Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102647/6/Weg/Ri

Linz, 04.10.1995

VwSen-102647/6/Weg/Ri Linz, am 4. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des Mag. Dr. J vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. ... und Dr. ..., vom 3. März 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 15. Februar 1995, VerkR..., nach der am 4. Oktober 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... als die im Wege des § 29a VStG zuständig gewordene Behörde hat mit Straferkenntnis vom 15. Februar 1995, VerkR96-..., über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 240 Stunden verhängt, weil dieser am 16. Oktober 1994 um 9.04 Uhr den PKW, ..., Kennzeichen ..., auf der ...autobahn A. in Richtung ... bei Kilometer ... mit einer Geschwindigkeit von 156 km/h gelenkt und dadurch die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 56 km/h überschritten habe.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.000 S in Vorschreibung gebracht.

2. Der Berufungswerber wendet dagegen sinngemäß ein, daß von der Verwaltungsbehörde erster Instanz nicht festgestellt worden sei, daß die im Akt aufliegende Verordnung auch ordnungsgemäß kundgemacht worden sei. Aus den vorliegenden Beweisergebnissen ergäbe sich auch nicht, daß die Geschwindigkeitsbeschränkung zum Tatzeitpunkt erkennbar gewesen sei. Ebensowenig ergäbe sich aus den vorliegenden Beweisergebnissen, daß der Beschuldigte zum angeblichen Tatzeitpunkt den PKW gelenkt habe. Es wird deshalb beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten anläßlich der mündlichen Verhandlung am 4. Oktober 1995, zu der ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschienen ist.

Der Beschuldigte führt glaubwürdig aus, er sei am gegenständlichen Tag gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin zu einem Wanderausflug (...alm) unterwegs gewesen. Dabei wurde auch die verfahrensgegenständliche Tatörtlichkeit befahren.

Benutzt wurde bei dieser Fahrt der PKW des Beschuldigten. Es sei nach Aussage des Beschuldigten in keiner Weise gesichert, daß er als Zulassungsbesitzer auch der Lenker gewesen sei, zumal - speziell bei längeren Ausflügen häufig auch seine Lebensgefährtin den PKW lenkt. Er wolle zwar seine Lebensgefährtin nicht beschuldigen, doch - so vermutet er - sei es wahrscheinlicher, daß seine Lebensgefährtin die Lenkerin war, was er jedoch nicht mit absoluter Sicherheit behaupten könne.

Befragt darüber, warum er anläßlich einer Befragung durch die Gendarmerie am 25. November 1994 angegeben hat, die Geschwindigkeitsbeschränkung übersehen zu haben, führt der Beschuldigte aus, daß die Gendarmeriebeamten doch einige Zeit nach der ihm angelasteten Tat völlig überraschend in seinem Haus erschienen sind und ihm zum Vorwurf machten, er hätte eine Geschwindigkeitsbeschränkung mißachtet. Die sinngemäße Wiedergabe seiner Rechtfertigung, die Geschwindigkeitsbeschränkung übersehen zu haben, ist von den Gendarmeriebeamten korrekt wiedergegeben worden. Er sei von den Gendarmeriebeamten von vornherein als Lenker bezeichnet worden und habe in Ermangelung jeder Absprachemöglichkeit mit seiner Lebensgefährtin im ersten Moment auch angenommen, er sei der Lenker gewesen.

Zusammenfassend war die glaubwürdige Aussage des Beschuldigten dahingehend zu interpretieren, daß er - weil eben einmal er und dann wieder seine Lebensgefährtin den PKW lenkt - selbst nicht genau weiß, wer damals den PKW gelenkt hat, daß er aber infolge der eher rasanteren Fahrweise seiner Lebensgefährtin die Möglichkeit deren Lenkeigenschaft für wahrscheinlicher hält.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Es ist unter dem Blickwinkel des § 5 VStG zu prüfen, ob den Beschuldigten im Rahmen der Mitwirkungspflicht die Verpflichtung trifft, sich freizubeweisen.

Feststeht nach der Aktenlage, daß der Beschuldigte zwar Zulassungsbesitzer des verfahrensgegenständlichen PKWs ist, daß die Ermittlung der Lenkereigenschaft aber nicht im Wege des § 103 Abs.2 KFG 1967 erfolgte.

Ob nun die Rechtfertigung des Beschuldigten, daß möglicherweise bzw. wahrscheinlich die Lebensgefährtin Lenkerin war, als eine Bestreitung des objektiven Tatbestandes zu werten ist, muß bejaht werden. Es würde einer Umkehrung der Beweislast gleichkommen, wenn der Beschuldigte sich hinsichtlich des objektiven Tatbildes freibeweisen müßte. Zu einer Umkehrung der Beweislast iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG kann es nämlich nur dann kommen, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, der Täter jedoch lediglich das Vorliegen eines Verschuldens in Abrede stellt. Hinsichtlich des objektiven Tatbestandes eines Ungehorsamsdeliktes trifft die Beweislast die Behörde.

Diese Beweise sind aber im gegenständlichen Fall nicht ausreichend, zumal es auf Grund der Aussage des Beschuldigten ohne weiteres möglich gewesen sein kann, daß seine Lebensgefährtin die Lenkerin war.

Nachdem also die objektive Tatseite nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit erwiesen ist und es wie schon ausgeführt - einer Umkehrung der Beweislast gleichkäme, den Berufungswerber anzuhalten, sich freizubeweisen, war - im übrigen auch durch die Rechtsprechung des VwGH gedeckt (vgl. zB VwGH 26.6.1981, 3362/80) - dem Grundsatz in dubio pro reo folgend iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG spruchgemäß zu entscheiden. Bei diesem Verfahrensergebnis war auf die übrigen Berufungseinwendungen ebensowenig einzugehen, wie auf die Prüfung der Zulässigkeit der Abtretung iSd § 29a VStG, welche vom Rechtsfreund des Berufungswerbers ebenfalls verlangt wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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