Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-167852/6/Br/Ai

Linz, 02.07.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Zl. S-45141/12-4, vom 6. Mai 2013, wegen Übertretungen  der StVO 1960, nach der am 2. Juli 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

 

I. Die Berufung wird  als unbegründet abgewiesen; das  angefochtene Straferkenntnis wird im Schuld- u. Strafausspruch bestätigt.

 

II. Dem Berufungswerber werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen  als Kosten für das Berufungsverfahren 38 Euro auferlegt (20 % der ausgesprochenen Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24,  § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991- VStG, BGBl. Nr. 52, idF BGBl. I Nr. 50/2012 - VStG.

Zu II § 64 Abs.1 u. 2 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem o.a. Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich wurde über den Berufungswerber wegen Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeit nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2e StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 190 Euro, sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von drei Tagen verhängt. Es wurde ihm zur Last gelegt, er habe am 11.11.2012 15:30 Uhr Linz, A1, StrKm 166,5, in Fahrtrichtung Salzburg das KFZ mit dem Kennzeichen x gelenkt und die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten, weil die Fahrgeschwindigkeit 183 km/h betrug, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt wurde (gesetzliche Messfehlergrenze wurde bereits abgezogen).

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus:

"Der dem Spruch zugrundeliegende Sachverhalt ist durch die Messung mittels dem geeichten Geschwindigkeitsmessgerätes VKS 3.1, A910 inklusive der Auswertung des aufgenommenen Videosmittels des Auswertsystems VIDEOMASS sowie das behördlich durchgeführte Ermittlungsverfahren zweifelsfrei erwiesen. Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Gegen die Strafverfügung der LPD vom 5.12.2012 erhoben Sie fristgerecht Einspruch und beantragten die Einleitung des ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Mit Schreiben vom 30.12.2012 übermittelte der meldungslegende Beamte der Landesverkehrsabteilung für Oberösterreich über Ersuchen der erkennenden Behörde die der Anzeige zugrunde liegenden ausgewerteten Videofotos der durchgeführten Nachfahrt sowie den Eichschein für das verwendete Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät VKS 3.1, Identifikationsnummer A910, wonach dieses bis 31.12.2014 gültig geeicht ist.

Im angefertigten Kurzbericht wurde angegeben, dass durch das geeichte Messgerät unter Berücksichtigung der Verkehrsfehlergrenze eine gefahrene Geschwindigkeit vom 183 km/h ermittelt worden sei. Es wurde zudem berichtet, dass der Lenker bei der Anhaltung eine hohe Überschreitung eingestanden und versucht hätte, die Übertretung sofort bezahlen zu dürfen.

 

Mit Schreiben der LPD vom 7.1.2013 wurden Sie aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung sich schrift­lich zu rechtfertigen. In diesem Schreiben wurden Sie daraufhingewiesen, dass das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wird, wenn Sie von der Möglichkeit, sich zu rechtfertigen, nicht Gebrauch machen. Mit diesen Schreiben wurden Ihnen jeweils eine Kopie der Anzeige vom 12.11.2012, der ausgewerteten Lichtbilder des Nachfahrtvideos, des Kurzberichtes des Meldungslegers und des Eichscheins des bei der Geschwindigkeitsmessung verwendeten Messgerätes VKS 3.1, A910 übermittelt.

 

Mit Eingabe vom 11.02.2013 rechtfertigten Sie sich dergestalt, dass aus dem Eichschein nicht erkennbar sei, ob das Geschwindigkeitsmessgerät für das Dienstfahrzeug, in dem es eingebaut ist, kalibriert sei. Insbesondere sei nicht erkennbar, ob die notwendige Kalibrierung am Dienstfahrzeug mit Sommer -oder Winterreifen durchgeführt worden bzw. welche Reifen zum Zeitpunkt des Vorfalls montiert gewe­sen seien.

 

Über Ersuchen der erkennenden Behörde wurde mit Schreiben des meldungslegenden Polizisten vom 07.04.2013 der Eichschein der Multavisionsanlage des verwendeten Dienstfahrzeuges Kz.; BP-X nachgereicht, aus dem ersichtlich ist, dass für den eingebauten Geschwindigkeitsmesser Multavision Multanova 204239 in diesem Dienstfahrzeug die Reifendimension 225/45/R17 vorgesehen ist. Dieser Eichschein weist eine Gültigkeitsdauer bis 31.12.2012 auf, war also zum Zeitpunkt der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessung am 11.11.2012 zweifelsonne gültig,

Nachgereicht wurden auch insgesamt sechs Auslagerungszettel für die Reifen des gegenständlichen Dienstkraftfahrzeuges der Firma x in Linz, auf denen ersichtlich ist, dass ausschließlich Reifen der oben angeführten vorgesehenen Dimension verwendet wurden.

 

Dieses Ermittlungsergebnis wurde Ihnen im Schreiben vom 11.4.2013 mitgeteilt. Mit diesem Schreiben wurde Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine Stellungnahme abzugeben.

Mit Stellungnahme vom 30.04.2013 gaben Sie an, dass sich die beigebrachten Ein- und Auslagerungszettel auf ein Fahrzeug, Kz.: x beziehen würden, das gegenständliche Dienstkraftfahrzeug hätte aber das Kz.: x. Außerdem sei aus den Zetteln nicht ersichtlich, ob die Eichung am 21.10.2009 mit Sommer- oder Winterreifen vorgenommen worden sei. Daher sei davon auszugehen, dass die Messung mit anderen Reifen stattgefunden hätte, als zum Zeitpunkt der Kalibrierung aufgezo­gen gewesen seien.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges sofern die Behörde nicht gem. § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

Gemäß § 99 Abs. 2e StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Die Behörde hat dazu erwogen:

 

In der Sache selbst bestand für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des zugrundeliegenden Sachverhaltes zu zweifeln, zumal die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h mittels eines geeichten Geschwindigkeitsmessgerätes und anschließender Videoauswertung einwandfrei festgestellt wurde.

Somit war für die Behörde erwiesen, dass Sie tatsächlich gegen die angeführte Bestimmung der Straßenverkehrsordnung schuldhaft verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Sowohl der im Dienstkraftfahrzeug x eingebaute Geschwindigkeitsmesser Multavision Multa-Nova 204239 als auch das Auswertesystem VKS 3.1 waren laut Eichscheine zum Tatzeitpunkt ordnungsgemäß geeicht.

 

Zu Ihren Rechtfertigungsangaben, dass aus dem Eichschein nicht erkennbar sei, ob das Geschwindigkeitsmessgerät für das verwendete Dienstfahrzeug auch ordnungsgemäß kalibriert war bzw. dass bei der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessung andere Reifen verwendet wurden, als zum Zeitpunkt der Kalibrierung des Messgerätes, wird erwogen, dass erstens derartig minimalen Abweichungen, die etwa durch die unterschiedliche Verwendung von Sommer-oder Winterreifen entstehen können, ohne­hin durch den Abzug der Verkehrsfehlergrenze Rechnung getragen wird. So wurde Ihnen auch eine gefahrene Geschwindigkeit von 183 km/h angelastet, während die gemessene Geschwindigkeit 193 km/h betrug, Zweitens sagen Angaben über eine amtliche Kalibrierung nichts darüber aus, ob das Gerät eine gültige Eichung aufwies, deren Vorhandensein ohnehin außer Streit steht (vgl. dazu VwGH 2000/03/0170 vom 06.09.2001).

 

Zu Ihrer Stellungnahme vom 30.04.2013, dass die Laufzettel für die Reifenlagerungen für das Kfz, Kz.; x ausgestellt wurden während das verwendete Dienstkraftfahrzeug das Kz.: x hatte, darf ausgeführt werden, dass es sich hierbei um ein- und dasselbe Kfz mit dem Sachbereichskennzeichen x und dem Deckkennzeichen x handelt, wie sich durch den Vergleich der Fahrgestellnummer auf den Dokumenten eindeutig feststellen lässt.

 

Was die subjektive Tatseite anbelangt, ist festzuhalten, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein sogenanntes „Ungehorsamsdelikt" handelt, weil zum Tatbestand der angelasteten Übertretung weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehört. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs.1 VStG vor, dass dann ohne weiters Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. „Glaubhaftmachung" bedeutet, dass der Täter initiativ alles vorzubringen hat, was für seine Entlastung spricht; insbesondere, dass er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Sie haben kein Vorbringen erstattet, das mangelndes Verschulden aufzeigt.

 

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

Die verhängte Geldstrafe entspricht somit dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Als mildernd bei der Strafbemessung war das Fehlen einschlägiger ha. verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen zu werten; erschwerende Umstände lagen keine vor.

 

Weiters wird bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein Einkommen von € 2000,-- monatlich beziehen.

 

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet."

 

 

 

2. In der dagegen durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber Folgendes aus:

"In umseits näher bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte binnen offener Frist gegen das Straferkenntnis vom 0(5.05.2013, zugestellt am 08.05.2013, das Rechtsmittel der

 

BERUFUNG

 

und führt diese aus wie folgt:

mir wird vorgeworfen, ich hätte die zulässige Geschwindigkeit auf der Autobahn um mehr als 50 km/h überschritten, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt wurde. Die gesetzliche Messfehlergrenze sei bereits abgezogen worden.

 

Bei der verfahrensgegenständlichen Geschwindigkeitsmessung kamen zwei in Systeme in Kombination zum Einsatz. Zum einen das Gerät Multavision, sowie das Gerät VKS3,1.

 

Laut den vorliegenden Akten sei eine Geschwindigkeit von 1,93km/h gemessen worden, wor­aus sich nach Abzug der Messtolerartz (gesetzliche Messfehlergrenze) von 5% die mir nun vorgeworfene Verwaltungsübertretung einer gefahrenen Geschwindigkeit von 183km/h ergab.

 

Die Berechnung ist unrichtig. 5% Messtoleranz (gesetzliche Messfehlergrenze) sind pro ein­gesetztem System anzusetzen. Da die Kombination von zwei Systemen zum Einsatz gekom­men ist, waren insgesamt 10% (2x 5%) Messtoleranz (gesetzliche Messfehlergrenze) zum Abzug zu bringen gewesen. Bei einer mir vorgeworfenen gemessenen Geschwindigkeit von 193km/h - was ausdrücklich bestritten wird - hätte sich dann nach Abzug der Messtoleranzen ein berechneter Wert von 173,7km/h ergeben. Damit hätte ich die höchstzulässige Geschwin­digkeit von 130km/h lediglich um 43,7 km/h überschritten.

 

Im Verfahren habe ich bestritten, dass die Eichung bzw. Kalibrierung des zum Einsatz ge­kommenen Fahrzeuges mit dem geeichten Messinstrument mit der gleichen Reifenart statt­fand wie die verfahrensgegenständliche Messung. Die Behörde hat zum Beweis dafür, dass zum Zeitpunkt der Messung und der Eichung des Gerätes Multavision das gleiche Reifenformat aufgezogen war Depotscheine vorgelegt, die allerdings nur den Zeitraum Oktober 2010 bis Ende 2012 betreffen. Die Eichung fand aber am 21. Oktober 2009 statt.

Für diesen Zeitpunkt ist die Behörde jeglichen Nachweis schuldig geblieben, und wird jeden­falls weiterhin bestritten, dass die Eichung mit dem gleichen Reifenformat, bzw. dergleichen Reifenart wie die Messung durchgeführt wurde.

Die Frage ob Eichung mit Sommer oder Winterreifen ist überdies Entscheidungswesentlich, da zwischen diesen Reifenarten bei gleichem Format wesentliche Unterschiede im Reifenum­fang, und damit der Geschwindigkeit die ein Fahrzeug bei gleicher Umdrehungszahl der Rä­der hält vorhanden sind.

Dies schon alleine wegen der unterschiedlichen Profiltiefen.

Diese Unterschiede sind von der Messtoleranz bzw. Messfehlergrenze jedenfalls nicht um-fasst. Aus dem. erstinstanzlichen Verfahren übermittelten Unterlagen ergibt sich nicht, welche Reifen zum Zeitpunkt der Eichung am gegenständlichen Fahrzeug aufgezogen waren. Die Depotscheine beziehen sich auf nach der Eichung liegende Zeiträume. Die Vorlage aussagekräftiger Beweise für die Art der Reifen zum Zeitpunkt der Eichung hätte zweifelsohne zu dem Ergebnis geführt, dass ich die mir vorgeworfene Geschwindigkeitsüber­tretung nicht bzw. nicht in der mir vorgeworfenen Höhe begangen habe.

 

Die Richtigkeit der Messung wird aus den angeführten Gründen nach wie vor bezweifelt und wird es Aufgabe der Behörde sein klar und eindeutig zu beweisen, dass die Messung entspre­chend war. Dies durch Vorlage geeigneter Beweismittel

Mangels derselben wird jedenfalls von der Unrichtigkeit der Messung auszugehen sein, und dies zugunsten des Beschuldigten zu wetten sein. Beweis: einzuholende Amtssachverständigengutachten

 

Da ich die mir vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht bzw. nicht in der mir vorgeworfe­nen Form begangen habe, beantrage ich

 

1. die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem UVS

2. die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen mich.

 

Wien, am 22.05.2013 Der Beschuldigte"

2.1. Diese Darstellung erwies sich als nicht stichhaltig und zeigte insbesondere keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf!

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war hier antragsgemäß in Wahrung der nach Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des von der Landespolizeidirektion Oberösterreich vorgelegten Verwaltungsstrafaktes. Beweis geführt wurde ferner durch Beischaffung und Sichtung des mit  VKS 3.1 aufgezeichneten Fahrverlaufes in Verbindung mit deren Videomass-Auswertung v. 16.07.2012, GZ/A1/15978/2/2012/Sei. Diese Videoaufzeichnung  wurde an Dipl.-Ing. (FH) R. X zu einer nachprüfenden Auswertung weitergeleitet, wobei anlässlich der Berufungsverhandlung das darüber am 21.6.2013 erstattete Gutachten verlesen und erörtert wurde.

An der Berufungsverhandlung nahm ein Vertreter der Behörde erster Instanz teil, während der vertretene Berufungswerber daran nicht persönlich teilnahm.

 

 

5. Sachverhalt.

Der Tatvorwurf basiert auf der unmittelbaren dienstlichen Wahrnehmung im Rahmen einer mit Video dokumentierten Nachfahrt mittels VKS 3.1, Messgerät Nr. A910 mit dessen Eichdatum 09.08.2011 und der rechnerischen Auswertung mit dem EDV-Programm Videomass.

Der Amtssachverständige führt in seinem über h. Auftrag erstatten Gutachten aus:

Die gegenständliche Nachfahrt erfolgte hinter dem PKW mit dem Kennzeichen x auf der A1 in Fahrtrichtung Salzburg, vor und nach dem Ebelsberger Berg.

 

Das Polizeivideo zeigt eine Nachfahrt, bei der der Berufungswerber den Ebelsberger Berg hinauf fährt. Bei dieser Nachfahrt wurde eine Nachfahrstrecke von 1021 m in 19,77 s zurückgelegt.

Darsu ergibt sich eine Geschwindigkeit ( ohne Meßtoleranz ) von 185, 91 Km/h. Abzüglich der Messtoleranz von 5 % ergibt sich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 176 Km/h.

 

Beim Bergabfahren, in Richtung Linz, erreicht das Polizeifahrzeug im ausgewählten Messbereich eine Tachogeschwindigkeit von 196 Km/h - 201 Km/h.

Da sich in diesem Streckenabschnitt  der Tiefensabstand zwischen Polizei  und BW verringert, ergibt sich für den BW eine Durschnittsgeschwindigkeit von 194 km/h (.Diese Geschwindigkeit wurde durch eine fotogrammetrische Auswertung ermittelt, bei der der veränderte Tiefenabstand berücksichtigt worden ist ). Abzüglich der Messtoleranz von 5 % ergibt sich eine vorwerfbare Geschwindigkeit von etwas über 184 km/h.

 

Die von der Polizei ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit, unter Berücksichtigung des veränderten Tiefenabstandes, von 184 Km/h, ist aus technischer Sicht korrekt ermittelt worden .

 

Die Eichung der Nachfahrgeschwindigkeit des Polizeifahrzeuges ( im Video rechts unten mit z.B.

E : 201 Km/h ( Eigengeschwindigkeit )  eingeblendet ist nur gültig wenn am Fahrzeug die Reifendimension montiert war die am Eichschein angeführt ist.

 

Die Abnützung der Reifen – Reduzierung der Profiltiefe – ist durch den Toleranzabzug von 5 % bereits berücksichtigt.

Da bei der Beurteilung des Einflusses der Profiltiefe in Bezug auf die Nachfahrgeschwindigkeit dynamische Verhältnisse vorliegen, ergibt sich für die  gegenständlichen Bereifung bei der Annahme das sich die Profiltiefe um 12 mm ( ! ) reduziert ein Unterschied zwischen der Tachoanzeige und der tatsächlichen Geschwindigkeit von etwa 1,5 %.

 

Die  Differenz zwischen Tachogeschwindigkeit und tatsächlicher Geschwindigkeit ist auch vom Reifenfabrikat und vom Reifenschlupf abhängig der sich im jeweiligen Getriebegang ergibt.

 

Die Summe der dynamischen Einflüsse sowie der Einfluß der Verringerung der Profiltiefe, die in der Praxis der Polizeifahrzeuge weit unter den für die Betrachtung angenommenen 12 mm liegen, sind durch den Toleranzabzug von 5 % von Tachowert berücksichtigt, da ihr Gesamteinfluß unter der Messtoleranz liegt.

 

 

5.1. Dieses Gutachten gelangte im Rahmen der Berufugnsverhandlung zur Erörterung, wobei der Verhandlungsleiter im Rahmen der Sichtung des Video darlegte, dass sich auch, auf Grund der im Video eingeblendeten  „Zeitlaufliste,“ das Auswertungsergebnis logisch und stichhaltig nachvollziehen lässt.

Darin zeigt sich  die Fahrt auf der A1 am sogenannten Ebelsberger-Berg, selbst ohne die im Video eingeblendete Geschwindigkeit als sehr schnell, wobei in objektiver Beurteilung und ohne Zugrundelegung Auswertung nur unschwer das Durchfahren von ~ drei Leitlinien (à 6 + 12 = 18 m) und demnach eine Fahrgeschwindigkeit (des Messfahrzeuges) von mindestens 54 m pro Sekunde nachvollziehbar ist. Auch aus diesem aus der Bandmitte, der Zeit von 15:30:17 und 15:30:47 herausgegriffenen 30 Sekunden währenden Videoaufzeichung, ergibt sich demnach auf empirischer Berechnung basierend eine Fahrgeschwindigkeit von 194,4 km/h. Dies belegt einmal mehr die Schlüssigkeit der technischen Videoauswertung, wobei zu Gunsten des Beschuldigten mit relativ großer Toleranz Sicherheitsabschläge  gemacht wurden.

Dies führte hier dazu, dass trotz der de facto erwiesenen deutlich höheren Fahrgeschwindigkeit, letztlich nur 183 km/h angelastet wurden.

Vor diesem Hintergrund vermag der Berufungswerber mit seiner Auffassung, die gesetzliche Messfehlergrenze von 5 % gleichsam zweimal (pro gesetzlichen System wie er dies bezeichnet – VKS 3,1 u. Multa-Vision) in Anschlag zu bringen, nicht überzeugen. Er übersieht dabei, dass Gegenstand der Beweisführung primär die Fahrgeschwindigkeit und nicht die an sich anerkannte Messmethode ist.

Laut dem im Akt erliegenden Eichschein war die hier zum Einsatz gelangte Messanlage auf den Pkw BP-X mit einer Reifendimension 225/45 R17 bis zum 31.12.2012 vom Bundesamt für Eich- u. Vermessungswesen rechtsgültig geeicht. Darauf basierte die zum Ergebnis einer Fahrgeschwindigkeit von 193 km/h gelangende Auswertung seitens der Polizei (x – Seite 17 bis 25 des Aktes). Unter Berücksichtigung der sich aus den Eich- u. Verwendungsbestimmungen gebotenen Toleranzabschläge gelangen beide völlig unabhängig voneinander erstellten Gutachten zu einem beweissicheren Ergebnis von 183 bzw. x 184 km/h. Das die Fahrgeschwindigkeit deutlich höher war, ließ sich wie oben bereits ausgeführt aus der lapidaren Durchfahrzeit dreier Leitlinien pro Sekunde nachvollziehen.

Es ist wohl durchaus legitim, wenn vor dem Hintergrund eines drohenden Kurzzeitentzuges der Lenkerberechtigung die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h in Frage zu stellen versucht wird. Das er dies mit einer wohl jenseits der 200 km/h liegenden Tachoanzeige sehenden Auges in Kauf genommen hat, sei ihm in diesem Zusammenhang dem Berufungswerber aber auch vor Augen geführt.

Der auch nicht persönlich zur Berufungsverhandlung erschienene Berufungswerber zeigte hier in keiner wie immer gearteten Weise auf, dass auch nur eine der Auswertungen fehlerhaft wäre, sodass letztlich dem anlässlich der Berufungsverhandlung gestellten Beweisantrag, abermals einen Sachverständigen zur der Frage der Messtoleranz von je 5 % hinsichtlich beider Systeme, mangels jeglicher Relevanz zur weiteren Klärung des Sachverhaltes abzuweisen war. Einem im Ergebnis auf einen bloßen Erkundungsbeweis hinauslaufenden Beweisantrag muss nicht gefolgt werden (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 339, E 6a und die zu § 46 AVG zitierte Rechtsprechung des VwGH, insb. VwGH 2.9.1992, 92/02/0194).

 

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die zutreffend angewendeten Rechtsvorschriften des § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2e StVO 1960 verwiesen. Der Strafrahmen beläuft sich für diese Übertretung von 150 Euro bis 2.180 Euro.

 

 

7. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tag. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die  nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung  der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

7.1. Konkret ist zur erstinstanzlichen Strafzumessung zu bemerken, dass diese angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials grundsätzlich als maßvoll ausgeführt gelten kann. Die Festsetzung empfindlicher Geldstrafen für diese unverhältnismäßig hohe und angesichts der herrschenden Verkehrsdichte gefährlich anmutenden Fahrweise ist auch aus präventiven Überlegungen indiziert.

In einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn im Ausmaß von 50 km/h erblickt  der Verwaltungsgerichtshof einen gravierenden Unrechtsgehalt, wobei dieser bereits vor nunmehr fast schon einem viertel Jahrhundert eine Geldstrafe von (damals) ATS 4.000 (290,70 Euro) selbst bei einem Geständnis und der Unbescholtenheit des Beschuldigten (auch) aus Gründen der Spezialprävention nicht überhöht erachtete (VwGH 15.11.1989, 89/03/0278).

Im Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um mehr als 50 km/h kann durchaus als exzessiv und von hoher abstrakter Gefährlichkeit begleitet gelten, wenngleich hier zumindest eine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht erfolgt ist, so würde etwa ein unbedachtes Ausscheren eines am rechten Fahrstreifen fahrenden PKW oder LKW eine sehr gefährliche Situation, wenn nicht überhaupt ein Unfallereignis unvermeidbar werden lassen.

Legt man etwa einen hypothetischen Fahrstreifenwechsel  eines mit 100 km/h fahrenden Pkw’s im Zuge eines beabsichtigten Überholvorganges an einem LKW zu Grunde, würden bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 200 km/h, selbst bei einer Vollbremsung (7,5 m/sek2) noch 215,42 m in einer Zeit von 4,8 Sekunden  zurückgelegt, ehe die Fahrgeschwindigkeit dem ausscherenden Fahrzeug angeglichen bzw. die Fahrgeschwindigkeit auf 100 km/h reduziert werden könnte. Während dieser Zeit legt das ausscherende Fahrzeug einen Weg von 133 m zurück. Daraus folgt, dass ein unvermittelter Wechsel in die Spur eines mit 200 km/h fahrenden Pkw innerhalb einer Annäherungsdistanz von weniger als 82,42 m unweigerlich einen Auffahrunfall nicht mehr vermeiden lassen würde, bzw. ein Unfallereignis unmittelbar kausal wäre. Damit sei das hohe Gefährdungspotenzial einer solchen Fahrweise verdeutlicht. Nicht zuletzt wird durch die vom Berufungswerber praktizierte Fahrweise eine deutlich höhere Schadstoffemission verursacht, als dies bei der erlaubten Höchstgeschwindigkeit  der Fall ist. Auch dies ist in das Beurteilungskalkül des Tatunwertes einzubeziehen.

Vor diesem Hintergrund kann das hier verhängte Strafausmaß durchaus noch als milde qualifiziert werden. Sowohl spezial- als auch generalpräventive Überlegungen indizieren vor diesem Hintergrund eine spürbare Strafe. Nicht übersehen wird, dass dem Berufungswerber zusätzlich noch der Entzug der Lenkberechtigung droht, was bei sogenannten Kurzzeitentzügen aus der Sicht des Verfassungsgerichtshofes zusätzlich erzieherischen Charakter bewirken soll, obwohl dies  letztlich vom Betroffenen einmal mehr als Strafe empfunden wird (VfGH v. 14.03.2003, G 203/02 ua., SlgNr.16855).

 

 

Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

VwSen-167852/6/Br/Ai vom 2. Juli 2013

 

StVO 1960 §20 Abs2

 

 

Bei einer Videomaßauswertung kommt es primär auf die Schlüssigkeit der sich daraus ergebenden Fahrgeschwindigkeit an. Wenn diese alleine durch Sichtpunkte am Video mehr als eindeutig ist, bedarf es keiner weiteren Beweisführung zur Frage der auswertungsspezifischen Toleranzen.

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum