Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102420/26/Bi/Fb

Linz, 26.04.1995

VwSen-102420/26/Bi/Fb Linz, am 26. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Karl-Peter H, vom 2. November 1994 gegen die Punkte 1), 2) und 3) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 13. Oktober 1994, VerkR96-10691-1994, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 16. März 1995 begonnenen und am 4. April 1995 abgeschlossenen öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Punkt 3) Folge gegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Hinsichtlich der Punkte 1) und 2) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt wird, die Geldstrafen jedoch auf 1) 2.000 S und 2) 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafen auf 1) 72 und 2) 36 Stunden herabgesetzt werden.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich in Punkt 1) auf 200 S und in Punkt 2) auf 100 S; ansonsten sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 19 VStG, §§ 15 Abs.1, 46 Abs.4d, 11 Abs.1 und 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten unter anderem wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 15 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960, 2) §§ 46 Abs.4d iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 3) §§ 11 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 4.000 S, 2) 2.000 S und 3) 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 144, 2) 72 und 3) 24 Stunden verhängt, weil er am 26. Mai 1994 um 14.30 Uhr den Kombi auf der A1 (Westautobahn) in Richtung Salzburg gelenkt und 1) bei km 231,500 rechts die Lenker der PKW und überholt habe, wobei er 2) den Pannenstreifen vorschriftswidrig befahren habe. Nach dem Überholvorgang habe er sich 3) unmittelbar vor den PKW eingereiht, sodaß die überholten Fahrzeuglenker ihre Fahrzeuge stark abbremsen hätten müssen, um eine Kollision zu vermeiden.

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 650 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht - das Straferkenntnis wurde hinterlegt; der Rechtsmittelwerber hat eine Bestätigung über eine Ortsabwesenheit bis 20. Oktober 1994 vorgelegt, sodaß die am 3. November 1994 zur Post gegebene Berufung rechtzeitig war - Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 16. März und am 4. April 1995 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, bei der der Rechtsmittelwerber ebenso wie ein Vertreter der Erstinstanz nicht erschienen ist und bei der die Zeugen Ing. Horst P und Helmut M einvernommen wurden.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, es sei richtig, daß er zum angegebenen Zeitpunkt mit seinem PKW Richtung Salzburg gefahren sei. Bei km 231 sei er aus einem Parkplatz herausgefahren und, da auf der linken Seite einige Fahrzeuge, seinem Ermessen nach, sehr langsam gefahren seien, sei er rechts an diesen vorbeigefahren und habe sich anschließend auf der Überholspur eingereiht. Daß dies den Unwillen einiger Fahrzeuglenker hervorgerufen habe, bedaure er. Jedenfalls habe er keine Fahrzeuglenker behindert bzw hätten diese nicht bremsen müssen. Er sehe daher die Punkte 1), 2) und 3) des Straferkenntnisses anders und ersuche, dies zu berücksichtigen. Er verfüge im Moment über kein Einkommen und kein Vermögen, sei für fünf Kinder unterhaltspflichtig und ersuche, dies bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die oben angeführten Personen zeugenschaftlich einvernommen wurden.

Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 26. Mai 1994 um 14.30 Uhr den Kombi auf der Westautobahn Richtung Salzburg.

Das Beweisverfahren hat ergeben, daß sich im Bereich von ABkm 231,500 im Gemeindegebiet Schörfling aufgrund von Bauarbeiten auf beiden Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn Salzburg Kolonnen bildeten, wobei auf dem rechten Fahrstreifen einige LKW unterwegs waren. Zur angegebenen Zeit lenkte der Zeuge Helmut M den PKW WE-311 E auf dem linken Fahrstreifen mit einer Geschwindigkeit von 120 bis 130 km/h Richtung Salzburg und stellte durch einen Blick in den Rückspiegel fest, daß ein auf dem Pannenstreifen fahrender Mercedes die auf dem rechten Fahrstreifen befindliche Fahrzeugkolonne rechts überholte und sich dann auf dem rechten Fahrstreifen einordnete, um ihn rechts zu überholen. Dies war aufgrund der Geschwindigkeitsdifferenz zwischen dem PKW M und dem rechts vor ihm fahrenden LKW nicht sofort möglich. Der Zeuge hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, der Mercedes-Lenker habe sein Fahrzeug anschließend auf den linken Fahrstreifen gelenkt, sich hinter ihm eingeordnet und sei ganz knapp auf das Fahrzeug aufgefahren, wobei er mehrmals Lichtsignale abgegeben habe. Nachdem der Zeuge den rechts von ihm fahrenden LKW überholt hatte, wurde er vom Mercedes-Lenker überholt, der anschließend wieder auf den Pannenstreifen fuhr und dort weitere Fahrzeuge mit überhöhter Geschwindigkeit Richtung Salzburg fahrend rechts überholte. Der Zeuge M hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung durchaus glaubwürdig geschildert, daß er aufgrund des beim Mercedes-Lenker beobachteten Verhaltens angenommen habe, daß dieser betrunken oder ähnliches sein müsse, sodaß er von sich aus beschlossen habe, mittels Autotelefon die Autobahngendarmerie anzurufen. Er sei auf den nächsten Parkplatz gefahren, wobei ein hinter ihm fahrender PKW-Lenker sich ihm angeschlossen habe. Dieser Lenker des PKW VB-461 H habe ihm von sich aus seine Karte gegeben und sich als Zeuge angeboten. Daraufhin habe er die Autobahngendarmerie verständigt.

Der Zeuge Ing. Horst P hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung geschildert, daß im dortigen Bereich zur damaligen Zeit öfters stockender Kolonnenverkehr aufgrund einer ca 10 km entfernten Baustelle geherrscht habe. Er sei äußerst überrascht gewesen, als am 26. Mai 1994 gegen 14.30 Uhr - er sei zu diesem Zeitpunkt auf dem rechten Fahrstreifen gefahren - plötzlich ein PKW auf dem Pannenstreifen dahergekommen sei und ihn, sowie andere Fahrzeug in einem, seiner Einschätzung nach, sehr hohen Tempo rechts überholte.

Vor ihm sei dann ein Porsche auf den nächsten Parkplatz hinausgefahren, wobei dessen Lenker ihm Handzeichen gegeben habe. Er sei daraufhin auch auf den Parkplatz gefahren, wo dieser Lenker die Autobahngendarmerie verständigt habe.

Beide Zeugen haben übereinstimmend angegeben, daß sich dieser Rechtsüberholvorgang auf einem Bereich der Westautobahn ereignet habe, auf dem sich rechts der Pannenstreifen befinde, und beide Zeugen haben bestätigt, sie hätten den Eindruck gehabt, daß das Fahrverhalten des angezeigten Mercedes-Lenkers nicht als länger andauernder Versuch, sich aus einem Beschleunigungsstreifen in den fließenden Verkehr einzuordnen, anzusehen gewesen sei. Im dortigen Bereich hätte sich keine Ausfahrt aus einem Parkplatz befunden und der Lenker habe, als sie auf den Parkplatz hinausgefahren seien, um Anzeige zu erstatten, die Fahrt überhaupt auf dem Pannenstreifen mit überhöhter Geschwindigkeit fortgesetzt.

Beide Zeugen konnten sich nicht daran erinnern, daß sich der Rechtsmittelwerber vor ihnen eingeordnet und sie dabei in irgendeinerweise behindert hätte.

Der Rechtsmittelwerber hat im Rahmen eines Telefongesprächs am 4. April 1995 die in der Berufung dargelegte Verantwortung wiederholt.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt zu der Auffassung, daß das von beiden Zeugen glaubwürdig und nachvollziehbar geschilderte Verhalten des Rechtsmittelwerbers durchaus geeignet ist, an sich unbeteiligte Verkehrsteilnehmer dazu zu bewegen, Privatanzeige zu erstatten. Im gegenständlichen Fall hat der Rechtsmittelwerber sein Verhalten selbst grundsätzlich nicht bestritten, jedoch ausgeführt, er habe die ihm vorgeworfenen Tatbestände nicht erfüllt.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 46 Abs.4 lit.d StVO 1960 das Befahren des Pannenstreifens mit Ausnahmen, die für den Rechtsmittelwerber nicht zutreffen, grundsätzlich verboten ist.

Abgesehen davon, daß sich der letzte Autobahnparkplatz vor dem Ort der Übertretungen bei km 230,000 befindet und daher bei km 231,500 kein Beschleunigungsstreifen mehr gegeben sein kann, darf ein Fahrzeuglenker gemäß § 15 Abs.1 StVO außer in den Fällen des Abs.2 und 2a, die für den Rechtsmittelwerber im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden sind, nur links überholen.

In § 2 Abs.1 Z29 StVO ist angeführt, daß nicht als Überholen das Vorbeibewegen an einem auf einem Verzögerungs- oder Beschleunigungsstreifen fahrenden Fahrzeug gilt, was aber umgekehrt nicht zur Folge hat, daß ein auf einem Beschleunigungsstreifen fahrender PKW-Lenker bei einem Stau auf dem rechten Fahrstreifen berechtigt wäre, sich an diesen Fahrzeugen rechts vorbeizubewegen, um sich, je nach Möglichkeit, weiter vorne links einzuordnen. Daraus folgt im gegenständlichen Fall, daß selbst das Argument des Rechtsmittelwerbers, er habe Schwierigkeiten gehabt, sich in den fließenden Verkehr einzuordnen und sich deshalb an den auf dem rechten Fahrstreifen fahrenden Fahrzeugen vorbeibewegt, sein Verhalten nicht zu rechtfertigen vermag, weil auch in diesem Fall im rechtlichen Sinn ein verbotenes Rechtsüberholen vorliegt. Dabei ist unerheblich, mit welcher Geschwindigkeit dieses Vorbeibewegen erfolgt.

Daraus ergibt sich, daß selbst der Rechtsmittelwerber aus dem bei ABkm 230,000 befindlichen Parkplatz gekommen ist, er bei km 231,500 zum einen nicht mehr berechtigt war, den Pannenstreifen zu befahren, und zum anderen auch nicht berechtigt war, sich dabei an in der gleichen Richtung fahrenden Fahrzeugen rechts vorbeizubewegen. Er hat daher zweifellos beide ihm zur Last gelegten Tatbestände erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die von der Erstinstanz verhängten Strafen insofern überhöht waren, als ein monatliches Durchschnittseinkommen von 25.000 S und das Nichtvorliegen von Sorgepflichten angenommen wurden. Der Rechtsmittelwerber hat sein Einkommen nunmehr mit 15.000 S netto monatlich und Sorgepflichten für fünf Kinder angegeben, sodaß aus diesem Grund die Strafen wesentlich herabzusetzen waren. Milderungs- oder Erschwerungsgründe waren im Hinblick auf die Punkte 1) und 2) des Straferkenntnisses nicht zu berücksichtigen.

Die nunmehr verhängten Strafen entsprechen unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen und liegen zudem im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.3 StVO 1960 sieht Geldstrafen bis 10.000 S und Ersatzfreiheitsstrafen bis zwei Wochen vor), wobei eine weitere Herabsetzung aus general- sowie vor allem spezialpräventiven Gründen nicht gerechtfertigt war.

Hinsichtlich Punkt 3) des Straferkenntnisses ergab das durchgeführte Beweisverfahren keinen Hinweis auf eine Verwirklichung dieses Tatbestandes, sodaß diesbezüglich mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen war.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

 

 

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