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des Straferkenntnisses ausgeführt, daß mildernde oder erschwerende Umstände nicht vorliegen. Einen Milderungsgrund stellt allerdings die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Täters dar.

Nachdem aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen nicht hervorgeht, daß der Beschuldigte bereits verwaltungsstrafrechtlich belastet wäre, ist der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen.

Im Hinblick darauf, daß die belangte Behörde diesen Strafmilderungsgrund nicht berücksichtigt hat, war das Strafausmaß auf die im Spruch festgelegte Höhe zu reduzieren. Der O.ö. Verwaltungssenat vertritt die Auf fassung, daß unter Zugrundelegung der unbestritten angenommenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse die nunmehr festgelegte Strafe bei dem gegebenen Strafrahmen bis zu 30.000 S ein Mindestmaß darstellt, um den Beschuldigten künftighin vor weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten und es ist diese Strafe auch aus generalpräventiven Gründen notwendig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

5.3. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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